Beiträge von Caro

    Mithilfe des Spektrographen CARMENES hat ein deutsch-spanisches Forschungsteam unter Federführung von Wissenschaftlern der Universität Heidelberg bislang unbekannte Exoplaneten mit möglicherweise lebensfreundlichen Bedingungen entdeckt. Möglich wurde dies auf der Grundlage der Daten von rund 20.000 Beobachtungen, die zwischen 2016 bis 2020 am Calar-Alto-Observatorium bei Almería (Spanien) aufgezeichnet und in diesem Jahr veröffentlicht wurden. Auf einem Dutzend der 59 neu entdeckten Exoplaneten ist potentiell Leben denkbar. Sie befinden sich in der „habitablen Zone“ ihres Sterns und könnten flüssiges Wasser auf ihrer Oberfläche beherbergen.

    Durch CARMENES hat sich die Zahl bekannter Exoplaneten um nahe gelegene kühle Sterne – sogenannte Rote Zwergsterne – nach Angaben von Prof. Dr. Andreas Quirrenbach verdoppelt. „Die Veröffentlichung dieses ersten großen Datensatzes dient nicht zuletzt dazu, auch anderen Wissenschaftlern die Auswertung der Daten zu ermöglichen“, betont Prof. Quirrenbach, Leiter des Projekts und Direktor an der Landesternwarte Königstuhl, die zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gehört.


    Die Abbildung kennzeichnet die mit CARMENES entdeckten Planeten im Vergleich zu denjenigen, die im Rahmen anderer Projekte mit der gleichen Methode gefunden wurden. CARMENES-Planeten sind farbig dargestellt, alle anderen als graue Punkte. Die vertikale Achse zeigt, um welchen Sternentyp die Planeten kreisen, von den kühlsten bis zu den helleren und heißeren Sternen. Horizontal aufgetragen ist die Umlaufzeit der jeweiligen Planeten, aus der sich die Entfernung von ihren Sternen abschätzen lässt. Auf Planeten, die sich in der bewohnbaren Zone im blau schraffierten Bereich befinden, könnte Wasser in flüssigem Zustand vorliegen. Grafik: Institut d’Estudis Espacials de Catalunya (IEEC)


    Zwei der Exoplaneten hat Dr. Jonas Kemmer für seine Dissertation am ZAH untersucht. Seine Untersuchungen beruhen auf Messungen des Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) der NASA. Auf der Grundlage der TESS-Messungen war die Existenz dieser Planeten bekannt. „Mit diesen Daten konnten wir ihren Radius bestimmen. CARMENES ermöglichte dann die Bestimmung der Dichte dieser Planeten, die der Dichte der Erde sehr nahekommt. Wahrscheinlich bestehen diese Planeten aus einem ähnlichen Gesteinsmaterial wie unser Heimatplanet“, sagt Dr. Kemmer.


    Das CARMENES-Instrument wurde von einem deutsch-spanischen Konsortium unter der Leitung der Landessternwarte Königstuhl entwickelt und 2015 am Calar-Alto-Observatorium in Betrieb genommen. CARMENES dient der Suche nach erdähnlichen Exoplaneten, die nahe gelegene Rote Zwergsterne umkreisen. Das Projekt wird seit 2021 als „CARMENES Legacy-Plus“ bis mindestens Ende 2023 fortgesetzt. Die Beobachtungen werden nach den Worten von Prof. Quirrenbach noch einige Neuentdeckungen ermöglichen. Sie sollen aber vor allem die Häufigkeit von Planetensystemen besser statistisch erfassen.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Heidelberg unter https://www.uni-heidelberg.de/…sfreundlichen-bedingungen

    Mit der Veröffentlichung von fünf neuen Datenprodukten bietet die ESA-Mission Gaia viele neue und verbesserte Einblicke in unsere Galaxie und darüber hinaus. Unter anderem hat die Mission eine halbe Million neuer und schwacher Sterne in einem Sternhaufen kartiert. Diese neuen Gaia Sterne liegen in Omega Centauri, einer der am dichtesten besiedelten Regionen des Himmels.


    Die dritte Datenveröffentlichung von Gaia enthält Daten zu über 1,8 Milliarden Sternen, die ein umfassendes Bild der Milchstraße und darüber hinaus ergeben. Allerdings gab es in der Kartierung unserer Galaxie noch Lücken. Vor allem in Bereichen des Himmels, die besonders dicht mit Sternen bevölkert sind, erreichte Gaias normaler Beobachtungsmodus seine Grenzen, so dass diese Regionen vergleichsweise unerforscht blieben – und man übersah Sterne, die weniger hell leuchteten als ihre vielen Nachbarn.


    Ein wichtiges Beispiel hierfür sind Kugelsternhaufen. Sie gehören zu den ältesten Objekten des Universums, was sie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit unserer kosmischen Vergangenheit befassen, besonders wertvoll macht. Leider sind ihre hellen Kerne voller Sterne eine große Herausforderung für Teleskope und es ist schwierig, einen klaren Blick zu erhaschen. Daher sind sie fehlende Puzzlestücke in unseren Karten des Universums.


    Um diese Lücken zu schließen, hat Gaia Omega Centauri ausgewählt, den größten Kugelsternhaufen, der von der Erde aus zu sehen ist, und ein gutes Beispiel für einen „typischen“ Haufen. Statt einzelne Sterne zu beobachten, wie es normalerweise der Fall wäre, aktivierte Gaia einen speziellen Beobachtungsmodus und zeichnete zweidimensionale Bilder mit dem Sky Mapper Instrument auf. „In Omega Centauri entdeckten wir mehr als eine halbe Million neuer Sterne, die Gaia zuvor nicht gesehen hatte – und das in nur einem Sternhaufen“, sagt Dr. Katja Weingrill, Projektleiterin für Gaia am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP).



    Der Kugelsternhaufen Omega Centauri in einer Kombination der Daten der dritten Gaia-Datenveröffentlichung mit dem neuen Gaia Focused Product Release: das Ergebnis ist eine überwältigende Vielzahl von Sternen. Die dargestellten Sterne haben unterschiedliche Helligkeiten, von 6,5 Magnituden, was gerade unter der Sichtbarkeitsgrenze des bloßen Auges liegt, bis hin zu den schwächsten Sternen mit einer Helligkeit von 21,8 Magnituden – über eine Million Mal lichtschwächer. Bild: ESA/Gaia/DPAC. Acknowledgement: Stefan Jordan, Katja Weingrill, Alexey Mints, Tineke Roegiers. Visualisierung: Gaia Sky, Toni Sagristà


    „Es geht nicht nur darum, Löcher in unserer Kartierung zu flicken, obwohl dies an sich schon wertvoll ist“, fügt Dr. Alexey Mints, Mitglied der Gaia-Kollaboration und ebenfalls vom AIP, hinzu. „Unsere Daten haben es uns ermöglicht, Sterne zu entdecken, die zu nahe beieinander liegen, um sie mit der regulären Gaia Pipeline richtig zu vermessen. Mit den neuen Daten können wir die Struktur des Haufens, die Verteilung der einzelnen Sterne, ihre Bewegung und vieles mehr untersuchen und so eine vollständige, großräumige Karte von Omega Centauri erstellen. Das bedeutet volle Nutzung des Potenzials von Gaia – wir haben dieses erstaunliche kosmische Werkzeug mit maximaler Leistung eingesetzt.“


    Dieses Ergebnis entspricht nicht nur den geplanten Zielen von Gaia, sondern übertrifft diese sogar. „Wir haben nicht damit gerechnet, diese Bilder jemals für wissenschaftliche Zwecke einzusetzen, was das Ergebnis noch spannender macht“, fügt Katja Weingrill hinzu. Gaia erforscht derzeit acht weitere Regionen auf diese Weise; die Ergebnisse werden in der vierten Gaia-Datenveröffentlichung enthalten sein. Die Daten werden Astronominnen und Astronomen helfen, zu verstehen, was in den kosmischen Bausteinen vor sich geht. Es ist ein entscheidender Schritt für Forschende, um das Alter unserer Galaxie zu bestätigen, ihr Zentrum zu lokalisieren oder um herauszufinden, ob die Milchstraße in der Vergangenheit Kollisionen erlebt hat oder wie sich Sterne im Laufe ihrer Lebenszeit verändern, unsere Modelle der galaktischen Entwicklung einschränken und wie man schließlich auf das potentielle Alter des Universums selbst schließen kann.


    In der neuen Veröffentlichung identifiziert Gaia außerdem über 380 mögliche Gravitationslinsen, verbessert die Genauigkeit der Umlaufbahnen von mehr als 150.000 Asteroiden innerhalb des Sonnensystems, kartiert die Scheibe der Milchstraße durch das Aufspüren schwacher Signale im Sternenlicht und charakterisiert die Dynamik von 10.000 veränderlichen roten Riesensternen. Die Daten sind frei zugänglich und können direkt vom AIP Gaia-Archiv http://gaia.aip.de/ heruntergeladen werden, da das AIP ein offizielles Gaia-Partner-Datenzentrum ist.


    Weitere Infos auf den Seiten des AIP unter https://www.aip.de/de/news/gaia-focused-product-release/

    Ein internationales Team hat einen fernen Ausbruch kosmischer Radiowellen entdeckt, der weniger als eine Millisekunde dauerte. Dieser „schnelle Radioblitz“ (FRB) ist der bisher fernste, der je registriert wurde. Seine Quelle wurde mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in einer Galaxie lokalisiert, die so weit entfernt ist, dass ihr Licht acht Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen. Der Radioblitz ist auch einer der energiereichsten, die je beobachtet wurden; in einem winzigen Bruchteil einer Sekunde gab er die äquivalente Energiemenge von 30 Jahren der Gesamtemission unserer Sonne frei.


    Die Entdeckung des Ausbruchs, genannt FRB 20220610A, wurde im Juni des letzten Jahres vom ASKAP-Radioteleskop in Australien gemacht [1] und übertraf den bisherigen Distanzrekord des Teams um 50 Prozent. „Mit dem ASKAP-Antennenfeld konnten wir genau bestimmen, woher der Ausbruch kam“, erläutert Stuart Ryder, Astronom von der Macquarie University in Australien und einer der Hauptautoren der Studie. „Dann haben wir [mit dem VLT der ESO] in Chile nach der Quellgalaxie gesucht [2] und haben festgestellt, dass sie älter und weiter entfernt ist als jede andere bisher gefundene Radioblitz-Quelle und wahrscheinlich innerhalb einer kleinen Gruppe verschmelzender Galaxien liegt.“


    Die Entdeckung bestätigt, dass schnelle Radioblitze dazu verwendet werden können, die „fehlende“ Materie zwischen Galaxien zu messen und somit eine neue Möglichkeit bieten, das Universum zu „wiegen“. Aktuelle Methoden zur Schätzung der Masse des Universums liefern widersprüchliche Antworten und stellen das Standardmodell der Kosmologie infrage. „Wenn wir die Menge an normaler Materie im Universum zählen – den Atomen, aus denen wir alle bestehen – stellen wir fest, dass mehr als die Hälfte von dem, was heute vorhanden sein sollte, fehlt“, sagt Ryan Shannon, Professor an der Swinburne University of Technology in Australien, der die Studie ebenfalls leitete. „Wir vermuten, dass sich die fehlende Materie im Raum zwischen den Galaxien verbirgt, aber sie ist vielleicht so heiß und diffus, dass sie mit üblichen Techniken nicht sichtbar ist.“


    Künstlerische Darstellung eines rekordverdächtig schnellen Radioblitzes FRB 20220610A. Illustration: ESO/M. Kornmesser


    „Schnelle Radioblitze erkennen dieses ionisierte Material. Selbst in einem nahezu perfekt leeren Raum können sie alle Elektronen sehen, und das ermöglicht es uns, zu messen, wie viel Materie zwischen den Galaxien ist“, erklärt Shannon. Das Auffinden entfernter schneller Radioblitze ist entscheidend für die genaue Messung der fehlenden Materie des Universums, wie der verstorbene australische Astronom Jean-Pierre (J-P) Macquart 2020 nachgewiesen hat. „J-P hat gezeigt, dass je weiter ein schneller Radioblitz entfernt ist, desto mehr diffuse Gase er zwischen den Galaxien nachweisen kann. Dies wird jetzt als Macquart-Beziehung bezeichnet. Einige kürzlich aufgetretene schnelle Radioblitze schienen diese Beziehung zu brechen. Unsere Messungen bestätigen, dass die Macquart-Beziehung bis über die Hälfte des bekannten Universums hinausreicht“, erläutert Ryder. „Während wir immer noch nicht wissen, was diese massiven Ausbrüche von Energie verursacht, bestätigt die Studie, dass schnelle Radioblitze häufige Ereignisse im Kosmos sind und dass wir sie verwenden können, um Materie zwischen Galaxien zu erkennen und die Struktur des Universums besser zu verstehen“, ergänzt Shannon.


