<b>1. Einleitung</b>
Vollständig heißt das <b><font color="red">P</font id="red"></b>oint <b><font color="red">D</font id="red"></b>iffraction <b><font color="red">I</font id="red"></b>nterferometer. Als ich vor einigen Jahren damit angefangen hatte nannte ich es Lochinterferometer. Wer sich für die Details aus der Entwicklungsphase interessiert der findet einiges unter
http://www.astrotreff.de/topic…CHIVE=true&TOPIC_ID=51509
Erfreulicherweiser gibt es mittlerweile im Forum zahlreiche Beiträge zur erfolgreichen PDI- Anwendung.
<b>2. Prinzip des PDI</b>
Das wichtigste was man kennen sollte ist wohl das Prinzip des PDI. Da sich dieses bis heute nicht geändert hat brauch ich auch keine neue Skizze dazu. Hier also die aus obigem Bericht stammende Skizze mit der Kurzerklärung
<b>Bild 1</b>
Das Interferometer funktioniert also folgendermaßen:
annähernd im Krümmungsmittelpunkt des Prüflings befindet sich die Laserdiode ohne Optik. Diese leuchtet den Prüfling aus. Der Prüfling reflektiert dies Wellenfront durch die Glasplatte auf das Loch und die semitransparente Schicht. Das Loch wirkt als Quelle für die Referenzwellenfront. Diese interferiert mit der Wellenfront des Prüflings. Die Interferenz in Form von Kringeln oder Streifen kann man visuell hinter dem Loch sehen oder per Kamera dokumentiert werden (Ende der Kurzerklärung).
<b>3. Anleitung zum Bau eines PDI mit einfachsten Mitteln</b>
Mittlerweile dürfte allen Interferometer- Aspiranten bekannt sein dass man das Glasplättchen mit der semipermeablen Schicht und vielen wohldefinierten zierlichen Löchern darin auch PDI-Filter genannt preisgünstig kaufen kann, mit oder ohne passende Laserdiode, siehe
http://www.astro-electronic.de/pdi.htm
Noch wesentlich preisgünstiger ist die im Folgenden vorgestellte Mechanik. (Um es vorwegzunehmen, das teuerste an der gesamten P-D-Interferometrie wäre eine Digitalkamera, am besten als Spiegelreflex).
Also zurück zur Mechanik. Es kommt darauf an, dass das PDI-Filter mitsamt Laserdiode feinfühlig und möglichst wackelfrei in den 3 Raumachsen verstellt werden kann. Feinfühlig heißt hier dass sich Ortsänderungen in der Größenordnung von 1/1000 mm schon sehr deutlich als Änderung im I-gramm bemerkbar machen. Das hört sich wahrscheinlich schlimmer an als es praktisch ist.
<b>Bild 2</b>
<b>Bild 3</b>
Als Grundlage dient ein solider Tisch aufmöglicht erschütterungsfreiem Boden. Mit der Tischplatte hat die Grundplatte (Multiplex- Sperrholz ca. 15 mm dick) über drei Punkte kontakt. Das sind die beiden Auflager (Streichholzstückchen o.ä.) an der rechten unteren Kante sowie die Stirnseite der mit dem Vertikalrad verbundenen Spindel. Die Spindel besteht aus einem Stück M4 Gewindestange, deren Kontaktende leicht ballig geschliffen sein sollte. Das M4 Gewinde zur Führung der Spindel ist direkt in die Grundplatte geschnitten. Wer sich keine Gewindebohrer zulegen möchte der kann hier auch Einschlagmuttern setzen.
Bei Drehung des Vertikalrades wird die linke Seite der annähernd vertikal bewegt und damit auch die darüber angeordneten Bauteile. Wer bereits eine Foucault- Messvorrichtung mit x-y Feineistellung besitzt muss nur die Schneide mit LED gegen das PDI-Filter mit Laserdiode austauschen, das Ganze auf die Grundplatte stellen und das PDI ist einsatzbereit.
Es geht weiter für Einsteiger ohne Foucault- Mimik.
