Beiträge von stefanruprecht im Thema „20" f/4,0 Binodobson Selbstbau“

    Hallo Gerd,


    geniales Teil was du da hast, das ist irgendwie bisher an mir vorbeigegangen. Aber ich war die letzten Jahre ja auch jede freie Minute im Keller am werkeln.

    Hab meine Bildungslücke gerade mal geschlossen und deine Beiträge dazu durchgelesen. Beeindruckend.

    Prädestiniert auch für Nordamerikanebel oder M31 mit Ausläufern und Begleitern und bisl Rand drumrum würd ich sagen.


    Fehlt nur noch dass du deinen Astrostuhl auch noch gelb anstreichst, damit er farblich noch besser zum Tripod und zur Rockerbox passt. ;)


    Besonders gut gefällt mir der Axt-Griff aus Holz, vermutlich Esche. Sehr edel!


    Dann können wir beim HTT auch mal Okulare durchtauschen. Da sollten wir uns nebeneinander stellen auf dem Platz. Vielleicht richten die ja ne extra Bino-Wiese ein... ^^

    Das wird richtig spannend, kann's schon kaum erwarten.


    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo zusammen,


    Alex:

    danke dir, hier die gewünschten Detailfotos der Spiegelzelle.


    Lateralwippen aus 30x40mm Buchenholz-Balken: lassen sich in der Höhe entlang der M10 Gewindestange verstellen, um genau an der richtigen Stelle der Glasdicke des Spiegels anzusetzen.

    Die beiden M10 Muttern (über und unter dem Wippenbalken) nicht fest anziehen, damit die Wippe auch wirklich noch frei wippen kann.


    Die beiden Edelstahlkugellagertöpfe jeder Wippe (=Kontaktpunkte mit dem Glas des Hauptspiegels) lassen sich aus den Holzbalken ein paar Millimeter rein- oder rausschrauben, da sie auf Gewindestifte geschweißt sind. Somit kann ich die laterale Position des Hauptspiegels leicht verschieben. Dazu habe ich entsprechende kleine Innengewinde-Muffen in die Holzbalken eingelassen (nicht zu sehen auf den Fotos, weil die sitzen ja im Holz drin ;)



    Hier sieht man die recht komplexe Aufhängung: Flanschkugellagergeführte Gewindestange, Messingmuffe mit entsprechendem Innengewinde (aus dem 3D Drucker Selbstbau zu beziehen in der eBucht), und eines der spielfreien Druckguss-Scharniere mit Friktionseinstellung ist auch zu erkennen (schwarz mit kleinem Edelstahlwinkel/bzw -Platte adaptiert, direkt unterhalb der Gewindestange).



    Jörg:

    CNC hab ich leider nicht. Alle kreisrunden Holzteile wie Höhenräderaußenrand oder Hutringe habe ich mit einer Oberfräse mit "Zirkel" (=Holzbalken/Brettchen vom Restehaufen) per Hand gefräst.

    Tipp: zuerst den Außenrand fräsen, erst danach den Innenrand, sonst fehlt das Zentrierzentrum für den Zirkelansatz ;)


    Alle anderen "kurvigen" oder "schrägen" Teile mit elektrischer Stichsäge freihand gesägt.



    Holger/Alex:

    ja, ich finde es auch wirklich wichtig, alle Einstellknäufe nah beieinander in einer Art "Cockpit" zusammenzuführen.

    Das wäre mein dringender Tipp an alle Nachahmer.


    Wenn's schlecht läuft muss ja jeder neue Beobachter 7 Einstellungen vornehmen:

    1. Fokus linkes Auge

    2. Fokus rechtes Auge

    3. IPD

    4. Bildfelddeckung horizontal

    5. Bildfelddeckung vertikal

    --- und weil bis dahin das Objekt rausgewandert sein wird:

    6. Nachführung Altitude

    7. Nachführung Azimut


    Und das ganze quasi "blind", also während man durch die Okulare schaut. Man sieht seine eigenen Hände dabei ja nicht und muss die Knäufe/Griffe durch Ertasten finden.