    Das Ergebnis stellt die Grenze dessen dar, was heute mit Teleskopen erreicht werden kann, obwohl Astronomen in Kürze über Mittel verfügen werden, um noch ältere und fernere Ausbrüche zu erkennen, ihre Quellgalaxien zu bestimmen und die fehlende Materie des Universums zu messen. Das internationale Square Kilometre Array Observatory baut derzeit zwei Radioteleskope in Südafrika und Australien, die Tausende von schnellen Radioblitzen auspüren können, einschließlich sehr entfernter, für die aktuelle Einrichtungen blind sind. Das Extremely Large Telescope der ESO, ein 39-Meter-Teleskop im Bau in der chilenischen Atacama-Wüste, wird eines der wenigen Teleskope sein, das in der Lage ist, die Quellgalaxien von Ausbrüchen noch weiter entfernt als FRB 20220610A zu studieren.


    Endnoten

    [1] Das ASKAP-Teleskop gehört der CSIRO, der nationalen Wissenschaftsagentur Australiens, und wird von ihr auf dem Land der Wajarri Yamaji in Westaustralien betrieben.

    [2] Das Team verwendete Daten, die mit den Instrumenten FOcal Reducer and low dispersion Spectrograph 2 (FORS2), X-shooter und High Acuity Wide-field K-band Imager (HAWK-I) am VLT der ESO gewonnen wurden. Daten vom Keck-Observatorium in Hawai'i, USA, wurden ebenfalls in der Studie verwendet.

    Mit dem H.E.S.S.-Observatorium in Namibia hat ein internationales Forschungsteam die bislang energiereichsten Gammastrahlen von einem Pulsar entdeckt, einem ausgebrannten, toten Stern. Die registrierte Strahlung hat rund zehn Billionen Mal so viel Energie wie sichtbares Licht. Die Beobachtung lässt sich nur schwer mit der gängigen Theorie zur Erzeugung solcher gepulster Gammastrahlung vereinbaren.


    Pulsare sind die übrig gebliebenen Reste von Sternen, die spektakulär in einer Supernova explodiert sind. Die Explosion hinterlässt einen winzigen, toten Stern mit einem Durchmesser von nur etwa 20 Kilometern, der extrem schnell rotiert und mit einem enormen Magnetfeld ausgestattet ist. „Diese toten Sterne bestehen fast ausschließlich aus Neutronen und sind unglaublich dicht: Ein Teelöffel ihres Materials wiegt mehr als fünf Milliarden Tonnen, was etwa dem 900-fachen Gewicht der Großen Pyramide von Gizeh entspricht“, erklärt H.E.S.S.-Wissenschaftlerin Emma de Oña Wilhelmi von DESY, Mitautorin der Veröffentlichung.


    Wie eine Art kosmische Leuchttürme senden Pulsare kreisende Strahlen ins All. Wenn ihr Strahl über unser Sonnensystem hinwegfegt, sehen wir in regelmäßigen Abständen Strahlungsblitze. Diese Blitze lassen sich bei zahlreichen Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums beobachten, von den Radiowellen bis zur Gammastrahlung. Nach der gängigen Theorie stammt die Strahlung von schnellen Elektronen, die von den starken Magnetfeldern des Pulsars beschleunigt und abgelenkt werden. Die Elektronen bewegen sich dabei von der Oberfläche des Pulsars nach außen bis zum Rand seiner Magnetosphäre. „Auf ihrer Reise nach außen nehmen die Elektronen Energie auf und setzen sie in Form der beobachteten Strahlung frei“, sagt Ko-Autor Bronek Rudak vom Astronomischen Zentrum Nikolaus Kopernikus (CAMK PAN) in Polen. Der Bereich, in dem dies geschieht, wird Lichtzylinder genannt.


    Die Forscher*innen nehmen an, dass infrarote Lichtteilchen (Photonen) von den Polen des Pulsars durch schnelle Elektronen auf Gammastrahlen-Energien geboostet werden (blau). Illustration: Science Communication Lab für DESY


    Der Vela-Pulsar befindet sich am Südhimmel im Sternbild Vela (Segel des Schiffes). Er ist der hellste Pulsar im Radioband des elektromagnetischen Spektrums und die hellste anhaltende Quelle kosmischer Gammastrahlung im Giga-Elektronenvolt-Bereich. Er rotiert etwa elfmal pro Sekunde. Oberhalb einiger Giga-Elektronenvolt (GeV) endet seine Strahlung jedoch abrupt, vermutlich weil die Elektronen das Ende der Magnetosphäre des Pulsars erreichen und aus ihr entweichen.Doch wie sich nun herausstellte, ist das noch nicht alles: H.E.S.S. hat eine neue Komponente der Strahlung bei noch höheren Energien registriert. Diese kosmischen Gammaquanten besaßen eine Energie von bis zu 20 Tera-Elektronenvolt (TeV). „Das ist etwa 200 Mal energiereicher als sämtliche Strahlung, die bisher von diesem Objekt gemessen wurde“, sagt Ko-Autor Christo Venter von der North-West University in Südafrika. Diese neu entdeckte Komponente tritt synchron zur Strahlung im GeV-Bereich auf. Um diese enormen Energien zu erreichen, müssten die Elektronen jedoch stärker beschleunigt werden als dies eigentlich in der Magnetosphäre möglich ist. Und dabei muss der Rhythmus der Emission intakt bleiben.


    „Dieses Ergebnis stellt unser bisheriges Wissen über Pulsare in Frage und erfordert ein Überdenken der Theorie von der Funktionsweise dieser natürlichen Beschleuniger“, sagt Arache Djannati-Atai vom Astroteilchen- und Kosmologie-Labor APC in Frankreich, der die Forschung geleitet hat. „Das traditionelle Schema, wonach die Teilchen entlang der Magnetfeldlinien innerhalb oder leicht außerhalb der Magnetosphäre beschleunigt werden, kann unsere Beobachtungen nicht ausreichend erklären. Vielleicht sind wir Zeugen der Beschleunigung von Teilchen durch die sogenannte magnetische Rekonnexion jenseits des Lichtzylinders, bei dem das Rotationsmuster noch irgendwie erhalten bleibt? Aber selbst dieses Szenario tut sich schwer mit der Erzeugung solch extrem energiereicher Strahlung.“ Die Theoretikerinnen und Theoretiker müssen daher neue Modelle entwickeln.


    Wie auch immer die Erzeugung der Strahlung abläuft, hält der Vela-Pulsar neben anderen Superlativen nun offiziell den Rekord als Pulsar mit der energiereichsten Gammastrahlung, die bislang von einem solchen Objekt entdeckt worden ist. „Diese Entdeckung öffnet ein neues Beobachtungsfenster für die Entdeckung anderer Pulsare im Bereich von einigen Dutzend Tera-Elektronenvolt mit aktuellen und zukünftigen empfindlicheren Gammateleskopen und ebnet damit den Weg für ein besseres Verständnis der extremen Beschleunigungsprozesse in stark magnetisierten astrophysikalischen Objekten“, sagt Djannati-Atai.


    Weitere Infos auf den Seiten des DESY unter https://www.desy.de/aktuelles/…Anchor=2919&two_columns=0

    Einer internationalen Forschungsgruppe, darunter Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Astronomie, gelang die Entschlüsselung der vielschichtigen Entstehungsmechanismen der geheimnisvollen schwarzen Löcher mittlerer Masse. Sie könnten das Bindeglied zwischen ihren kleineren Verwandten, den stellaren schwarzen Löchern, und den supermassereichen Riesen darstellen, die die Zentren der Galaxien bevölkern. Dieser Erfolg ist das Ergebnis des DRAGON-II-Simulationsprojekts unter der Leitung des Gran Sasso Science Institute. Es beruht auf Berechnungen der komplexen Wechselwirkungen zwischen Sternen, stellaren schwarzen Löchern und physikalischen Prozessen in dichten Sternhaufen und zeigten, dass schwarze Löcher von bis zu einigen hundert Sonnenmassen in diesen Umgebungen entstehen können.


    Die Suche nach dem Ursprung von schwarzen Löchern mittlerer Masse (engl. intermediate-mass black holes, IMBHs) ist nach wie vor ein Rätsel. Sollten sie existieren, könnten sie das Bindeglied zwischen den beiden Extremen der schwarzen Löcher sein. Am massearmen Ende beobachten wir stellare schwarze Löcher, Überbleibsel von Supernova-Explosionen massereicher Sterne am Ende ihrer Lebenszeit. Auf der anderen Seite finden wir schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien, die millionen- oder sogar milliardenfach massereicher sind als unsere Sonne. Die Entstehung und das Wachstum dieser Objekte stellen für die moderne Astronomie immer noch ein faszinierendes Rätsel dar, vor allem, weil es keinen eindeutigen Beweis für die Existenz von IMBHs gibt. Astronomen vermuten, dass sie in dichten und eng gedrängten Sternhaufen zu finden sind.


    „Schwarze Löcher mittlerer Masse sind schwer zu beobachten“, erklärt Manuel Arca Sedda vom Gran Sasso Science Institute (GSSI) in L'Aquila, Italien, und Hauptautor des zugrunde liegenden Forschungsartikels, der in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht wurde. „Die derzeitigen Grenzen der Beobachtungsmethoden erlauben es uns nicht, die Gruppe dieser schwarzen Löcher mit Massen zwischen 1.000 und 10.000 Sonnenmassen auf diese Weise zu erforschen. Außerdem bereiten sie den Forschenden hinsichtlich der möglichen Mechanismen, die zu ihrer Entstehung führen, Kopfzerbrechen.“


    Um diesen Nachteil zu überwinden, hat ein internationales Team unter der Leitung von Arca Sedda und Albrecht Kamlah vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg (MPIA) eine einzigartige Serie von hochauflösenden numerischen Simulationen von Sternhaufen durchgeführt, die als DRAGON-II Cluster-Datenbank bekannt ist. Dabei entdeckten die Astronominnen und Astronomen einen möglichen Mechanismus zur Bildung von mittelschweren schwarzen Löchern in jungen, dicht besiedelten und massereichen Sternhaufen.


    Diese bahnbrechenden Simulationen mussten eine Abfolge komplexer Wechselwirkungen zwischen typischen Einzel- und Doppelsternen berechnen, die zu Kollisionen führen und immer massereichere Sterne bilden, die sich schließlich zu schwarzen Löchern entwickeln. In diesem Stadium können sie weitere massereiche Sterne und schwarze Löcher in sich aufnehmen, was zu schwarzen Löchern von mehreren hundert Sonnenmassen führt. Wie sich herausstellt, führt kein einzelner Weg zu solch einem Objekt. Stattdessen finden die Astronomen eine komplexe Palette von Wechselwirkungen und Verschmelzungsereignissen.


