Mondfoto im thermischen Infrarot

  • Auf Nachfrage eines Forenmitglieds (danke für das Interesse!) hier noch etwas Hintergrundinfo zu dem Wärmebild des Mondes, das ich in die Bildergalerie gestellt habe: Ich verfolge das Geschehen am Markt in diesem Bereich schon seit einiger Zeit: früher waren Kameras für das thermische IR vollkommen unerschwinglich. Zwischenzeitlich haben ungekühlte Mikrobolometer-Kameras jedoch den Massenmarkt erreicht und liegen als Ansteckteile für Smartphones jetzt im Preisbereich von wenigen 100 Euro: das ist eine aufregende Entwicklung, denn damit eröffnet sich uns Amateuren heute nochmal ein weiteres Fenster ins All!


    Was lässt sich beobachten? Leider sind die meisten astronomischen Quellen schwach, die Beobachtung erfordert daher sehr empfindliche gekühlte Kameras, die Quantendetektoren verwenden, gekühlte Teleskope und einen Beobachtungsstandort ausserhalb der störenden Erdatmosphäre (die ja nicht vollkommen transparent ist, daher die IR-Quellen abschwächt - und schlimmer - selber strahlt). Der Mond (und vermutlich einige Planeten) ist jedoch eine ausreichend starke Quellen für die Beobachtung. Die Sonne ist natürlich zu heiss - hier müsste man eine geeignete Abschwächung des Signales sicherstellen,sonst ist mindestens mal die Kamera kaputt... . Der Mond jedenfalls ist als Quelle ausreichend aber nicht zu stark - ausserdem schön variabel je nach Mondalter, deshalb zeigt mein erstes TIR-Bild den Mond.


    Wie wird beobachtet? Hier ist zu beachten, dass nur rein reflektive Teleskope funktionieren, denn Glas ist im TIR nicht transparent (der Apo-Refraktor kann also in der Ecke stehen bleiben [:)]). Die beste Wahl ist ein lichtstarker Newton. Ich hatte erst vor, das Objektiv von der Kamera abzubauen, das war aber glücklicherweise nicht nötig, da es sich mit etwas Gewalt deutlich über Unendlich rausfokussieren liess. Auf eine Okularhülse geklebt, bekomme ich so im Fokus des Teleskops ein scharfes Bild (das angebaute Objektiv wirkt dann als brennweitenverkürzendes Element, nur deshalb passt die gesamte Mondscheibe auf den winzigen Chip...). Ich habe dann eine Videosequenz aufgenommen (währenddessen die Mondposition etwas verändert, um Biaseffekte auszuschmieren) und mit Registaxx ein Summenbild erzeugt. Um den Temperaturverlauf zum unbeleuchteten Rand und die lokalen wärmeren und kühleren Stellen auf dem Mond besser sichtbar zu machen, habe ich den radialen Verlauf der Temperatur herausgerechnet (bei fast-Vollmond ist die Mondscheibe zum Rand hin kühler, da die Sonne für den Mondbeobachter dort tiefer steht) und das Ergebnis in Falschfarbe dargestellt.


    Zu beachten ist schliesslich, dass naturgegeben das TIR-Auflösungsvermögen deutlich schlechter ist als im Sichtbaren: da die Wellenlänge mehr als eine Grössenordnung größer ist, entspricht die Auflösungsgrenze eines 150 mm Newtons im TIR einem ~ 10 mm Teleskop im Sichtbaren. Der Einsatz eines grossen Teleskops lohnt sich also (ich plane, die Kamera mal an das 60 cm Teleskop unseres Vereines zu bringen). Positiv dagegen: die Lichtverschmutzung interessiert bei der Infrarotbeobachtung nicht die Bohne.

  • Hallo Frank,
    das ist überaus interessant. Sehe ich das richtig, dass das diese Kameras sind mit denen man im Winter die Häuser scannt um Kälte- bzw. Wärmebrücken zu finden?
    Wenn die Kamera ein Objektiv hat, dann besteht das sicher aus recht exotischen Glas, oder?
    Kann man die Reflektivität eines normalen Spiegels irgendwie angeben? Sind das eher wenige % oder ist sie ähnlich dem sichtbaren Licht?
    Wie lang musstest du ein Einzelbild belichten? Ich frage deshalb um abzuschätzen, ob es völlig ausgeschlossen ist damit Deep-Sky-Bilder zu machen.
    Viele Fragen, ich weiß aber du eröffnest im Amateurbereich ein ganz neues Fenster.
    Vielen Dank dafür und viele Grüße,
    ralf



    Nachtrag:
    es wäre sicher gut das Bild hier in den Beitrag zu verlinken, damit man das zusammen hat.

  • Hallo Ralf,


    ja, genau. Mit solchen Kameras kann man nach Wärmelecks suchen oder bei der Fehlersuche heisse Stellen auf einer Elektronikplatine erkennen. Als Linsenmaterial werden meist Chalcogenid-Gläser verwendet (zB hier http://www.schott.com/advanced…genide-glasses/index.html). Im Sichtbaren sind diese Gläser vollständig intransparent. Billige IR-Thermometer verwenden Fresnell-Linsen aus Kunststoff, die Transmission ist vermutlich nicht so toll. Profioptiken verwenden auch Germanium, ZnS, ZnSe, KBr, und andere exotische Materialien.


    Ich denke, dass die Transmission von meinem Newton im Infraroten gar nicht so schlecht sein wird, nicht deutlich schlechter als im Sichtbaren.