    Da dürfen sie nicht zu weit voneinander entfernt sein...


    Ich denke auf Teleskoptreffen wird es wahrscheinlich echt notwendig sein, dass die Beobachter das vorher tagsüber am Gerät trainieren.


    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo zusammen,


    Jörg (Erposs):

    ja Mensch, dass du so ein altes Foto noch "rumliegen" hast! In der Tat, dass war auf'm HTT 2014. Damals durfte ich morgens kurz vor Dämmerungsbeginn einen Blick auf M42 im _wirklich_ großen 1,07m Dobson vom Dr. Erhard Hänßgen werfen. Das weiß ich noch wie heute: blau/grüne Huygens-Region, deutlich rostrote Schwingen. Ich rannte rüber zu meinem 24"er und wollte gucken ob der das auch kann: das Blau/Grün war im 24"er zwar noch erkennbar aber viel blasser, das Rot war gar nicht zu erkennen, nicht mal ein zartes Rosa, nur das übliche Grau. Also klares Nein.


    Und der Cirrusnebel in Kai's 33"er war da auch der Hammer. Noch bin ich bisl skeptisch, ob im Vergleich zu den wirklich großen Dobsons meine mickrigen 20" da was reißen werden. In dem Jahr war auch ein anderes superschickes Bino auf dem Platz, vom Stefan Hammel. Der Vorname scheint gefährlich zu sein und einen Binobau-Anfall auslösen zu können ;) .


    Ich hab die Gelegenheit damals leider verpasst da durchzuschauen. Ich weiß noch: René (Merting) war so schlau damals schon tagsüber einen Terminslot für die Nacht klarzumachen und sich schon mal tagsüber mit der Justierung vertraut machen zu lassen. Wenn mir nichts dazwischen kommt bin ich dieses Jahr in Herzberg sicherlich dabei.


    Zur Not bau ich die Baumarkt-Räder an's Bino dran und komme zu Fuß... Okay, das wäre dann doch zu weit, die sind nur für's Rausschieben auf die Terrasse gedacht. Da steht extra "Not for Highway Use" drauf...



    Was die Okulare angeht, das ist wirklich so eine Sache: Wie Andreas schon schrieb: viele sind einfach zu dick was den Außendurchmesser angeht (mal abgesehen vom Preis).

    Die sollen ja nicht nur für mich persönlich (65mm Augenabstand), sondern für möglichst viele andere Beobachter auch passen. 61 oder 62mm ist da absolutes Limit.

    Und dazu kommt noch: ich hab bei den allermeisten Okularen keine Erfahrung, wie die an f/4 ohne Komakorrektor performen.



    für den Pferdekopf- Nebel, Schwingen vom Orionnebel rötlich reichen unter gutem Himmel binokular 6"

    das lässt mich hoffen. Vor allen, die solche Beobachtungen in Grenzbereichen schaffen, mit viel Konzentration und vor allem Ausdauer und Disziplin ziehe ich immer den Hut (und beneide euch um eure außergewöhnlich guten Augen!)


    Die Kollimation würde ich persönlich immer über die Sekundär- und Tertiärspiegel lösen und die Hauptspiegel in Ruhe lassen, wenn sie irgendwann mal so eingerichtet sind, dass sie auf den gleichen Punkt am Himmel zeigen, aber auch da gibt es viele Wege nach Rom und kein wirkliches richtig oder falsch.

    Ja, die Tertiärspiegel könnte man auch verkippen. Ich hab dafür jeweils 3 kleine M3 Gewindeschrauben mit Rändelrädchen verbaut. Und auch die Position der Tertiärspiegel mit einer vierten Rändelschraube könnte ich noch leicht verstellen. Denn auch Tertiärspiegel haben ja einen kleinen Offset, den ich genau einstellen können möchte. Ist aber leider sehr eng (fummelig) und sehr sensitiv.


    An die Sekundärspiegel (die natürlich auch justierbar sind wie bei jedem Dobson) komme ich aber schlecht ran während der Beobachtung.

