<b>Vorgeschichte</b>
Nach der Diskussion in
http://forum.astronomie.de/php…on_Hauptspiege#Post785555
ist ein derartiger Spiegel bei mir gelandet. Der Eigentümer hat mir ausdrücklich gestattet die Messergebnisse zu veröffentlichen. Der Fairnis halber wollte ich diesen Beitrag auch in astronomie.de einstellen. Beim Versuch selbiges zu tun stand ich vor dem Problem wenn man mehr als 3 Bilder einstellen will und keine eigene Homepage pflegen möchte. Da ich einfach keine Lust dazu habe mich mit derartigem zu belasten kommt der Beitrag eben hier heraus.
<b>1. Prüfling</b>
Hauptspiegel aus Duran o. ä.
Dicke ca. 30 mm
nutzbarer Spiegeldurchmesser 149 mm
Krümmungsradius 2388 mm
<b>2. Messgerät und Messaufbau</b>
Bath Interferometer mit grünen Laserpointer ergibt die
Messwellenlänge 532 nm.
Prüfung aus dem Krümmungsmittelpunkt (RoC = Radius of Curvature)
Prüfraum: Bürozimmer mit Fußbodenheizung bei annähernd konstant 21°C
<b>3. Auswertesoftware</b>
"openFringe“ Version 12.0, bevorzugt Nutzung im FFT- Analysis Modus
<b>4. Durchführung und Ergebnisse</b>
<b>4.1 Minderung der Messfehler durch Wiederholmessungen</b>
Dazu ist es sinnvoll jeweils mehrere Interferogramme in mindestens 2 um 90° gedrehten Positionen des Prüflings aufzunehmen und auszuwerten. Die in der gedrehte Position aufgenommenen I- Gramme werden vor der Auswertung um 90°zurückgedreht. Bei der Mittelung der Datensätze aus allen I-Grammen werden zufällige Fehler durch praktisch unvermeidbare Luftschlieren in der Prüfstrecke sowie der öfters vorkommende Prüfstandsasti weitgehend unterdrückt.
<b>Bild 1</b>
zeigt die für die folgende Auswertung verwendeten I-Gramme. Die relativ hohe Streifenanzahl ist bei der Auswertung im FFT- Modus vorteilhaft. Die dünnen Kreise bei 20% des Durchmessers kennzeichnen die entsprechende Obstruktion.
<b>4.2 Ergebnisse</b>
<b>Bild 2</b>
zeigt die zugehörigen nicht geglätteten FFT- Wellenfrontbilder (LW Pass Filter off).
Das Loch in der Mitte ist durch die o. a. Obstruktion vorgegeben.
Die relative Höhendifferenz d. h. die Abweichung von der Idealform wird durch die Färbung symbolisiert. Blau kennzeichnet damit hinterereilende Bereiche der Wellenfront, rot bedeutet voreilend. Die max. Differenzen liegen bei ca. 1/2 Wellenlänge.
Nach dem Farbeindruck zu urteilen ist die Wellenfront im Bereich um die Mitte und am Rande voreilend. Das ist ein Zeichen für sphärische Aberration.
Die offensichtliche Rauheit ist einmal durch die endlich dichte Streifenlage sowie die nicht ganz perfekte Helligkeitsverteilung entlang der Streifen verursacht.
<b>Bild 3 </b>
zeigt die mit der Option „Zernike Smoothing Order 10. “ geglätteten Wellenfronten. Bei Order 10 wird die Wellenfront durch 256 Zernike Terms modelliert. Bei der üblichen Streifenauswertung werden max. nur 49 Zernikes verwendet. Somit kann die „Order 10“ Option mehr Details darstellen.
Man findet die sphärische Aberration bestätigt. Aber der äußerste Rand scheint wiederum etwas nach unten gebogen d.h. hier eilt die Wellenfront etwas weniger voraus als in der Mitte.
Noch sicherer werden die Befunde wenn man die jeweiligen Wellenfrontbilder mittelt, wie in
<b>Bild 4</b>
dargestellt.
