Beiträge von Caro

    Die für die künftige Weltraummission LIFE geplante Technik ist in der Lage, bewohnbare Exoplaneten zu erkennen. Das zeigt eine Studie von Forschenden der ETH Zürich und der Universität Zürich. Sie haben dazu die Erde als Exoplaneten betrachtet und mit dem für LIFE vorgesehenen Messverfahren untersucht. Die Forschenden konnten die Konzentrationen von atmosphärischen Gasen wie Ozon und Methan messen sowie Oberflächenbedingungen nachweisen, die das Vorkommen von Wasser begünstigen.


    Auf der Erde ist Leben möglich. Das zeigt eine Untersuchung des Instituts für Teilchenphysik und Astrophysik der ETH Zürich. Dabei ging es den Forschenden natürlich nicht um die Beantwortung der Frage an sich. Vielmehr nahmen sie die Erde als Beispiel, um nachzuweisen, dass die geplante Weltraummission LIFE (Large Interferometer for Exoplanets) ein Erfolg werden kann – und dass das vorgesehene Messverfahren funktioniert.


    Mit einem Verbund von fünf Satelliten soll die internationale Initiative LIFE unter der Führung der ETH Zürich dereinst Spuren von Leben auf Exoplaneten nachweisen. Dazu sollen erdähnliche Exoplaneten genauer untersucht werden – Gesteinsplaneten also, die eine ähnliche Grösse und Temperatur wie die Erde haben, aber andere Sterne umkreisen. Der Plan ist, dort im Weltraum, wo das James-Webb-Teleskop stationiert ist, fünf kleinere Satelliten zu positionieren. Diese bilden gemeinsam ein grosses Teleskop, das als Interferometer die Wärmestrahlung von Exoplaneten im Infrarotbereich auffangen wird. Aus dem Spektrum des Lichts lässt sich dann ableiten, wie die untersuchten Exoplaneten und ihre Atmosphäre zusammengesetzt sind. «Im Lichtspektrum sollen chemische Verbindungen nachgewiesen werden, die auf Leben auf den Exoplaneten hinweisen», erklärt Sascha Quanz, der die LIFE-Initiative leitet.


    In der Studie untersuchten die Forschenden Jean-Noël Mettler, Björn S. Konrad, Sascha P. Quanz und Ravit Helled nun, wie gut eine LIFE-Mission einen Exoplaneten im Hinblick auf seine Bewohnbarkeit charakterisieren könnte. Dazu betrachteten sie die Erde als Exoplaneten und gaben Beobachtungen auf unseren Heimatplaneten vor. Einzigartig an der Untersuchung ist, dass das Team die Fähigkeit der künftigen LIFE-Mission an realen statt an simulierten Spektren getestet hat. Sie nutzten dazu Daten eines Erdatmosphärenmeßgeräts des NASA-Forschungssatelliten Aqua. Mit diesen Daten erzeugten sie Emissionsspektren der Erde im mittleren Infrarotbereich, wie sie bei künftigen Beobachtungen von Exoplaneten erfaßt werden könnten.


    Zwei Überlegungen standen dabei im Mittelpunkt. Erstens: Wenn ein großes Weltraumteleskop aus dem All die Erde beobachten würde, welche Art von Infrarotspektrum würde es aufnehmen? Weil die Erde aus großer Entfernung beobachtet würde, sähe sie aus wie ein unscheinbarer Fleck – ohne erkennbare Merkmale wie Meer oder Berge –, ein einzelner Pixel auf einem digitalen Bild. Das heißt, die Spektren wären dann räumliche und zeitliche Mittelwerte, die davon abhängen, welche Ansichten des Planeten das Teleskop einfangen würde und für wie lange.


    Daraus leiteten die Physikerinnen und Physiker in ihrer Studie die zweite Überlegung ab: Wenn diese gemittelten Spektren analysiert würden, um Informationen über die Atmosphäre und die Oberflächenbedingungen der Erde zu erhalten, wie würden die Ergebnisse von Faktoren wie der Beobachtungsgeometrie und den jahreszeitlichen Schwankungen abhängen? Die Forschenden berücksichtigten dazu drei Beobachtungsgeometrien – die beiden Ansichten von den Polen und zusätzlich eine äquatoriale Ansicht – und konzentrierten sich auf Daten, die in den Monaten Januar und Juli aufgenommen wurden, um die größten saisonalen Veränderungen zu berücksichtigen.


    Fünf Sa­tel­li­ten der LIFE-Mission sind so mit­ein­an­der ver­bun­den, dass sie zu­sam­men ein gros­ses Welt­raum­te­le­skop bil­den. Gra­fik: ETH Zü­rich / LIFE In­itia­ti­ve


    Das wichtigste Ergebnis der Studie ist ermutigend: Wenn ein Weltraumteleskop wie LIFE den Planeten Erde aus rund 30 Lichtjahren Entfernung beobachten würde, würde es Hinweise auf eine gemässigte, bewohnbare Welt finden. So konnte das Team in den Infrarotspektren der Erdatmosphäre Konzentrationen der atmosphärischen Gase CO2, Wasser, Ozon und Methan nachweisen sowie Oberflächenbedingungen, die das Vorkommen von Wasser begünstigen. Der Nachweis von Ozon und Methan ist besonders wichtig, da diese Gase von der Biosphäre der Erde produziert werden.


    Diese Ergebnisse sind unabhängig von der Beobachtungsgeometrie, wie die Forschenden zeigten. Das ist eine gute Nachricht, da die genaue Beobachtungsgeometrie bei zukünftigen Beobachtungen von erdähnlichen Exoplaneten wahrscheinlich unbekannt sein wird. Beim Vergleich von saisonalen Schwankungen war das Ergebnis hingegen weniger aufschlußreich. «Auch wenn die atmosphärische Saisonalität nicht leicht zu beobachten ist, zeigt unsere Studie, daß Weltraummissionen der nächsten Generation beurteilen können, ob nahe gelegene gemäßigte erdähnliche Exoplaneten bewohnbar oder sogar bewohnt sind», sagt Sascha Quanz.


    Weitere Infos auf den Seiten der ETH Zürich unter https://ethz.ch/de/news-und-ve…e-als-versuchsobjekt.html

    Staub aus dem All, der sich in Schmelz­lö­chern von Eis­schil­den an­ge­sam­melt hat, könn­te in der Früh­zeit der Er­de die prä­bio­ti­sche Che­mie in Gang ge­setzt und am Lau­fen ge­hal­ten ha­ben. Mit ei­nem Com­pu­ter­mo­dell ha­ben For­schen­de der ETH Zü­rich und der Uni­ver­si­tät Cam­bridge die­ses Sze­na­rio über­prüft.


    Be­vor es Le­ben auf der Er­de gab, brauch­te es die Che­mie, wel­che aus den che­mi­schen Ele­men­ten Stick­stoff, Schwe­fel, Koh­len­stoff und Phos­phor or­ga­ni­sche Mo­le­kü­le bil­de­te. Da­mit die ent­spre­chen­den che­mi­schen Re­ak­tio­nen star­ten und auf­recht­erhal­ten blei­ben konn­ten, brauch­te es die­se Ele­men­te im Über­fluss – und ei­nen stän­di­gen Nach­schub. Auf der Er­de selbst wa­ren und sind die­se je­doch Man­gel­wa­re.


    Tat­säch­lich wa­ren die ele­men­ta­ren Bau­stei­ne des Le­bens so sel­ten, daß che­mi­sche Re­ak­tio­nen sich schnell er­schöpft hät­ten, wenn sie denn über­haupt in Gang ge­kom­men wä­ren. Auch geo­lo­gi­sche Pro­zes­se wie Ero­si­on und Ver­wit­te­rung des ir­di­schen Aus­gangs­ge­steins konn­ten nicht für aus­rei­chen­den Nach­schub sor­gen, da die Erd­krus­te schlicht zu we­nig die­ser Ele­men­te ent­hielt. Den­noch ent­wi­ckel­te sich in den ers­ten 500 Mil­lio­nen Jah­ren der Erd­ge­schich­te ei­ne prä­bio­ti­sche Che­mie, die or­ga­ni­sche Mo­le­kü­le wie die RNA, DNA, Fett­säu­ren oder Pro­te­ine her­vor­brach­te, auf de­nen al­les Le­ben be­ruht.


    Wo­her ka­men Schwe­fel, Phos­phor, Stick- und Koh­len­stoff in der be­nö­tig­ten Men­ge? Der Nomis-Fel­low Craig Walton ist da­von über­zeugt, daß die­se Ele­men­te vor al­lem durch kos­mi­schen Staub auf die Er­de ge­langt sind. Die­ser Staub ent­steht im Welt­raum, zum Bei­spiel, wenn As­te­ro­iden mit­ein­an­der kol­li­die­ren. Auch heu­te noch fal­len rund 30'000 Ton­nen Staub aus dem All auf die Er­de. In der Früh­zeit der Er­de da­ge­gen war der Staub­re­gen mit jähr­li­chen Mil­lio­nen Ton­nen viel größer. Vor al­lem aber ent­hal­ten die Staub­teil­chen viel Stick­stoff, Koh­len­stoff, Schwe­fel und Phos­phor. Sie hät­ten al­so das Po­ten­zi­al da­zu, ei­ne che­mi­sche Kas­ka­de in Gang zu set­zen.


    Da­ge­gen spricht je­doch, dass der Staub weit ver­streut nie­der­geht und lo­kal in sehr klei­nen Men­gen vor­han­den ist. «Wenn man aber Trans­port­pro­zes­se ein­be­zieht, sieht die Sa­che an­ders aus», sagt Walton. Wind, Re­gen oder Flüs­se sam­meln den kos­mi­schen Staub groß­räu­mig ein und la­gern ihn kon­zen­triert an be­stimm­ten Or­ten ab. Um her­aus­zu­fin­den, ob kos­mi­scher Staub ei­ne mög­li­che Start­hil­fe und Quel­le für prä­bio­ti­sche Che­mie(re­ak­tio­nen) sein könn­te, hat Walton zu­sam­men mit Kol­le­gen der Uni­ver­si­tät Cam­bridge (UK) ein Mo­dell ent­wi­ckelt.


    Da­mit si­mu­lier­ten die For­schen­den, wie viel kos­mi­scher Staub in den ers­ten 500 Mil­lio­nen Jah­ren der Erd­ge­schich­te auf die Er­de nie­der­ging und an wel­chen Or­ten er sich auf der Erd­ober­flä­che an­ge­sam­melt ha­ben könn­te. Das Mo­dell ent­stand in Zu­sam­men­ar­beit mit Se­di­men­ta­ti­ons­ex­pert:in­nen und As­tro­phy­si­ker:in­nen der Uni­ver­si­tät Cam­bridge. Die bri­ti­schen For­scher:in­nen sind auf die Si­mu­la­ti­on von Planeten- und As­te­ro­iden­sys­te­men spe­zia­li­siert.


    In Schmelz­lö­chern auf Glet­schern sam­meln sich Se­di­men­te und kos­mi­scher Staub. Dies könn­te zur Ent­ste­hung der prä­bio­ti­schen Che­mie bei­getra­gen ha­ben. Bild: Ker­tu Li­is Kri­gul / CC BY-SA 4.0 (https://com­mons.wi­ki­me­dia.org/w/in­dex.php?cu­rid=64480623)


    Die Si­mu­la­tio­nen zei­gen, daß es auf der frü­hen Er­de Or­te mit ei­ner ex­trem ho­hen Kon­zen­tra­ti­on an kos­mi­schem Staub ge­ge­ben ha­ben könn­te. Und dass stän­dig Nach­schub aus dem All kam. Al­ler­dings nahm der Staub­re­gen nach der Ent­ste­hung der Er­de schnell und stark ab: Nach 500 Mil­lio­nen Jah­ren war der Staub­fluss um ei­ne Größen­ord­nung klei­ner als im Jahr Null. Ge­le­gent­li­che Aus­schlä­ge nach oben füh­ren die For­schen­den auf As­te­ro­iden zu­rück, die aus­ein­an­der­bra­chen und ei­nen Staub­schweif zur Er­de schick­ten.


    Die meis­ten Wis­sen­schaft­ler:in­nen, aber auch Lai­en ge­hen da­von aus, dass die Er­de Mil­lio­nen von Jah­ren von ei­nem Mag­ma­oze­an be­deckt war, was Trans­port und Ab­la­ge­rung von kos­mi­schem Staub für lan­ge Zeit ver­hin­dert hät­te. «Neue­re For­schung hat je­doch Hin­wei­se dar­auf ge­fun­den, dass sich die Erd­ober­flä­che sehr rasch ab­ge­kühlt und ver­fes­tigt hat und sich große Eis­schil­de ge­bil­det ha­ben», sagt Walton.


