Moin moin,
Erfolg in allen Belangen! Es ist Intelsat 802, er hat wieder geblinkt, er hat genau zur richtigen Zeit geblinkt, er hat genau mit der gleichen Helligkeit geblinkt!
Im einzelnen: da ich generell mißtrauisch bin und lieber selbst nachrechne, habe ich aus der Position von Intelsat 802 (32,9 Grad ost, z. B. aus Wikipedia) mit Papier, Stift und Taschenrechner die Koordinaten für die relevanten Zeitpunkte ermittelt. Erstes Resultat war, daß die gestrige (fotografische) Beobachtung auf ein halbes Grad genau paßt, was im Rahmen aller Beobachtungs- und Rundungsfehler OK ist. Für heute habe ich dann um ein Grad korrigiert.
Auf der Flucht vor drohenden Wolken habe ich erstmal meinen Standort um 30 km nach norden verlegt und habe gegen 23:05 MESZ aufgebaut. Zunächst habe ich Intelsat im 8" Dobson gesucht und um 23:15 auch gefunden. Die Helligkeit war 7-8 mag, für einen Geostat schon recht hell. Farbe orange (??). Dann habe ich die Kamera aktiviert. Zwei Aufnahmen von 23:29 und 23:36:
Intelsat bei maximaler Helligkeit - es ist der Punkt oberhalb der Bildmitte. 20 Sekunden bei f eff 60mm um 23:29 MESZ. Die beiden hellsten Sterne im Feld sind zeta Oph (am rechten Rand) und eta Oph (rechts unterhalb der Mitte). Grenzgröße der Aufnahme etwa 7,5 mag. Alle Sterne zeigen Strichspuren, nur Intelsat ist punktförmig
Intelsat 802 um 23:36 - Helligkeit ca. 6,5 mag. Beachte, wie weit die Sterne in den sieben Minuten gelaufen sind
Intelsat wurde im Dobson immer heller und war schließlich für gut 10 Minuten mit bloßem Auge sichtbar. In den hellsten 5 Minuten sah das Sternbild Schlangenträger sehr merkwürdig aus! Die maximale Helligkeit schätze ich auf 2,8 mag. Nach wenigen Minuten war die Vorstellung vorbei und er verschwand langsam wieder. Im Dobson war die Farbe immer leicht orange. Ist das die Färbung der Sonnensegel oder sieht das nachtadaptierte Auge das Sonnenlicht in dieser Farbe?
Nach dem Abfall unter die Sichtbarkeit mit bloßem Auge kam eine weitere Überraschung: erst jetzt sah ich im Teleskop, daß etwa 10 Bogenminuten östlich von Intelsat ein weiterer Geostationärer Satellit steht. Die Helligkeit war permanent 10. bis 11. Größe, während Intelsat von 7. Größe kommend immer schwächer wurde. Beide liefen hintereinander her durch die Sterne. Wahnsinn! - Die Liste der Geostationären Satelliten in Wikipedia nennt Eurobird 3 ein zehntel Grad östlich von Intelsat. Mit dieser Korrelation ist nun sicher, daß unser Kandidat tatsächlich Intelsat 802 ist.
Auf alle Fälle eine irre Beobachtung!
Die exakte Reproduktion gegenüber dem Vorabend deutet darauf hin, daß Intelsat normal arbeitet. Die Sonnensegel (oder eines von mehreren) stehen mit ihrer Senkrechten irgendwo zwischen Ekliptik und Äquator - die Geometrie kann man sich mit einer groben Skizze klarmachen.
Obwohl zu erwarten ist, daß sich dieses Verhalten von Intelsat in den nächsten Tagen wiederholen wird, bleibt die Frage, wie lange die Flares sichtbar bleiben, bis sich die Geometrie grundlegend geändert hat.
Ich werde weiter dran bleiben, rufe aber alle dazu auf, die Sache zu verfolgen. Wie bereits in meiner ersten Mail erwähnt, dürfte das überstrahlte Gebiet mehrere hundert kilometer groß sein. Von Intelsat aus gesehen ist Deutschland ein halbes Grad groß (Skizze!) und da die Sonne ebenfalls eine halbes Grad groß ist, sollten die Flares im gesamten deuschtssprachgem Gebiet sichtbar sein. Wenn hier das Maximum etwa fünf Minuten dauert, könnte es sein, daß ich nicht auf der Zentrallinie sitze, denn die Sonne läuft ihren Durchmesser ja in nur zwei Minuten. Vielleicht kann jemand einige hundert km nördlich oder südlich von Augsburg ein kürzeres, aber helleres Maximum beobachten und damit eine "Zentrallinie" definieren.
Es ist auf ale Fälle zu erwarten, daß sich die Flares in den nächsten Tagen wiederholen werden.
Hier nochmal ein Hinweis zur Beobachtung in den nächsten Tagen: die drei in einer Reihe stehenden 2,5 mag Sterne epsilon, zeta und eta Ophiuchi bilden den Fuß der großen Kaffeekanne des Schlangenträgers, links oberhalb vom Skorpion. Zusammen mit den linken, unteren beiden Sternen bildet Intelsat gegen 23:30 ein gleichseitiges Dreieck nach links oben und ist dann für einige Minuten fast so hell wie diese beiden Sterne. Wer ein Teleskop hat, möge die orange Farbe bestätigen!
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Stefan, Burkhard: danke für die netten Worte!
Sandro: Genau! Wenn es eine "Flare-Saison" gibt, sollte(n) diese um die Zeit der Tagundnachtgleiche auftreten. Allerdings sind dann die Geostats um Mitternacht im Erdschatten. Dies ist jeweils nur einige Wochen der Fall, wobei die Satelliten maximal für eine knappe Stunde im Schatten stehen. Sie haben extra Batterien an Bord, damit unsere Glotze nicht ausfällt. Aus der Tatsache, daß es trotzdem Flares gibt folgt, daß die Solarzellen manchmal etwas "verbogen" auf der Achse sitzen.
Carsten: sehe ich anders. Wenn die Sonnensegel genau senkrecht auf der Erdbahnebene stehen würden, würde der reflektierte Strahl z. B. im Nordsommer viele tausend km südlich an der Erde vorbeigehen. Siehe oben: offenbar hat zumindest Intelsat 802 die Sonnensegel schief stehen.
Schöne Grüße, klaren Himmel und viel Glück bei der Jagd auf Intelsat
Stefan Schuchhardt