Hallo alle,
tja, Rolf hat eigentlich sehr plastisch die Brisanz der schulischen Problematik dargestellt. Natürlich ist es gut und richtig, sich für die Astronomie einzusetzen, besonders dort, wo sie weichen soll. Auf eine Einführung woanders zu hoffen, scheint in der Tat wenig realistisch und man müsste überlegen, ob die personellen und möglicherweise auch finanziellen Ressourcen für so ein Vorhaben nicht sinnvoller eingesetzt werden können.
In den Kindergärten schaut die Lage so aus:
Es gibt zwar einen bundesweiten "dicken" Bildungsplan, der jedoch bestenfalls empfehlenden Charakter hat. Wie ich durch konkrete Informationen weiß, scheitert die Umsetzung der naturwissenschaftlichen Früherziehung in Kindergärten
a)an mangelnden Personalressourcen
b)sinkenden Einnahmen
c)mangelnder Qualifizierung (Ich kenne keine Fachakademie, an der angehende Erzieher etwas von Astronomie erfahren), und
d) nicht vorhandener Ausstattung (.. es gibt seltene Ausnahmen)
Außerdem stehen bei den Eltern und Lehrkräftenpragmatische Ziele (Verhalten, Förderung der Sprachkompetenz, Ausgleich von Startnachteilen) wesentlich höher im Kurs als zu wissen, "wieviel Sternlein stehen".
In den Grund- und Sekundarschulen können astronomische Inhalte durchaus Eingang in den Unterricht finden, wenn der Lehrer dazu befähigt ist und das geschickt macht. Z.B. erlaubt der GS-Lehrplan in Bayern auch wahlfreie "Schülerthemen". Im Bereich HSU und auch in der Religion ist schnell die Brücke von "heaven" zu "sky" oder umgekehrt geschlagen.
Im Übrigen wird in Bayern 2007 ein mehrjähriges Projekt mit 10 bis 15 Modellgrundschulen starten, die naturwissenschaftliche Thematiken (und damit auch astronomische) zentral als Motor für die Motivation in den Unterricht stellen und erproben und dazu auch entsprchenden Methoden und Materialien testen.
Wer weiß, was heute alles auf die Schulen einstürzt, Rolf hat das gut beschrieben, wird einem Astronomieunterricht tatsächlich keine Chance einräumen.
Ungebrochen ist dennoch das Interesse am Weltall. Die zahlreichen Internetforen, in den auch schon - oft sehr -junge Schüler/innen und Jugendliche munter dabei sind dokumentieren das.
Ich meine, dass in der Freizeit hier wesentlich mehr erreicht werden kann - und zwar durch die Volkssternwarten und Planetarien, die Astro-Vereine, jeden einzelnen Sternfreund, der nicht allein hinterm Okular hockt, die zahlreichen TV-Sendungen, usw. Hier findet "learning by occasion" statt- mit sehr großem Interesse und nicht "learning by pressure", wie in der Schule. Wer glaubt, dass a l l e Jugendlichen sich für Astronomie begeistern , täuscht sich, denn die Materie erfordert schon etwas "intellektuelle Ressourcen". Es gibt übrigens Untersuchungen, die kurz nach der Wende von Edgar Wunder gemacht wurden, um festzustellen, ob zwischen den Jugendlichen mit astronomischer "Regelbeschulung" in der einstigen DDR und bundesdeutschen Altersgenossen ein Unterschied wäre. Faktisch wurde k e i n solcher festgestellt. Man sollte die Wirksamkeit dieser einen Stunde in Klasse 10. der ehemaligen allgemeinbildenden Oberschule also nicht überschätzen.
Ob es sinnvoll ist, "noch´n Verein" zu gründen, möchte ich auch dahingestellt lassen und bestimmt niemanden davon abhalten. Ich denke aber, dass nur bereits bestehende größere Institutionen hier etwas Signifikantes erreichen können. Immerhin gibt es doch noch eine gute Zeitschrift für den Astronomieunterricht (ich habe dort 10 Jahre mitgearbeitet), gibt es Jugendzeitschriften und Fachzeitschriften mit jeder Menge astronomischem Bezug und das dazugehörige bibliophile Umfeld.
Ich sehe jedoch dieses Forum und andere Foren und auch z.B. die VdS primär als Tribünen von Amateurastonomen. Schulastronomie ist jedoch Sache entsprechend ausgebildeter Lehrkräfte, um es deutlich zu sagen: das sollten Profis sein und bleiben. Natürlich gibt es viele Lehrer/Innen, die (Gott sei Dank) beides sind und somit auch die praktische Erfahrung eines Sternfreundes besitzen. Ob ein Verein den pädagogischen Support (sprich Fortbildung) für jegliche Astronomielehrer im bildungsheterogenen Deutschland erfolgreich leisten kann, steht echt in den Sternen.
Bayern ist übrigens eines der wenigen Bundesländer, die noch etwas besitzen, was andere (z. B. Hessen) längst abneschafft haben: eine zentrale Lehrerbildungsakademie. Hier wurden und werden in moderater Weise astronomische Inhalte multipliziert, obwohl es kein ausdrückliches Fach "Astro" gibt (jedoch GK K12 oder 13). Vor wenigen Wochen fand dort ein Fortbildungskongress statt, auf dem z.B. Vertreter des hessischen Modells (Schule macht Fortbildung selbst) präferierten. Aber wer kontrolliert dann dort die Qualität und wo ist "Fortbildungsgerechtigkeit" für alle Lehrkräfte?
Mein Vorschlag ist, mit langem Atem und positivem Beispiel Astronomie dort zu realisieren, wo man - als Lehrer/in- dazu die Möglichkeit dazu hat. Diese Wissenschaft hat Jahrtausende überlebt und wird durch "vielleicht kurzsichtige" politische Entscheidungen nicht sterben. Wir sollen aber auch nicht meinen, mit Astronomie könnte man "in erheblichem Umfang" Bildungsgrad und Sozialisation der Jugend beeinflussen. Es wäre ein oberflächlicher, monokausaler - und damit unwissenschaftlicher- Schluss, den Erfolg des finnischen Bildungssystems ausschließlich mit der Rezeption guten alten "DDR-Oberschule" in Verbindung zu bringen. Die Finnen haben gut abgeguckt und verändert, angepasst und sehr sehr viel systematisch weiterentwickelt. Das können wir von uns in Deutschland nicht behaupten, da leider seit PISA eher bildungspolitsches "trial and error" angesagt ist.