    Die­se Eis­schil­de könn­ten den Si­mu­la­tio­nen zu­fol­ge die bes­te Um­ge­bung für die An­samm­lung von kos­mi­schem Staub ge­we­sen sein. In so ge­nann­ten Kryokonit-Löchern – Schmelz­lö­chern auf der Glet­scher­ober­flä­che – sam­mel­ten sich nicht nur Se­di­men­te, son­dern auch die Staub­kör­ner aus dem All. Aus den Staub­par­ti­keln lös­ten sich mit der Zeit die ent­spre­chen­den Ele­men­te her­aus. So­bald de­ren Kon­zen­tra­ti­on im Glet­scher­was­ser ei­nen kri­ti­schen Schwel­len­wert er­reich­te, setz­ten von selbst che­mi­sche Re­ak­tio­nen ein, die zur Bil­dung der or­ga­ni­schen Mo­le­kü­le am Ur­sprung des Le­bens führ­ten.


    Daß auch bei ei­si­gen Tem­pe­ra­tu­ren, wie sie in den Schmelz­lö­chern herr­schen, che­mi­sche Pro­zes­se in Gang kom­men, ist durch­aus mög­lich: «Käl­te scha­det der or­ga­ni­schen Che­mie nicht, im Ge­gen­teil, Re­ak­tio­nen lau­fen bei nied­ri­gen Tem­pe­ra­tu­ren se­lek­ti­ver und spe­zi­fi­scher ab als bei ho­hen», sagt Walton. An­de­re For­scher ha­ben im La­bor ge­zeigt, dass sich in sol­chen Schmelzwasser-Ursuppen bei Tem­pe­ra­tu­ren um den Ge­frier­punkt spon­tan ein­fa­che ring­för­mi­ge Ri­bo­nu­kle­in­säu­ren (RNA) bil­den, die sich selbst ver­viel­fäl­ti­gen. Ein Schwach­punkt in der Ar­gu­men­ta­ti­on könn­te sein, daß sich bei tiefen Tem­pe­ra­tu­ren die zum Auf­bau der or­ga­ni­schen Mo­le­kü­le be­nö­tig­ten Ele­men­te nur sehr lang­sam aus den Staub­teil­chen lö­sen.


    «Die Meteoriten-Idee klingt in­ter­es­sant, hat aber ei­nen Ha­ken», er­klärt Walton. Ein ein­zel­ner Me­teo­rit lie­fe­re die­se Stof­fe nur in ei­nem be­grenz­ten Um­feld. Wo er auf­schla­ge, sei zu­fäl­lig und der wei­te­re Nach­schub sei nicht ge­währ­leis­tet. «Ich hal­te es für un­wahr­schein­lich, daß der Ur­sprung des Le­bens von ein paar weit und zu­fäl­lig ver­streu­ten Ge­steins­bro­cken ab­hängt», sagt er. «An­ge­rei­cher­ter kos­mi­scher Staub hin­ge­gen hal­te ich für ei­ne plau­si­ble Quel­le.»


    In ei­nem nächs­ten Schritt will er sei­ne Theo­rie ex­pe­ri­men­tell über­prü­fen. Im La­bor wird er in großen Re­ak­ti­ons­ge­fäßen die Be­din­gun­gen nach­stel­len, die in den ur­zeit­li­chen Schmelz­lö­chern ge­herrscht ha­ben könn­ten, die An­fangs­be­din­gun­gen so ein­stel­len, wie sie vor vier Mil­li­ar­den Jah­ren in ei­nem Kryokonit-Loch ver­mut­lich vor­ka­men – und dann ab­war­ten, ob sich che­mi­sche Re­ak­tio­nen ent­wi­ckeln, die bio­lo­gisch re­le­van­te Mo­le­kü­le her­vor­brin­gen.


    Weitere Infos auf den Seiten der ETH Zürich unter https://ethz.ch/de/news-und-ve…m-staub-zu-verdanken.html

    Bis zu einem gewissen Punkt können sehr hell leuchtende Sterne die Entstehung von Planeten positive beeinflussen, doch danach bewirkt ihre Strahlung eher, dass das Material in den protoplanetarischen Scheiben sich auflöst. Daten des James Webb-Weltraumteleskops liefern neue Einsichten zu den Auswirkungen dieses Effekts im Orionnebel


    Wissenschaftler*innen der Universität zu Köln haben in einem internationalen Forschungsteam mithilfe des James Webb-Weltraumteleskops (JWST) ein Sternentstehungsgebiet untersucht, den sogenannten Orionnebel, um herauszufinden, wie Planetensysteme wie unser Sonnensystem entstehen. Durch die Beobachtung der protoplanetaren Scheibe d203-506 entdeckten sie, dass massereiche Sterne bei der Entstehung von Planetensystemen, die weniger als eine Million Jahre alt sind, eine Schlüsselrolle spielen. Der Artikel „A far-ultraviolet-driven photoevaporation flow observed in a protoplanetary disk“ wurde im Fachjournal Science veröffentlicht. Dr. Olivier Berné vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Toulouse hat die Studie geleitet.


    Massereiche Sterne sind etwa zehnmal schwerer als die Sonne, und vor allem strahlen sie 100.000-mal heller. Sie setzen in ihrer Umgebung entstehende Planeten einer sehr intensiven UV-Strahlung aus. Abhängig von der Masse des Sterns im Zentrum des Planetensystems kann diese Strahlung entweder zur Entstehung von Planeten beitragen, oder aber sie durch die Zerstreuung ihrer Materie verhindern. So fanden die Wissenschaftler*innen heraus, dass sich ein Planet wie der Jupiter aufgrund der intensiven Strahlung der massereichen Sterne im Planetensystem d203-506 im Orionnebel nicht bilden könnte.


    Bild: NASA/ESA/CSA/S. Fuenmayor/PDRs4All


    Das Team umfasst Expert*innen aus Bereichen wie der Instrumentierung, Datenreduzierung und Modellierung. Die Daten des JWST wurden mit Daten aus dem Atacama Large Millimeter Array (ALMA) kombiniert, um die physikalischen Bedingungen innerhalb des Gases einzugrenzen. Berechnungen der Rate, bei der die Scheibe an Masse verliert, zeigen, dass sie verdunsten würde, bevor ein Riesenplanet entstehen kann.


    „Es ist ein großer Erfolg, dass sich die jahrelangen Anstrengungen des Teams – von der Planung über die anschließende Auswertung der Daten – nun in Form dieser Ergebnisse auszahlen. Sie sind ein bedeutender Fortschritt für das Verständnis der Entstehung von Planetensystemen“, sagt Dr. Yoko Okada vom Institut für Astrophysik der Universität zu Köln. Die mithilfe des JWST gesammelten Daten über den Orionnebel sind sehr umfangreich und dienen den Wissenschaftler*innen auch weiterhin als Grundlage für verschiedene detaillierte Analysen der Stern- und Planetenentstehung sowie der Entwicklung des interstellaren Mediums.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Köln unter https://portal.uni-koeln.de/un…hung-von-planetensystemen

    Forschende haben Wasserdampf in der Scheibe um einen jungen Stern gefunden, genau dort, wo sich möglicherweise Planeten bilden. Wasser ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens auf der Erde und spielt vermutlich auch eine wichtige Rolle bei der Planetenentstehung. Bisher konnten wir jedoch die Verteilung von Wasser in einer stabilen, kühlen Scheibe nicht bestimmen - der Art von Scheibe, die die günstigsten Bedingungen für die Bildung von Planeten um Sterne bietet. Ermöglicht wurden die neuen Erkenntnisse durch das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die Europäische Südsternwarte (ESO) beteiligt ist.


    „Ich hätte nie gedacht, dass wir ein Bild von Ozeanen aus Wasserdampf in der gleichen Region aufnehmen können, in der sich wahrscheinlich ein Planet bildet“, sagt Stefano Facchini. Er ist Astronom an der Universität Mailand, Italien und leitete die heute in Nature Astronomy veröffentlichte Studie. Die Beobachtungen zeigen, dass in der inneren Scheibe des jungen sonnenähnlichen Sterns HL Tauri, der sich 450 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Stier befindet, mindestens dreimal so viel Wasser wie in allen Ozeanen der Erde vorhanden ist.


    „Es ist wirklich bemerkenswert, dass wir Wasserdampf in einer Entfernung von 450 Lichtjahren nicht nur nachweisen, sondern auch detailliert abbilden und räumlich auflösen können“, fügt Mitautor Leonardo Testi, Astronom an der Universität von Bologna, Italien, hinzu. Die „räumlich aufgelösten“ Beobachtungen mit ALMA ermöglichen es den Astronominnen und Astronomen, die Verteilung von Wasser in verschiedenen Regionen der Scheibe zu bestimmen. „An einer so wichtigen Entdeckung in der beispielhaften HL-Tauri-Scheibe mitzuwirken, übertraf meine Erwartungen an meine erste Forschungserfahrung in der Astronomie“, fügt Mathieu Vander Donckt von der Universität Lüttich, Belgien, hinzu, der als Masterstudent an der Studie beteiligt war.


    In der Gegend der bekannten Lücke in der HL-Tauri-Scheibe wurde eine beträchtliche Menge an Wasser gefunden. Ring-ähnliche Lücken werden in gas- und staubreichen Scheiben von jungen, planetenähnlichen Körpern geschaffen, die auf ihrer Umlaufbahn Material ansammeln und wachsen. „Unsere jüngsten Bilder zeigen eine beträchtliche Menge an Wasserdampf in einer Reihe von Entfernungen vom Stern, die eine Lücke einschließen, in der sich möglicherweise gerade ein Planet bildet“, sagt Facchini. Dies legt nahe, dass dieser Wasserdampf die chemische Zusammensetzung von Planeten beeinflussen könnte, die sich in diesen Regionen bilden.


    Wassser in der HL-Tauri-Scheibe. Auf diesem Bild zeigen die neuen Beobachtungen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), an dem die ESO beteiligt ist, den Wasserdampf in blauen Schattierungen. In der Nähe des Zentrums der Scheibe, wo sich der junge Stern befindet, ist die Umgebung heißer und das Gas heller. Die rot gefärbten Ringe sind frühere ALMA-Beobachtungen, die die Verteilung von Staub um den Stern zeigen. Bild: Herkunftsnachweis:ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/S. Facchini et al.


    Die Beobachtung von Wasser mit einem bodengebundenen Teleskop ist keine leichte Aufgabe, da der reichlich vorhandene Wasserdampf in der Erdatmosphäre die astronomischen Signale abschwächt. ALMA, das von der ESO zusammen mit ihren internationalen Partnern betrieben wird, ist eine Anordnung von Teleskopen in der chilenischen Atacama-Wüste auf etwa 5000 Metern Höhe. Sie wurde speziell in einer hohen und trockenen Umgebung gebaut, um diese Beeinträchtigung zu minimieren und außergewöhnliche Beobachtungsbedingungen zu schaffen. „Bislang ist ALMA die einzige Einrichtung, die Wasser in einer kühlen Planetenscheibe räumlich auflösen kann“, sagt Mitautor Wouter Vlemmings, Professor an der Chalmers University of Technology in Schweden [1].


    „Es ist wirklich aufregend, in einem Bild direkt zu beobachten, wie Wassermoleküle aus eisigen Staubpartikeln freigesetzt werden“, sagt Elizabeth Humphreys, Astronomin bei der ESO, die ebenfalls an der Studie beteiligt war. Diese Staubkörner, aus denen sich eine Scheibe zusammensetzt, sind die Keimzelle für die Entstehung von Planeten. Während sie den Stern umkreisen, kollidieren und verklumpen sie zu immer größeren Körpern. Astronomen und Astronominnen zufolge ist es dort kalt genug, damit Wasser auf den Staubpartikeln gefrieren kann, so dass die Partikel besser zusammenkleben – ein idealer Ort für die Planetenbildung. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie die Anwesenheit von Wasser die Entwicklung eines Planetensystems beeinflussen kann, so wie es vor etwa 4,5 Milliarden Jahren in unserem eigenen Sonnensystem der Fall war“, fügt Facchini hinzu.


    Mit dem Ausbau von ALMA und dem Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, die in den nächsten zehn Jahren verfügbar sein werden, werden die Planetenentstehung und die Rolle, die Wasser dabei spielt, genauer denn je untersucht werden können. Insbesondere METIS, der Mid-infrared ELT Imager and Spectrograph, wird den Astronomen einen unvergleichlichen Blick auf die inneren Regionen der Planeten bildenden Scheiben ermöglichen, wo Planeten wie die Erde entstehen.


    Endnoten

    [1] Für die neuen Beobachtungen wurden ALMAs Band-5- und Band-7-Empfänger verwendet. Band 5 und 7 sind europäische Entwicklungen von Chalmers und NOVA (Niederländisches Forschungskolleg für Astronomie) einerseits, und von IRAM (Institut für Radioastronomie bei MIllimeterwellenlängen) andererseits, unter Beteiligung der ESO. Band 5 erweitert ALMA um einen neuen Frequenzbereich, der speziell für die Erkennung und Abbildung von Wasser im lokalen Universum geeignet ist. In dieser Studie beobachtete das Team drei Spektrallinien von Wasser über die beiden Frequenzbereiche des Empfängers, um Gas bei verschiedenen Temperaturen innerhalb der Scheibe abzubilden.