Nach Auswertung im FFT Modus beträgt die
Strehlzahl = 0,852
Nach „Zernike Smoothing“ liegt man bei
Strehlzahl = 0,858.
Diese geringe Differenz ist im Rahmen der möglichen Messgenauigkeit und aus praktischer Sicht ohne Belang.
Die sphärische Aberration (hier Unterkorrektur) wird in beiden Fällen mit CC = -0.266 bzw. -0.255 bestätigt. Ideal korrigiert müsste die CC = -1 für einen Parabolspiegel herauskommen. Der Spiegel ist also real viel näher an einer Sphäre als an einem Paraboloid.
<b>4.3 Quantifizierung der Haupt- Restfehler durch Wellenfrontanalyse</b>
<b>Bild 5</b>
Wie bei Hauptspiegeln für Newtons üblich kann der in der Messung möglich Komafehler ignoriert werden. D.h. die Koma Zernikes der Grundordnung werden desaktiviert.
Bei Aktivierung von „Sphericals only“ werden nur die Zernikes für sphärische Aberration, hier bis zur 6. Ordnung aktiviert. Die Strehlzahl ändert sich dadurch von 0,858 auf 0,878. Damit ist dies der bestimmende Restfehler.
Weniger bedeutsam und eher messtechnisch von Interesse ist die Frage ob denn der Restfehler Asti als real oder zufällig durch Luftschlieren verursacht angesehen werden kann.
<b>Bild 6</b>
zeigt dazu die einzelnen allein auf Asti reduzierten Wellenfrontbilder.
Da in allen Fällen Asti mit annähernd gleicher Ausrichtung erkennbar ist muss man diesen dem Spiegel zuordnen. Der Betrag liegt aber in der Größenordnung< 0,1 Lambda PtV Wellenfrontfehler. Das ist klein genug um bei der praktischen Anwendung des Teleskops nicht zu stören.
<b>4.4 Synthetischer Sterntest und Kontrastübertragungsfunktion</b>
Diese Daten sind in den Grafiken
<b>Bild 7</b>
dargestellt. Dazu wurden die jeweiligen Datensätze aus der Interferogrammauswertung programmtechnisch gemittelt.
Danach ist im synth. Sterntest keinerlei Asti zu erkennen. Das wird sich erfahrungsgemäß auch beim Sterntest an Himmel bestätigen.
Der Durchhang der MTF- Kurve als Folge der sphär. Aberration ist größer als der bedingt durch 20% Obstruktion bei sonst perfekter Optik. Das widerlegt unmissverständlich die Auffassung ein nahezu sphärischer 150 mm f/8 Spiegel sei gleich gut wie ein gut parabolisierter Spiegel dieser Größe und Brennweite. Allerdings wird man diesen Qualitätsunterschied nur bei sehr gutem Seeing, hoher Vergrößerung und direktem Vergleich mit einem nahezu perfekt korrigiertem Teleskop gleiche Öffnung und Bauart nutzen können.
<b>4.5 Sonstige Ergebnisse</b>
Spaßeshalber wurde eine Messreihe mit 4 x 4 I-grammen nach Art von Bild 1 durchgeführt. D.h. in den Pos.
0°, 90°, 180° und 270° wurden je 4 I-gramme aufgenommen, zurückgedreht und im FFT- Modus ausgewertet.
Das Ergebnis zeigt
<b>Bild 8</b>
Danach erscheint die artefaktbedingte Rauheit etwas geringer. Die Strehlzahl ist mit 0,852 die gleiche wie nach FFT- Auswertung in <b>Bild 4</b> dargestellt. Die CC = -0.204 messtechnisch nicht signifikant zu unterscheiden von CC = – 0.266. Rechnerisch lässt sich daraus eine Wellenfrontdifferenz der beiden Auswertungen von 0,014 Wellenlängen ableiten.
<b>4.6.Messfehler</b>
Auf Grund der Streuung der Einzelwerte sowie von Erfahrungen mit ähnlichen Messaufgaben schätze ich die Messunsicherheit für die Strehlzahlen von +/- 0,02.
Gruß Kurt
Edit: Korrektur Tippfehler