    Bis zu einer Million Sterne bevölkerten die simulierten Sternhaufen, die einen Anteil an Doppelsternhaufen zwischen 10% und 30% aufweisen. „Die simulierten Sternhaufen spiegeln die realen Exemplare, die in der Milchstraße, den Magellanschen Wolken und verschiedenen Galaxien in unserem lokalen Universum beobachtet wurden, sehr gut wider“, erklärt Kamlah.


    Ein simulierter Sternhaufen, wie er in den Dragon-II-Simulationen berechnet wurde. Die orangefarbenen und gelben Punkte stellen sonnenähnliche Sterne dar, während die blauen Punkte Sterne mit der 20- bis 300-fachen Masse der Sonne anzeigen. Das große weiße Objekt in der Mitte verkörpert einen Stern mit einer Masse von etwa 350 Sonnenmassen, der in Kürze kollabieren und ein schwarzes Loch mittlerer Masse bilden wird. Bild: M. Arca Sedda (GSSI)


    Indem sie das weitere Schicksal eines solchen schwarzen Lochs in diesen Simulationen nachzeichneten, identifizierten die Astronomen eine turbulente Periode, die durch heftige Austauschprozesse mit anderen Sternen und stellaren schwarzen Löchern gekennzeichnet ist und zu seinem schnellen Ausstoß aus dem elterlichen Sternhaufen innerhalb von ein paar hundert Millionen Jahren führen kann. Dieses Ereignis begrenzt effektiv sein weiteres Wachstum. Die Berechnungsmodelle zeigen, dass kleinere schwarze Löcher mittlerer Masse auf natürliche Weise aus energiereichen Wechselwirkungen zwischen Sternen innerhalb von Sternhaufen entstehen. Ihre Tendenz, größere Massen als einige hundert Sonnenmassen zu erreichen, hängt jedoch von der Dichte oder dem Massereichtum der Umgebung ab.


    Dennoch bleibt ein zentrales wissenschaftliches Rätsel ungelöst: ob diese mittelschweren schwarzen Löcher als Bindeglied zwischen ihren kleineren stellaren Verwandten und den kolossalen supermassereichen schwarzen Löchern dienen. Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet, aber die Studie eröffnet einen Raum für konkrete Vermutungen.


    „Wir brauchen zwei Zutaten für eine genauere Ergebnisse", erklärt Arca Sedda. „Einerseits einen oder mehrere Prozesse, die in der Lage sind, schwarze Löcher im mittleren Massenbereich zu bilden und andererseits die Fähigkeit, sie in der ursprünglichen Umgebung zu halten.“ Die Studie stellt strenge Anforderungen an die erste Komponente und gibt einen klaren Überblick darüber, welche Prozesse zur Bildung von schwarzen Löchern beitragen können. Die Berücksichtigung massereicherer Sternhaufen, die mehr Doppelsterne enthalten, könnte in Zukunft helfen, die zweite Zutat zu erhalten, was wiederum hohe Anforderungen an die zukünftigen Simulationen stellt.


    Interessanterweise könnten Sternhaufen, die in der Frühzeit des Universums entstanden sind, die geeigneten Eigenschaften besitzen, um das Wachstum von schwarzen Löchern über mittlere Massen hinaus aufrechtzuerhalten. Zukünftige Beobachtungen solch alter Sternhaufen, zum Beispiel mit Hilfe des James Webb Space Telescope (JWST) und der Entwicklung neuer theoretischer Modelle, könnten dabei helfen, die Beziehung zwischen mittelschweren und supermassereichen schwarzen Löchern zu entschlüsseln.


    Weitere Infos , Bilder und Videos auf den Seiten des MPIA unter https://www.mpia.de/aktuelles/…ft/2023-13-imbh-dragon-ii

    Hallo Martin,


    letztlich ist genau das der Punkt. Eine Theorie macht Annahmen und hat dementsprechend Grenzen. Newton ist nicht falsch, bloß weil die Relativitätstheorie einen größeren Gültigkeitsbereich hat. Im Gegenteil: In den allermeisten Alltagssituationen ist es schlichtweg Overkill, relativistisch zu rechnen. Zu wissen, welche Annahmen man gemacht hat und wo man deshalb eine bestimmte Theorie nicht mehr verwenden kann, ist in der Wissenschaft zentral, wird in der allgemeinen Öffentlichkeit aber schnell zu "widerlegt". Das gleiche gilt für Modelle. In der Wissenschaft ist ein Modell immer eine Vereinfachung. Es hat gar nicht den Anspruch, die Realität vollumfänglich beschreiben zu können (wenn wir das könnten, bräuchten wir das Modell nicht). Stattdessen soll es Zusammenhänge veranschaulichen, die in der Realität beobachtet werden.


    Niemand streitet ab, daß wir das, was als Urknall bezeichnet wird, nicht vollständig verstehen. Gewisse Alternativmodelle lassen sich aber entweder ad acta legen weil widerlegt oder sind schlichtweg extrem komplex und/oder unwahrscheinlich.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Martin,


    schonmal auf den Gedanken gekommen, daß es auch im Wissenschaftsbereich Leute geben könnte, die einfach nur gut darin sind, ihr eigentlich unausgegorenes Zeug mit großem Tamtam der Öffentlichkeit bzw. der Presse als Mittler zu verkaufen und dann was von hinterherrennen und in die Ecke drängen fabulieren, wenn sie vom Rest der Community Gegenwind bekommen und widerlegt werden?


    Avi Loeb ist ein hervorragendes Beispiel dafür, daß man sich in der Astronomie akademisch komplett zum Affen machen kann, der Publicity tut das keinen Abbruch, solange man den Medien Schlagzeilenfutter liefert. Das ist hier nicht anders als bei den Themen, die von gewissen populistischen Parteien immer wieder breitgetreten werden. In Bereichen wie Urknall, Dunkle Materie oder Dunkle Energie wird die Bedeutung von Außenseiterdarstellungen massiv aufgebauscht, was dann in der allgemeinen Öffentlichkeit zu einer extrem verzerrten Wahrnehmung des tatsächlichen Stands der Forschung auf dem Gebiet führt.


    Viele Grüße

    Caro

    Hallo Peter,


    den nächsten Termin für eine öffentliche Führung hatte ich ja oben verlinkt ;) Der Waltz-Reflektor ist mittlerweile allerdings für Führungen tabu, denn dort wird aktiv beobachtet.


    Grundsätzlich gilt: Sowohl das Gelände der Landessternwarte als auch des Max-Planck-Instituts für Astronomie mit dem Haus der Astronomie sind tagsüber unter der Woche inoffiziell zugänglich. Sowohl auf der Sternwarte als auch am MPIA wohnen allerdings auch Mitarbeiter*innen mit ihren Familien. Will heißen: Man darf sich umsehen und auch Fotos machen, aber man marschiert bitte nicht den Anwohner*innen einfach so ungefragt in den Vorgarten und lässt ihnen ihre Privatsphäre. Abends und am Wochenende sind die Tore geschlossen und das Gelände darf jeweils ausnahmslos nur im Rahmen von angemeldeten Führungen betreten werden.


    Viele Grüße

    Caro

    Astronomen haben mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter-Array (ALMA) das Magnetfeld einer Galaxie nachweisen können, die so weit entfernt ist, dass ihr Licht mehr als 11 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen: Wir sehen sie so, wie sie war, als das Universum gerade einmal 2,5 Milliarden Jahre alt war. Das Ergebnis liefert Astronom*innen wichtige Hinweise darauf, wie die Magnetfelder von Galaxien wie unserer eigenen Milchstraße entstanden sind.


    Die meisten astronomischen Objekte haben Magnetfelder, egal ob es sich nun um Planeten, Sterne oder Galaxien handelt. "Viele Menschen sind sich wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass die gesamte Milchstraße und andere Galaxien von Magnetfeldern durchzogen sind, die sich über Zehntausende von Lichtjahren erstrecken", bemerkt James Geach, Professor für Astrophysik an der University of Hertfordshire in Großbritannien und Erstautor der Studie.


    "Wir wissen nur sehr wenig darüber, wie sich diese Felder bilden, obwohl sie für die Entwicklung von Galaxien von grundlegender Bedeutung sind", fügt Enrique Lopez Rodriguez, Forscher an der Universität Stanford (USA), hinzu, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Es ist nicht klar, wie früh im Leben des Universums und wie schnell sich Magnetfelder in Galaxien bilden, da Astronom*innen bisher nur Magnetfelder in Galaxien in unserer Nähe kartiert haben.


    Jetzt haben Geach und sein Team mit Hilfe von ALMA, an dem die Europäische Südsternwarte (ESO) beteiligt ist, ein vollständig ausgebildetes Magnetfeld in einer weit entfernten Galaxie entdeckt, das in seiner Struktur dem ähnelt, was in nahen Galaxien beobachtet wird. Das Feld ist etwa 1000 mal schwächer als das Magnetfeld der Erde, erstreckt sich aber über mehr als 16.000 Lichtjahre.


    ALMA-Ansicht der Galaxie 9io9. Bild: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/J. Geach et al.


    "Diese Entdeckung gibt uns neue Hinweise darauf, wie Magnetfelder im galaktischen Maßstab entstehen", erklärt Geach. Die Beobachtung eines voll entwickelten Magnetfelds zu einem so frühen Zeitpunkt in der Geschichte des Universums deutet darauf hin, dass sich Magnetfelder, die sich über ganze Galaxien erstrecken, schnell bilden können, also während junge Galaxien noch wachsen.


    Das Team glaubt, dass die intensive Sternentstehung im frühen Universum eine Rolle bei der Beschleunigung der Entwicklung der Magnetfelder gespielt haben könnte. Außerdem können diese Felder wiederum beeinflussen, wie sich spätere Generationen von Sternen bilden werden. Rob Ivison, Koautor und ESO-Astronom, ergänzt: "Die Entdeckung öffnet ein neues Fenster ins Innenleben von Galaxien, da die Magnetfelder mit dem Material verbunden sind, aus dem neue Sterne entstehen."


    Für diese Entdeckung suchte das Team nach Licht, das von Staubkörnern in einer weit entfernten Galaxie namens 9io9 [1], ausgesandt wurde. Galaxien sind vollgepackt mit Staubkörnern. Wenn ein Magnetfeld vorhanden ist, richtet sich der Staub aus und das von ihnen ausgesandte Licht wird polarisiert. Das bedeutet, dass die Lichtwellen nicht mehr zufällig, sondern entlang einer bevorzugten Richtung schwingen. Als ALMA ein polarisiertes Signal von 9io9 entdeckte und kartierte, wurde das Vorhandensein eines Magnetfeldes in einer sehr weit entfernten Galaxie zum ersten Mal bestätigt.


    "Kein anderes Teleskop hätte dies erreichen können", schließt Geach. Man hofft, dass diese und künftige Beobachtungen entfernter Magnetfelder das Geheimnis der Entstehung dieser grundlegenden galaktischen Merkmale zu lüften vermögen.


    Endnoten

    [1] Die Galaxie 9io9 wurde im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts entdeckt. An der Entdeckung waren die Zuschauer*innen der britischen BBC-Fernsehsendung Stargazing Live beteiligt, bei der das Publikum 2014 drei Nächte lang aufgefordert war, Millionen von Bildern auf der Suche nach fernen Galaxien zu untersuchen.