    Denn da müsste ich weit von oben reingreifen in den Tubus, da ich extralange Hut-Tuben-Verlängerungsaufsätze gebaut habe. Andere nennen sowas "Tauschutzkappen", ich finde "Hitzeschilde" ganz passend. Sie dienen hauptsächlich dazu, die Körperwärme des Beobachters zwischen den Tuben oder seitlich außen vorbei zu führen, wenn man horizontnahe Objekte beobachtet.


    Hier mal ein Bild aus einer Bau-Phase als ich die noch nicht lasiert hatte:


    Übrigens sieht man dort auch noch die beiden langen Hebelgriffe zum Rotieren der Hüte, die nach unten abstehen. Die haben sich nicht bewährt und wurden von mir wieder demontiert. Grund: man hat zwar einen langen Hebel und somit mehr als genug Kraft die Hüte zu drehen. Aber so "freihändig in der Luft", ohne die Handballen irgendwo auflegen/abstützen zu können, ist das trotz der langen Hebel nicht feinfühlig genug. Daher die Nachrüstung eines weiteren hölzernen Einstellknaufs mit Gewindegetriebe für die feinfühlige gegenläufige Drehung der Hüte, die man auf den Fotos meines ersten Beitrags ganz oben sieht. Das Prinzip ist auf der Seite von Jerry Oltion sehr schön erläutert, von dem ich das abgeguckt habe.


    Danke Euch allen nochmal für Eure netten Kommentare und Glückwünsche. Dieses Forum ist einfach voller toller Astro-Enthusiasten.


    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo Holger,


    Dass die Hauptspiegel kardanisch aufgehängt sind, ist sehr nobel. Ich habe die orthogonalen Achsen bei meinen Schiefspieglern über 3 Punkte in L-Anordnung gelöst (die Ecke fest), das ist einfacher, aber dann verstellt sich der Fokus beim Justieren natürlich.

    "Kardanisch" => danke für dieses Wort! Das fasst meine vielleicht nicht ganz leicht zu verstehende Beschreibung perfekt zusammen, du bringst es auf den Punkt. Und ja: eine 3-Punkt L-Anordnung (statt des üblichen gleichseitigen Dreiecks) hatte ich auch überlegt. Da hatte ich aber Sorge, dass die Konstruktion der 18-Punkt-Lagerung dann bei Höhenlagerschwenks zu asymmetrisch sprich ungleichmäßig durchbiegt.


    wenn Du Dir gar nicht sicher bist, ob Du die Bilder der beiden Augen wirklich fusioniert bekommst.

    Ich habe durch verschiedene Ferngläser geschaut und manchmal hat es mit dem "Fusionieren" der beiden Bilder geklappt und manchmal wiederum nicht. Ich wusste also immerhin, dass es mir gelingen kann, solange alle Umstände glücklich zusammenkommen. Daher wollte ich alles präzise und justierbar und mit "langen Hebeln" bauen. Wenn man eine M8 Schraube an der Hauptspiegeljustage eines kleinen Binos einbaut kann das Gewindespiel bei den kurzen Hebeln mehr Präzisionseinbußen verursachen als die gleiche M8 Schraube an einem großen Bino weiter außen. Auch drehbare Hüte mit z.B. 30 cm Durchmesser können leichter verkippen als Hüte mit etwas über 50cm, wenn beide z.B. 0,2 mm Unebenheit haben. Große Querschnitte sind immer der Schlüssel. Und ich gebe auch zu: hätte ich kleiner gebaut, wäre die Motivation bis zum Ende durchzuhalten wohl nicht dagewesen. Öffnungsfieber spielt schon auch immer eine Rolle.


    Filterschieber habe ich nicht vorgesehen: eine der Schwächen meiner Konstruktion. Ich müsste Filter also in die Gewinde der Okulare einschrauben. Filterschieber würden sich nur noch zwischen Sekundär- und Tertiärspiegel nachträglich realisieren lassen. Dann würden die üblichen 2" Filter aber vignettieren, es bräuchte mindestens die größeren rechteckigen (und teureren) 65x65mm Filter.


