Halli Hallo
Kaum zu glauben aber wahr, endlich war's mal wieder klar. ( In Anlehnung an meine Nachbarin von früher, deren Sohn Geburtstag hatte und bei denen deswegen am Hoftor ein großes Schild gehangen hat mit der Aufschrift: „Kaum zu glauben aber wahr, der Alfred wird heut 30 Jahr! ). Keine Ahnung, ob's für jemanden von Interesse war, aber vielen Dank fürs Lesen.
Nach diesem bedeutenden literarischen Exkurs soll's dann nun auch ein bissle um Sterne und das Universum gehen. Genauer gesagt um die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Es hatte sich noch nicht ganz ausgestaubt, denn u.a. über Bayern waren laut GEOS/NASA noch die letzten gelben Wolken unterwegs und deswegen war's auch hier im Badischen ein wenig diesig, doch der Himmel war zumindest wieder blau.
Im Westen gab's wie üblich nichts Neues, aber immerhin gaben sich dort die dünne Mondsichel und Jupiter ein nettes Stelldichein. In Verbindung mit der kleinen Kapelle an meinem Platz und zwei alten, großen Tannen ein wirklich sehr schöner und zugleich ein gewissermaßen romantischer Anblick. Eine kleine, schwarz-weiße Katze fand's wohl auch sehr schön und hat sich ein wenig zu mir gesellt, um es sich dann später in meinem Kofferraum gemütlich zu machen. Dabei kannten wir uns gar nicht...
Nachdem „Nessaja“ (mein 20“ f/3 Dobson) aufgebaut war, liefen die vier Lüfter zur Höchstform auf und kühlten den Spiegel auf die Umgebungstemperatur von 7°C herunter. Wenn Christoph dabei gewesen wäre, würde er wohl sagen, dass es in dieser Nacht brühwarm gewesen sei - aber ja, sogar ich fand die Temperatur wegen des komplett fehlenden Windes ganz ok. Als die Sonne 15° unter dem Horizont war, gings dann auch endlich los.
Hoch am Himmelszelt stand die Praesepe bzw. Messier 44. Für ein 20“ Teleskop einfach zu groß, um sich den Cluster in Gänze anzuschauen, dafür kann man sich wie ein Maulwurf durch den Sternhaufen wühlen und die ein oder andere nette Sache erspähen. Den Anfang machten „Pr0201“ und „Pr0211“, die beiden ersten Sterne in M44, um die Planeten entdeckt wurden. Die Planeten selbst waren auch bei 380x nicht zu erkennen (Spässle ), aber dennoch ist es ganz schön, sich vorzustellen, dass sie da sind. Bestimmt hat man dort als Bewohner einen sehr schönen Sternhimmel.
Nun wurde es zum ersten Mal sportlich, denn das nächste Ziel war einer der wenigen weißen Zwerge in Messier 44, namentlich „WD 0837+199“. Soweit ich mich erinnere, ist er mit einer Helligkeit von 17.6mag sogar der hellste. Er liegt sehr schön inmitten der vielen hellen Cluster- Sterne. Bei 380x hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich unter meinem schwarzen Tuch soweit dunkel- adaptiert war, dass ich ihn mehrmals aufblitzen bzw. für 1-2sek halten konnte. Er erschien mir jedoch heller als angegeben. Aber von hell zu sprechen, wäre eine Übertreibung (siehe Zeichnung).
Eins meiner absoluten Lieblingsobjekte im Krebs ist „OJ 287“, ein Quasar (QSO), bei dem ein schwarzes Loch mit 18 Milliarden Sonnenmassen von einem kleineren SMBH (supermassive black hole) mit 100 Millionen Sonnenmassen umkreist wird. Mit 20“ ist der QSO trotz einer Entfernung von 5 Mrd. Lichtjahren recht einfach zu sehen.
Neben den supermassiven Löchern gibt’s aber auch die hypermassiven schwarzen Löcher (HMBH) , die schwerer als 10 Mrd. Sonnenmassen sind. Und dazu gibt’s eine wunderbare Liste auf Wikipedia:
List of most massive black holes
Eines meiner Lieblings- Projekte ist es, die Kandidaten dieser Liste (soweit von D aus möglich) zu beobachten. Gefehlt hat in den oberen Rängen noch das HMBH in Abell 1201 mit knapp 33 Milliarden Sonnenmassen im Sternbild Löwe. Nun steht die Galaxie, in der das schwarze Loch zu finden ist, aber 2.7 Milliarden Lichtjahre entfernt. Und es ist eben kein QSO, sondern eine schlichte, elliptische Galaxie (wenn auch eine ziemlich krasse mit einer Leuchtkraft von fast 2 Billionen Sonnen ). Wegen der riesigen Entfernung erscheint sie im Okular mit einer Helligkeit von 16.5-17mag halt trotzdem nicht besonders hell. Bei 380x war sie aber mit indirektem Sehen dennoch relativ gut zu erkennen – sowie auch einige andere Gxen des Clusters. Wieder ein HMBH abgehakt.
