Hi Arp, hi Dominik,
da ich in diesem Gebiet ebenfalls beruflich taetig bin, kann ich es mir nicht verkneifen, auch mal meinen Senf dazu abzugeben:
Die Diskrepanz zwischen der Anzahl der beobachteten Satellitengalaxien und den simulierten Satelliten ist teils erheblich groesser als 1:10. Aber das hat Dominik ja schon korrekt beschrieben.
Momentan kennt man ca. 35 (bei einigen wenigen Objecten wird noch diskutiert ob sie wirklich Satelllitengalaxien sind oder doch was anderes). Allerdings beruecksichtigt diese Liste nur die "klassischen" Satelliten die ueber den ganzen Himmel verstreut sind, sowie die "neuen" Satelliten, die sich im Bereich der SDSS coverage (http://www.sdss.org/dr6/coverage/index.html) befinden. Das liegt einfach daran, dass die "neuen" Satelliten allesamt so dunkel uns arm an Sternen sind, dass sie nur mit recht komplizierten Algorithmen die auf die SDSS Daten angewandt werden auffindbar sind. Nun deckt SDSS leider nicht den kompletten Himmel ab, also multipliziert man die Anzahl der "neuen" Satelliten mit einem Faktor um dies zu korrigieren.
Wenn man das gemacht hat, kommt man auf insgesamt rund 65 Satelliten (kommt ganz drauf an, welchem Autor man nun glauben will). In modernen cosmologischen Simulationen (http://arxiv.org/abs/0809.0898)findet mal allerdings tausende Satelliten.
Ueber dieses "Missing Satellite Problem" zerbricht man sich jetzt schon seit einiger Zeit den Kopf. Einige wollen deswegen die Dunkle Materie abschaffen, andere suchen die Loesung in komplizierteren Simulationen. Ich gehoere zur letzteren Gruppe [:D]
Unsere Ergebnisse zeigen, dass das "Missing Satellite Problem" sich quasi von selbst loest, wenn man dazu uebergeht in den Simulationen nicht nur die dunkle Materie allein zu simulieren (der schnelle und einfache Weg), sonder die komplette Gasdynamik, Sternentstehung, etc. ebenfalls simuliert. Das ist kompliziert, kostet enorm viel Rechnezeit, aber: Die simulierten Satelliten verraten einem ganz von allein, warum wir nur weniger als 100 Satellitengalaxien sehen koennen (oder koennten, wenn SDSS den ganzen Himmel abdecken wuerde), obwohl tausende Satelliten um uns rum kreiseln: Satellitengalaxien entstehen weit entfernt von der Milchstrasse und fallen erst im Laufe der Zeit in unsere Richtung. Durch verschiedene Prozesse verliehrt der Grossteil dieser Satelliten allerdings sein Gas und ggf. seine Sterne. Was dann uebrig bleibt ist quasi ein Klumpen purer dunkler Materie. Und da dunkle Materie per definitionem dunkel ist, sieht man von den vielen vielen "toten" Satelliten nunmal nix.
So, das war jetzt viel Text. Sorry, aber kuerzer ging's nicht. [;)] Bei interesse: Hier gibt's nochmal eine kurze (leider nicht 100%ig korrekte Zusammenfassung): http://www.newscientist.com/ar…y-sterilise-galaxies.html und wer WIRKLICH wissen will was, wie, wo und vor allem warum: http://arxiv.org/abs/1004.3217
Gruesse,
Markus