    Die wirkliche Belichtungszeit kann ich nicht angeben, ich müsste dafür mal ein schnell bewegtes heisses Objekt ablichten. Mikrobolometer sind aber langsame Detektoren, das wird also wohl so im Bereich 100 - 200 ms sein. Übrigens hört man im Betrieb alle paar Sekunden ein leises Scharren in der Kamera. Das ist wohl ein kleiner Schieber, der den Chip abdeckt, so wird wohl periodisch eine Charakterisierung der einzelnen Pixel gegen eine gleichmassig warme Referenzfläche durchgeführt.


    Also, Deep-Sky kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Es gibt zwar tolle Profibilder des Milchstrassenbandes (der Staub ist dann ja viel transparenter) oder des Zodiakallichtes, aber das sind winzige Flüsse im Vergleich zum Mond... . Ich hatte schon mal darüber nachgedacht, auf Grundlage eines mit flüssigem Stickstoff gekühlten Detektors (das wäre dann keine Kamera, nur ein Einzeldetektor) und einer rauscharmen Elektronik eine Art Himmelsscanner zu bauen (ein liegendes Teleskop mit einem hin- und herbewegenden Scanspiegel, die andere Bildrichtung erzeugt die Erdrotation). Wenn man damit ins Hochgebirge ginge (weniger Wasserdampf), könnte das mit der Detektion des Milchstrassenbandes vielleicht klappen. Aber der Aufwand für sowas wäre schon ganz erheblich und die kleinsten Veränderungen der Atmosphäre während des Scans (etwa durchziehende Kondensstreifen) könnten das Projekt ganz schnell zum Misserfolg geraten lassen.


    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo,


    ich finde das sehr interessant. Glückwunsch zu diesem einmaligen Blick auf den Mond und danke fürs zeigen. Vor kurzem habe ich noch einen Artikel bei Heise.de gelesen wo es um ebensolche Kameras ging und mich gefragt ob man die nicht auch „astronomisch“ einsetzen könnte. Es gibt den Sonsor mit 80x60 Pixeln ja als Bricklet für 250€ zu kaufen. Hier mal der Link zum Heise Artikel und hier der Link zum Bricklet. Zusätzlich benötigt man noch einen Brick für ca. 30€.


    Wenn man das an den OAZ adaptieren könnte würde das schon Spaß machen, denke ich. Zumindest am Mond. Bei Planeten ginge es (wenn man nicht gerade einen Schiefspiegler hat) ja nicht ohne optische Linsen (Barlow).


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,


    danke für Dein Feedback! Ich habe übrigens eine Seek Compact XR verwendet mit 206 x 156 Pixel (es gibt von denen auch ein Modell mit 320 x 240 Pixel, finde ich im Moment aber noch etwas teuer). Eine Barlow-Linse oder einen Schiefspiegler braucht es eigentlich nicht wegen der langen Wellenlänge. Das Auflösungsvermögen ist leider viel geringer, als man es vom Sichtbaren her gewohnt ist. Ein 60 cm Teleskop hat im TIR dieselbe Beugungsgrenze wie ein 40 mm Röhrle im Sichtbaren (etwa 3"). Bei einem f/5 60 cm Newton ist der Abbildungsmassstab pro Pixel (Pixelabstand des Sensors 12 um) etwas weniger als 1", das reicht aus. Richtig ist aber: idealerweise sollte man für die Planetenbeobachtung die Objektivlinse, die die effektive Brennweite ja nochmal verkürzt, entfernen. Das habe ich erstmal sein lassen, aus Angst, den oben erwähnten Shutter zu demolieren oder Staub in die Kamera zu bringen.


    Viele Grüße
    Frank

  • Ein Pionier der Mondfotografie im thermischen Infrarot im Amateurbereich ist übrigens Georg Dittie, der Programmautor von Giotto. Er macht das beruflich und hat u.a. den Temperaturverlauf bei Mondfinsternissen damit gemessen.
    Hartwig

  • Hallo Hartwig,


    klar, Infrarotmessungen werden schon sehr lange gemacht, auch von Amateuren (Georg Dittie ist vermutlich etwas zu jung, um diesbezüglich ein Pionier genannt werden zu dürfen ...). Ich erinnere ein damals nicht taufrisches Büchlein, dass ich als Schüler gelesen habe und das Astronomieversuche für den Schulunterricht zum Inhalt hatte - darunter auch die Messung der Abkühlung der Mondscheibe während einer Mondfinsternis. Aber zurück zum Thema: Das Aufregende an dem hier eingestellten Bild ist, dass es demonstriert: jetzt geht Thermografie am Mond bildgebend mit einer 200 EUR - Kamera, wie jeder interessierte Amateur sie sich leisten kann (halt mal an Weihnachten ein Okular weniger kaufen [;)]),statt mit 100 000 DM - Kameras, wie sie Georg beruflich und wir am Institut für Messzwecke üblicherweise verwenden.


    Viele Grüße
    Frank

  • Hallo Frank,


    für den günstigen Preis hat sie ja deutlich mehr Pixel als der Flir Sensor. Interessante Sache.
    Eine Mondfinsternis damit zu dokumentieren und den Temperaturverlauf im Erdschatten aufzuzeichnen hört sich sehr interessant an.


    Es ist schon erstaunlich was heutzutage für recht kleines Geld geht. Vor 20 Jahren hätte Niemand davon zu träumen gewagt.


    Viele Grüße
    Michael

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!