Da der Astrotreff eine Goldgrube an Informationen darstellt und mir schon viele Erkenntnisse gebracht hat, möchte ich auch mal was zurück geben.
Mehrfach wurde schon über Lagerung und Teststandeinfluss diskutiert. Wenn dieser Einfluss bei kleineren Spiegeln noch relativ unbedeutend ist, wird er mit zunehmendem Durchmesser und kleiner werdender Dicke umso problematischer.
Am Anfang der Optikherstellung fällt das wenig ins Gewicht, mit zunehmendem Fortschritt Richtung höherer Strehlwerte wird es krass.
Um der Sache Herr zu werden, müssen Teststandeinflüsse gering gehalten werden.
Der Teststandeinfluss sollte, wenn schon nicht vermeidbar, eine möglichst immer konstante Größe darstellen. Das ist unabdingbar für die Reproduzierbarkeit und Plausibilität der Vermessung einer Optik.
Zum Minimieren der unerwünschten Einflüsse benutze ich schmale harte Auflager in +/-45° Position. Mit der Wippenlagerung nach Alois hatte ich weniger Erfolg. Obwohl auf das genaueste gefertigt, gab es Instabilitäten, die bei verschiedenen Winkelstellung der Optik, ein großes Nachstellen des Interferometers in der Position nötig machten. Ich bin trotzdem von der Funktion der Wippen überzeugt. Vermutlich liegt es an der Achsdurchführung durch die Holzplatte. Das muss noch untersucht werden.
Nach Austausch gegen die +/-45° Auflager war das Nachjustieren auf ein Normalmaß geschrumpft.
Die Auflager sollten hart, schmal sein und sich genau im Schwerelinie der Optik befinden.
Am besten Stahl, ich habe aber auch auf Hartplastik zurückgegriffen, Stahl war mir zu gefährlich.
Ich habe selbst bei Profivermessern Auflager aus Gummipuffern aus dem Baumarkt gesehen, die fast über die komplette Spiegeldicke wirkten, das funktioniert nicht ordentlich. Die Gummidinger geben erst Ruhe, wenn sie ausgebaut worden sind.
Nach vorn und hinten gibt es Halteklötze die aber bei der Messung keinen Kontakt mit dem Prüfling haben dürfen! Das Einstellen der Optik in den Schwebezustand zwischen Vor- und Zurückkippen mache ich durch die Justiermöglichkeit des Grundplattenwinkels.
Als weitere Maßnahme für die Reproduzierbarkeit der Messung kann nur wärmstens die Verwendung eines Messtunnels, komplett geschlossen vom Prüfling bis zum Interferometer empfehlen. Luftschlieren machen die Messerei sonst zur Qual.
Damit der Resteinfluss des Teststandes minimiert wird, ist es unumgänglich viele Messungen in gedrehten Winkelpositionen der Optik zu machen. Ich verwende 5 Positionen, alle 72°, pro Position mache ich 4 Interferogramme mit Keilpositionen unten, oben, links und rechts.
Diese 4 werden mit Open Fringe ausgewertet, gemittelt und unter der entsprechenden Position als Zernikes gespeichert.
Die Interferogramme der Positionen 72°,144°,216°und 288° werden vor der Auswertung per Bildbearbeitung in die 0°-Position zurückgedreht. Damit hat man alle Optikposition passend zur 0° Position und kann dann alle Positionen gemeinsam mitteln. Der Vorteil der Prozedur ist das Verschmieren des Teststandeinflusses beim Rückdrehen im Bildbearbeitungsprogramm.
Habe ich alle Positionen fertig, werden diese noch einmal gegeneinander gemittelt.
Das hat sich als ausreichend erwiesen, Messungen alle 36° brachten nur marginale Unterschiede.
Warum der ganze Aufwand? Um genau zu wissen, ob ein Buckel in der Optik ist oder von der
Lagerung kommt ist dieser Aufwand notwendig. Denn nichts ist schlimmer als ein wegpolierter Buckel, der keiner war.[:(!]
Hier nun ein paar Auswertungen an einem noch nicht fertiggestellten 28 Zoll Spiegels mit 38mm Randdicke. Dies zeigt, dass es unmöglich ist mit nur einem Interferogramm eine Optik genau auszuwerten, es sei den, man weiß vorher den gerade wirkenden Teststandeinfluss und könnte diesen vom Messergebnis abziehen. Da dieser aber eben nicht konstant, nur minimiert sein kann, wird es schwierig und erspart die umständliche Messprozedur nicht.
Vielleicht hat ja einer eine Idee wie es schneller geht, ich wäre sehr dankbar.
Aber jetzt nicht mit evakuiertem und senkrechtem Messtunnel wie bei den Profis kommen, das wäre dann doch etwas übertrieben.[:D]
Aber nun die Beispiele. Man sieht deutlich die nach oben stehende Zunge bei 12 Uhr und je zwei hoch stehende Bereiche bei den Auflagern. Position 0°.
Das passende I-Gramm dazu:
Bei der zurückgedrehten 72° Position sieht man das Wandern der hochstehenden Zonen. Die Spiegelpositionen sind nach der Rückdrehung deckungsgleich, der des Teststandes ist gewandert.
Das passende I-Gramm dazu:
Ich habe natürlich Versuche unternommen um mit weniger Messungen auszukommen, keine Zweierkombination (auch Dreierkkomb.) bilden ein zuverlässiges Äquivalent zu den gemittelten 5er Positionen, auch keine 0 und 90° Messung. Bei 90° Auflagern und um 90° verdrehten Messpositionen entsteht eine Druckstelle die in beiden Positionen den Prüfling an gleicher Stelle trifft, scheidet von der Logik schon mal aus.
Hier noch ein kleiner Tipp, wie man bei einer Auswertung den Strehl deutlich steigern kann.[;)]
Man muss nur bestimmte Zernike Koeffizienten deaktivieren, da wären zum Beispiel Asti, Koma, Trefoil der Grund- und höheren Ordnungen, nur die sphärische Aberation bleibt drin.
Und schwupps, da sieht doch selbst die 0° Position mit Teststandeinfluss auch gleich gut aus.
Vorher:
Nachher:
Bei den meisten professionellen Auswertungen ist ja gar nicht angegeben, was deaktiviert wurde und die höheren Zernikes erscheinen sowieso nie.
Es ist eben doch besser, wenn man alles selber macht.
[:D]
Viele Grüße
Jörg
p.s. Kai, ich weiß, die Überschrift lautet groß und dünn - 38mm ist fett!![:D] Ich bin aber kein Magersüchtiger![}:)]