    Ein internationales Team von Forscher*innen unter der Leitung von Silke Britzen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn hat Blazare untersucht, dabei handelt es sich um akkretierende supermassereiche schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien. Blazare sind Objekte, bei denen einer der von dem aktiven galaktischen Kern emittierten Jets direkt auf die Erde gerichtet ist. Die Forscher können nachweisen, dass die beobachtete Variabilität der Blazare auf die Präzession der Jet-Quelle zurückzuführen ist, die entweder durch die Anwesenheit eines zweiten massereichen Schwarzen Lochs in der Nähe des primären Schwarzen Lochs oder durch eine verkrümmte Akkretionsscheibe um ein einzelnes Schwarzes Loch verursacht wird.


    Mit dem Begriff "Blazar" bezeichnen Wissenschaftler*innen eines der dramatischsten Beispiele im Zoo von aktiven galaktischen Kernen (AGN), also akkretierenden supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien. Blazare heißen die Schwarzen Löcher, deren Jet direkt auf die Erde gerichtet ist. Die Ergebnisse der jahrzehntelangen Untersuchungen von Blazaren wurden stets so interpretiert, dass die häufige und deutliche Aufhellung dieser Quellen, die so genannte Flare-Aktivität, mit dem Ausstoß von Jet-Komponenten aus dem Kern in den Jet verbunden ist, was zu einer plötzlich verstärkten Emission führt.


    Jets von Blazaren sind oft gekrümmt und nicht so linear ausgerichtet, wie man es erwarten könnte. Man nimmt an, dass gewundene Jetstrukturen mit dem Ausstoß von Komponenten aus dem Kern zusammenhängen. Es wurde vermutet, dass sowohl die gewundenen Jets als auch die Aufhellung der Zentralquelle einen zufälligen Ursprung haben - abhängig von der Fütterung des Schwarzen Lochs. Im Laufe der Jahre haben jedoch immer detailliertere Beobachtungsergebnisse Zweifel an diesem möglicherweise zu einfach angesetzten Zusammenhang aufkommen lassen.


    Eine neue Veröffentlichung stellt die angenommene Beziehung zwischen Ausstoß und Aufflackern für die hellen und stark veränderlichen Blazare in Frage. „Wir präsentieren Beweise und diskutieren die Möglichkeit, dass die tatsächliche Ursache eine Präzession der Jet-Quelle ist, die entweder durch ein supermassereiches binäres Schwarzes Loch am Fußpunkt des Jets oder - weniger wahrscheinlich - durch eine gekrümmte Akkretionsscheibe um ein einzelnes Schwarzes Loch verursacht wird, die für die beobachtete Variabilität verantwortlich ist“, sagt Silke Britzen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, die Erstautorin der Untersuchung.


    Wenn Jets aufgrund der Präzession herumwirbeln, führt diese Bewegung aufgrund des Doppler-Effekts zu periodischen Änderungen der Intensität. Dieser Effekt wurde bei einer Reihe von Jets in aktiven Galaxienkernen über viele Jahre hinweg festgestellt. Für OJ 287 - den besten Kandidaten für ein binäres supermassereiches Schwarzes Loch - konnten Silke Britzen und ihr Team in ihrer „Rosetta“-Veröffentlichung die Präzession als Ursache für die starken Helligkeitsschwankungen und die Jet-Biegung nachweisen. Erst kürzlich wurden Vorhersagen aus ihrer Veröffentlichung von Komossa et al. bestätigt.


    Die Präzessionsbewegung eines magnetisierten Jets im Radiobereich (gelb), hervorgerufen durch ein supermassereiches binäres Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie. Das schwerere der beiden supermassereichen Schwarzen Löcher (in Schwarz) befindet sich im Zentrum einer Akkretionsscheibe, die sowohl wärmeres (blau) als auch kühleres (rot) Gas enthält. Der weiße Pfeil zeigt den Spin des größeren Schwarzen Lochs an. Das zweite Schwarze Loch (orange) kreist um das zentrale supermassereiche Schwarze Loch, und der orangefarbene Pfeil zeigt die Ausrichtung seines Bahndrehimpulses an. Aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung treibt das Drehmoment des zweiten Schwarzen Lochs die Präzession der Akkretionsscheibe und des ausgestoßenen Jets an (grüner Kreis und Pfeile). Die Radioemission ist mit weißen gekrümmten Linien dargestellt. Ein Radioteleskop zeigt die Richtung zum Beobachter auf der Erde. Die beiden Bilder veranschaulichen, wie der Jet herumwirbelt und die Variationen in der Radioemission erzeugt. Der Jet im rechten Bild ist dem Beobachter zugewandt und erscheint daher heller am Himmel - damit geht auch eine stärkere Radioemission einher. Illustration: Michal Zajaček/UTFA MUNI


    Die Autor*innen haben das gleiche Modell nun auch auf andere Blazare angewendet. Für eine Stichprobe von 12 prominenten AGN zeigen ihre Ergebnisse, dass die Variabilität in der Helligkeit und in der Jet-Krümmung tatsächlich durch den Einfluss der Präzession erklärt werden kann. Die Autoren bezweifeln nicht, dass die zugrundeliegende und schwer zu erforschende Jet-Physik auch durch interne Wechselwirkungen im Jet verursacht werden kann, die durch das so genannte Schock-in-Jet-Modell, durch Instabilitäten im Jet-Strahl oder durch energetische magnetische Rekonnexionen erklärt werden können. Allerdings wird das Aussehen der Jets durch die Präzession stark moduliert und verändert. Jets würden nicht so gekrümmt und so hell erscheinen, wäre die Präzession nicht am Werk.


    Mit dem Wissen um die Auswirkungen der Präzession kann nun das Zusammenspiel eines kinematischen Systems erforscht werden, das im Wesentlichen vorhersagbar ist, da es geometrisch verstanden und modelliert werden kann. „Die Blazar-Variabilität in vielen Galaxien dürfte überwiegend nicht stochastischer, sondern eher deterministischer Natur sein“, ergänzt Silke Britzen. „Es ist faszinierend, das Innenleben der Maschinerie aktiver Galaxienkerne mit Hilfe von Variabilitätsstudien zu entschlüsseln.“


    Eine der wichtigsten Folgerungen aus dieser Studie ist, dass die Krümmung des Jets wahrscheinlich ein Hinweis auf die Existenz von binären Schwarzen Löchern im Zentrum dieser Galaxien ist. So wird der Jet durch den Gravitationseinfluss eines zweiten Schwarzen Lochs auf das den Jet erzeugende Schwarze Loch zu einer mäandernden Bewegung gezwungen. Es gelang dem Team auch, Spuren einer Nutationsbewegung kleinerer Amplitude in den Radio-Lichtkurven sowie in der Kinematik der Jet-Komponenten nachzuweisen – das ist ein Effekt zweiter Ordnung und ein weiterer Beweis für die Präzession.


    „Die Physik von Akkretionsscheiben und Jets ist ziemlich komplex, aber ihre Hauptkinematik kann mit einfachen Kreiseln verglichen werden - wenn man ein externes Drehmoment auf eine Akkretionsscheibe ausübt, zum Beispiel durch ein umlaufendes sekundäres Schwarzes Loch, wird sie eine Präzessions- und ebenso eine Nutationsbewegung ausführen, und mit ihr auch der Jet. Das ist ähnlich wie bei der Rotationsachse der Erde, die von Mond und Sonne beeinflusst wird“, fügt Michal Zajaček von der Masaryk-Universität (Brünn, Tschechische Republik), ein Mitautor der Studie, hinzu.


    Radiobeobachtungen erreichen die höchste Auflösung bei astronomischen Beobachtungen, indem Radioteleskope über sehr große Entfernungen mit der „Very Long Baseline Radio Interferometry“ (VLBI) verbunden werden. Dies ist die gleiche Technik, die es dem Event-Horizon-Teleskop (EHT) ermöglichte, zum ersten Mal den Schatten eines Schwarzen Lochs abzubilden und das 6,5 Milliarden Sonnenmassen umfassende Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie M87 zu beobachten. Die Suche nach engen Paaren supermassereicher Schwarzer Löcher läuft seit Jahrzehnten und gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen.


    „Noch fehlt uns die ausreichende Auflösung, um die Existenz von supermassereichen binären Schwarzen Löchern direkt nachzuweisen. Aber die Präzession ihrer Jets scheint die beste Signatur solcher Objekte zu sein, deren Existenz nicht nur von Forschergruppen im Bereich Schwarze Löcher und AGNs erwartet wird, sondern auch im Bereich der Gravitationswellen, wo erst vor kurzem Beweise für die Existenz eines kosmischen Gravitationshintergrunds veröffentlicht wurden, der auf die Gravitationswellen zurückzuführen ist, die bei der Verschmelzungen massereicher Schwarzer Löcher im Laufe der kosmischen Geschichte ausgesandt werden“, schliesst Silke Britzen.

    Durch eine bemerkenswerte Beobachtungsreihe, an der zwölf Teleskope sowohl am Erdboden als auch im Weltraum beteiligt waren, darunter drei Standorte der Europäischen Südsternwarte (ESO), haben Astronom*innen das seltsame Verhalten eines Pulsars entschlüsselt, eines sich extrem schnell drehenden toten Sterns. Dieses mysteriöse Objekt ist dafür bekannt, dass es fast ständig zwischen zwei Helligkeitszuständen wechselt, was bis jetzt ein Rätsel war. Wie Astronom*innen nun herausgefunden haben, sind plötzliche Materieauswürfe des Pulsars in sehr kurzen Zeiträumen für diese seltsamen Wechsel verantwortlich.


    „Wir haben außergewöhnliche kosmische Ereignisse registriert. Dabei werden enorme Mengen an Materie ähnlich wie kosmische Kanonenkugeln innerhalb von einigen zehn Sekunden, also einem sehr kurzen Zeitraum, von einem kleinen, dichten Himmelsobjekt, das mit unglaublich hoher Geschwindigkeit rotiert, ins Weltall geschleudert“, erklärt Maria Cristina Baglio, Forscherin an der New York University Abu Dhabi, die auch dem Italienischen Nationalen Institut für Astrophysik (INAF) angehört. Sie ist die Erstautorin der heute in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlichten Studie.


    Ein Pulsar ist ein schnell rotierender, magnetischer, toter Stern, der einen Strahl elektromagnetischer Strahlung ins Weltall aussendet. Während er rotiert, überstreicht dieser Strahl den Kosmos – ähnlich wie der Lichtkegel eines Leuchtturms, der seine Umgebung abtastet – und kann entdeckt werden, wenn er die Sichtlinie zur Erde kreuzt. Dadurch scheint der Stern von unserem Heimatplaneten aus gesehen in seiner Helligkeit zu pulsieren.


    PSR J1023+0038, oder kurz J1023, ist eine besondere Art von Pulsar mit einem eigenartigen Verhalten. Er befindet sich in etwa 4500 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Sextant und umkreist einen anderen Stern in einer engen Umlaufbahn. In den letzten zehn Jahren hat der Pulsar seinem Begleiter ständig Materie entzogen, die sich in einer Scheibe um den Pulsar ansammelt und langsam auf ihn herabfällt.


    Seit Beginn dieser Materieansammlung ist der Strahl des Pulsars praktisch verschwunden und der Pulsar hat begonnen, unaufhörlich zwischen zwei Modi zu wechseln. Im „aktiven“ Modus strahlt der Pulsar helles Röntgenlicht, ultraviolettes und sichtbares Licht ab, während er im „passiven“ Modus bei diesen Frequenzen schwächer ist und mehr Radiowellen aussendet. Der Pulsar kann in jedem Modus mehrere Sekunden oder Minuten lang verweilen und dann innerhalb weniger Sekunden in den anderen Modus wechseln. Dieses Umschalten hat Forschende bisher vor ein Rätsel gestellt.