    Wenn ein Stern wie unsere Sonne sein Lebensende erreicht, kann er die umliegenden Planeten und Asteroiden, die mit ihm geboren wurden, in sich aufnehmen. Mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile haben Forschende nun zum ersten Mal eine einzigartige Spur dieses Prozesses gefunden – eine Art Narbe auf der Oberfläche eines Weißen Zwergsterns.


    „Wir wissen, dass sich einige Weiße Zwerge – die langsam auskühlenden, glühenden Reste von Sternen wie unsere Sonne – Teile ihrer Planetensysteme einverleiben. Jetzt haben wir entdeckt, dass das Magnetfeld des Sterns bei diesem Prozess eine Schlüsselrolle spielt. Das Ergebnis ist eine Art Narbe auf der Oberfläche des Weißen Zwerges“, sagt Stefano Bagnulo, Astronom am Armagh Observatory and Planetarium in Nordirland, Vereinigtes Königreich, und Hauptautor der Studie.


    Bei der vom Team beobachteten Narbe handelt es sich um eine Anhäufung von Metallen auf der Oberfläche des Weißen Zwerges WD 0816-310, dem erdgroßen Überrest eines Sterns, der unserer Sonne ähnelte, aber etwas größer war als sie. „Wir haben festgestellt, dass diese Metalle von einem Planetenfragment stammen, das so groß ist wie oder möglicherweise größer als Vesta. Vesta hat einen Durchmesser von etwa 500 Kilometern und ist der zweitgrößte Asteroid im Sonnensystem“, sagt Jay Farihi, Professor am University College London, Großbritannien, und Mitautor der Studie.


    Die Beobachtungen lieferten auch Hinweise darauf, woher der Stern seine Metallnarbe hat. Das Team stellte fest, dass sich die Stärke des metallischen Abdrucks mit der Rotation des Sterns veränderte. Dies deutet darauf hin, dass sich die Metalle auf einen bestimmten Bereich auf der Oberfläche des Weißen Zwerges konzentrieren und nicht gleichmäßig über ihn verteilt sind. Sie fanden auch heraus, dass diese Veränderungen mit den Schwankungen des Magnetfelds des Weißen Zwerges einhergingen, was darauf hindeutet, dass sich diese Metallnarbe an einem seiner Magnetpole befindet.


    Künstlerische Darstellung von WD 0816-310, einem magnetischen Weißen Zwerg mit einer metallischen Narbe. Illustration: ESO/L. Calçada


    Zusammengenommen deuten diese Hinweise darauf hin, dass das Magnetfeld Metalle auf den Stern schleuste, wodurch die Narbe entstand [1]. „Überraschenderweise war das Material nicht gleichmäßig über die Oberfläche des Sterns verteilt, wie es theoretisch vorhergesagt wurde. Stattdessen handelt es sich bei dieser Narbe um einen konzentrierten Fleck aus Planetenmaterial, der von demselben Magnetfeld festgehalten wird, das auch die einfallenden Fragmente abgelenkt hat“, sagt Mitautor John Landstreet, Professor an der University of Western Ontario, Kanada. Er ist auch am Armagh Observatorium and Planetarium tätig. „So etwas hat man noch nie gesehen.“


    Um zu diesen Schlussfolgerungen zu gelangen, nutzte das Team den Alleskönner am VLT namens FORS2, mit dem sie die Metallnarbe nachweisen und mit dem Magnetfeld des Sterns in Verbindung bringen konnten. „Die ESO verfügt über die einzigartige Kombination von Fähigkeiten, die für die Beobachtung schwacher Objekte wie Weißer Zwerge und die empfindliche Messung stellarer Magnetfelder erforderlich sind“, sagt Bagnulo. In seiner Studie stützte sich das Team auch auf Archivdaten des X-shooter-Instruments des VLT, um seine Ergebnisse zu bestätigen.


    Mithilfe solcher Beobachtungen können Astronominnen und Astronomen die Zusammensetzung der Masse von Exoplaneten, also Planeten, die andere Sterne außerhalb des Sonnensystems umkreisen, ermitteln. Diese einzigartige Studie zeigt auch, wie Planetensysteme dynamisch aktiv bleiben können, selbst nach ihrem „Tod“.


    Endnote

    [1] In der Vergangenheit haben Astronominnen und Astronomen zahlreiche Weiße Zwerge beobachtet, die durch über die Oberfläche des Sterns verstreute Metalle verunreinigt waren. Es ist bekannt, dass diese von zerbrochenen Planeten oder Asteroiden stammen, die dem Stern zu nahe gekommen sind. Sie folgen Bahnen, die ähnlich wie die von Kometen in unserem Sonnensystem den Stern streifen. Bei WD 0816-310 ist das Team jedoch zuversichtlich, dass verdampftes Material ionisiert und durch das Magnetfeld des Weißen Zwerges auf die Magnetpole gelenkt wurde. Dieser Prozess ähnelt der Entstehung von Polarlichtern auf der Erde und auf dem Jupiter.

    Jupp....


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    Genau daran hab ich beim Schreiben dieses Satzes gedacht 8)

    Erst vor wenigen Jahren entdeckte ein internationales Team von den Universitäten Wien und Harvard rund um den Astrophysiker João Alves (Universität Wien) Erstaunliches: In der Nachbarschaft unserer Sonne existiert eine riesige, wellenförmige, zusammenhängende Kette an Gaswolken, die entlang des Spiralarms unserer Galaxie Sternhaufen bildet – genannt Radcliffe-Welle. Bisher gab es jedoch ungelöste Fragen über jene Struktur. Nun berichten Alves und seine Kolleg*innen aus Harvard und der LMU München, dass die Radcliffe-Welle nicht nur wie eine Welle aussieht, sondern sich auch so bewegt.


    Vor einigen Jahren enthüllten Astronom*innen der Universität Wien und der Universität Harvard eines der größten Geheimnisse der Milchstraße, als sie die Radcliffe-Welle entdeckten. Die Radcliffe-Welle ist eine 9.000 Lichtjahre lange, wellenförmige, zusammenhängende Kette an Gaswolken, die entlang des Spiralarms unserer Galaxie existiert und nur 500 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt ist. Eine damals erstellte 3D-Staubkarte belegte zwar deutlich die Existenz der Radcliffe-Welle, darüber hinaus konnte aus den Daten jedoch nichts erhoben werden. Nun nutzte das internationale Team neue Daten der Gaia-Mission, um dem jungen Sternhaufen der Radcliffe-Welle 3D-Bewegungen zuzuordnen. "So konnten wir schließlich zeigen, dass die gesamte Radcliffe-Welle tatsächlich wellenförmig ist und sich auch als Wanderwelle bewegt", erklärt Astrophysiker João Alves von der Universität Wien. Eine Wanderwelle ist dasselbe Phänomen, das wir in einem Sportstadion sehen, wenn Menschen nacheinander aufstehen und sich hinsetzen, um eine Welle auszulösen. Ebenso bewegen sich die Sternhaufen entlang der Radcliffe-Welle auf und ab und erzeugen dabei ein Muster, welches durch unseren galaktischen Garten wandert – sie oszillieren.


    Die Radcliffe-Welle. Die blauen Punkte sind Haufen von Baby-Sternen. Die weiße Linie ist ein theoretisches Modell von Ralf Konietzka und seinen Mitarbeiter*innen, das die aktuelle Form und Bewegung der Welle erklärt. Die magentafarbenen und grünen Linien zeigen, wie und in welchem Ausmaß sich die Radcliffe-Welle in Zukunft bewegen wird. Der Hintergrund ist ein Cartoon-Modell der Milchstraße. Grafik: Ralf Konietzka, Alyssa Goodman & WorldWide Telescope


    "Indem wir die Bewegung der jungen Sterne, die erst vor kurzem aus Gaswolken entlang der Radcliffe-Welle geboren wurden, untersucht haben, konnten wir die Bewegung des Gases, aus denen sie geboren wurden, verfolgen und zeigen, dass sich die Radcliffe-Welle tatsächlich wellt", erklärt Ralf Konietzka, leitender Autor der Studie und Doktorand in Harvard. "Das war die letzte offene Frage bezüglich des physikalischen Status der Radcliffe-Welle", erklärt Alves. "Es ist in der Tat eine physikalisch oszillierende titanische Gaswelle in der Nähe unserer Sonne. Die Radcliffe-Welle kann nun, da wir verstehen, wie sie physikalisch funktioniert, unser Labor im Weltall sein und uns so zu weiteren Erkenntnissen verhelfen." So bereits eine erste spannende Ableitung daraus: "Die Art der Oszillation der Welle deutet darauf hin, dass keine signifikante Menge an dunkler Materie in unserer galaktischen Nachbarschaft gibt", so Alves.


    Das neu gewonnene Verständnis für das Verhalten der Radcliffe-Welle ermöglicht es den Forscher*innen, nun ihre Aufmerksamkeit auf noch herausfordernde Fragen zu richten: Etwa ist noch ungeklärt, wie die Radcliffe-Welle entstanden ist und warum sie sich so wellt, wie sie es tut. Darüber hinaus wirft die Entdeckung der Oszillation neue Fragen auf: Wie viele solcher Wellen gibt es in der Milchstraße und in anderen Galaxien? Die aktuellen Daten deuten außerdem daraufhin, dass die Radcliffe-Welle das "Rückgrat" unseres nächsten Spiralarms in der Milchstraße bildet, da sie fast die Hälfte der Länge und rund ein Fünftel der Breite des lokalen Spiralarms ausmacht.Könnte die Bewegung der Welle also auch implizieren, dass Spiralarme von Galaxien im Allgemeinen oszillieren? "Das würde unser Verständnis von Galaxien auf spannende Art vertiefen, denn dann wären sie noch dynamischer als bisher angenommen", so Alves. All das wird Inhalt weiterer Studien sein, "die gute Zusammenarbeit zwischen der Universität Wien und der Universität Harvard in diesem Bereich wird noch einige spannende Ergebnisse bringen", sagt Alves.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Wien unter https://medienportal.univie.ac…n-bewegen-sich-als-welle/

    Astronom*innen haben mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) einen hellen Quasar untersucht und festgestellt, dass er nicht nur der hellste seiner Art ist, sondern auch das leuchtkräftigste Objekt, das jemals beobachtet wurde. Quasare sind die hellen Kerne entfernter Galaxien und werden von supermassereichen schwarzen Löchern angetrieben. Das Schwarze Loch in diesem rekordverdächtigen Quasar wächst um eine Sonnenmasse pro Tag und ist damit bis heute das am schnellsten wachsende Schwarze Loch.


    Die Schwarzen Löcher, die Quasare antreiben, sammeln Materie aus ihrer Umgebung in einem Prozess ein, der so energiereich ist, dass dabei gewaltige Mengen an Licht ausgesendet werden. Das geht so weit, dass Quasare zu den hellsten Objekten an unserem Himmel gehören, selbst weit entfernte Quasare sind also von der Erde aus sichtbar. In der Regel weisen die leuchtkräftigsten Quasare auf die am schnellsten wachsenden supermassereichen Schwarzen Löcher hin.


    "Wir haben das am schnellsten wachsende Schwarze Loch entdeckt, das bisher bekannt ist. Es hat eine Masse von 17 Milliarden Sonnenmassen und verzehrt etwas mehr als eine Sonnenmasse pro Tag. Damit ist es das leuchtstärkste Objekt im bekannten Universum", erläutert Christian Wolf, Astronom an der Australian National University (ANU) und Erstautor der Studie. Der Quasar mit der Bezeichnung J0529-4351 ist so weit von der Erde entfernt, dass sein Licht über 12 Milliarden Jahre brauchte, um uns zu erreichen.


    Die Materie, die in Form einer Scheibe zu diesem Schwarzen Loch gezogen wird, strahlt so viel Energie ab, dass J0529-4351 über 500 Billionen Mal heller leuchtet als die Sonne [1]. "All dieses Licht kommt von einer heißen Akkretionsscheibe mit einem Durchmesser von sieben Lichtjahren - das muss die größte Akkretionsscheibe im Universum sein", ergänzt Samuel Lai, Doktorand an der ANU und Ko-Autor. Sieben Lichtjahre sind etwa das 15.000-fache der Entfernung von der Sonne zur Umlaufbahn des Neptun.


