Beiträge von Astrohardy im Thema „Workshop online - Das Sonnensystem“

    "sollen die Entwicklung des Sonnensystems beschreiben können"
    Der Satz ist m.E. sehr unglücklich, aber solche globalen Lernziele im Leerplan sind dafür da, das ganze zu legalisieren. Wir sollten das als Abstecken einer Spielwiese verstehen und nicht zu eng auslegen. Alles was wir zum Thema Sonnensystem hier diskutiert haben, ist damit abgedeckt und zu rechtfertigen.


    Cheers


    Hartwig

    Ich kenne Astronomie aus der Perspektive einer Arbeitsgemeinschaft, die ich 4 Jahre lang leitete. Die dadurch zustande kam, dass ich, damals Referendar, eine Klassenfahrt begleitete. Hinter mir im Bus fingen plötzlich 2 Schüler an, darüber zu diskutieren, wie man durch ein Fernrohr fotografieren kann. Der eine hatte ne Chemie-SLR (1994), der andere einen kleinen Newton. Nun war die Frage: Wie kriegt man das eine an das andere? Die beiden waren die Urzelle der Astro-AG, deren Gründung unmittelbar nach den Sommerferien sofort beschlossen wurde. Schüler waren zu Beginn Neunt- Zehntklässler, und die AG lief, bis sie Abi hatten.


    Die AG lief ca. 2-stündig am Nachmittag, und zwar im Winterhalbjahr so spät, dass bei klarem Wetter beobachtet werden konnte. Fertiges Material, wie es hier immer gefordert wird, hatte ich kaum oder gar nicht. Habe Arbeitsblätter selber gemacht. Habe versucht, die Dinge nicht so starr vorzustrukturieren und viel auf Selbsttätigkeit gesetzt. Hatte aber auch kein vorgegebenes Programm und war in sofern im Vergleich zu dem hier anzudenkenden Regelschulprogramm klar im Vorteil.


    Wir haben die AG mit dem Selbstbau einer drehbaren Sternkarte begonnen. Daran haben wir Grundlagen der Beobachtung (Aufgänge, Untergänge, wo steht die Sonne, wo stehen die Planeten, einige aktuell sichtbare Sternbilder etc erarbeitet). Hatte den Bausatz aus einem DDR-Buch kopiert; heute ist das Netz voll von sowas. Das war der Vorlauf vor dem Planetenthema. Heute würde ich das auch machen, aber mit Stellarium stark unterfüttern.


    Zum Planetenthema selbst hab ich einen großen Haufen Bücher und Astrozeitschriften (SuW, Sky and Telescope immer die Hefte mit interessanten Planetenmissionen) auf den Tisch geschmissen (heute könnte man Internetrecherche dazunehmen), und die Schüler haben in Kleingruppen Informationen zu "ihren" Planeten zusammengesucht und danach "Planetensteckbriefe" erstellt. Diese Steckbriefe wurden in in Posterform erstellt und als Ausstellung in der Pausenhalle aufgehängt. So ein Block ist bei der erwähnten Fragestellung direkt einbaubar und umsetzbar.


    Um die Größenordnungen im Planetensystem zu verstehen, haben wir eine Art Planetenwanderweg in der Schulumgebung erdacht (nicht installiert, aber uns vorgestellt, und auf dem Stadtplan eingezeichnet). Neptun war an der nächsten S-Bahn-Station, und Alpha Centauri bei München....


    Was passierte sonst so? Beobachterisch hatte ich einen 10cm Newton in einem Schrank der Biosammlung gelagert, der, vor allem im Winterhalbjahr, bei klarem Wetter benutzt werden konnte. Später haben wir uns aus Schulmöbeln eine Dobson-Rockerbox für einen 25cm im Biofachraum zusammengebastelt. Dabei half der Hausmeister (sehr wichtig) mit seiner Bandsäge zum Zurechtsägen der Holzplatten aus kaputten Schultischen (nur echt mit Schülerkaugummi). Der Newton (Stangentubus) passte zerlegt immer noch in den mir im Bioraum zur Verfügung stehenden Schrank. Die Schüler waren sehr fit darin, das jeweilige Fernrohr auf dem Schulhof zusammenzubauen und in Betrieb zu nehmen.


    Die AG lief so lange, bis die Schüler Abi hatten. Theoretische Themen passten sich dem steigeden Level an, es endete mit so Sachen wie Spektroskopie, Sternentwicklung, Galaxien, Kosmologie. Astronomie ist eine wunderbare Methode, grundlegende naturwissenschaftliche Arbeitstechniken, deren Erlernung heute im Unterricht m.E. nicht ausreichend übend vertieft werden, so zu verpacken, dass sie Spaß bringen. Auch da war ich bei Schülern, die freiwillig jeden Dienstag zur AG pilgerten, in einer extrem komfortablen Lage.


    Bei klarem Wetter wurde natürlich praktisch gearbeitet. Vieles davon ist nicht mehr einschlägig (Z.B. Hale-Bopp fotografieren, Filme selber entwickeln, Abzüge machen, es war 1996), es ließe sich da mit heutiger Technik sehr viel direkter sehr viel mehr machen.


    Cheers
    Hartwig