    „An unserer einzigartigen Beobachtungskampagne zur Untersuchung des Verhaltens dieses Pulsars waren ein Dutzend modernster bodengebundener und weltraumbasierter Teleskope beteiligt“, erzählt Francesco Coti Zelati, Forscher am Institut für Weltraumwissenschaften in Barcelona in Spanien und Mitautor der Studie. An der Messreihe beteiligten sich das Very Large Telescope (VLT) und das New Technology Telescope (NTT) der ESO, die sichtbares und nahinfrarotes Licht erfassen, sowie das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die ESO beteiligt ist. In zwei Nächten im Juni 2021 beobachteten sie, wie das System über 280 Mal zwischen seinem aktiven und passiven Modus wechselte.


    Diese künstlerische Darstellung zeigt den Pulsar PSR J1023+0038, der Gas von seinem Begleitstern stiehlt. Dieses Gas sammelt sich in einer Scheibe um den Pulsar, fällt langsam auf ihn zu und wird schließlich in einem schmalen Strom ausgestoßen. Darüber hinaus gibt es einen Wind aus Teilchen, der vom Pulsar wegbläst und hier durch eine Wolke sehr kleiner Punkte dargestellt wird. Dieser Wind prallt auf das einfallende Gas, heizt es auf und lässt das System im Röntgenlicht sowie im ultravioletten und sichtbaren Licht hell aufleuchten. Schließlich werden Blasen dieses heißen Gases entlang des Stroms ausgestoßen und der Pulsar kehrt in den ursprünglichen, passiven Zustand zurück und wiederholt den Zyklus. Illustration: :ESO/M. Kornmesser


    „Wir haben festgestellt, dass das Umschalten zwischen den Modi auf ein kompliziertes Zusammenspiel zurückzuführen ist, und zwar zwischen dem Pulsarwind, einem Strom hochenergetischer Teilchen, die vom Pulsar weggeblasen werden, und der Materie, die auf den Pulsar zuströmt“, erläutert Coti Zelati, der auch zum INAF gehört.


    Im passiven Modus wird die zum Pulsar fließende Materie in einem schmalen Strom rechtwinklig zur Scheibe ausgestoßen. Nach und nach sammelt sich diese Materie immer mehr in der Nähe des Pulsars an und wird dabei vom Wind des pulsierenden Sterns getroffen, wodurch sich die Materie aufheizt. Das System befindet sich nun in einem aktiven Modus und leuchtet hell im Röntgen-, Ultraviolett- und sichtbaren Licht. Schließlich werden Teile dieser heißen Materie durch den Pulsar über den Strom entfernt. Mit weniger heißer Materie in der Scheibe leuchtet das System schwächer und schaltet zurück in den passiven Modus.


    Obwohl diese Entdeckung das Rätsel um das seltsame Verhalten von J1023 aufgelöst hat, haben Astronom*innen noch viel aus der Erforschung dieses einzigartigen Systems zu lernen. Die Teleskope der ESO werden ihnen auch weiterhin bei der Beobachtung dieses seltsamen Pulsars helfen. Insbesondere das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das derzeit in Chile gebaut wird, gewährt einen noch nie dagewesenen Blick auf die Mechanismen von J1023. „Das ELT wird uns wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wie die Menge, die Verteilung, die Dynamik und die Energetik der einströmenden Materie um den Pulsar durch das Umschaltverhalten beeinflusst werden“, schließt Sergio Campana, Forschungsdirektor am INAF-Observatorium Brera und Mitautor der Studie.

    Hallo Micha,


    laß uns mal einen Schritt zurück gehen: Zunächst einmal ist ein Gamma Ray Burst nur das und es gilt herauszufinden, wo genau (im Sinne von Himmelskoordinaten) der überhaupt stattgefunden hat, um das Nachleuchten aufzuspüren und eine Hostgalaxie zu identifizieren. Das klappt mittlerweile ganz gut, da sich ein Netzwerk von Teleskopen aus allen möglichen Wellenlängenbereichen gebildet hat, das sich auf die Dinger stürzt.


    Das Spektrum eines GRB ist einigermaßen unspektakulär und folgt einem Potenzgesetz. Emissionslinien, wenn sie denn überhaupt erkennbar sind, sind stark dopplerverbreitert und deshalb stark verwaschen. Das Nachleuchten ist spektroskopisch besser greifbar und fängt dann auch an, Absorptionslinien zu zeigen, die von Gas aus der Hostgalaxie stammen, allerdings erstmal identifiziert werden müssen, bevor man sich an eine Bestimmung der Rotverschiebung machen kann. Wenn man die Hostgalaxie also unabhängig vom GRB sehen und messen kann, umso besser.


    Und das ist der Punkt: Sehr häufig kann man, denn die allermeisten GRBs sehen wir zwischen z = 0.5 bis 2, also in einem ganz anderen Rotverschiebungsbereich als die Rotverschiebungs-Rekordhalter, denen man mit dem JWST zuleiberückt. Weit weg ist das aber natürlich trotzdem schon, verdammt weit sogar. Man darf übrigens nie vergessen: In der Profiastronomie gibt man sich mit der Angabe von z vollkommen zufrieden. Niemand rechnet das in Entfernungen um, eben weil die Lichtlaufzeitentfernung nicht gleich der "echten" Entfernung ist, die nicht nur ohnehin schwer greifbar ist, weil sich alles ausdehnt, sondern auch von den Modellparametern der kosmischen Expansion abhängig ist.


    Der eigentliche Punkt, um den es hierbei ging, ist aber folgender: Spektroskopische Messungen und damit auch zuverlässige Rotverschiebungen sind deutlich aufwendiger als photometrische Messungen. Wenn man es also hinbekommt, GRBs (oder genauergesagt, diesen speziellen Typ von GRBs) standardkerzenmäßig zu kalibieren, kann man auch ohne Spektroskopie eine Entfernungsabschätzung wagen - was natürlich insbesondere dann von Vorteil ist, wenn es mit der Hostgalaxie mal nicht klappt. Bis zu Rotverschiebungen im zweistelligen Bereich wird man dabei dennoch eher nicht vordringen.


    Viele Grüße

    Caro

    Kleinste Plasmaströme auf der Sonne, die mit Geschwindigkeiten von einigen hundert Kilometern pro Stunde von der Sonnenkorona ins All rasen, könnten der lang gesuchte Antrieb des Sonnenwindes sein. Wie ein Forscherteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen berichtet, findet sich in hochaufgelösten Aufnahmen eines koronalen Lochs, die der ESA-Raumsonde Solar Orbiter im März vergangenen Jahres gelungen sind, eine Vielzahl solcher Mini-Ströme. Koronale Löcher zeigen sich als dunkle Bereiche in Aufnahmen der Korona und gelten als Ausgangsort des Sonnenwindes. Wie die Auswertungen jetzt zeigen, sind die Plasmaströme zwar ein ständig wiederkehrendes und häufiges Phänomen, jeder einzelne reißt jedoch nach kurzer Zeit ab. Dies legt den Schluss nahe, dass der Sonnenwind bei näherer Betrachtung nicht als gleichmäßiger Teilchenstrom ausgestoßen wird, sondern zu Beginn und auf kleinen Skalen unregelmäßig fluktuiert.


    Die Sonne sendet nicht nur Strahlung ins All, sondern auch einen Strom geladener Teilchen wie etwa Protonen und Elektronen. Dieser Sonnenwind fällt je nach Aktivität der Sonne mal stärker und mal schwächer aus, kommt jedoch nie vollständig zum Erliegen. Die schnellsten Teilchen des Sonnenwindes erreichen Überschallgeschwindigkeiten von mehr als 500 Kilometern pro Sekunde. Ihre Quellregionen sind koronale Löcher vorzugsweise in der Nähe der Sonnenpole. Auf Aufnahmen der Sonnenkorona im ultravioletten Licht zeigen sich diese „Löcher“ als dunkle Bereiche. Dort weisen die Feldlinien des Sonnenmagnetfeldes nicht bogenförmig zurück zur Sonne, sondern ragen in den interplanetaren Raum. Die Aufnahmen der Raumsonde Solar Orbiter, die das Forscherteam nun ausgewertet hat, zeigen ein solches koronales Loch in bisher unerreichter Detailschärfe und mit schneller Bildabfolge.


    Zum Zeitpunkt der Aufnahmen am 30. März 2022 hatte Solar Orbiter den sonnennächsten Punkt seiner stark elliptischen Umlaufbahn um die Sonne erreicht. Aus einem Abstand von nur etwa 50 Millionen Kilometern blickte die Sonde aus geringerem Abstand auf die Sonnenkorona, als jeder ihrer Vorgänger. Etwa eine halbe Stunde lang konnte das Instrument Extreme-Ultraviolet Imager (EUI), zu dessen Bau und Entwicklung auch wissenschaftlich-technische Teams des MPS beigetragen haben, seinen Blick auf ein koronales Loch in der Nähe des Südpols richten.


    „Wie genau es der Sonne gelingt, den Sonnenwind mit hohen Geschwindigkeiten ins All zu beschleunigen, war bisher unklar. Die einzigartigen Aufnahmen von Solar Orbiter bieten uns die Möglichkeit, genauer als je zuvor auf die Quellregionen des Sonnenwindes zu schauen und so diesen Prozess besser als zuvor zu verstehen“, erklärt MPS-Wissenschaftler Dr. Lakshmi Pradeep Chitta, Erstautor der neuen Studie.


    Aufnahmen verschiedener Piko-Flare-Ströme, die dem Solar Orbiter-Instrument EUI am 30. März 2022 gelungen sind. Der Bildausschnitt jedes einzelnen Bildes beträgt 6000 Kilometer x 6000 Kilometer. Damit die Ströme besser sichtbar sind, wurde die Helligkeit dieser Aufnahme invertiert. Sie erscheinen dadurch dunkel.       

    Aufnahmen verschiedener Piko-Flare-Ströme, die dem Solar Orbiter-Instrument EUI am 30. März 2022 gelungen sind. Der Bildausschnitt jedes einzelnen Bildes beträgt 6000 Kilometer x 6000 Kilometer. Damit die Ströme besser sichtbar sind, wurde die Helligkeit dieser Aufnahme invertiert. Sie erscheinen dadurch dunkel. Bild: ESA/Solar Orbiter/EUI; Science, Chitta et al.


    In den Aufnahmen findet sich eine Vielzahl kleinster Ströme, die sich mit Geschwindigkeiten von einigen hundert Kilometern pro Sekunde von der Sonne fortbewegen. Sie sind etwa 100 Kilometer breit, von langgezogener oder Y-förmiger Gestalt und recht kurzlebig: nach etwa 20 bis 100 Sekunden verblassen sie. Auch die Energie, die jeder einzelne Strom transportiert, ist verhältnismäßig klein: etwa der billionste Teil der Energie, welche die größten Explosionen im Sonnensystem, Strahlungsausbrüche der Sonne der Kategorie X, freisetzen. Deshalb sprechen die Forscherinnen und Forscher von Piko-Flare-Strömen. Für irdische Verhältnisse ist diese Energiemenge dennoch gewaltig: Sie entspricht etwa der Energiemenge, die 10.000 Haushalte in Deutschland im Laufe eines Jahres verbrauchen.


    In der Summe dürften die Mini-Ströme dennoch einen Großteil der Energie bereitstellen, die erforderlich ist, die Sonnenwindteilchen auf ihre Überschallreise durchs All zu schicken. „Die Ströme, die wir nun entdeckt haben, sind zwar klein und treten nur sporadisch auf“, so Chitta, „sie sind aber offenbar ein häufiges Phänomen und in dem betrachteten koronalen Loch geradezu allgegenwärtig.“ Auslöser der Piko-Flare-Ströme könnten lokale Umstrukturierungen des Sonnenmagnetfeldes sein. Von größeren, ähnlich geformten Strömen ist bekannt, dass sie dort entstehen, wo sich offene und geschlossene Feldlinien des Sonnenmagnetfeldes treffen, neu anordnen und dabei Energie freisetzen.