    Die Himmelsregion, in der sich der rekordbrechende Quasar J0529-4351 befindet. Dieses Bild wurde aus Bildern des Digitized Sky Survey 2 erstellt, während der Einschub die Position des Quasars in einem Bild des Dark Energy Survey zeigt. Bild: ESO/Digitized Sky Survey 2/Dark Energy Survey


    Bemerkenswerterweise war dieser rekordverdächtige Quasar eigentlich unübersehbar. "Es ist seltsam, dass er bis heute unerkannt geblieben ist, wo wir doch bereits eine Million weniger beeindruckender Quasare kennen. Er hat uns bis jetzt buchstäblich ins Gesicht gestarrt", bemerkt Ko-Autor Christopher Onken, Astronom an der ANU, und ergänzt hinzu, dass dieses Objekt bereits 1980 auf Bildern des Schmidt Southern Sky Survey der ESO auftauchte, aber erst Jahrzehnte später als Quasar erkannt wurde.


    Das Aufspüren von Quasaren erfordert präzise Beobachtungsdaten von großen Bereichen des Himmels. Die daraus resultierenden Datensätze sind so groß, dass Forscher*innen häufig auf maschinellem Lernen basierte Modelle verwenden, um sie zu analysieren und Quasare von anderen Himmelsobjekten zu unterscheiden. Diese Modelle werden jedoch auf der Grundlage bereits vorhandener Daten trainiert, was die Zahl der potenziellen Kandidaten auf ähnliche Objekte wie die bereits bekannten beschränkt. Wenn ein neuer Quasar heller leuchtet als alle anderen bisher beobachteten, könnte das Programm ihn ablehnen und stattdessen als einen Stern klassifizieren, der nicht allzu weit von der Erde entfernt ist.


    Eine automatische Analyse der Daten des Gaia-Satelliten der Europäischen Weltraumagentur ESA hat J0529-4351 als zu hell für einen Quasar eingestuft und ihn stattdessen für einen Stern gehalten. Die Wissenschaftler*innen identifizierten ihn schließlich letztes Jahr mit Hilfe von Beobachtungen des 2,3-Meter-Teleskops der ANU am Siding Spring Observatory in Australien als fernen Quasar. Um herauszufinden, dass es sich um den leuchtstärksten Quasar handelt, der jemals beobachtet wurde, waren jedoch ein größeres Teleskop und Messungen mit einem präziseren Instrument erforderlich. Der X-Shooter-Spektrograf am VLT der ESO in der chilenischen Atacamawüste lieferte die entscheidenden Daten.


    Das am schnellsten wachsende Schwarze Loch, das jemals beobachtet wurde, ist auch ein perfektes Ziel für das GRAVITY+-Upgrade am VLT-Interferometer (VLTI) der ESO, das die Masse von Schwarzen Löchern genau messen soll, auch von solchen, die weit von der Erde entfernt sind. Darüber hinaus wird das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, ein 39-Meter-Teleskop, das derzeit in der chilenischen Atacama-Wüste errichtet wird, die Identifizierung und Charakterisierung solcher schwer fassbaren Objekte noch einfacher machen.


    Die Entdeckung und Untersuchung entfernter supermassereicher schwarzer Löcher könnte Licht in einige der Geheimnisse des frühen Universums bringen, z. B. wie sie und ihre Wirtsgalaxien entstanden sind und sich entwickelt haben. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Wolf nach ihnen sucht. "Ich persönlich mag einfach die Jagd", bekennt er. "Für ein paar Minuten am Tag fühle ich mich wieder wie ein Kind, das Schatzsuche spielt, aber diesmal bringe ich alles mit, was ich seitdem gelernt habe."


    Endnoten

    [1] Vor einigen Jahren berichteten die NASA und die Europäische Weltraumagentur ESA über die Entdeckung des Quasars J043947.08+163415.7 mit 600 Billionen Sonnenleuchtkräften durch das Hubble-Weltraumteleskop. Die Helligkeit dieses Quasars wurde jedoch durch eine Gravitationslinse verstärkt, eine Galaxie, die sich zwischen uns und dem entfernten Quasar befindet. Die tatsächliche Helligkeit von J043947.08+163415.7 wird auf etwa 11 Billionen Sonnenleuchtkräfte geschätzt (1 Billion ist eine Million Millionen: 1.000.000.000.000 oder 10^12).

    Würde es Gravasterne tatsächlich geben, sähen sie für einen weit entfernten Beobachter ähnlich aus wie Schwarze Löcher. Zwei theoretische Physiker der Goethe-Universität Frankfurt haben jetzt eine neue Lösung der Allgemeinen Relativitätstheorie Albert Einsteins gefunden, derzufolge Gravasterne aufgebaut sein könnten wie eine russische Matrjoschka-Puppe: Im Inneren eines Gravasterns befände sich ein weiterer Gravastern.


    Das Innere Schwarzer Löcher ist für die Wissenschaft eine harte Nuss: Der deutsche Physiker Karl Schwarzschild fand 1916 eine Lösung für die Gleichungen Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, derzufolge sich im Zentrum eines schwarzen Lochs eine sogenannte Singularität befindet, ein Punkt, an dem Raum und Zeit nicht mehr existieren. Alle physikalischen Gesetze, also auch Einsteins allgemeine Relativitätstheorie, habe dort keine Gültigkeit mehr, das Prinzip der Kausalität ist aufgehoben. Das ist ein großes Ärgernis für die Wissenschaft, denn jenseits des sogenannten Ereignishorizonts können keine Informationen aus einem Schwarzen Loch nach außen dringen. Wohl auch aus diesem Grund fand Schwarzschilds Lösung lange Zeit außerhalb der Theorie keine größere Beachtung, bis 1971 der erste Kandidat für ein Schwarzes Loch entdeckt, in den 2000er-Jahren das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße nachgewiesen und schließlich 2019 das erste Bild eines Schwarzen Lochs durch die Event Horizon Telescope Collaboration veröffentlicht wurde.


    2001 schlugen die beiden Wissenschaftler Pawel Mazur und Emil Mottola eine andere Lösung für Einsteins Feldgleichungen vor, die zu Objekten führten, die sie Gravasterne nannten. Im Gegensatz zu Schwarzen Löchern haben Gravasterne aus Sicht der theoretischen Astrophysik mehrere Vorteile: Einerseits sind sie sind nahezu so kompakt wie Schwarze Löcher und besitzen ebenso wie diese an ihrer Oberfläche eine Gravitationskraft, die praktisch so stark ist wie die eines Schwarzen Lochs, sodass ihr nicht einmal Licht entkommen kann. Allerdings haben sie keine Grenze, innerhalb der keine Art von Information nach außen dringen kann, den so genannten Ereignishorizont, und in ihrem Inneren gibt es keine Singularität. Vielmehr besitzen Gravasterne einen Kern aus exotischer – dunkler – Energie, die den Gegendruck zur ungeheuren Gravitationskraft hält, die den Stern zusammenpresst. Die Oberfläche von Gravasternen bildet eine hauchdünne Haut aus gewöhnlicher Materie, deren Dicke gegen Null geht.


    Ein Gravastern könnte wie eine Matrjoschka-Puppe aussehen. Illustration: Daniel Jampolski und Luciano Rezzolla, Goethe-Universität


    Die beiden theoretischen Physiker Daniel Jampolski und Prof. Luciano Rezzolla haben jetzt eine Lösung der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorgestellt, die einen Gravastern im Innern eines weiteren Gravasterns beschreibt. Diesem – hypothetischen – Himmelsobjekt haben sie den Namen „Nestar“ gegeben (von englisch nested = verschachtelt). Daniel Jampolski, der die Lösung in seiner durch Prof. Luciano Rezzolla betreuten Bachelorarbeit fand, meint: „Der Nestar ist wie eine russische Matrjoschka, und unsere Lösung der Feldgleichungen lässt auch eine ganze Reihe von ineinander geschachtelten Gravasternen zu.“ Während der Gravastern nach Mazur und Mottola eine nahezu unendlich dünne Haut aus normaler Materie habe, hat der Nestar eine etwas dickere Materiehülle: „Man kann sich etwas leichter vorstellen, dass es so etwas geben könnte.“


    Luciano Rezzolla, Professor für theoretische Astrophysik an der Goethe-Universität, erläutert: „Es ist toll, dass es auch 100 Jahre nach Schwarzschilds erster Lösung der Einstein‘schen Feldgleichungen aus der allgemeinen Relativitätstheorie noch möglich ist, neue Lösungen zu finden. Das ist ein bisschen so, wie wenn man in einer vermeintlich erschöpften Mine auf eine Goldader stößt. Leider haben wir noch keine Vorstellung davon, wie solch ein Gravastern entstehen könnte. Doch selbst wenn Nestare nicht existieren sollten, hilft uns die Erforschung der mathematischen Eigenschaften dieser Lösungen letztlich dabei, Schwarze Löcher besser zu verstehen.“


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Frankfurt unter https://aktuelles.uni-frankfur…theorie-fuer-gravasterne/

    Bayreuther Wissenschaftler erforschen die Struktur und das Langzeitverhalten von Galaxien mithilfe mathematischer Modelle, basierend auf Einsteins Relativitätstheorie. Ihr innovativer Ansatz nutzt ein tiefes neuronales Netz zur schnellen Vorhersage der Stabilität von Galaxie-Modellen. Dieses auf künstlicher Intelligenz basierende Verfahren ermöglicht eine effiziente Verifizierung oder Falsifizierung astrophysikalischer Hypothesen in Sekunden.


    Das Forschungsziel von Dr. Sebastian Wolfschmidt und Christopher Straub ist die Untersuchung der Struktur und des Langzeitverhaltens von Galaxien. „Da diese nicht vollständig durch astronomische Beobachtungen analysiert werden können, nutzen wir mathematische Modelle von Galaxien“, erklärt Christopher Straub, Doktorand am Lehrstuhl Mathematik VI an der Universität Bayreuth.„Um dabei zu berücksichtigen, dass die meisten Galaxien ein schwarzes Loch im Zentrum beinhalten, beruhen unsere Modelle auf Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, welche Gravitation als Krümmung einer vierdimensionalen Raumzeit beschreibt.“


    Mathematiker und Astrophysiker erforschen seit Jahrzehnten die Eigenschaften solcher Galaxie-Modelle, wobei viele Fragen noch immer offen sind. Als Hilfsmittel zur Klärung dieser Fragen haben Straub und Wolfschmidt ein tiefes neuronales Netz implementiert, was einen komplett neuartigen Ansatz in diesem Forschungsbereich darstellt. Neuronale Netzwerke sind leistungsstarke Rechenmodelle, deren Struktur von der des menschlichen Gehirns inspiriert ist. Sie werden im Bereich der künstlichen Intelligenz genutzt, um komplexe Strukturen in großen Datenmengen zu erkennen. „Das neuronale Netz kann vorhersagen, welche Modelle von Galaxien in der Realität existieren können und welche nicht“, sagt Dr. Sebastian Wolfschmidt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Mathematik VI. „Das neuronale Netz liefert dabei eine bedeutend schnellere Vorhersage als die in der Vergangenheit verwendeten numerischen Simulationen. So lassen sich astrophysikalische Hypothesen, die über die vergangenen Jahrzehnte aufgestellt wurden, innerhalb weniger Sekunden verifizieren oder falsifizieren.“


    Ihre Erkenntnisse haben Wolfschmidt und Straub nun in der Fachzeitschrift „Classical and Quantum Gravity“ vorgestellt. „Wir befassen uns seit 2019 am Lehrstuhl Mathematik VI in der Arbeitsgruppe Prof. Dr. Gerhard Rein mit diesen Fragestellungen. Nach verschiedensten analytischen und numerischen Untersuchungen haben wir vor ungefähr einem Jahr erkannt, dass der Einsatz von maschinellem Lernen für einige unserer Probleme besonders hilfreich sein kann. Seitdem haben wir das beschriebene tiefe neurale Netz entwickelt, und haben auch bereits Pläne für weitere Einsatzmöglichkeiten ähnlicher Methoden“, sagt Straub.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Bayreuth unter https://www.uni-bayreuth.de/pr…teilung/ki-in-astrophysik

    Astronom*innen aus Deutschland und der Schweiz haben Hinweise dafür gefunden, wie die ominöse Lücke in der Größenverteilung von Exoplaneten bei etwa zwei Erdradien entsteht. Ihre Computersimulationen zeigen, dass die Wanderung von eisigen, sogenannten Sub-Neptunen in die Innenbereiche ihrer Planetensysteme dieses Phänomen erklären kann. Bei zunehmender Annäherung an den Zentralstern bildet verdampfendes Wassereis eine Atmosphäre aus, die den Planeten größer erscheinen lässt als im gefrorenen Zustand. Gleichzeitig verlieren kleinere Gesteinsplaneten mit der Zeit einen Teil ihrer ursprünglichen Gashülle, wodurch ihr gemessener Radius schrumpft.


    Gewöhnlich befinden sich Planeten in entwickelten Planetensystemen, wie dem Sonnensystem, auf stabilen Bahnen um ihren Zentralstern. Viele Anzeichen lassen jedoch vermuten, dass einige von ihnen in ihren frühen Entwicklungsphasen ihre Geburtsstätten verlassen und nach innen und außen wandern können. Diese Migration von Planeten könnte zudem eine Beobachtung erklären, die Forschende seit einigen Jahren beschäftigt: die vergleichsweise geringe Anzahl von Exoplaneten mit Größen von etwa zwei Erdradien. Dieses Phänomen wird als Radiuslücke bezeichnet. Vergleichsweise viele Exoplaneten fallen dagegen entweder kleiner oder größer aus.