Auf der Grundplatte liegt der Schlitten. Damit er schön linear und spielfrei in axialer Richtung bewegt werden kann wird er mithilfe der Gummibänder gegen die Leiste und gegen die Stirnseite der mit dem Axialrad verbundenen Spindel gedrückt. Das Klebeband mit Schutzfolie vermindert den Reibungswiderstand zwischen Schlitten und Leiste. Auf der Unterseite des Schlittens sind an den beiden Ecken nahe der Leiste zwei Polsternägel eingeschlagen (im Bild nicht sichtbar). Damit wird die Gleitreibung zwischen Schlitten und Grundplatte vermindert. Die Stirnseite der mit dem Horizontalrad verbundenen Spindel bildet den dritten Lagerpunkt zwischen Grundplatte und Schlitten. Das Gewinde für diese Spindel ist ebenfalls direkt in den Schlitten geschnitten. Zur Verminderung der Reibung zwischen Stirnseite Spindel und der Grundblatte ist an der passenden Stelle eine ca. 60 mm lange Platte aus eloxiertem Alu angebracht (im Bild nicht sichtbar).
Bei Drehung des Horizontalrades wird der Schlitten an der rechten Seite vertikal bewegt. Dabei wird die obere Kante der mit dem Schlitten starr verbundenen Montageplatte annähernd horizontal geschwenkt und damit auch das dort aufgeklebte PDI- Filter und die Laserdiode. Damit ist die Mechanik zur Feineinstellung des PDI in allen 3 Raumachsen vervollständigt und einsatzfähig.
<b>Bild 4</b>
<b>Bild 5</b>
Der Streulichtschirm verhindert eine direkte Sicht des Kameraobjektivs auf den Prüfling und damit auch Lichtreflexe im I-gramm.
<b>4. Ein Beispiel zur Nutzanwendung</b>
Der Prüfling ist ein Parabolspiegel aus einem Newton von Teleskop Service.
D= 152mm
f=602 mm
Randdicke = 20 mm
Substrat: Pyrex
Hersteller: Skywatcher<font size="4">*</font id="size4">
Bei Messung im RoC Setup braucht man hier nur 1204 mm Abstand zwischen Prüfling und PDI. Das ist sehr angenehm, denn ich konnte das problemlos auf dem Tisch mitten in meinem wohltemperieren Arbeitszimmer aufbauen.
Die Probeauswertung des ersten Test-I-gramms zeigte eine ganz fieses „Loch“ mitten in der Wellenfront.
<b>Bild 6</b>
<b>Bild 7</b>
Als geübter Interferometriker sieht man dieses „Loch“ bereits im Interferogramm. Aber richtig beurteilen kann man es erst nach der Auswertung. Zu diesem Zweck hab ich die Farbhöhenskala eingeblendet. Wellenfrontfehler / Wl. soll heißen: gemessen in Wellenlängen. Diese Skala liefert openFringe ganz freiwillig wenn man den Knopf „Contur“ drückt. Im Original sieht das so aus.
<b>Bild 8</b>
Die Darstellung der Wellenfront gemäß Bild 7 scheint mir anschaulicher zu sein. Die von openFringe ausgegebenen Zahlenwerte für Strehl, RMS und CC hab ich in beiden Bildern unterdrückt, da es hier noch nicht um die Endauswertung oder ausführliche Wellenfrontanalyse geht.
Man kann aber schon nach Augenmaß abschätzen dass es sich für die anstehende Messserie lohnt das Loch in der Mitte zu unterdrücken. Es wird ja beim praktischen Gebrauch des Teleskops vollständig vom Schatten des FS verdeckt. Daher macht es Sinn den Spiegel mit einer zentralen Obstruktion annähernd mit dem effektiven Durchmesser des FS abzudecken.
Für Einsteiger aber noch einmal zurück auf Anfang des praktischen Einsatzes. Bei dem relativ kleinen Spiegeldurchmesser und dennoch beträchtlicher Dicke gibt es keine Probleme wegen Deformation des Prüfdlings bei vertikaler Lagerung auf dem Prüfstand. Ich hatte aber gerade meinen Prüfstand mit einstellbaren Rollen wiedergefunden und daher auch genutzt.