    Ich plane erstmal ohne Koma-Korrektoren. Kann man ja aber immer noch nachkaufen später. Ich denke erstmal: je weniger Glas im Strahlengang, desto besser.

    Als Übersichtsokulare habe ich die APM 30 mm UFF. Die geben mir 67x Vergrößerung bei 7,4mm Austrittspupille und ein volles Grad wahres Gesichtsfeld.

    Bin für Okularempfehlungen für f/4-Binos aber auch noch offen...

    Ich bin überzeugt davon, dass es da gibt es Dinge zu entdecken gibt, die man mit keinem anderen Teleskop sehen können wird.

    Na mal schauen, die ganz großen Mono-Dobsons (30" und größer) zeigen auch so einiges. Über Beobachtungsziele habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Vieles hängt ja vor allem daran wie dunkel der Himmel ist. Ich würde gerne mal den Pferdekopfnebel sehen (ist mir noch nie wirklich sicher gelungen), und die rote Farbe in der einen Schwinge vom Orionnebel zusätzlich zum Grün/Blau der Huygens-Region, und den Zentralstern im Ringnebel M57 würde ich gerne mal mehr als nur kurz aufblitzen sehen, und M51 gerne noch mal knackiger als im 24"er, und Cirrus nochmal mit 1 Auge ohne Filter und anderes Auge mit OIII Filter, und gucken ob M13 einen "3D" Effekt zeigt, und mal schauen was an Jupi, Saturn und Mars auflösungstechnisch bei gutem Seeing so geht, ach, eigentlich alles was da oben so kreucht und fleucht... 8)

    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo Thomas,


    danke auch dir! Die 3D Effekte am Mond waren bei mir verblüffend: ich hatte auch durchziehende Wolken am abnehmenden Dreiviertelmond. Aber statt den Mond als Kugel und die Wolken davor zu sehen, war der Mond quasi wie ein Blick in eine Salatschüssel, deren Innenwand mit einem Poster von Mondkratern tapeziert war. Die vorbeiziehenden Wolken schienen mir eindeutig HINTER dem Mond vorbeizuziehen, der Mond leuchtete quasi halb-transparent. Als die Wolken dann weg waren und der Himmel komplett klar, schien der Mond plötzlich wieder eine Kugel zu sein, und keine hohle Schüssel-Innenseite mehr. Ab dann waren selbst langweilige stumpfe Huckel auf dem Mond ohne nennenswerten Schattenwurf plötzlich so spannend wie Gebirgsketten, deutliche 3D Effekte wie man es erwartet hätte.


    Mein Bino liefert durch die Tertiarspiegel seitenrichtige, aber nicht aufrechte Bilder. Das ist erstmal ungewohnt beim Nachführen, wenn man die seitenverkehrten, nicht aufrechten Bilder von "normalen" Dobsons gewöhnt ist. Hab mich erstmal wieder wie ein Dobson-Anfänger gefühlt.. :S Dann aber doch schnell dran gewöhnt.


    Zur Motivation: ich hatte schon mehrere Dobsons vorher gebaut, darunter auch einen 24"er. Da musste ich zwischendurch auch viele Komponenten verwerfen und neu bauen. War ein langer Lernprozess. Ich wusste also worauf ich mich beim Bino einlasse und brauchte eine neue Herausforderung. Denn wenn man Reisedobson und Großdobson schon hat, fragt man sich natürlich: what comes next? Wie kann man das weiter verbessern? Und dann führt (glaube ich) früher oder später kein Weg an Binos vorbei.


    Und ja: ich werde damit sicherlich bei einigen Teleskoptreffen aufschlagen, weil ich bei mir zu Hause keinen wirklich dunklen Himmel habe.


    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo zusammen,


    danke für Eure lieben Rückmeldungen.


    Holger (Cleo): deine langjährige Bino-Euphorie hier im Forum hat übrigens wesentlich mit dazu beigetragen, dass ich mich mehr für Binos interessiert habe und schließlich auch so ein Ding bauen wollte.