    In bisherigen Vorstellungen ist der Sonnenwind ein über große Zeiträume betrachtet zwar an- und abschwellender, ansonsten aber homogener Teilchenstrom. Diese Sicht scheint nicht länger haltbar zu sein. Wie Solar Orbiters zeitlich und räumlich hochaufgelöste Messungen zeigen, nimmt der Sonnenwind seinen Ursprung offenbar in Gestalt vieler winziger Ströme – ähnlich wie die meisten Flüsse sich aus einer Vielzahl kleiner Bäche und Nebenarme speisen.


    „Je genauer wir mit Solar Orbiter in die Korona der Sonne schauen, desto mehr finden wir, welch entscheidende Rolle kleinste Strukturen und Prozesse für das Verständnis unseres Sterns spielen“, so Koautor Prof. Dr. Hardi Peter vom MPS. Die Forschenden halten es für möglich, dass sogar noch kleinere Ströme oder schwächere Strahlungsausbrüche, die auch dem Sonnenspäher der ESA verborgen bleiben, am Werk sind. Die Forscherinnen und Forscher hoffen nun, im weiteren Verlauf der Mission mehr über die Piko-Flare-Ströme zu lernen. In den kommenden Jahren wird Solar Orbiter, die Ebene, in der die Planeten um die Sonne kreisen, mehr und mehr verlassen und so eine immer bessere Sicht auf ihre Polregionen – und die dortigen koronalen Löcher – genießen.


    Weitere Infos auf den Seiten des MPS unter https://www.mps.mpg.de/mini-pl…b-des-sonnenwindes?c=2728

    Mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Astronom*innen einen großen dunklen Fleck in der Neptunatmosphäre beobachtet, neben dem sich ein unerwarteter kleiner heller Fleck befindet. Damit wurde erstmals ein solcher dunkler Fleck auf dem Planeten mit einem Teleskop auf der Erde beobachtet. Diese gelegentlichen Erscheinungen im blauen Hintergrund der Neptunatmosphäre sind für Forschende ein Rätsel, und die neuen Ergebnisse liefern weitere Hinweise auf ihre Eigenschaften und ihren Ursprung.


    Große Flecken sind häufige Merkmale in der Atmosphäre von Riesenplaneten. Der berühmteste ist der Große Rote Fleck des Jupiters. Im Jahr 1989 entdeckte die NASA-Sonde Voyager 2 erstmals einen dunklen Fleck auf Neptun, der einige Jahre später wieder verschwand. „Seit der ersten Entdeckung eines dunklen Flecks habe ich mich immer gefragt, was es mit diesen kurzlebigen und schwer fassbaren dunklen Erscheinungen auf sich hat“, sagt Patrick Irwin, Professor an der University of Oxford in Großbritannien und leitender Forscher der heute in Nature Astronomy veröffentlichten Studie.


    Irwin und sein Team verwendeten Daten des VLT der ESO, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die dunklen Flecken durch eine „Auflockerung“ in den Wolken verursacht werden. Die neuen Beobachtungen deuten stattdessen darauf hin, dass die dunklen Flecken wahrscheinlich das Ergebnis von Luftpartikeln sind, die sich in einer Ebene unterhalb der sichtbaren Dunstschicht abdunkeln, wenn sich in der Neptunatmosphäre Eis und Dunst vermischen.


    Es war nicht einfach, zu dieser Schlussfolgerung zu kommen, denn dunkle Flecken sind keine dauerhaften Merkmale der Neptunatmosphäre und Astronom*innen konnten sie bisher nicht in ausreichendem Maße zu untersuchen. Die Gelegenheit dazu ergab sich, nachdem das NASA/ESA-Weltraumteleskop Hubble mehrere dunkle Flecken in der Neptunatmosphäre entdeckt hatte, darunter einen in der nördlichen Hemisphäre des Planeten, der erstmals 2018 bemerkt wurde. Irwin und sein Team machten sich sofort an die Arbeit, diesen Fleck vom Boden aus zu untersuchen – mit einem Instrument, das für diese anspruchsvollen Beobachtungen ideal geeignet ist.


    Dieses Bild zeigt Neptun, beobachtet mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der ESO. An jedem Pixel des Neptun spaltet MUSE das einfallende Licht in seine einzelnen Farben oder Wellenlängen auf. Dies ist vergleichbar mit der Aufnahme von Bildern mit Tausenden von verschiedenen Wellenlängen auf einmal, die den Astronominnen und Astronomen eine Fülle von wertvollen Informationen liefern. Das Bild auf der rechten Seite kombiniert alle von MUSE aufgenommenen Farben zu einer „natürlichen“ Ansicht von Neptun, auf der oben rechts ein dunkler Fleck zu sehen ist. Dann sehen wir Bilder bei bestimmten Wellenlängen: 551 Nanometer (nm, blau), 831 nm (grün) und 848 nm (rot); die Farben dienen dabei nur zur Veranschaulichung. Der dunkle Fleck ist bei den kürzeren (blaueren) Wellenlängen am auffälligsten. Direkt neben diesem dunklen Fleck hat MUSE auch einen kleinen hellen Fleck erfasst, der hier nur auf dem mittleren Bild bei 831 nm zu sehen ist und tief in der Atmosphäre liegt. Diese Art von tiefer, heller Wolke wurde noch nie zuvor auf dem Planeten identifiziert. Die Bilder zeigen auch mehrere andere flache helle Flecken am linken unteren Rand von Neptun, die bei langen Wellenlängen zu sehen sind. Bild: ESO/P. Irwin et al.


    Mit dem Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des VLT konnten die Forscher das vom Neptun und seinem Fleck reflektierte Sonnenlicht in seine einzelnen Farben oder Wellenlängen zerlegen und ein 3D-Spektrum erhalten [1]. Dies bedeutete, dass sie den Fleck detaillierter untersuchen konnten, als es zuvor möglich war. „Ich bin begeistert, dass wir nicht nur die erste Entdeckung eines dunklen Flecks vom Boden aus machen konnten, sondern auch zum allerersten Mal ein Reflexionsspektrum eines solchen Phänomens aufnehmen konnten“, sagt Irwin.


    Da verschiedene Wellenlängen unterschiedliche Tiefen in der Neptunatmosphäre abtasten, konnten die Astronom*innen anhand des Spektrums die Höhe des dunklen Flecks in der Atmosphäre des Planeten besser bestimmen. Das Spektrum lieferte auch Informationen über die chemische Zusammensetzung der verschiedenen Schichten der Atmosphäre, was dem Team Hinweise darauf gab, warum der Fleck dunkel erschien.


    Die Beobachtungen lieferten auch ein überraschendes Ergebnis. „Dabei entdeckten wir einen seltenen tiefen, hellen Wolkentyp, der noch nie zuvor identifiziert worden war, nicht einmal aus dem Weltraum“, sagt Studien-Koautor Michael Wong, Forscher an der University of California, Berkeley, USA. Dieser seltene Wolkentyp erschien als heller Fleck direkt neben dem größeren dunklen Hauptfleck. Die VLT-Daten zeigen, dass sich die neue „tiefe helle Wolke“ auf der gleichen Ebene in der Atmosphäre befindet wie der dunkle Hauptfleck. Dies bedeutet, dass es sich um eine völlig neue Art von Erscheinung handelt, verglichen mit den kleinen „Begleitwolken“ aus Methaneis in großer Höhe, die zuvor beobachtet wurden.


    Mit dem VLT der ESO können Astronom*innen nun Merkmale wie diese Flecken von der Erde aus untersuchen. „Dies erweitert die Möglichkeiten der Menschheit, den Kosmos zu beobachten, auf erstaunliche Weise. Zunächst konnten wir diese Flecken nur entdecken, indem wir eine Raumsonde wie die Voyager dorthin schickten. Dann haben wir mit Hubble die Fähigkeit erlangt, sie aus der Ferne zu erkennen. Und schließlich ist die Technologie so weit fortgeschritten, dass wir sie vom Boden aus entdecken können“, schließt Wong, bevor er scherzhaft hinzufügt: „Das könnte mich als Hubble-Beobachter arbeitslos machen!“


    Endnoten

    [1] MUSE ist ein 3D-Spektrograf, der es Astronom*innen ermöglicht, ein astronomisches Objekt wie Neptun in einem Durchgang vollständig zu beobachten. An jedem Pixel misst das Instrument die Intensität des Lichts in Abhängigkeit von seiner Farbe oder Wellenlänge. Die daraus resultierenden Daten bilden einen 3D-Satz, in dem jedes Pixel des Bildes ein vollständiges Lichtspektrum aufweist. Insgesamt misst MUSE über 3500 Farben. Das Instrument ist so konzipiert, dass es die Vorteile der adaptiven Optik nutzt, die die Turbulenzen in der Erdatmosphäre korrigiert, was zu schärferen Bildern als sonst möglich führt. Ohne diese Kombination von technischen Voraussetzungen wäre die Untersuchung eines dunklen Flecks auf dem Neptun vom Boden aus nicht möglich gewesen.


    Weitere Infos auf den Seiten der ESO unter https://www.eso.org/public/germany/news/eso2314/

    Magnetare sind die stärksten Magneten im Universum. Diese extrem dichten toten Sterne mit ultrastarken Magnetfeldern sind überall in unserer Galaxie zu finden. Wie sie entstehen, weiß man jedoch nicht genau. Jetzt haben Forschende mit Teleskopen rund um die Welt, darunter auch Einrichtungen der Europäischen Südsternwarte (ESO), einen lebenden Stern aufgespürt, der wahrscheinlich zu einem Magnetar wird. Diese Entdeckung markiert die Entdeckung eines neuen Typs von astronomischen Objekten – massereiche magnetische Heliumsterne – und gibt Aufschluss über den Ursprung von Magnetaren.


    Obwohl der Stern HD 45166 seit über 100 Jahren beobachtet wird, konnte sein rätselhaftes Wesen nicht ohne Weiteres durch herkömmliche Modelle erklärt werden. Man wusste nur wenig über ihn, abgesehen von der Tatsache, dass er zu einem Sternpaar gehört [1], reich an Helium ist und einige Male massereicher als unsere Sonne ist.


    „Dieser Stern wurde zu einer Art Leidenschaft von mir“, sagt Tomer Shenar, der Hauptautor einer heute in Science veröffentlichten Studie über dieses Objekt und Astronom an der Universität Amsterdam in den Niederlanden. „Tomer und ich bezeichnen HD 45166 als den »Zombie-Stern«“, sagt die Mitautorin und ESO-Astronomin Julia Bodensteiner aus Deutschland. „Das liegt nicht nur daran, dass dieser Stern so einzigartig ist, sondern auch, weil ich scherzhaft gesagt habe, dass er Tomer in einen Zombie verwandelt.“


    Nachdem Shenar bereits ähnliche heliumreiche Sterne untersucht hatte, vermutete er, dass Magnetfelder den entscheidenden Hinweis geben könnten. Tatsächlich sind Magnetfelder dafür bekannt, das Verhalten von Sternen zu beeinflussen. Sie könnten erklären, warum herkömmliche Modelle HD 45166 nicht beschreiben konnten, der sich etwa 3000 Lichtjahre entfernt im Sternbild Einhorn (Monoceros) befindet. „Ich erinnere mich, dass ich beim Lesen der Fachliteratur einen Heureka-Moment hatte: »Was, wenn der Stern magnetisch ist?«“, sagt Shenar, der derzeit am Zentrum für Astrobiologie in Madrid in Spanien arbeitet.