    „Die Neuauswertung der Daten des Weltraumteleskops Kepler vor sechs Jahren ergaben einen Mangel an Exoplaneten mit Größen von rund zwei Erdradien“, schildert Remo Burn, Exoplanetenforscher am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. Er ist der Erstautor des Artikels, der über die hier geschilderten Ergebnisse berichtet. „Tatsächlich haben wir – wie auch andere Forschungsgruppen – auf Grundlage unserer Berechnungen schon vor dieser Beobachtung vorausgesagt, dass es solch eine Lücke geben muss“, erläutert Mitautor Christoph Mordasini, Mitglied des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) PlanetS. Er leitet die Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie an der Universität Bern. Diese Vorhersage stammt aus seiner Zeit als Wissenschaftler am MPIA, das bereits viele Jahre lang gemeinsam mit der Universität Bern auf diesem Feld forscht.


    Der am häufigsten genannte Mechanismus, der die Entstehung einer solchen Lücke erklären könnte, beruht darauf, dass Planeten durch die Einstrahlung des Zentralsterns einen Teil ihrer ursprünglichen Atmosphäre verlieren können – darunter besonders flüchtige Gase wie Wasserstoff und Helium. „Allerdings vernachlässigt diese Vorstellung den Einfluss der Migration von Planeten“, wendet Burn ein. Dass sich Planeten unter bestimmten Bedingungen im Laufe der Zeit durch Planetensysteme nach innen und außen bewegen können, ist bereits seit etwa 40 Jahren etabliert. Die Effektivität der Migration und ihr Einfluss auf die Entwicklung von Planetensystemen bestimmen die Ausbildung dieser Radiuslücke.


    Der Größenbereich rund um die Lücke wird von zwei verschiedenen Arten von Exoplaneten bevölkert. Einerseits gibt es Gesteinsplaneten, die massereicher als die Erde sein können und deswegen Super-Erden genannt werden. Andererseits finden Astronominnen und Astronomen in fernen Planetensystemen vermehrt sogenannte Sub-Neptune (auch Mini-Neptune), die im Durchschnitt etwas größer als die Super-Erden sind. „Diesen Planetentypen kennen wir im Sonnensystem allerdings nicht“, erläutert Burn. „Auch deswegen wissen wir selbst heute nicht genau, wie sie aufgebaut sind und woraus sie bestehen.“


    Größenverteilung der beobachteten und simulierten Exoplaneten mit Radien kleiner als fünf Erdradien. Die Anzahl der Exoplaneten nimmt zwischen 1,6 und 2,2 Erdradien ab, wobei eine relative Häufung bei etwa 1,4 und 2,4 Erdradien zu sehen ist. Die aktuellen Simulationen, die erstmals realistische Eigenschaften des Wassers für eine statistische Untersuchung berücksichtigen, deuten darauf hin, dass Eisplaneten, die ins Innere der Planetensysteme wandern, dicke Atmosphären aus Wasserdampf ausbilden. Dadurch erscheinen sie größer, als sie es an ihrem Entstehungsort wären. Diese bilden das Maximum bei etwa 2,4 Erdradien. Gleichzeitig verlieren kleinere Gesteinsplaneten mit der Zeit einen Teil ihrer ursprünglichen Gashülle, wodurch ihr gemessener Radius schrumpft und so zur Häufung bei circa 1,4 Erdradien beitragen. In der Lücke dazwischen befinden sich weniger Planeten. Grafik: R. Burn, C. Mordasini / MPIA


    Allenfalls ist allgemein akzeptiert, dass diese Planeten deutlich ausgedehntere Atmosphären als die Gesteinsplaneten besitzen. Dementsprechend unsicher war bisher die Vorstellung darüber, inwiefern die Eigenschaften dieser Sub-Neptune zur Radiuslücke betragen. Wäre die Lücke sogar ein Hinweis dafür, dass die beiden Planetentypen auf unterschiedliche Weise entstehen? „Auf der Grundlage von Simulationen, die wir bereits 2020 veröffentlicht haben, zeigen und bestätigen die neuesten Ergebnisse, dass stattdessen die Entwicklung von Sub-Neptunen nach ihrer Geburt erheblich zu der beobachteten Radiuslücke beiträgt“, folgert Julia Venturini von der Universität Genf. Sie ist Mitglied der oben erwähnten PlanetS-Kollaboration und leitete die 2020er-Studie.


    In den eisigen Regionen ihrer Geburtsorte, in denen die Planeten nur wenig wärmende Strahlung vom Stern erhalten, sollten die Sub-Neptune tatsächlich Größen aufweisen, die in der beobachteten Verteilung fehlen. Wenn diese vermutlich vereisten Planeten näher an den Stern heranrücken, taut das Eis auf und bildet schließlich eine dicke Wasserdampfatmosphäre. Dieser Prozess führt zu einer Verschiebung der Planetenradien zu größeren Werten. Denn die Beobachtungen, die zur Messung der Planetenradien verwendet werden, können nicht unterscheiden, ob die ermittelte Größe allein auf den festen Teil des Planeten oder zusätzlich auf eine dichte Atmosphäre zurückzuführen ist.


    Gleichzeitig „schrumpfen“ Gesteinsplaneten, wie bereits in der bisherigen Vorstellung angedeutet, durch den Verlust ihrer Atmosphäre. Insgesamt führen also beide Mechanismen zu einem Mangel an Planeten mit Größen um zwei Erdradien. „Die theoretische Forschung der Bern-Heidelberg-Gruppe hat bereits in der Vergangenheit maßgeblich das Verständnis über die Bildung und Zusammensetzung von Planetensystemen vorangebracht“, erläutert MPIA-Direktor Thomas Henning. „Die aktuelle Studie ist daher das Ergebnis einer langjährigen gemeinsamen Vorarbeit und ständigen Verbesserungen der physikalischen Modelle.“


    Die Ergebnisse folgen aus den Berechnungen physikalischer Modelle, die sowohl die Entstehung von Planeten als auch ihre nachfolgende Entwicklung nachvollziehen. Sie beinhalten unter anderem die Vorgänge in den Scheiben aus Gas und Staub, die die jungen Sterne umringen und neue Planeten hervorbringen. Auch die Ausbildung von Atmosphären, die Mischung von verschiedenen Gasen darin und die Migration in radialer Richtung sind darin erfasst.


    „Von zentraler Bedeutung waren in dieser Studie die Eigenschaften von Wasser bei Drücken und Temperaturen, wie sie im Inneren von Planeten und in deren Atmosphären auftreten“, erklärt Burn. Für die Simulationen ist es wichtig zu wissen, wie sich das Wasser über einen großen Bereich von Drücken und Temperaturen verhält. Diese Kenntnis existiert in ausreichender Güte erst seit wenigen Jahren und trug in den Simulationen dazu bei, das Verhalten der Sub-Neptune realistisch zu berechnen. Erst diese Zutat führte in den Berechnungen zur Ausprägung von ausgedehnten Atmosphären in warmen Gefilden.


    „Es ist bemerkenswert, wie, so wie in diesem Fall, physikalische Eigenschaften auf molekularer Ebene astronomische Prozesse im großen Maßstab, wie die Bildung von Planetenatmosphären, beeinflussen“, fügt Henning hinzu. „Würde man unsere Ergebnisse auf kühlere Regionen ausdehnen, in denen Wasser flüssig ist, könnte das auf die Existenz von Wasserwelten mit tiefen Ozeanen hindeuten“, mutmaßt Mordasini. „Solche Planeten könnten also Leben beherbergen und wären wegen ihrer Größe vergleichsweise einfache Ziele, um nach Biomarkern zu suchen.“


    Allerdings ist die aktuelle Arbeit nur ein wichtiger Meilenstein. Obwohl die simulierte Größenverteilung der beobachteten sehr nahe kommt und die Radiuslücke an der richtigen Stelle hat, weisen die Details noch einige Ungereimtheiten auf. So landen in den Berechnungen zu viele von diesen Eisplaneten zu nahe am Zentralstern. Die Forschenden begreifen diesem Umstand jedoch keineswegs als Nachteil, sondern hoffen, auf diese Weise mehr über die Wanderung der Planeten zu lernen. Helfen können dabei auch Beobachtungen mit Teleskopen wie dem Weltraumteleskop James Webb oder dem im Bau befindlichen Extremely Large Telescope (ELT). Sie wären in der Lage, die Zusammensetzung der Planeten abhängig von ihrer Größe zu ermitteln und somit einen Test für die hier beschriebenen Simulationen zu liefern.


    Weitere Infos auf den Seiten des MPIA unter https://www.mpia.de/aktuelles/…4-04-radius-gap-migration und bei der Uni Bern unter https://mediarelations.unibe.c…en_raetsel/index_ger.html

    Erste Untersuchungen der Meteorite aus dem Streufeld des Asteroiden 2024 BX1, der am 21. Januar 2024 nordwestlich von Berlin nahe Ribbeck die Atmosphäre durchschlug und um 1.32 Uhr weithin als heller Meteor zu sehen war, sind am Museum für Naturkunde Berlin (MfN) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erfolgreich vorgenommen worden. Die walnussgroßen Meteorite haben die seltene chemische Zusammensetzung vom Typ Aubrit. Die Ergebnisse der Klassifikation wurden am 2. Februar 2024 bei der internationalen Nomenklaturkommission der Meteoritical Society zur Prüfung und Bestätigung eingereicht. „Die Funde sind ein Glücksfall für die Meteoriten- und Planetenforschung“, freut sich Dr. Jörn Helbert vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin, „diese seltenen Aubrite helfen uns sogar bei der Erforschung des Planeten Merkur, die wir ab Dezember 2025 mit der europäischen Mission BepiColombo beginnen werden.“


    In der Nacht vom 20. auf den 21. Januar, Samstag auf Sonntag, ereignete sich am Himmel über Berlin ein wissenschaftlich ganz außergewöhnlicher Zufall. Das Minor Planet Center, ein Asteroiden-Überwachungssystem der amerikanischen Weltraumorganisation NASA, meldete gegen Mitternacht, dass um 1.32 Uhr MEZ ein etwa ein Meter großer Asteroid über Berlin in die bis in eine Höhe von 100 Kilometer reichende Erdatmosphäre eindringen und zum größten Teil verglühen würde. Die Nacht war klar, so dass sowohl automatisierte, auf die Erfassung von Meteore ausgelegte Kamerasysteme die Feuerkugel registrierten, aber auch Amateurinnen und Amateure mit dem Mobiltelefon die Leuchtspur des kosmischen Körpers festgehalten haben. Die sekundenlange Leuchtspur des Boliden wurde sogar noch in Leipzig und Prag aufgezeichnet.


    Experten konnten aus den unterschiedlichen geometrischen Orientierungen der Leuchtspur berechnen, wo möglicherweise Bruchstücke, die beim Durchschießen der Atmosphäre nicht verglüht sind, als Meteorite auf die Erde gefallen sind: Sie konnten das Gebiet auf wenige Quadratkilometer von Äckern westlich von Berlin bei Nennhausen im Landkreis Havelland eingrenzen. Die Medien berichteten am Sonntagmorgen von dem Ereignis, und auch in den einschlägigen Social-Media-Kanälen von Astronominnen, Astronomen und Planetenforschenden verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Interessierte machten sich am Sonntag und den Folgetagen auf die Suche nach Meteoriten – und waren überaus erfolgreich.


    Es ist erst der achte Fall weltweit, für den die Kollision eines Asteroiden mit der Erde kurz vor dem Eintritt vorhergesagt wurde. Ein großes Such-Team des Museums für Naturkunde Berlin, des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Freien Universität Berlin, der Technischen Universität Berlin und dem SETI Institute (USA) sammelte zwischen dem 21. und 28. Januar mehr als 20 Bruchstücke für die Forschungssammlung des Museums für Naturkunde.

    Die meisten Meteorite werden in Gebieten ohne Vegetation gefunden, wie in Wüsten oder auf den Eisflächen der Antarktis. Dass nun ein Meteoritenfall, dazu noch vorhergesagt, quasi vor der Haustüre von mehreren Forschungseinrichtungen passiert, die sich mit diesen „Himmelssteinen“ befassen, ist ein ganz außergewöhnlicher Zufall – die Fläche aller Kontinente umfasst schließlich 150 Millionen Quadratkilometer. Drei Proben werden im Labor des DLR-Instituts für Planetenforschung untersucht. Die ersten Ergebnisse der Untersuchungen eines dieser Stücke mit der Elektronenstrahlmikrosonde des Museums für Naturkunde belegen die typische Mineralogie und chemische Zusammensetzung eines Achondriten vom Typ der Aubrite. Achondrite sind Steinmeteoriten, die nicht, wie die meisten Meteorite, aus millimeterkleinen Kügelchen aufgebaut sind, sondern eine, gewöhnlichen Steinen ähnelnde Matrix haben.