    Matthias: ich bin auch gespannt... Ich erhoffe mir vor allem bei niedrigsten Vergrößerungen an ausgedehnten DeepSky Objekten Vorteile gegenüber Mono-Teleskopen.


    Gerd: Der Einblick im Zenith erfordert bei mir eine kleine Trittleiter mit 2 bis 3 Stufen, je nach Körpergröße. Das ist deutlich weniger als die 7 Stufen, die ich bei meinem 24"er Mono-Dobson für einen Zenithblick erklimmen muss, der dabei insgesamt auch noch weniger Licht sammelt als die beiden 20"er zusammen genommen.

    Wem ein guter Zenith-Einblick bei Binos wichtig ist (und ich gehöre zu diesen Leuten, genau wie du offensichtlich auch), der sollte überlegen die Okulare nicht mittig zwischen die Tuben zu setzen wie z.B. bei diesem Großbino:


    Review of the 18” f/5 Otte binodobson - User Reviews
    Sometimes, aperture<br />fever can lead to a severe case of brain damage. The kind that compels you to<br />make a purchase that by all acceptable standards…
    www.cloudynights.com


    sondern näher an der Körper des Beobachters, so wie es viele Binobauer vor mir auch schon getan haben.


    Denn dann muss man sich nicht so weit noch vorne beugen. Das geht dann nicht so auf die Lendenwirbelsäule.

    Der Einblick bei sehr horizontnahen Objekten wiederum wird dadurch natürlich noch "bodennäher". Man hockt dann quasi unter dem Teleskop. Ansonsten müsste man sich eine riesengroße stabile Kiste oder extrem stabilen Tisch unter das Azimutlager stellen, wenn man im Sommer in Schütze und Skorpion auf Jagd gehen möchte. Auch nicht wirklich toll.

    Die einzig überzeugende Lösung für wirklich komfortable Großbino-Einblicke (horizontnah UND zenithnah gleichermaßen) ist die von Kunho Lee:


    Externer Inhalt www.youtube.com
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    Die ist zwar nicht mehr mobil, um auf Teleskoptreffen zu reisen, aber ansonsten ein absolutes "Kinnlade-runter-Bino-Projekt". 8)


    René: Danke Dir. Es ist tatsächlich der erste / bisher einzige Post von mir zum Thema Bino.

    Vielleicht sind die Erklärungen anderer Binobauer besser verständlich, hier mal ein paar tolle andere Doku-Beispiele:


    Welcome - arieotte-binoscopes

    12.5-inch Binocular Telescope

    Giant Binoculars - DaveTrott.com
    “If you ever get the chance to look through one of these large binocular telescopes you will see why they have so much appeal. If you are courageous or foolish…
    davetrott.com

    Eric Royer présente son télescope – astronomes-auvergne.fr


    Ein Bino zu bauen ist schon komplex. Ich musste viele Konstruktions-Entscheidungen treffen, jede mit unzähligen Vor- und Nachteilen verbunden. Ein Teleskop ist ja immer eine Ansammlung von optischen und mechanischen Kompromissen. Und für ein Bino gilt das ganz besonders. Ich bin gerne bereit meine Gedanken zu den einzelnen Details weiter zu erläutern. Dazu würde mir sehr helfen, wenn du die Sätze von mir kurz zitieren könntest, die von mir schwer verständlich formuliert worden sind. Dann gehe ich da gerne gezielter drauf ein.


    Viele Grüße,

    Stefan

    Hallo liebe Astrotreff-Foristen,


    ich möchte Euch heute mein Selbstbau-Bino Projekt vorstellen.


