Beiträge von Stathis im Thema „Mein aller erster Spiegel“

    Hallo Peter, herrliche Geschichte!

    Das ist doch, was am Ende bleibt: Geschichten, Erlebnisse, Erfahrungen, Begegnungen, Freundschaften... ob da ein Spiegel wirklich fertig da steht, ist letztendlich nicht so wichtig.

    Hatte ich schon erwähnt, dass der 6 Zoll Reisedobson auch "Remote Observing" kann, ganz ohne Motoren, Steuerung, Kabel- Gedöns und Internet? Wie das? Man schickt einfach andere damit auf Reise und lässt sie berichten. Hier ganz aktuelles Bild aus La Palma:


    Vielen Dank für die Kommentare.


    Mensch Gert, wir hatten uns doch auch damals in Berlin kennengelernt. Hattest du nicht einige Zeit danach einen fotografischen 12 Zoll f/4 geschliffen auf Liebscher Montierung und wir waren damit in Italien? Du hattest mir für den 17,5 Zöller die Alu Stangenklötze ausgedreht.


    Jürgen: Die Auswärtigen kriegten natürlich das komplette Set auf einmal, aber die Berliner mussten immer wieder für "den Stoff" andackeln und unterschreiben, dass sie auch da waren, damit man zeigen konnte, wie gut die Materialzentrale besucht ist.

    Ja, diese Tabellen mit den Fokaldifferenzen war eigentlich alles was man brauchte. Klaus Jünemann hat nur danach korrigiert ganz ohne Lambdas, Strehls und Korrekturkurven und seine Spiegel waren ebenfalls richtig gut.


    Timm: Das Hans Rohr Buch kannte ich auch aus den 1970-er Jahren, aber ich war Teenager - Energie ohne Ende, aber noch nicht die Möglichkeiten, die Materialien zu beschaffen. Ehrlich gesagt hat mich das Hans Rohr Buch eher etwas abgeschreckt. Tja, wenn ich so jemanden wie dich damals schon gekannt hätte... Hast du deinen ersten Spiegel noch?


    Guntram: Es lag einfach in der Luft. Ich hatte einen 140 mm Comet Catcher, der ab 80- fach flaue Bilder lieferte. Ich dachte bis dahin, das sei normal und dass man für richtig scharfe Sterne einen langen stationären Refraktor brauche, wie ich sie von Volkssternwarten kannte. Daher wollte ich wenigstens 10 Zoll, damit er wenigstens hellere Bilder für Deep Sky hergibt. Beim Firstlight mit mit dem 10 Zöller bin ich dann total ausgeflippt, als er mir plötzlich helle UND scharfe Bilder lieferte - mein Koordinatensystem musste in der Galaxis neu ausgerichtet werden.


    Martin: Ich kannte einen Volker, der aus der Nachkriegszeit aus Scherben des Berliner Aquariums einen Spiegel geschliffen hatte. Ich weiß davon jedoch keine weiteren Details. Er ist sicher längst verstorben. Weiß sonst jemand mehr darüber?

    Zum Asti: Ich wusste ja vom Sterntest, dass da kein nennenswerter Asti drin sein kann, aber dass er so gering ausfällt, hat mich doch überrascht. Der Asti macht weniger als 1% Strehlverlust aus.

    Die "Archimedes" Mechanik hatte ich mit einem neueren, besseren f/6,25 Spiegel verkauft. Diesen ursprünglichen Spiegel habe ich immer noch, er ist im 10" Reisedobson verbaut, sogar die original Verspiegelung von Berliner Glas ist immer noch drauf. Der ist schon viel gereist, u.a. hatte Frank ihn bereits zwei mal zu Fuß auf den Gamsberg/ Namibia geschleppt.

    Wir schreiben das Jahr Anno Domini 1990. Es gibt eine Spiegelschleif Materialzentrale in der Wilhelm Foerster Sternwarte im Berlin, die vom inzwischen längst verstorbenen Werner Nehls (Montierungen Witte und Nehls) betrieben wird. Man konnte dort die fetten alten Schott Duran Rohlinge kaufen und kriegte immer nur eine Körnung Schleifpulver pro Treffen mit, damit man auch jede Woche wiederkommt.