Nun folgte ein bisschen Sightseeing: Leo- Triplett, kosmisches Ausrufezeichen, Hickson 44, die wunderschöne NGC 4565, der Walfisch, Markarians Chain und noch soooooo vieles mehr. Es sei einfach nur gesagt: mit 20“ über den Himmel zu cruisen ist eine wirklich tolle Sache. Überall gibt’s wunderschöne Dinge zu entdecken und mit Schokokeksen, heißer Schokolade und Musik ist das einfach Entspannung pur. Ich mag das unheimlich, mach es aber viiiiel zu selten.
Iwann war die Schaffens- Pause auch schon wieder vorbei und es ging mit einem Objekt weiter, auf das ich am meisten gespannt war. Let me explain:
Wir alle kennen ja Kugelsternhaufen. Und wer schon mal Messier 13 im großen Teleskop gesehen hat, der weiß, wie dicht die Sterne im Zentrum stehen. Klar, es sind ja auch sehr viele Sterne und irgendwo müssen die ja hin. Im Fall von M13 drängen sich rund eine halbe Million Sterne in einer Kugel von ~160 Lichtjahren Durchmesser.
Was aber wäre, wenn nicht 500.000 Sterne in dieser Kugel wären, sondern 300x mal mehr, also 150 Millionen Sterne?? Bestimmt würde man es nicht glauben können und vielleicht sagen, dass es so etwas gar nicht geben kann und dass der Christian einfach nur ein großer Geschichtenerzähler ist, so wie Gigi im Buch „Momo und die grauen Herren“.
Aber tatsächlich gibt es so etwas wirklich und das nennt sich dann „M60-UCD1“. Es handelt sich um eine ultrakompakte Zwerggalaxie, die einst eine stolze Galaxie mit 10 Milliarden Sonnenmassen war und dann durch unglückliche Umstände ihre kompletten Außenbereiche an die riesige elliptische Galaxie Messier 60 verloren hat , so dass am Ende nur noch der ultrakompakte Kern mit seinen 160 Lichtjahren übrig geblieben ist. Und als ob das nicht genug wäre, befinden sich in dieser winzigen Galaxie nicht nur diese 150 Millionen Sterne, sondern zusätzlich ein supermassives schwarzes Loch mit 21 Millionen Sonnenmassen. Keine andere bekannte Galaxie wird so sehr durch das zentrale schwarze Loch dominiert wie M60-UCD1!
Was für ein Objekt! Also direkt ran ans Okular.
Schritt 1: herausfinden, wo Messier 60 liegt.
Schritt 2: Messier 60 finden.
Schritt 3: DSS Ausdruck angucken und Position von M60-UCD1 einprägen.
Schritt 4: versuchen, M60-UCD1 zu sehen...
Schritt 5: nochmal zurück zum DSS- Ausdruck.
Schritt 6: versuchen, M60-UCD1 zu sehen...
Schritt 7: „verflixt und zugenäht sagen“.
Schritt 8: nochmal zurück zum DSS- Ausdruck.
Schritt 9: versuchen, M60-UCD1 zu sehen...
Schritt 10: schwarzes Tuch holen.
Schritt 11: lieber nochmal zurück zum DSS- Ausdruck.
Schritt 12: unterm schwarzen Tuch lange ins Okular starren.
Schritt 13: kurz auftauchen, Luft holen und „Scheibenkleister“ sagen.
Schritt 14: Repeat mehrmals 12 bis 13
Und dann eeeendlich – war sie zu sehen, diese winzig kleine (nur 0,7 Bogensekunden! messende) Galaxie. Mehrmals konnte ich sie in der darauffolgenden Zeit mit indirektem Sehen bei 380x erkennen.
Laut Wiki soll sie eine Helligkeit von 14.2mag haben. Doch sehr verehrte Mitlesende, es sei Ihnen gesagt: Niiiiiie im Leben!!! Auf der anderen Seite von Messier 60 steht ein Sternchen. Und das hat 15.4mag. Ja, das kommt hin. UCD1 ist aber viel schwächer als dieses Mini- Sternchen. Insofern nix mit 14.2mag, sondern eher 16.5mag oder noch schwächer. Wird aber natürlich auch am diesigen Himmel gelegen haben, dass ich mich so abmühen musste. Einfach ist die Sichtung aber jedenfalls nicht.
Ein Bild von UCD1, das mit Hubble aufgenommen wurde, sieht auch ganz lustig aus. Die Gx hat Ähnlichkeit mit einem ovalen, gelblichen Stern mit roten Protuberanzen am Rand. Noch nie gesehen sowas:
Bild M60-UCD1, HST
Zum Abschluss gab's dann noch die drei Kugelsternhaufen in Coma Berenices auf die Linse, die alle sehr unterschiedlich aussehen und es deswegen eine spannende Sache ist, diese hintereinander zu beobachten. Es waren in folgender Reihenfolge: NGC 4147, NGC 5053 und Messier 53.
Viel Spaß mit den Zeichnungen, mir gehen auf der Tastatur nämlich so langsm di Bustbn us.
CS, Christian
PS: auf meiner Homepage gibt’s zwischenzeitlich auch das Update #25 mit Zeichnungen von u.a. Messier 82 (inkl. SSC und den beiden Superwinden), sowie einer 2400px Version des Leo Clusters Abell 1367. Hat bisschen was von einem Wimmelbild. Wer also Wimmelbilder mag, darf dort gerne ein bisschen herumzustöbern.
Updates Zeichnungen