    Künstlerische Darstellung von HD 45166, dem Stern, der ein Magnetar werden könnte. Illustration: ESO/L. Calçada


    Shenar und sein Team machten sich daran, den Stern mit mehreren Teleskopen rund um den Erdball zu untersuchen. Die entscheidenden Beobachtungen wurden im Februar 2022 mit einem Instrument am Canada-France-Hawaii Telescope durchgeführt, das Magnetfelder erkennen und messen kann. Das Team stützte sich auch auf wichtige Archivdaten, die mit dem Fiber-fed Extended Range Optical Spectrograph (FEROS) am La Silla-Observatorium der ESO in Chile aufgenommen wurden.


    Als die Daten vorlagen, bat Shenar seinen Mitautor Gregg Wade, einen Experten für Magnetfelder in Sternen am Royal Military College of Canada, die Daten zu prüfen. Die Antwort von Wade bestätigte Shenars Vermutung: „Was auch immer dieses Objekt ist – es ist definitiv magnetisch.“ Wie Shenars Team herausfand, hat der Stern ein unglaublich starkes Magnetfeld von 43.000 Gauß, was HD 45166 zum magnetischsten massereichen Stern macht, der bisher gefunden wurde [2]. „Die gesamte Oberfläche des Heliumsterns hat ein Magnetfeld, das fast 100.000 mal stärker ist als das der Erdei“, erklärt Ko-Autor Pablo Marchant, Astronom am Institut für Astronomie der KU Leuven in Belgien.


    Diese Beobachtung markiert die Entdeckung des allerersten massereichen magnetischen Heliumsterns. „Es ist aufregend, eine neue Gattung von astronomischen Objekten zu entdecken“, sagt Shenar, „insbesondere dann, wenn sie sich die ganze Zeit über versteckt hielt.“ Darüber hinaus liefert die Entdeckung Hinweise auf den Ursprung von Magnetaren, kompakten toten Sternen, die von Magnetfeldern durchzogen sind, die mindestens eine Milliarde Mal stärker sind als das in HD 45166. Die Berechnungen des Teams legen nahe, dass dieser Stern sein Leben als Magnetar beenden wird. Während er unter seiner eigenen Schwerkraft kollabiert, wird sich sein Magnetfeld verstärken. Der Stern wird schließlich zu einem sehr kompakten Kern mit einem Magnetfeld von etwa 100 Billionen Gauß [3] werden – die stärkste Sorte von Magneten im Universum.


    Shenar und sein Team stellten außerdem fest, dass HD 45166 eine geringere Masse hat als bisher angenommen, etwa das Doppelte der Masse der Sonne, und dass sein Begleiter in einem weitaus größeren Abstand kreist als bisher angenommen. Darüber hinaus deuten ihre Untersuchungen darauf hin, dass HD 45166 durch die Verschmelzung zweier kleinerer heliumreicher Sterne entstanden ist. „Unsere Ergebnisse verändern unser Verständnis von HD 45166 völlig“, fasst Bodensteiner zusammen.


    Endnoten

    [1] Obwohl es sich bei HD 45166 um ein Doppelsternsystem handelt, bezieht sich HD 45166 in diesem Text auf den heliumreichen Stern, nicht auf beide Sterne.

    [2] Das Magnetfeld von 43 000 Gauß ist das stärkste Magnetfeld, das jemals in einem Stern entdeckt wurde, der die Chandrasekhar-Massengrenze überschreitet, die kritische Grenze, oberhalb derer Sterne zu Neutronensternen kollabieren können (Magnetare sind eine Art von Neutronensternen).

    [3] In diesem Text bezieht sich eine Milliarde auf eine Eins gefolgt von neun Nullen und eine Billion auf eine Eins gefolgt von 12 Nullen.

    Immer mehr künstliche Objekte umkreisen die Erde. Neben Satelliten, die für Kommunikation, Forschung oder Navigation unerlässlich sind, sind die meisten anderen unerwünscht und stellen ein Betriebsrisiko dar, denn sie erhöhen die Gefahr von Zusammenstößen. Um diese zu verhindern, werden effiziente Algorithmen benötigt, um die Objekte zu identifizieren, die sich einander gefährlich nähern. Forschende der TU Darmstadt und der Europäischen Weltraumorganisation ESA haben dafür zwei neue Ansätze entwickelt.


    1957 wurde der erste Satellit in eine Erdumlaufbahn geschickt. Seitdem folgten ihm viele weitere – bis heute insgesamt rund 16.000. Was in den Weiten des Weltraums nach wenig klingt, hat erhebliche Auswirkungen. Mit jedem gestarteten Satelliten nimmt die Zahl der Objekte im Umkreis der Erde weiter zu, und zwar nicht nur durch die Satelliten selbst, sondern auch durch vielfältige Trümmerteile, die sogenannten Raumfahrtrückstände: Teile von Trägerraketen und ausgedienten Satelliten oder andere missionsbezogene Gegenstände, wie Klemmen, Hülsen oder Bolzen, die in der Erdumlaufbahn freigesetzt wurden.


    All diese Objekte bewegen sich in den Umlaufbahnen mit sehr hoher Geschwindigkeit, was in der Vergangenheit bereits vielfach zu Kollisionen geführt hat. Es droht eine Kettenreaktion: Stoßen Objekte mit Satelliten oder anderen Trümmerteilen zusammen, entstehen viele neue Trümmerteile. Diese erhöhen wiederum die Wahrscheinlichkeit für weitere Kollisionen. Selbst sehr kleine Teile können wegen ihrer hohen Geschwindigkeit an Satelliten und Raumfahrzeugen erheblichen Schaden anrichten, was die Sicherheit der Raumfahrt und generell die Nutzung des Weltraums zunehmend erschwert.


    Mit Hilfe von Weltraumüberwachungssensoren werden inzwischen mehr als 30.000 Objekte in der Erdumlaufbahn verfolgt. Etwa 8.000 dieser Objekte sind einsatzfähige Satelliten, von denen etwa 2.400 allein im Jahr 2022 gestartet wurden. Mit neuen Methoden, die in den nächsten Jahren zum Einsatz kommen werden, sollen bald mehr als eine Million Objekte nachverfolgt werden können. Zusätzlich gehen Schätzungen von über 100 Millionen weiteren Objekten auf Umlaufbahnen im erdnahen Weltall aus, die zu klein sind, um sie derzeit orten zu können.


    Wie lässt sich nun verhindern, dass Satelliten miteinander oder anderen Objekten kollidieren? An diesem Problem arbeiteten die Forschenden der TU Darmstadt und der ESA – und dafür benötigten sie zunächst einmal (Positions-)Daten. „Satelliten und Weltraumschrott werden vom Boden aus mit leistungsfähigen Radaren und optischen Teleskopen überwacht“, sagt Reinhold Bertrand, verantwortlich für Forschung und Entwicklung im Space Safety Programm der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA und Kooperationsprofessor an der TU Darmstadt. „Funktionsfähige Satelliten verfügen darüber hinaus auch meist über bordgebundene Sensoren zur Positionsbestimmung und können daher noch genauere Positionsdaten zur Erde liefern. Für jedes Objekt lässt sich so aus den Beobachtungsdaten die aktuelle Umlaufbahn bestimmen.“


    Die Debris-Objekte auf dieser Darstellung basieren auf tatsächlichen Daten über die Häufigkeit der Objekte. Dabei ist zu beachten, daß diese größer dargestellt wurden, als sie in der Realität sind, um sie in dem gezeigten Maßstab sichtbar zu machen. Illustration: ESA


    Daraus wiederum können rechnerisch Prognosen für die Position ein bis zwei Wochen in die Zukunft abgeleitet werden. Dabei wird geprüft, ob sich irgendwann zwei Objekte zu nahekommen und deren Kollisionsrisiko bestimmt. Dieses lässt sich umso genauer bestimmen, je näher der Zusammenstoß bevorsteht. Befindet sich ein Satellit auf Kollisionskurs mit einem anderen Satelliten oder Objekt, erfolgt eine Kollisionswarnung an den Satelliten-Betreiber, der dann ein Ausweichmanöver einleiten kann. Die Vorlaufzeit beträgt circa ein bis zwei Tage, manchmal auch nur einige Stunden. Allerdings: Sind zwei Trümmerteile auf Kollisionskurs, lässt sich ein Zusammentreffen im Moment noch nicht vermeiden.


    Aufgrund der steigenden Anzahl von Objekten in der Erdumlaufbahn stoßen die derzeitigen Algorithmen und Verfahren zur Erkennung von Zusammenstößen an ihre Grenzen. Die Zahl der zu überwachenden Objekte ist bereits hoch und steigt rasant, da sowohl die Zahl der Trümmerteile als auch die der Satelliten stetig wächst. Zudem werden durch verbesserte Erkennungsmethoden in Zukunft deutlich mehr Objekte als jetzt sichtbar werden, die dann alle in die Berechnungen mit einfließen müssen.


    Hier kommt das Fachgebiet Parallele Programmierung der TU Darmstadt ins Spiel, das Programme für komplexe Rechenaufgaben entwickelt. „Wir standen vor zwei Herausforderungen“, sagt Professor Felix Wolf, Leiter des Fachgebiets. „Zum einen wollten wir die Positionen der Objekte für einen deutlich längeren Zeitraum simulieren, nicht nur ein bis zwei Wochen wie bisher. Zum anderen wollten wir eine größere Anzahl von Objekten berücksichtigen. Dies erforderte einen neuen und effizienten Algorithmus.“


    Im Moment werden die Berechnungen zu den Umlaufbahnen aller Objekte im Weltraum paarweise durchgeführt („all-on-all“), was zu einer quadratischen Anzahl von Satellitenpaaren führt, deren Kollisionsrisiko dann nacheinander ausgeschlossen werden muss. Diese Berechnungen dauern umso länger, je mehr Objekte überprüft werden müssen und je schneller sich diese bewegen.

    Um die quadratische Anzahl von Vergleichen und damit auch einen quadratischen Arbeits- und Rechenaufwand zu vermeiden, nutzten die Forschenden räumliche Datenstrukturen und Parallelisierungsmethoden, um mögliche Zusammenstöße zu identifizieren („gitterbasierte Variante“), das heißt, das Kollisionsrisiko wird nun nicht mehr nacheinander von jedem Paar von Objekten berechnet, sondern die Objekte werden in „Zellen“, die jeweils einen kleinen Teil des erdnahen Weltraums repräsentieren, eingeordnet. Dies ermöglicht es, nur noch innerhalb der Zellen und deren direkten Nachbarzellen die Objekte miteinander vergleichen zu müssen. In einem zweiten Schritt untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine hybride Methode, bei der die gitterbasierte Variante mit der klassischen kombiniert wurde.


    Für die Simulation kamen Daten von echten Satelliten zum Einsatz. Die notwendigen Berechnungen konnten die Forschenden auf dem Lichtenberg-Rechner der TU Darmstadt ausführen, der speziell für komplexe Berechnungen dieser Art vorgesehen ist. Dieser enthält besondere Prozessoren und Grafikkarten (GPUs), die weit leistungsfähiger sind als die handelsüblichen Gegenstücke für Endnutzer. Dies beschleunigt den Algorithmus zwar nicht von der theoretischen Betrachtung her, die tatsächliche Berechnung braucht aber trotzdem nur noch einen Bruchteil der Zeit.


    Die Forschenden konnten zeigen, dass sich die Vorhersage von drohenden Kollisionen mit den neuen Ansätzen deutlich beschleunigen lässt. Zudem ist es möglich, damit die Bewegung von mehr als einer Million Objekte in der Erdumlaufbahn zu simulieren und zu überwachen. Begrenzender Faktor für die Anzahl der zu untersuchenden Objekte ist der Speicherverbrauch bei den Berechnungen. Dieser ließe sich jedoch durch den Einsatz von mehreren Grafikprozessoren bis zu einem gewissen Grad kompensieren.