    Das DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof untersucht derzeit drei der über 20, nur maximal walnussgroßen Meteorite, die nach dem Fall auf landwirtschaftlich genutzte Flächen im Nordwesten von Berlin im Havelland gefunden wurden. Die Meteorite konnten als Aubrite klassifiziert werden, eine seltene Klasse von Meteoriten. Sie enthalten kaum Eisen und gehören zur Gruppe der Achondriten, Steinmeteoriten ohne die häufig anzutreffende Matrix aus Chondren (millimetergroßen Kügelchen). Dieser Meteorit hat eine Masse von 33 Gramm. Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)


    Der Aubrit, an dem erstmals dieses Material beschrieben wurde, befindet sich sogar in der Forschungssammlung des Museums für Naturkunde Berlin. Dieser fiel, daher der Name, am 14. September 1836 bei Aubres im Südosten Frankreichs. „Anhand dieses Belegmaterials konnten wir relativ zügig eine grobe Einordnung vornehmen“, erläutert Dr. Ansgar Greshake, wissenschaftlicher Leiter der Meteoritensammlung des Berliner Museums. „Das unterstreicht die immense Bedeutung von Sammlungen für die Forschung. Weltweit gibt es bisher erst von elf beobachteten Aubrit-Fällen Material in Sammlungen.“ Das Berliner Museum kuratiert mit über 12.000 Exemplaren eine der größten Meteoritensammlungen der Erde. Die Meteorite werden zu Forschungszwecken untersucht und zu einem Teil in der Ausstellung gezeigt. Meteorite stellen Urbausteine des Sonnensystems dar und sind wertvolle Proben für die Erforschung der Entstehung und Entwicklung von Planeten.


    Aubrite sehen nicht aus, wie man sich allgemein Meteorite vorstellt. „Ein Aubrit ähnelt vom Aussehen her eher einem grauen Granit und besteht hauptsächlich aus den Magnesium-Silikaten Enstatit und Forsterit“, erklärt Christopher Hamann vom Berliner Naturkundemuseum, der an der Erstklassifikation beteiligt war. „Er enthält kaum Eisen und die Schmelzkruste, an denen man Meteorite üblicherweise gut erkennen kann, sieht völlig anders aus als bei den meisten anderen Meteoriten. Aubrite sind daher im Gelände schwierig zu erkennen.“


    Die im Havelland gefundenen Bruchstücke werden nach Abschluss der Untersuchungen in verschiedenen, auf unterschiedliche wissenschaftliche Aspekte spezialisierte Labore in Berlin, Dresden und Münster, der Öffentlichkeit in einer kleinen Sonderausstellung zugänglich gemacht. Informationen hierzu folgen. Auf dem YouTube-Kanal des Museums findet sich ein Video zur Erforschung des Materials am Museum für Naturkunde Berlin als Teil der Serie „Museums-Evolution“.


    Der Zufälle nicht genug, nützen die Aubrite auch bei den Vorbereitungen für die Erforschung des Planeten Merkur mit der Raumsonde BepiColombo der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Diese wird am 5. Dezember 2025 in eine Umlaufbahn um den Planeten einschwenken. „Aubrite sind die besten Analoge, die wir für die Oberfläche des Merkurs haben“, erklärt Jörn Helbert, Leiter der Abteilung Planetare Labore. Dort werden unter anderem Gesteins- und Staubproben, die man auf der Venus und dem Merkur vermutet, unter den dort herrschenden extrem hohen Temperaturen hinsichtlich ihrer spektralen Eigenschaften untersucht. „Dank dieses kosmischen Zufalls können wir an den Aubrit-Meteoriten gut anderthalb Jahre vor Missionsbeginn wichtige Untersuchungen an einem Merkur-Analoggestein im Labor vornehmen. Dies Zufall ist kaum zu fassen!“ Gemeinsam mit dem benachbarten DLR-Institut für Optische Sensorsysteme und der Universität Münster wurde am DLR für BepiColombo ein Spektrometer entwickelt, das die Mineralogie des Merkur kartieren wird.


    Weitere Infos auf den Seiten des DLR unter https://www.dlr.de/de/aktuelle…-einer-seltenen-klasse-an

    Die Planungsphase des innovativen Weltraum-Observatoriums LISA wurde erfolgreich beendet. Damit beginnt nun die Umsetzungsphase des internationalen Großprojekts, an dem drei Arbeitsgruppen der Universität Hamburg beteiligt sind. Mit dem Exzellenzcluster „Quantum Universe“ liegt ein zentraler Forschungsschwerpunkt der Universität im Bereich Astro- und Teilchenphysik. Das Weltraum-Observatorium „LISA“ ist ein Mammutvorhaben der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Mithilfe des innovativen Messgeräts sollen ab Mitte der 2030er-Jahre Gravitationswellen im bisher unerforschten Frequenzbereich zwischen 0,1 Millihertz und einem Hertz erfasst werden.


    Gravitationswellen sind Verzerrungen im Gewebe der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Gravitationswellen im niedrigen Frequenzbereich entstehen beispielsweise bei der Verschmelzung von supermassiven schwarzen Löchern, die mehrere Millionen Mal schwerer sind als unsere Sonne. Sie können nicht von der Erde aus detektiert werden, weil hier Umwelteinflüsse wie seismische Aktivitäten oder lokale Vibrationen stören. Deswegen wird LISA im Weltraum operieren. Das Observatorium wird aus drei baugleichen Satelliten bestehen. Wenn Gravitationswellen durch das Universum wandern, ändert sich ihre Entfernung voneinander. Diese Veränderungen wird LISA messen.


    „LISA wird eines wird eines der größten und spannendsten Messinstrumente sein, das die Menschheit je gebaut hat, und wird uns mit hoher Wahrscheinlichkeit bahnbrechende neue Erkenntnisse über den Aufbau und die Entstehung des Universums liefern“, erklärt Prof. Dr. Oliver Gerberding, leitender Wissenschaftler am Exzellenzcluster „Quantum Universe“ der Universität Hamburg. Mit seinem Team und in Kooperation mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY entwickelt der Arbeitsgruppenleiter Messsysteme für die Gravitationswellendetektion.


    „Der Abschluss der Planungsphase ist ein wichtiger Meilenstein für das Projekt. Die ESA hat das gesamte Konzept überprüft – von der Definition der Gesamtmission bis hin zu der benötigten, noch zubauenden Hardware. Anschließend hat sie bestätigt, dass die Umsetzungsphase beginnen kann. Das heißt, ab jetzt wird tatsächlich gebaut“, sagt Prof. Dr. Thomas Kupfer, der ebenfalls am Exzellenzcluster „Quantum Universe“ an der Universität Hamburg forscht. Seine Arbeitsgruppe befasst sich mit Doppelsternsystemen, die sowohl mit elektromagnetischen Wellen als auch mit Gravitationswellen im LISA-Frequenzbereich messbar sind. Die Erforschung von Doppelsternen soll Informationen über die Entwicklung und das Schicksal von Sternen liefern.


    Eine dritte Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Géraldine Servant, stellvertretende Sprecherin des Exzellenzclusters „Quantum Universe“, forscht zu sogenannten primordialen Gravitationswellen. Diese entstanden kurz nach dem Urknall. „Das neue Observatorium wird besonders empfindlich für Gravitationswellen sein, die in der Frühphase des Universums ausgesandt wurden. Damit eröffnet uns LISA völlig neue Möglichkeiten für die physikalische Forschung, die es uns erlauben könnten, die sehr hohen Energieskalen zu untersuchen, die das Universum weniger als eine Nanosekunde nach dem Urknall beherrschten“, so Prof. Servant.


    Im internationalen LISA-Konsortium arbeiten eine Vielzahl an Institutionen und Forschungseinrichtungen weltweit zusammen. Die Exzellenzuniversität Hamburg und das DESY haben mit dem Exzellenzcluster „Quantum Universe“ ihre Beteiligung an LISA in den vergangenen Jahren enorm ausgebaut und Hamburg damit zu einem wichtigen Zentrum für die Entwicklung und wissenschaftliche Nutzung von LISA gemacht.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Hamburg unter https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2024/pm7.html

    Meteorite sind Bruchstücke von Asteroiden, die als Sternschnuppen ihren Weg auf die Erde finden. Diese kosmischen Sedimente haben die Ur-Suppe, aus denen unser Sonnensystem entstanden ist, wie eine Zeitkapsel eingefroren. Mithilfe dieser Gesteine können Wissenschaftler*innen dem Ursprung unserer Materie und des Lebens auf der Erde auf den Grund gehen. Dr. Christian Vollmer vom Institut für Mineralogie der Universität Münster hat mit britischen Kollegen eine ganz besondere dieser Zeitkapseln untersucht: den Winchcombe-Meteoriten. Dem Forschungsteam ist es erstmals gelungen, einige wichtige stickstoffhaltige Verbindungen wie Aminosäuren und heterocyclische Kohlenwasserstoffe ohne chemische Behandlung mit hoher Präzision und mithilfe eines neuartigen Detektordesigns in diesem Meteoriten nachzuweisen.


    Der Winchcombe-Meteorit wurde im Februar 2021 von einem Kameranetzwerk in England beobachtet und konnte innerhalb weniger Tage aufgesammelt werden. „Normalerweise werden Meteorite in den kalten und heißen Wüsten dieser Erde aufgespürt, wo sie im trockenen Klima zwar nicht sehr schnell verwittern, sich aber durch Feuchtigkeit verändern. Wird ein Meteoritenfall zeitnah beobachtet und schnell eingesammelt, wie es bei Winchcombe der Fall war, sind sie für uns wichtige ‚Zeugen‘ von der Geburt des Sonnensystems und daher für die Forschung besonders interessant“, betont Christian Vollmer.


    Mithilfe eines Nanomanipulators und eines ultrafeinen Ionenstrahls wird eine winzige Lamelle, etwa fünf mal zehn Mikrometer groß und nur einhundert Nanometer dünn, aus dem Meteoriten herausgeschnitten und an einem Probensteg befestigt. Im Elektronenmikroskop (rechts) können die Wissenschaftler dann die organischen Partikel in dieser Lamelle analysieren. Bild: SuperSTEM Laboratory, Daresbury, UK


    Der Ursprung des Lebens auf unserem Planeten ist noch immer ungelöst, und manche Wissenschaftler vermuten, dass die ersten biorelevanten Stoffe vor über vier Milliarden Jahren in Meteoriten auf die Erde transportiert wurden. Dazu zählen beispielsweise komplexe organische Verbindungen wie Aminosäuren oder Kohlenwasserstoffe. Diese Moleküle haben jedoch nur sehr geringe Konzentrationen und Experten müssen sie meistens durch Lösungsmittel oder Säuren aus dem Meteoriten herauslösen und für die Analysen anreichern. Das Team um Christian Vollmer konnte diese biorelevanten stickstoffhaltigen Verbindungen nun zum ersten Mal ohne vorherige chemische Behandlung im Winchcombe-Meteoriten nachweisen, obwohl auch hier die Konzentrationen dieser Stoffe sehr gering sind. Dazu nutzten die Forscher ein modernes, hochauflösendes Elektronenmikroskop, das es weltweit nur an wenigen Standorten gibt. Dieses „Super-Mikroskop“ am „SuperSTEM“-Labor im englischen Daresbury bildet nicht nur kohlenstoffreiche Verbindungen in atomarer Auflösung ab, sondern kann auch mithilfe eines neuartigen Detektors diese Proben chemisch analysieren. „Der Nachweis dieser biorelevanten organischen Verbindungen in einem unbehandelten Meteoriten ist für die Forschung eine wichtige Errungenschaft. Er zeigt, dass diese Bausteine des Lebens auch ohne die chemische Extraktion in diesen kosmischen Sedimenten charakterisiert werden können“, erläutert Christian Vollmer. Die chemische Behandlung birgt nämlich das Risiko, dass sich diese fragilen Stoffe verändern könnten. Die hier angewandten Analyseverfahren an festem Material sind deshalb auch für die Forschung an kleinen und wertvollen Missionsproben von großer Bedeutung, wie etwa den kürzlich von Asteroiden zur Erde zurückgebrachten Staubpartikeln der japanischen Raumfahrtbehörde (Hayabusa2) und der NASA (OSIRIS-REx).