    Dieser Herr Nehls weigerte sich, mir einen 25 cm Rohling rauszurücken, das sei viel zu groß für einen Anfänger. So zog ich etwas enttäuscht mit zwei 15 cm Duraniern (einer als Spiegel, der zweite als Tool) und lediglich K80 wieder nach Hause, freundete mich mit dem Kleinen trotzdem zunächst an und fing an zu schleifen, damit ich nächste Woche die nächste Körnung ergattern konnte. Als ich das tat und mit der Trophäe - der K120 Tüte - wieder abziehen wollte, kam ein älterer drahtiger Herr mit markantem Gesicht und ruhiger Stimme in den Werkstattkeller und zog aus einem ledernen Schulranzen einen 25 cm Rohling heraus. Ich starrte abwechselnd auf diese große dicke Glasscheibe und auf dieses Gesicht, das mir irgendwie sagte, ich kann so was Großes und du kannst es auch. Wer war das? Wie kam er zu diesem Rohling? Die Faszination wich der Empörung: "Herr Nehls, ich will auch so was, Sie MÜSSEN mir einen 10- Zöller verkaufen". Ich muss ihn so eingeschüchtert haben, dass er alle Gegenwehr aufgab und mir zwei dieser dicken Duranscheiben übergab. Ich kann mich an diese Begegnung erinnern, als sei es gestern erst passiert. Ich radelte triumphfierend nach Hause, als hätte ich das Casino von Monte Carlo gesprengt und fing SOFORT an, diesen Glasklotz zu schleifen, der kleine 15 cm landete in der Ecke.


    archimedes_grobschliff.jpg


    Und dieser Typ mit der Schultasche? Das war kein geringerer als Klaus Jünemann, eine langjährige Freundschaft begann. Wir wurden gleichzeitig fertig, schlugen mit unseren 10 Zoll Dobsons auf dem ITV auf und schockten die Zeissianer und Parallaktiker mit hellen scharfen Bildern aus damals noch exotischen Holzkisten.


    Warum schreibe ich das gerade jetzt hier rein? Weil ich gestern diesen 257 mm f/5,4 Spiegel per Interferometer nachgemessen habe.

    Hier zunächst das finale original Messprotokoll von 1990 mit graphischer Auswertung nach Jean Texereau: Ca. 10% Unterkorrektur vor allem in der Mitte (Berg in der Bitte)


    archimedes_25cm_f5.4_protokoll.jpg


    In geradezu grenzenloser Naivität hatte ich aus einen Stück Gardinenstange + Fahrradglühbirne + Loch in Alufolie einen Foucaulttester gebastelt, das Messen erfolgte durch schieben der Messerschneide auf Millimeterpapier - nix Messschieber schon gar keine Messuhr. Zu dem primitiven Messmittel gesellte sich die mangende Ahnung, was mir diese Foucault Schatten zu sagen hatten.


    Füttert man Foucault XP mit diesen Originaldaten, sieht man wieder die leichte Unterkorrektur vor allem in der Mitte (Berg in der Mitte):


    archimedes_25cm_f.5.4_surface.gif


    Und hier die moderne DFT- Fringe Auswertung der Interferometer Messung. 12% Unterkorrektur (CC= -0,883). Verlauf, wie damals gemessen, insgesamt immer noch deutlich besser als beugungsbegrenzt:


    archimedes_25cm_f5.4_average.jpg


    Es war das erste Mal, dass ich überhaupt ein scharfes Bild durch ein Teleskop zu sehen bekam. Der "Archimedes" wurde eines der damals am meisten genutzten Teleskope im Berliner Umland. Ich entdeckte Pluto, sah die Jupitermonde als Scheiben, erwischte die Einschläge des Shoemaker Levy auf Jupiter 1994 noch vor der Tagesschau, unzählige Deep Sky Objekte, schloss lebenslange Freundschaften.


    Und der Kleine? Den machte ich anschließend mit dem sehr guten historischen Foucault Tester, den Klaus damals nutzte, und verbaute ihn als 2 Stangen Reisedobson.

    Hier das original Protokoll mit 4 Zonen von 1991 - inzwischen hatte ich ja mehr Checkung im Spiegelschleifen:


    reisedobson_15%20cm_protokoll.jpg


    Und hier die moderne Nachmessung:


    reisedobson_15%20cm_average.jpg


    Ich glaube, das ist nach wie vor einer der genauesten Spiegel die ich je gemacht habe - ok... ist auch einer der kleinsten. Er reiste unzählige male auf dem Motorrad nach Griechenland, 1994 zur Sofi nach Bolivien, im Rucksack in die Berge...


    Ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr mit ollen Geschichten gelangweilt.