    „Unsere Berechnungsmethoden ermöglichen es, alle Objekte im Weltraum, die in naher Zukunft verfolgt werden können, auf mögliche Kollisionen zu untersuchen“, fasst Wolf die Ergebnisse zusammen. „Der neue Algorithmus wird bereits exemplarisch im Rahmen einer ESA-Studie eingesetzt,“ ergänzt Bertrand. Die beiden Professoren sind sich einig: „Die Sicherheit im Weltraum wird damit erhöht.“


    Weitere Infos und Bilder auf den Seiten der TU Darmstadt unter https://www.tu-darmstadt.de/un…nzelansicht_417856.de.jsp


    Eine bronzezeitliche Pfeilspitze, die in Mörigen am Bielersee/Schweiz gefunden wurde, ist aus meteoritischem Eisen hergestellt worden. Das konnten Forschende in einer interdisziplinären Studie des Naturhistorischen Museums Bern unter Leitung des Geologen Prof. Dr. Beda Hofmann zweifelsfrei zeigen. Den naturwissenschaftlichen Nachweis lieferte der Physiker Prof. Dr. Marc Schumann von der Universität Freiburg mithilfe von Gammaspektrometrie. „Das Besondere an diesem Projekt ist, dass wir höchst interdisziplinär gearbeitet haben und Methoden aus so unterschiedlichen Bereichen wie Archäologie, Meteoritenforschung und Teilchenphysik zusammengebracht haben“, sagt Schumann.


    Der Nachweis einer so frühen Verwendung von meteoritischem Eisen ist extrem selten. Die Pfeilspitze ist im Besitz des Bernischen Historischen Museums, sie ist 39 Millimeter lang und 2,9 Gramm schwer und stammt aus einer bronzezeitlichen Pfahlbaustation bei Mörigen am Bielersee (900 bis 800 v. Chr.). Dort wurde sie im 19. Jahrhundert bei Ausgrabungen gefunden. Um das unersetzliche historische Artefakt nicht zu beschädigen, musste bei der Analyse auf zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden zurückgegriffen werden.


    Die Kunst, aus Erz Eisen herzustellen, ist in Zentraleuropa seit Beginn der Eisenzeit um 800 v. Chr. nachgewiesen. Vor dieser Zeit galt das Metall als äußerst rar und kostbar – es war nur aus Meteoriten bekannt. Archäologische Objekte aus meteoritischem Eisen sind darum extrem selten und wurden einst wohl nicht als Gebrauchsgegenstände eingesetzt. In ganz Eurasien und Afrika sind nur 55 solche Objekte bekannt, diese stammen von 22 verschiedenen Fundstellen. Allein 19 Objekte stammen aus dem Grab des Pharaos Tutanchamun in Ägypten. Nur ein Teil der Artefakte wurde allerdings bisher mit modernen analytischen Methoden untersucht.


    Die Pfeilspitze aus meteoritischem Eisen von Mörigen. Sammlung Bernisches Historisches Museum. Foto: Thomas Schüpbach


    Die nun eingesetzten Methoden für die Analyse der Pfeilspitze in Bern umfassen Lichtmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie, Röntgentomographie, Röntgenfluoreszenz, Myonen-induzierte Röntgenspektrometrie (MIXE) sowie hochempfindliche Gammaspektrometrie. „Mit Gammaspektrometrie können wir von jeder beliebigen Probe einen radioaktiven Fingerabdruck erstellen und auch relativ kurzlebige Isotope finden“, sagt Physiker Schumann. „Die Produktion mancher dieser Isotope findet nur im Weltall statt.“ Dazu gehört sogenanntes Aluminium-26, das Schumann mit seinem Team in der Pfeilspitze finden konnte. „Damit konnten wir den zweifelsfreien Beweis erbringen, dass es sich bei dem Material um einen Meteoriten handelt, der über lange Zeit im Weltall der kosmischen Strahlung ausgesetzt war.“


    Allerdings stammt dieser überraschenderweise nicht vom nahen Twannberg-Meteoritenstreufeld im Berner Jura/Schweiz. Mit rund 8,3 Prozent Nickel ist der Gehalt dieses Elementes in der Pfeilspitze fast doppelt so hoch wie im Twannberg-Meteorit. Ein hoher Germanium-Gehalt zeigt außerdem, dass es sich sehr wahrscheinlich um einen Meteoriten des Typs IAB handelt. Weiter deutet die eher niedrige Konzentration von Aluminium-26 darauf hin, dass die Probe aus dem Innern eines Meteoriten stammt, der ursprünglich eine Masse von mindestens zwei Tonnen hatte.


    Bekannte große IAB-Eisenmeteoriten gibt es in Europa nur wenige. Als wahrscheinlichste Herkunft wird der Meteorit Kaalijarv angenommen, der während der Bronzezeit um etwa 1500 v. Chr. in Estland fiel. Der Fall dieses Meteoriten produzierte mehrere Krater mit bis zu 100 Metern Durchmesser. Da die größten Meteoritenfragmente am Boden explodierten, müssten viele kleine Splitter entstanden sein. Weitere Analysen in archäologischen Sammlungen Europas könnten Hinweise geben, ob sich die Spur der Pfeilspitze aus Mörigen nach Estland bestätigen lässt.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Freiburg unter https://kommunikation.uni-frei…-einem-meteorit-gefertigt


    Mit Hilfe modernster numerischer Simulationen hat eine Studie unter Leitung von Forschenden des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) die erste systematische Charakterisierung der Eigenschaften stellarer Winde in einer Stichprobe von kühlen Sternen vorgenommen. Sie fanden heraus, dass Sterne mit stärkeren Magnetfeldern stärkere Winde erzeugen. Diese Winde können ungünstige Bedingungen für das Überleben von Planetenatmosphären schaffen und damit die mögliche Bewohnbarkeit dieser Systeme beeinträchtigen.


    Die Sonne gehört zu den am häufigsten vorkommenden Sternen im Universum, die als „kühle Sterne“ bezeichnet werden. Diese Sterne werden in vier Kategorien unterteilt (Typ F, G, K und M), die sich in Größe, Temperatur und Helligkeit unterscheiden. Die Sonne ist ein ziemlich durchschnittlicher Stern und gehört zur Kategorie G. Sterne, die heller und größer als die Sonne sind, gehören zur Kategorie F, und K-Sterne sind etwas kleiner und kühler als die Sonne. Die kleinsten und schwächsten Sterne sind die M-Sterne, die aufgrund der Farbe, in der sie das meiste Licht aussenden, auch als „rote Zwerge“ bezeichnet werden.


    Satelliten-Beobachtungen haben gezeigt, dass die Sonne neben Licht auch einen anhaltenden Strom von Teilchen aussendet, der als Sonnenwind bekannt ist. Diese Winde durchqueren den interplanetaren Raum und interagieren mit den Planeten des Sonnensystems, einschließlich der Erde. Das wunderschöne Schauspiel der Polarlichter in der Nähe der Pole wird durch diese Wechselwirkung erzeugt. Diese Winde können jedoch auch schädlich sein, da sie eine stabile Planetenatmosphäre zerstören können, wie es auf dem Mars der Fall war. Während über den Sonnenwind viel bekannt ist – unter anderem dank Missionen wie Solar Orbiter –, gilt dies nicht für andere kühle Sterne. Das Problem besteht darin, dass wir diese Sternwinde nicht direkt sehen können, so dass wir uns auf die Untersuchung ihres Einflusses auf das dünne Gas beschränken müssen, das den Raum zwischen den Sternen in der Galaxie füllt. Dieser Ansatz hat jedoch mehrere Einschränkungen und ist nur auf einige wenige Sterne anwendbar. Aus diesem Grund werden Computersimulationen und Modelle eingesetzt, um die verschiedenen Eigenschaften der Sternwinde vorherzusagen, ohne dass Astronominnen und Astronomen sie beobachten müssen.


    In diesem Zusammenhang haben die Doktorandin Judy Chebly, der Wissenschaftler Dr. Julián D. Alvarado-Gómez und die Abteilungsleiterin Prof. Dr. Katja Poppenhäger aus der Abteilung Sternphysik und Exoplaneten am AIP in Zusammenarbeit mit Cecilia Garraffo vom Center for Astrophysics am Harvard & Smithsonian die erste systematische Studie der Eigenschaften von Sternwinden erstellt, die für F-, G-, K- und M-Sterne erwartet werden. Die numerischen Simulationen wurden mit den Supercomputern des AIP und des Leibniz-Rechenzentrums (LRZ) durchgeführt, wobei eines der anspruchsvollsten derzeit verfügbaren Modelle verwendet wurde.


    Künstlerische Darstellung eines Stern-Planeten-Systems. Der Sternwind und sein Effekt auf die Planetenatmosphäre ist erkennbar. Illustration: AIP/ K. Riebe/ J. Fohlmeister


    Das Team untersuchte, wie sich die Eigenschaften der Sterne, wie Schwerkraft, Magnetfeldstärke und Rotationsdauer, auf die Windeigenschaften in Form von Geschwindigkeit oder Dichte auswirken. Die Ergebnisse umfassen eine vollständige Charakterisierung der Eigenschaften des Sternwinds über alle Sterntypen hinweg, und zeigen, dass frühere Annahmen zu den Sternwindgeschwindigkeiten überdacht werden müssen, wenn die damit verbundenen Massenverluste aus Beobachtungen geschätzt werden. Darüber hinaus ermöglichen die Simulationen die Vorhersage der erwarteten Größe der Alfvén-Oberfläche – der Grenze zwischen der Korona des Sterns und seinem Sternwind. Diese Informationen sind von grundlegender Bedeutung, um festzustellen, ob ein Planetensystem möglicherweise starken magnetischen Stern-Planeten-Wechselwirkungen ausgesetzt ist, die auftreten können, wenn die Planetenbahn in die Alfvén-Oberfläche des Sterns eintritt oder vollständig darin eingebettet ist.


    Ihre Ergebnisse zeigen, dass Sterne mit Magnetfeldern, die größer sind als die der Sonne, schnellere Winde haben. In einigen Fällen können die Sternwindgeschwindigkeiten bis zu fünfmal schneller sein als die durchschnittliche Sonnenwindgeschwindigkeit, die typischerweise 450 km/s beträgt. Im Rahmen der Untersuchung wurde ermittelt, wie stark die Winde dieser Sterne in den so genannten „habitablen Zonen“ sind, d. h. in den Entfernungen, in denen felsige Exoplaneten bei einem erdähnlichen atmosphärischen Druck flüssiges Wasser an der Oberfläche haben könnten. In der Nähe von Sternen des F- und G-Typs herrschen mildere Bedingungen, vergleichbar mit denen, die die Erde in der Nähe der G-Typ-Sonne vorfindet, während die Winde bei Sternen des K- und M-Typs zunehmend schroffer werden. Solch kräftige Sternwinde wirken sich stark auf eine mögliche Atmosphäre des Planeten aus.


    Dieses Phänomen ist in der Sonnenphysik zwischen Gesteinsplaneten und der Sonne gut dokumentiert, aber nicht im Fall von Exoplaneten-Systemen. Dies erfordert Schätzungen des Sternwindes, um ähnliche Prozesse zu bewerten, wie wir sie zwischen dem Sonnenwind und den Planetenatmosphären beobachten. Informationen über den Sternwind waren bisher für Hauptreihen-Sterne der Klassen F bis M nicht bekannt, was diese Studie im Zusammenhang mit der Habitabilität wichtig macht. Die hier vorgestellte Arbeit wurde für 21 Sterne durchgeführt, aber die Ergebnisse sind allgemein genug, um auf andere kühle Hauptreihensterne angewendet zu werden. Diese Untersuchung ebnet den Weg für künftige Forschungen zur Beobachtung von Sternwinden und deren Einfluss auf die Erosion von Planetenatmosphären.


    Weitere Infos auf den Seiten des AIP unter https://www.aip.de/de/news/cool-stars-with-powerful-winds/