Hey Espe,
ich versuche mal kompakt aber dennoch ausführlich zu antworten, muss aber bitten dass Du nachfragst falls etwas unklar beibt oder aber zu kompliziert erklärt ist.
Also, Du sprichst hier erstmal 3 verschiedene astrophysikalische Phänomene an: Akkretionsscheiben (z.B. bei AGN), Spiralarme von Galaxien und Planetensysteme.
Zuerst zu den Akkretionsscheiben: Generell ist ja so, dass Massen einander anziehen, vermittels der Gravitationskraft. Nur führt das nicht automatisch dazu, dass Materie radialsymmetrisch auf ein supermassives Schwarzes Loch im Galaxienzentrum stürzen kann. Denn es gibt ein Naturgesetz, welches besagt, dass Drehimpuls erhalten bleibt.
Dieses Naturgesetz kannst Du beobachten, wenn Du in der Badewanne sitzt und den Stöpsel ziehst: Auch dann wird nicht das Wasser symmetrisch und ungestört in den Abfluss stürzen, sondern einen rotierenden Strudel bilden, in welchen Drehimpuls und Energie durch Reibung umverteilt werden, bis das jeweilige Wasserteilchen in das Loch stürzen kann.
Bei einem supermassiven Schwarzen Loch führt dieses Prinzip dazu, dass zwar Materie aus der Umgebung gravitativ angezogen wird, aber eben nicht sofort vom Schwarzen Loch "geschluckt" werden kann, sondern erst durch Ausbildung einer rotierenden Scheibe in der Äquatorebene Drehimpuls und Bahnenergie abgeben muss. Natürlich gibt es dabei Gewinner und Verlierer: Manche Teilchen stürzen in das Schwarze Loch, andere werden auf höhere Bahnen gebracht oder entkommen sogar.
Diese Scheibe, das ist die Akkretionsscheibe.
Wenn man das genau ausrechnet, lernt man, dass die klassische "Reibung" alleine nicht ausreichen kann, um Akkretion zu ermöglichen, denn das Material ist immernoch nicht sehr dicht. Es ist jedoch (teilweise) ionisiert, und von Magnetfeldern durchsetzt. Diese spielen eine grosse Rolle, indem sie durch das Auslösen eines Effektes den wir Magnetorotationsinstabilität nennen, Turbulenz anregen, und somit den Drehimpulstransport effektiv genug machen, um die Akkretion (das "Verschlucken" von Teilchen durch das Schwarze Loch) erst zu ermöglichen.
Nun ist es ja so, dass ein Schwarzes Loch sehr kompakt ist, und dass somit sehr viel potentielle Energie frei wird, wenn ein Teilchen auf seinen Ereignishorizont stürzt. Wie viel? das kannst Du Dir leicht herleiten, wenn Du überlegst, dass, um von knapp ausserhalb des Schwarzschildradius ins Unendliche "abzuspringen", Deine Startgeschwindigkeit von der Grössenordnung der Lichtgeschwindigkeit sein müsste (das macht ja erst das Loch schwarz!). Und Deine kinetische Energie in dem Fall? Die wäre von der Grössenordnung der Ruhemasse, nämlich m*c^2! Und umgedreht bedeutet das, dass für ein Teilchen vor und bei dem Sturz auf das Schwarze Loch auch ein nennenswerter Bruchteil (~50%) von m*c^2 frei wird.
Zum Vergleich: nukleare Energieerzeugung, ob in Sternen (Kernfusion) oder Kernkraftwerken, setzt maximal ~2% der Restmasse an Energie frei.
Akkretion ist also ein enorm Effizienter Prozess in der Astrophysik, um grosse Energiefreisetzungen (und damit Leuchtkräfte) zu erzeugen.
Und diese Energie, wie bei jeder Art von Reibung üblich, die heizt die Akkretionsscheibe auf und führt so dazu dass sie thermisch zu Strahlen anfängt. Da die Scheibe von innen nach aussen kühler wird, und ausserdem die Fläche eines gleich breiten Scheibenstückes dabei natürlich zunimmt, ergibt sich aus der Überlagerung all dieser Schwarzkörperstrahlungen ein charakteristisches Spektrum, ein Potenzgesetz mit dem Exponenten -1/3 in F_nü. Dieses, und auch ein flaches Maximum der thermischen Emission im UV-Licht (den "big blue bump") beobachtet man tatsächlich bei vielen AGN (zumindest bei denen der Blick auf die Zentralregion nicht durch Staub verstellt ist).