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Münster unter https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=13835

    Originalmeldung beim Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik unter https://www.mpe.mpg.de/7991617/news20240131 und bei der Uni Hamburg unter https://www.uni-hamburg.de/new…4/0131-erosita-daten.html


    Das deutsche eROSITA-Konsortium hat heute die Daten seines Anteils an der ersten Himmelsdurchmusterung durch das abbildende Röntgenteleskop an Bord des Spektrum-RG (SRG) Satelliten veröffentlicht. Der erste eROSITA-All-Sky-Survey-Katalog (eRASS1) ist mit rund 900 000 einzelnen Quellen die größte jemals veröffentlichte Sammlung an Röntgenquellen. Zusammen mit den Daten veröffentlichte das Konsortium heute eine Reihe wissenschaftlicher Publikationen zu neuen Ergebnissen, die von Studien zur Bewohnbarkeit von Planeten bis zur Entdeckung der größten kosmischen Strukturen reichen. In den ersten sechs Monaten Beobachtung hat eROSITA bereits mehr Quellen entdeckt, als in der 60-jährigen Geschichte der Röntgenastronomie bisher bekannt waren. Die Daten, die nun der weltweiten Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung stehen, werden unser Wissen über das Universum bei hohen Energien revolutionieren.


    Die eRASS1-Beobachtungen mit dem eROSITA-Teleskop wurden vom 12. Dezember 2019 bis zum 11. Juni 2020 durchgeführt. Im empfindlichsten Energiebereich der eROSITA-Detektoren (0,2-2 keV) entdeckte das Teleskop 170 Millionen Röntgenphotonen, für die die Kameras die ankommende Energie und Ankunftszeit genau messen können. Der Katalog wurde dann erstellt - nach sorgfältiger Verarbeitung und Kalibrierung - indem Konzentrationen von Photonen am Himmel vor einem großflächigen, hellen und diffusen Hintergrund nachgewiesen wurden. Nach eRASS1 führte eROSITA die Durchmusterung des Himmels fort und erstellte etliche weitere vollständige Himmelsdurchmusterungen. Auch diese Daten werden in den kommenden Jahren der Weltöffentlichkeit zugänglich gemacht.


    Der eRASS1-Katalog deckt die Hälfte des Röntgenhimmels ab und ist der Datenanteil des deutschen eROSITA-Konsortiums. Er umfasst mehr als 900 000 Quellen, von etwa 710 000 supermassereichen schwarzen Löchern in fernen Galaxien (aktive galaktische Kerne) über 180 000 aktive Sterne in unserer eigenen Milchstraße bis hin zu 12 000 Galaxienhaufen und einer kleinen Anzahl anderer exotischer Quellen wie röntgenstrahlende Doppelsterne, Supernovaüberreste, Pulsare und andere Objekte.


    „Das sind überwältigende Zahlen für die Röntgenastronomie“, sagt Andrea Merloni, der leitende Wissenschaftler von eROSITA und Erstautor des eROSITA-Katalogs. „Wir haben in sechs Monaten mehr Quellen entdeckt als die großen Flaggschiff-Missionen XMM-Newton und Chandra in fast 25 Jahren.“

    Zeitgleich mit der Datenfreigabe reichte das deutsche eROSITA-Konsortium fast 50 neue wissenschaftliche Publikationen bei referierten Fachzeitschriften ein, zusätzlich zu den mehr als 200, die das Team bereits vor der Veröffentlichung des Katalogs veröffentlichte. Die meisten der neuen Veröffentlichungen erscheinen heute (siehe Link unten), zu den darin beschriebenen Entdeckungen zählen unter anderem ein riesiges Filament von warm-heißem, reinem Gas zwischen zwei Galaxienhaufen und zwei neue „quasi-periodisch ausbrechende“ Schwarze Löcher. Zudem auch Studien darüber, wie sich die Röntgenstrahlung eines Sterns auf die Atmosphäre und den Rückhalt von Wasser bei Planeten in der Umlaufbahn auswirken kann, sowie eine statistische Analyse von flackernden Schwarzen Löchern.


    In diesen beiden Bildern wurde ein spezieller Bildverarbeitungsalgorithmus angewendet, um ausgedehnte Strukturen (links) von Punktquellen (rechts) zu trennen. Bild: MPE, J. Sanders for the eROSITA consortium


    „Der Umfang der wissenschaftlichen Ergebnisse und die Bedeutung der Durchmusterung sind ziemlich überwältigend und lassen sich nur schwer in Worte fassen“, sagt Mara Salvato, die als Sprecherin des deutschen eROSITA-Konsortiums die Arbeit von rund 250 Wissenschaftler*innen in 12 Arbeitsgruppen koordiniert. "Aber die von unserem Team veröffentlichten Arbeiten werden für sich selbst sprechen.


    Die erste eRASS-Datenveröffentlichung (DR1) macht nicht nur den Katalog der Quellen öffentlich, sondern auch Bilder des Röntgenhimmels bei verschiedenen Energien und sogar Listen der einzelnen Photonen mit ihren Himmelspositionen, Energien und genauen Ankunftszeiten. Die für die Analyse der eROSITA-Daten nötige Software ist ebenfalls in der Veröffentlichung enthalten. Für viele Arten von Quellen wurden auch zusätzliche Daten aus anderen Wellenbereichen in so genannte „Mehrwert“-Kataloge aufgenommen, die über die reine Röntgeninformation hinausgehen. „Wir haben enorme Anstrengungen unternommen, um qualitativ hochwertige Daten und Software zu veröffentlichen“, fügt Miriam Ramos-Ceja hinzu, die das eROSITA-Operations-Team leitet. „Wir hoffen, dass dies die Zahl der Wissenschaftler*innen weltweit, die mit Hochenergie-Daten arbeiten, deutlich erhöhen wird, und so die Grenzen der Röntgenastronomie weiter vorangetrieben werden.“


    „Die eROSITA-Collaboration hat bei dieser Datenveröffentlichung hervorragende Arbeit geleistet; und das gleichzeitig mit der Veröffentlichung all dieser erstaunlichen neuen Ergebnisse“, sagt Kirpal Nandra, Direktor am MPE. „Es wird noch viel mehr von uns geben und wir sind gespannt darauf, was der Rest der Welt mit den nun veröffentlichten Daten tun wird.“


    Aufmerksame eROSITA-Beobachter*innen wissen vielleicht, dass das wissenschaftliche Ziel des Teleskops darin besteht, die kosmologischen Modelle anhand von Galaxienhaufen zu überprüfen. Die kosmologischen Ergebnisse, die auf einer eingehenden Analyse der eRASS1-Galaxienhaufen basieren, werden in etwa zwei Wochen veröffentlicht.

    Die Event-Horizon-Teleskop-Kollaboration, an der auch Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn beteiligt sind, hat kürzlich den Startpunkt eines sich entwickelnden Plasmastrahls oder Jets mit ultrahoher Winkelauflösung aufgelöst. Das international besetzte Wissenschaftlerteam nutzte ein virtuelles Radioteleskop von der Größe der Erde, um magnetische Strukturen im Zentralbereich der Radiogalaxie 3C 84 (Perseus A) zu untersuchen, in dem sich eines der nächstgelegenen aktiven supermassereichen Schwarzen Löcher in unserer kosmischen Nachbarschaft befindet. Die aktuellen Ergebnisse geben neue Einblicke in die Entstehung der Jets und zeigen, dass in diesem kosmischen Tauziehen die Magnetfelder die Schwerkraft besiegen.


    „Das EHT liefert nicht nur erste Bilder von Schwarzen Löchern, sondern ist auch hervorragend geeignet, um astrophysikalische Plasmastrahlen und ihr Zusammenspiel mit starken Magnetfeldern zu beobachten“, sagt Georgios Filippos Paraschos, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), der das Projekt geleitet hat. „Unsere dadurch gewonnenen Erkenntnisse liefern neue Beweise dafür, dass sich ein geordnetes Magnetfeld durch das erhitzte Gas erstreckt, das das zentrale Schwarze Loch umgibt.“ Die bahnbrechenden Beobachtungen mit dem EHT ermöglichen es den Forschern, immer wieder auftretende Fragen zu beantworten, wie nämlich Schwarze Löcher Materie akkretieren und gewaltige Jets ausstoßen, die weit über ihre Wirtsgalaxien hinausreichen können.


    In den letzten Jahren hat das Event-Horizon-Teleskop eine Reihe von Bildern enthüllt, die die Ausrichtung der elektromagnetischen Strahlung um das Schwarze Loch M 87* zeigen. Diese Eigenschaft des emittierten Radiolichts, die als lineare Polarisation bezeichnet wird, liefert Hinweise auf das zugrunde liegende Magnetfeld. Insbesondere eine starke lineare Polarisation, wie sie in der vorliegenden Studie gefunden wurde, deutet auf ein starkes, wohlgeordnetes Magnetfeld in der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum von 3C 84 hin. Es wird vermutet, dass solche starken Magnetfelder die treibende Kraft hinter dem Start von Plasmajets sind, die aus Materie bestehen, die nicht vom Schwarzen Loch verzehrt wurde.


    „Die Radiogalaxie 3C 84 ist schon deswegen interessant, weil sie eine Herausforderung für den Nachweis und die genaue Messung der Polarisation des Lichts in der Nähe eines Schwarzen Lochs darstellt“, erklärt Jae-Young Kim, außerordentlicher Professor für Astrophysik an der Kyungpook National University (Daegu, Südkorea), der ebenfalls am MPIfR tätig ist. „Die außergewöhnliche Fähigkeit des Event-Horizon-Teleskops, das dichte interstellare Gas zu durchdringen, ist ein bahnbrechender Fortschritt für die präzise Beobachtung der Umgebung von Schwarzen Löchern.“ Solche hochgenauen Beobachtungen ebnen den Weg für die Entdeckung und Untersuchung anderer supermassereicher Schwarzer Löcher, die für bisherige Beobachtungstechnologien verborgen und schwer fassbar geblieben sind.


    Für eine detaillierte Beobachtung der Radiogalaxie 3C 84 muss man so weit wie möglich heranzoomen. Dies wird durch Verkleinerung der Beobachtungswellenlänge (von links nach rechts) und den Einsatz eines weltweiten Netzwerks von Teleskopen erreicht. Die erhaltenen Radiobilder zeigen den Jet des Schwarzen Lochs in verschiedenen räumlichen Maßstäben (gekennzeichnet durch den horizontalen Balken unter jedem Bild), wobei das EHT-Bild auf der rechten Seite die meisten Details zeigt. Bild: Georgios Filippos Paraschos (MPIfR)


    Die erhaltenen Ergebnisse erhellen auch die Art und Weise, wie die Masse auf das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum akkretiert wird, nämlich durch Advektion. Es wird angenommen, dass die einfallende Materie eine stark magnetisierte, sozusagen magnetisch arretierte Scheibe bildet. In diesem Szenario werden die Magnetfeldlinien innerhalb der Akkretionsscheibe eng gewickelt und verdreht, was eine effiziente Freisetzung von magnetischer Energie verhindert. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Schwarze Loch im Zentrum von 3C 84 schnell rotiert, was einen Zusammenhang zwischen dem Start des Jets und der schnellen Rotation der Schwarzen Löcher nahelegt.


    „Warum sind Schwarze Löcher so gut darin, starke Jets zu erzeugen? Das ist eine der faszinierendsten Fragen der Astrophysik“, sagt Maciek Wielgus, Forscher am MPIfR. „Wir gehen davon aus, dass allgemein relativistische Effekte, die knapp oberhalb des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs auftreten, der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage sein könnten. Solche hochauflösenden Beobachtungen ebnen endlich den Weg zu einer experimentellen Bestätigung.“


    Diese aufregenden neuen Ergebnisse wurden durch die Technik der Interferometrie mit sehr langen Basislinien („Very Long Baseline Interferometry“, VLBI) ermöglicht. Dabei beobachten mehrere Teleskope dasselbe Objekt am Himmel und die gesammelten Signale werden anschließend zu einem Bild kombiniert. Auf diese Weise realisiert man ein virtuelles Teleskop, das so groß sein kann wie der Durchmesser der Erde.


    „Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis von Galaxien wie 3C 84. Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern sind wir bestrebt, die Fähigkeiten des Event-Horizon-Teleskops zu verbessern, um noch detailliertere Einblicke in die Erzeugung von Jets um Schwarze Löcher zu ermöglichen“, schließt Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung Radioastronomie / VLBI.

    Die Forschungskollaboration PHANGS (Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS) unter der Leitung von Eva Schinnerer, Astronomin am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, hat heute atemberaubende Bilder von 19 nahen Galaxien veröffentlicht, die mit dem James Webb Space Telescope (JWST) aufgenommen wurden. Diese Bilder wurden mit Infrarotlicht gewonnen und geben einen detaillierten Einblick in die Verteilung der Sterne und des Materials, aus dem sie entstehen. Die Daten sind nun für Astronom*innen auf der ganzen Welt öffentlich zugänglich, um die Erforschung von Galaxien und insbesondere der Entstehung ihrer Sterne voranzutreiben.