<b>Bild 9</b>
Die Neigung wird bei mir auf ca. 2° bis 3° rückwärts eingestellt. Der Spiegel drückt dann mit ganz sanfter Kraft über 3 Filzpads gegen die Rückwand. Deshalb muss das PDI- Filter mit Laserdiode im Abstand R etwas höher platziert werden.
Als nächstes muss man das PDI so ausrichten dass das Lichtbündel der Laserdiode den Spiegel voll ausleuchtet. Dazu ist es zweckmäßig die Raumbeleuchtung kräftig zu dimmen und den Spiegel mit einem weißen Papier abzudecken. Dieser Lichtbündel ist kein Kegel sondern eher eine Pyramide mit relativ schmalem, rechteckigem Querschnitt. Zur gleichförmigen Ausleuchtung eines f/4 Spiegels im RoC Setup reicht es aber.
Nun muss man den Fokus des vom Spiegel reflektierten Lichtbündels in Richtung auf das PDI- Filter bringen. Zum Auffinden des Spots ist das vorher zur Abdeckung genutzt weiße Papier recht hilfreich. Wenn man es nämlich zum Auffinden des Spots nutzt ist es weniger wahrscheinlich dass es gleichzeitig den Spiegel abdeckt.
Das Einrichten des Spots auf das PDI-Filter gelingt grob durch Schenken und/oder Feineinstellung des Spiegelprüfstandes. Dabei sollte man den Spot auf ca. 2 bis 3 mm Durchmesser defokussieren. Ob intra- oder extrafokal spielt hier keine Rolle. Man sieht dann ungefähr folgendes
<b>Bild 10</b>
Die Scheibe ist die Abbildung des Spiegels. Die Kringel sind bereits I-gramme, erzeugt von einem Teil den zahlreichen Löcher auf dem PDI- Filter. Die genaue Anzahl mit Abmessungen der Löcher findet man im obigen Link.
Für die Interferometrie der gesamten Spiegelfläche braucht man natürlich Streifen (oder auch Kringel) die von einem einzigen Loch verursacht die gesamte Spiegelfläche bedecken. Um das zu erreichen hat man ja die oben beschriebenen 3 Stellräder. Nach it ein wenig Übung wird man vermutlich folgendes Bild erhalten.
<b>Bild 11</b>
Das sieht schon fast so aus wie ein auswertbares I-gramm. Die grün markierten Unterbrechungen der Streifen sowie die starke Aufhellung am rechten Bildrand verraten aber dass man sich ein zu großes Loch des PDI-Filters ausgesucht hat. Daher per Axialrad wieder defokussieren, ein weniger kontrastreiches Kringelzentrum (entspricht kleinerem Loch) ansteuern. Nach spätestens 5 Minuten sieht man dann ein echt fotogenes I- Gramm wie im Bild 7 bereits gezeigt. Wenn wir uns den Streulichtschirm nicht gespart und dem Spiegel auch noch die hier sinnvolle Obstruktion verpasst haben können wir mit der eigentlichen Arbeit beginnen. Das bedeutet:
<b>4.1 Vier I-gramme mit jeweils unterschiedlicher Streifenlage fotografieren (Pos 0°</b>)
<b>Bild 12</b>
<b>4.2 Spiegel um 90° drehen.</b>
<b>4.3 Vier weitere I-Gramme fotografieren. Diese vier vor dem Einlesen per Bildbearbeitung um 90° zurückdrehen (oder die entsprechenden Zernike- Datensätze vor der Endauswertung gegensinnig um 90° drehen). </b>
<b>Bild 13</b>
<b>4.4 I-gramme an „openFringe“ verfüttern</b>.
Bei den hier vorliegenden I-grammen empfiehlt sich die traditionelle Streifeneinlesung. Die bequemere Einlesung im FFT- Modus und danach Zernikeauswertung läuft zwar ebenfalls, bringt aber wegen der relativ geringen Streifendichte stärkere Streuung der Einzelergebnisse mit sich.