    (clickt auf die Bilder für Vergrößerung und größeren Bildausschnitt)



    Eckdaten:

    + Hauptspiegel Durchmesser jeweils 500mm

    + Öffnungsverhältnis jeweils f/4,0

    + Gewicht 95 Kg (schwerstes Einzelteil Hauptspiegeldoppelzelle mit 22,8 Kg ohne die Hauptspiegel)

    + Bauzeit: ca. 4 Jahre, mit Phasen höchst unterschiedlicher Intensität

    + Zerlegbar zum Transport im Auto. Aufbau und Abbau mit einer Person möglich, aber zu zweit deutlich schneller und einfacher

    + Selbstbau-Okularauszüge mit integrierten justierbaren Tertiärspiegeln und der Möglichkeit, 2“ Okulare nutzen zu können ohne Vignettierung

    + Interpupillare Distanz (IPD) einstellbar mittels gegenläufig drehbarer Hüte. Als Minimaleinstellung sind 60mm möglich. Allerdings bleibt dann kein Puffer mehr zum Fokussieren. In der Praxis also ca. 61mm Minimum.

    + Co-Kollimation durch von oben während der Beobachtung verstellbare Hauptspiegel unter in-Kaufnahme einer vernachlässigbar kleinen Miskollimation einer der beiden Strahlengänge.

    Diese Miskollimation kann durch laterale Verschiebung des betroffenen Hauptspiegels dank justierbarer Lateralwippen auf nahe Null reduziert werden.


    Mein Spiegelschleifer-Ego ist etwas angekratzt, da ich nur einen der beiden HS bis zur finalen Parabel komplett selbst geschliffen habe.

    Die Parabolisierung des zweiten Spiegels erfolgte dankenswerterweise durch Christian Busch, sonst wäre ich wohl nie fertig geworden.

    Die beiden Sekundärspiegel sowie die beiden Tertiärspiegel sind anderweitig zugekauft.


    Um die Brennweiten der beiden Hauptspiegel möglichst gleich lang hinzubekommen, habe ich während Grob- und Feinschliff das gleiche Granittool immer im Wechsel benutzt. Das Tool hatte zum Ende des Feinschliffs nur noch eine Randdicke von 17mm (Anfangs waren es 30mm). Nach dem Freihand-Flexen im Wasserkübel reichten 5 Hauptspiegel-Wechsel in der Grobschliffphase, und später 3 Wechsel je Körnung bzw. sogar nur 1 Wechsel bei den feineren Körnungen aus, um die Brennweitendifferenz der beiden HS locker unter 1% zu halten.


    Zufrieden bin ich mit der etwas ungewöhnlichen Justier-Aufhängung der beiden Hauptspiegel, an der ich lange getüftelt hatte:

    Statt der üblichen 3 Schrauben sorgen an spielfreien Scharnieren aufgehängte verschachtelte Alurahmen dafür, dass ich in zwei um 90 Grad zueinander versetzten Achsen (statt üblichen ~120 Grad) justieren kann. Eine der gedachten Justierachsen geht dabei exakt mittig durch den Spiegel-Schwerpunkt, so dass die Justage leichtgängig ist. Das Prinzip ist so ähnlich wie bei diesem bekannten Geschicklichkeits-Murmelspiel:


    Man erkennt 3 Rahmen: Außenrahmen starr, Zwischenrahmen in nur einer Achse beweglich, Innenrahmen in zwei Achsen.



    Die Höhenräder sind in Sandwich-Bauweise (mit Schaumstoffkern) erstellt um Gewicht zu sparen. Die Laufflächen sind mit 2mm starkem und 40mm breitem Aluminium beplankt und laufen auf Edelstahl-Kugellagern. Seitliche Teflon-Führungsklötzchen an der Rockerbox können mit Schrauben justiert werden und so als einstellbare Bremse für die Höhenräder wirken. Funktioniert prima.



    Wichtig war mir, dass der ganze Strahlengang-Anteil vom Sekundärspiegel via Tertiärspiegel bis zum Okular so kurz wie möglich gehalten wird, um Sekundärspiegel und somit die Obstruktion möglichst klein halten zu können. Gerade bei den relativ kurzen f/4 müssen die Sekundärspiegel sonst schnell sehr groß (und somit auch teuer) werden. Deswegen wollte ich keine 4-Fokussierer-Lösung für die IPD-Einstellung.