Das zeigt also, dass die AGN tatsächlich durch Akkretion gespeist werden.
Auch ist dieser Prozess selbstbegrenzend: auch Licht übt ja einen kleinen (Strahlungs-)Druck auf Materie aus. Je heller also der zentrale AGN wird, umso mehr muss die Gravitation gegen diesen Strahlungsdruck "ankämpfen" um überhaupt noch "Nahrung" nachzuführen. Spätestens wenn Gleichgewicht zwischen beiden Kräften herscht, kann die Leuchtkraft nciht mehr weiter anwachsen, denn dafür wäre ja mehr Materienachschub nötig.
Die Leuchtkraft, bei dem dieses Gleichgewicht erreicht wird, nennt man "Eddingtonleuchtkraft", und diese ist nur von einigen Naturkonstanten abängig und leicht zu berechnen.
Das Ergebnis hängt von der Masse des anziehenden Zentralkörpers ab, und beträgt 1,3*10^38 erg pro Sekunde (oder eben 10^31 Watt) und Sonnenmasse.
Wenn man nun die Leuchtkraft der hellsten AGN (der Quasare) misst, dann findet man etwa einige 10^46 erg/s. Folglich müssten sie Schwarze Löcher mit mehren hundert Millionen Sonnenmassen beherbergen, die nahe der Eddingtongrenze akkretieren. Das passt wunderbar zu Ergebnissen anderer Methoden, diese Schwarzen Löcher zu wiegen, und ist ein weiterer starker Hinweis auf die Richtigkeit der Vorstellung.
Übrigens findet man in manchem Galaxien (M82 ist so ein Fall in unserer näheren Umgebung) auch Objekte, welche im fernen UV und Röntgenlicht weit heller als stellare Eddingtonleuchtkräfte sind, nämlich etwa 10^41 erg/s im Fall von M82 X-1. Diese "ultraluminous x-ray sources" oder ULXe sind ein ganz heisser Forschungsgegenstand zur Zeit, und neben der Erklärung als Emission junger sehr heisser massereicher Sternhaufen gibt es auch Modelle, die sie als akkretierende Schwarze Löcher mit geringerer Masse (etwa 1000 Sonnenmassen) als die in den Zentren der Galaxien beschreiben.
Und im ganz kleinen gibt es auch in unserer Milchstrasse stellare Schwarze Löcher (und Neutronensterne), die Materie akkretieren und sich dadurch verraten. Diese nennt man darum manchmal auch "Mikroquasare", da sie ihren grossen Vettern sehr ähnlich sind. Cygnus X-1 ist so ein Fall.
Schliesslich passiert bei der Akkretion auch etwas interessantes entlang der Polachsen: erinnere Dich daran dass wir gesagt hatten, dass das Material von Magnetfeldern durchsetzt ist. Durch die schnelle Rotation in der nähe des Schwarzen Loches werden diese stark "aufgewickelt", und bilden schliesslich "Schläuche" die in Richtung der Pole abströmen. Ein geladenes Teilchen, welches sich um diese Feldlinien bewegt, kann durch eine Zone nahe am Ereignishorizont eines rotierenden Schwarzen Loches (die Ergosphäre) geführt werden, und dabei dem Schwarzen Loch ein wenig seiner enormen Rotationsenergie abspenstig machen. Dieses bipolare Abströmen relativistischer Teilchen entlang der Polachsen beobachtet man tatsächlich, das sind die berühmten "Jets" der AGN.
An Schocks im Verlauf dieser Jets können die Teilchen dann weiter beschleunigt werden, bis zu Energien von mindesten 10^21 elektronvolt pro Teilchen, weit höher als alles was man im Labor erzeugen kann. Zum Vergleich: Das sind etwa 100 Joule, also eine schon makroskopische Energie, für ein einziges Elementarteilchen!
Und auch diese "Ultra high energy cosmic rays" beobachtet man (aber selten: nur ein Teilchen pro Quadratkilometer und Jahrhundert!) mit viele tausend Quadratkilomer umfassenden Experimenten, wie AUGER in der argentinischen Pampa.
Soviel zu den AGN, ich mache gleich noch die beiden anderen Posts...