Die Gesamtzahl von 8 I-grammen ist zwar kein unumsrößliches Dogma. Aber damit werden die durch Einlesefehler und durch atmosphärische Störungen bedingten Streuungen weitgehend ausgeglichen.
Die 90° Drehung des Spiegels und anschließender Rückdrehung der entsprechenden I-Gramme ist anerkannter Stand der Technik um systematische Fehler durch Prüfstandasti zu minimieren. Letzterer ist bei dem PDI im ROC- Setup unvermeidbar, da Abstand der Laserdiode sowie des gewählten PDI- Lochs von der opt. Achse mehrere mm beträgt.
<b>4.5 Endauswertung, Wellenfrontanalyse und Fehlerdiskussion</b>
Nach der Mittelung der 8 Zernike- Datensätze erhält man folgendes Wellenfrontbild
<b>Bild 14</b>
Nach dem für Parabolspiegel „branchenüblichen“ Abzug von Koma ergibt sich eine sehr gute Strehlzahl 0,95 bezogen auf 550 nm.
4.5.1 Separation von Astigmatismus
Interessant wäre vielleicht noch die separate Betrachtung des Astigmatismus. Dazu wurden die jeweils 4 I-gramme aus Pos. 0° bzw. Pos. 90° gemittelt und die Wellenfronten bei alleiniger Aktivieung von Asti ermittelt.
<b>Bild 15</b>
Der Asti erscheint annähend um 90° gedreht, aber auch annähernd mit dem gleichen PtV- Wert von 0,220 bzw. 0,201 Wellenlängen. Rein spiegeleigener Asti würde aber wegen der Rückdrehung der 90° I-gramme gleichgerichtet und gleich groß erscheinen. Man kann also annehmen dass hier der an sich schon geringe Prüfstanstasti wg. des Abstandes Laserdiode- PDI- Filter klar dominiert. Für die weitere Fehlerdiskussion ist es daher zulässig den Asti der Einzelwerte zu ignorieren und dann deren Streuung zu betrachten. Der Unterschied (auch Range genannt) zwischen dem größten und kleinsten Einzelwert beträgt danach nur delta S=0,020.
<b>4.5.2 Fehler bei der Messwellenlänge </b>
Es bleibt noch eine Unsicherheit, weil die Wellenlänge der Laserdiode nicht ganz genau bekannt ist. Für die Auswertung wurde 650 nm als Messwellenlänge angenommen. Bei einer Unsicherheit von +/- 10 nm würde die Strehlzahl nach Berechnung von openFringe im Bereich von S=0,965 bis S=0,937 liegen.
<b>4.5.3. Fehler bei der Erfassung von Spiegeldurchmesser und Krümmungsradius </b>
Natürlich muss bei der Messung von Parabolspiegeln im RoC- Setup auch der Spiegeldurchmesser und Krümmungsradius genau erfasst werden. Die Unsicherheiten liegen hier bei ca. 0,2% für den Durchmesser und 0,1 % d der jeweiligen Größe. Man kann mit OF durchspielen dass dadurch die Strehlzahl in der dritten Stelle nach dem Komma wackelt.
<b>4.5.4 Erfassung der „Rauheit“</b>
Diese kann mit dem PDI leider nicht messtechnisch erfasst werden. Die I-gramme zeigen aber keine für „raue“ Oberflächen typische Zacken oder auufällige sprunghafte Dickenänderungen. Erfahrungsgemäß liegt die auf grund von dramatisch aussehenden Lyot- Bildchen verteufelte „Rauheit“ bei ordentlich polierten Spiegeln im Bereich deutlich unter 1/100 RMS Wellenfrontfehler. Schlimmstenfalls würde dadurch die wahre Strehlzahl um 2% gedrückt.
<b>5. Fazit</b>
Abschließend wage ich zu behaupten dass die wahre Strehlzahl dieses Spiegels bezogen auf 550 nm mit hoher Wahrscheinlichkeit über 0,90 liegt.
Gruß Kurt
<font size="5">*</font id="size5">Nach Recherche des Eigentümers stammt der Spiegel nicht von Skywatcher sondern von von GSO.