    Blieben also drehbare Hüte. Die haben ohnehin den Vorteil. dass nach dem Verstellen der IPD nicht neu fokussiert werden muss. Damit beim Beobachten von horizontnahen Objekten durch das Gewicht der Tertiäreinheit samt Okularen nicht die Hüte frei drehen und die IPD auseinander driftet, braucht es Gegengewichte, die den Okularen gegenüber liegen. Durch lange Hebel können die Gewichte sehr gering ausfallen. Und schließlich habe ich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die „Gegengewichte“ sind 2 Telrads, die hoch oben schön weit abstehen und so einen angenehmen Einblick bieten. Inzwischen habe ich zusätzlich ein selbsthemmendes Schneckengetriebe zur Einstellung der IPD angebaut, welches das Auseinanderdriften der IPD auch verhindert. Aber durch die Telrad-Gewichte ist die IPD Einstellung in beide Drehrichtungen nun schön gleichmäßig leichtgängig.




    Momentan sind die Hauptspiegel noch beim Beschichten. Bis zu den ersten richtigen Beobachtungsberichten wird es noch 1 bis 2 Monate dauern.

    Ich kann aber aus ersten Tests an Mond und Planeten mit noch unbelegten Hauptspiegeln schon sagen: das Beobachtungserlebnis mit einem Bino ist wirklich sehr angenehm. Man möchte seinen Kopf am liebsten gar nicht mehr von den Okularen wegbewegen. Das wird bei größeren Beobachtungsgruppen noch zum Problem werden...


    Die Co-Kollimation funktioniert butterweich und trotz etwas verbleibendem Gewindespiel genügend präzise auch bei höheren Vergrößerungen, das macht richtig Spaß.

    Nach größeren Höhenlager-Schwenks muss ich allerdings ein klein wenig nachjustieren (die Übeltäter-Durchbiegestelle ist schon identifiziert ;) ).

    Die drehbaren Hüte sind durch diverse Edelstahl-Kugellager wiederum so präzise geführt, dass sowohl die Fokuslage als auch Bildfeldüberlappung perfekt erhalten bleiben wenn die IPD verstellt wird.


    Am Mond sieht man sehr deutliche 3D Effekte obwohl die Parallaxe für „echtes“ 3D ja nicht ausreichend ist.


    Der Grund warum ich dieses Teleskop gebaut habe ist aber eigentlich ein anderer:

    ich gehöre zu denen, die beim Blick durch Ferngläser häufig Probleme haben, beide Bildfelder zur Deckung zu bringen. Dann sehe ich Doppelbilder.

    Mit diesem Bino möchte ich für mich herausfinden, woran es liegt, dass es manchmal besser klappt und manchmal weniger gut.

    Ob es „nur“ an der Justage der Optik liegt? Oder an Gründen, die in der Person des Beobachters liegen (z.B. individuelle Neigung zum Schielen, unterschiedlich gute Augen, zu wenig Geduld beim Beobachten oder zu wenig Konzentration), oder an noch ganz anderen Einflussfaktoren? z.B. scheinbares Gesichtsfeld, Kissen- oder Trapezverzerrung der Okulare, ...


    Nun ja, erste Sterntests mit unbelegten Spiegeln deuten sehr klar darauf hin, dass man Doppelbilder durch Justieren an der Bildfelddeckung wunderbar wegbekommen kann.

    Um solche Fragestellungen zu untersuchen hätte sicherlich auch ein kleineres Bino ausgereicht. Aber wenn man schon so viel aufwendige Mechanik baut: warum dann nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und gleich dem nächsten absehbaren Schub an Bino-Öffnungsfieber zuvorkommen? ;)


    Zum Schluss ein großes Dankeschön an alle, deren Bino-Projekte im Internet so klasse dokumentiert sind, wie z.B. Joerg Peters, Arie Otte, Dave Trott, Eric Royer, Jerry Oltion und viele viele mehr. Eure Pionierarbeit ist der Wahnsinn. Das war für mich eine große Hilfe und Inspiration.


    Viele Grüße,

    Stefan


    PS: sorry für die obligatorischen 20 Tage schlechtes Wetter, die normalerweise jetzt bald folgen. Ich hoffe es werden nicht sogar 2x20=40 Tage =O :/