    Es ist ein Leichtes, sich von diesen Spiralgalaxien in den Bann ziehen zu lassen: Folgen Sie einmal ihren scharf umrissenen Armen voller Sterne bis hin zu ihren Zentren, in denen sich alte Sternhaufen und manchmal aktive supermassereiche schwarze Löcher befinden können. Nur das JWST verfügt über die Fähigkeit, so detaillierte Bilder von nahen Galaxien in einer Kombination aus Nah- und Mittelinfrarotlicht zu liefern. Sie wurden heute veröffentlicht.


    Die JWST-Bilder sind Teil eines umfassenden, langjährigen Projekts, des PHANGS-Programms (Physics at High Angular Resolution in Nearby GalaxieS), das von mehr als 150 Astronominnen und Astronomen weltweit unterstützt wird. Bereits vor den Aufnahmen mit JWST sammelte PHANGS viele Daten mit dem Weltraumteleskop Hubble (HST), dem Multi-Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) Instrument des Very Large Telescope (VLT) und dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einschließlich Beobachtungen im ultravioletten, sichtbaren und Radiobereich. Die Beiträge von JWST im nahen und mittleren Infrarot haben einige neue Puzzlestücke geliefert.


    „Die neuen Webb-Bilder sind außergewöhnlich“, sagt Janice Lee, Projektwissenschaftlerin für strategische Initiativen am Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore, USA. „Sie sind selbst für diejenigen Forscher überwältigend, die sich seit Jahrzehnten mit Galaxien beschäftigen. Sie zeigen Details von Blasen und Filamenten bis in die kleinsten jemals beobachteten Größenordnungen und erzählen eine Geschichte über den Zyklus der Sternentstehung.“


    Das Weltraumteleskop James Webb hat im Rahmen seines Beitrags zum PHANGS-Programm (Physics at High Angular Resolution in Nearby GalaxieS) 19 nahe gelegene Face-On-Spiralgalaxien im nahen und mittleren Infrarotlicht beobachtet. PHANGS beinhaltet auch Bilder und Daten des Weltraumteleskops Hubble (HST), des Multi-Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des Very Large Telescope (VLT) und des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), die Beobachtungen im ultravioletten, sichtbaren und Radiobereich liefern. Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Janice Lee (STScI) & das PHANGS-Team


    Als die Bilder eintrafen, breitete sich im Team schnell Begeisterung aus. „Ich habe den Eindruck, dass unser Team ständig von der Detailfülle dieser Bilder überwältigt ist – im positiven Sinne“, fügt Thomas Williams, Postdoktorand an der Universität Oxford im Großbritannien und ehemaliger Postdoktorand am MPIA, hinzu. Die NIRCam (Near-Infrared Camera) des JWST hat auf diesen Bildern Millionen von in verschiedenen Blautönen schimmernde Sternen eingefangen. Einige davon sind in den Spiralarmen verteilt, andere wiederum liegen in Sternhaufen dicht beieinander.


    Die MIRI-Daten (Mid-Infrared Instrument) des Teleskops heben leuchtenden Staub hervor und zeigen uns, wo er sich hinter, um und zwischen den Sternen befindet. Außerdem werden Sterne sichtbar, die sich bisher nicht vollständig entwickelt haben – sie sind noch von Gas und Staub umhüllt, das sie sich für ihr weiteres Wachstum einverleiben. Sie erscheinen wie helle, rote Perlen an den Spitzen der staubigen Kuppen. „Hier finden wir die jüngsten, massereichsten Sterne in den Galaxien“, sagt Erik Rosolowsky, Physikprofessor an der University of Alberta in Edmonton, Kanada.


    MPIA-Ingenieure haben mit Unterstützung der Firma Hensoldt in Oberkochen unter anderem ein Filterrad für die MIRI-Kamera entwickelt, das nun diese fantastischen Bilder liefert. „Wir sind stolz darauf, zu dem überwältigenden Erfolg von MIRI beigetragen zu haben. Diese wunderbaren Bilder sind der Lohn für jahrzehntelange harte Arbeit“, sagt Oliver Krause vom MPIA. Er leitet die Forschungsgruppe für Infrarot-Weltraumastronomie am MPIA und ist verantwortlich für die technischen Beiträge des Instituts zum JWST.


    Was hat die Astronom*innen sonst noch beeindruckt? Die Bilder des JWST zeigen große, kugelrunde Löcher in Gas und Staub. „Diese Hohlräume könnten von einem oder mehreren explodierten Sternen stammen, die riesige Löcher in das Material zwischen den Sternen gerissen haben“, erklärt Adam Leroy, Professor für Astronomie an der Ohio State University in den USA. „Wir sehen diese Spuren nur auf den Bildern des JWST.“


    Verfolgen Sie nun die Spiralarme weiter, um schließlich ausgedehnte, rot und orange erscheinende Gasregionen aufzuspüren. „Diese Strukturen neigen dazu, in bestimmten Teilen der Galaxien dem gleichen Muster zu folgen“, so Rosolowsky weiter. „Wir können sie uns wie Wellen vorstellen. Ihre Abstände sagen uns viel darüber, wie eine Galaxie ihr Gas und ihren Staub verteilt.“ Die Erforschung dieser Strukturen wird entscheidende Erkenntnisse darüber liefern, wie Galaxien Sternentstehung einleiten, aufrechterhalten und unterbinden.


    Es ist erwiesen, dass Galaxien von innen nach außen wachsen – die Sternentstehung beginnt im Zentrum der Galaxie und breitet sich entlang ihrer Arme spiralförmig von dort aus. Je weiter ein Stern vom galaktischen Zentrum entfernt ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er auch jünger ist. Im Gegensatz dazu bestehen die Bereiche in der Nähe der Kernregionen, die wie von einem blauen Scheinwerfer beleuchtet aussehen, aus älteren Sternen.


    Was ist mit den Galaxienkernen, die mit rosa-roten Beugungsstrahlen durchsetzt sind? Sie entstehen, wenn Licht von hellen und kompakten Objekten in das Teleskop eintritt und auf Strukturen wie die Sekundärspiegelhalterung trifft. „Das ist ein klares Zeichen für ein aktives supermassereiches schwarzes Loch“, sagt Eva Schinnerer, Forschungsgruppenleiterin am MPIA und Leiterin der PHANGS-Kollaboration. „Oder die Sternhaufen im Zentrum sind so hell, dass sie diesen Bereich des Detektors gesättigt haben.“


    Es gibt nahezu unendlich viele Fragen, die die Forschenden mithilfe der vereinten PHANGS-Daten beantworten können. Ein guter Ausgangspunkt ist jedoch die beispiellose Anzahl von Sternen, die mit dem JWST aufgelöst wurden. „Sterne können Milliarden oder Billionen von Jahren alt werden“, erklärt Leroy. „Durch genaues Katalogisieren aller Arten von Sternen können wir einen zuverlässigeren, ganzheitlichen Überblick über ihre Lebenszyklen gewinnen.


    Zusammen mit der zügigen Veröffentlichung der Bilder hat das PHANGS-Team auch den bisher größten Katalog von rund 100.000 Sternhaufen herausgegeben. „Die schiere Zahl an Auswertungen, die mit diesen Bildern möglich sind, übersteigt bei Weitem die Fähigkeiten unseres Teams“, betont Rosolowsky. „Wir freuen uns daher, die Forschergemeinschaft zu unterstützen, damit alle, die möchten, einen Beitrag leisten können.“


    Weitere Infos - und meeeeehr Bilder - auf den Seiten des MPIA unter https://www.mpia.de/aktuelles/2024-phangs-data-release-jwst

    Originalmeldung vom Max-Planck-Institut für Astronomie: https://www.mpia.de/aktuelles/…24-03-gj9827d-water-world


    Astronom*innen sind fasziniert, wenn sie Hinweise auf Wasserdampf auf Exoplaneten finden. Das jüngste Beispiel ist GJ 9827d, der laut Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop möglicherweise eine wasserreiche Atmosphäre besitzt. Wasser ist eines der am häufigsten vorkommenden Moleküle im Universum, und sämtliches Leben auf der Erde ist darauf angewiesen. GJ 9827d ist nur knapp doppelt so groß wie die Erde und könnte ein Beispiel für mögliche wasserreiche Welten in unserer Galaxie sein. Der Planet ist so heiß wie die Venus, was ihn zu einer feucht-heißen Welt macht.


    Mit dem Weltraumteleskop Hubble (HST) haben Astronominnen und Astronomen, darunter Laura Kreidberg und Thomas Mikal-Evans vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, den kleinsten Exoplaneten beobachtet, bei dem Wissenschaftler Wasserdampf in der Atmosphäre nachweisen konnten. Dieser Planet, GJ 9872d, befindet sich in 97 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Fische.


    „Das wäre das erste Mal, dass wir durch die Untersuchung von Atmosphären direkt zeigen können, dass diese wasserreichen Planeten in der Umgebung anderer Sterne tatsächlich existieren können“, sagt Teammitglied Björn Benneke vom Trottier-Institut zur Erforschung von Exoplaneten an der Universität von Montréal, Kanada. „Damit handelt es sich um einen wichtigen Schritt, um die Verbreitung und Vielfalt von Atmosphären auf Gesteinsplaneten zu bestimmen.“

    „Wasser auf einem so kleinen Planeten ist eine bahnbrechende Entdeckung“, fügt Laura Kreidberg, Direktorin der Abteilung APEx (Atmospheric Physics of Exoplanets) am MPIA, hinzu. Sie ist mitverantwortlich für das zugrunde liegende HST-Beobachtungsprogramm. „Es bringt uns der Charakterisierung von wirklich erdähnlichen Welten näher als je zuvor.“


    Es ist jedoch noch zu früh, um zu sagen, ob Hubble spektroskopisch eine kleine Menge Wasserdampf in einer aufgeblähten, wasserstoffreichen Atmosphäre gemessen hat oder ob die Atmosphäre des Planeten hauptsächlich aus Wasser besteht, das zurückgeblieben ist, nachdem eine urzeitliche Wasserstoff/Helium-Atmosphäre unter der Strahlung des Sterns verdampft ist.


    Dieses Bild ist eine künstlerische Darstellung des Exoplaneten GJ 9827d, des kleinsten Exoplaneten, bei dem Wasserdampf in der Atmosphäre nachgewiesen wurde. Der Planet könnte ein Beispiel für mögliche wasserreiche Welten in unserer Galaxie sein. Mit einem Durchmesser, der nur etwa doppelt so groß ist wie der der Erde, umkreist der Planet den roten Zwergstern GJ 9827. Zwei innere Planeten des Systems sind links zu sehen. Die Hintergrundsterne sind so eingezeichnet, wie sie das bloße Auge sähe, wenn es zu unserer Sonne zurückschaut. Die Sonne ist jedoch zu schwach, um wahrgenommen zu werden. Der blaue Stern oben rechts ist Regulus, der gelbe Stern in der Mitte unten ist Denebola, und der blaue Stern unten rechts ist Spica. Das Sternbild Löwe befindet sich auf der linken Seite, und Jungfrau ist auf der rechten Seite. Beide Sternbilder sind gegenüber unserer erdgebundenen Ansicht aus 97 Lichtjahren Entfernung verzerrt. Illustration: NASA, ESA, Leah Hustak (STScI), Ralf Crawford (STScI)


    „Unser Beobachtungsprogramm unter der Leitung von Ian Crossfield von der Universität von Kansas in Lawrence, USA, wurde speziell mit dem Ziel entwickelt, nicht nur die Moleküle in der Atmosphäre des Planeten aufzuspüren, sondern auch gezielt nach Wasserdampf zu suchen. Jedes Ergebnis wäre aufregend, egal ob Wasserdampf dominiert oder nur ein kleiner Bestandteil einer von Wasserstoff dominierten Atmosphäre ist“, sagt der Hauptautor der wissenschaftlichen Arbeit, Pierre-Alexis Roy vom Trottier-Institut.


    Angesichts seines Alters von etwa sechs Milliarden Jahren und der Nähe zu seinem Wirtsstern sollte GJ 9872d jedoch aufgrund der intensiven Strahlung den größten Teil seines ursprünglichen Wasserstoffs verloren haben, so dass wahrscheinlich eine von Wasserdampf geprägte Atmosphäre zurückblieb. Ansonsten ist jeder Versuch, Wasserstoffsignaturen zu entdecken, bisher gescheitert.


    „Bis jetzt waren wir nicht in der Lage, die Atmosphäre eines so kleinen Planeten direkt nachzuweisen. Aber wir kommen jetzt langsam in diesen Bereich“, fügt Benneke hinzu. „Irgendwann, wenn wir immer kleinere Planeten untersuchen, muss es einen Übergang geben, bei dem es auf diesen kleinen Welten keinen Wasserstoff mehr gibt und sie Atmosphären besitzen, die eher der Venus ähneln, die von Kohlendioxid dominiert wird.“


    Da der Planet mit 400 Grad Celsius so heiß ist wie die Venus, wäre er definitiv eine unwirtliche, feucht-heiße Welt, wenn die Atmosphäre überwiegend aus Wasserdampf bestünde.


    Derzeit kann das Team nur zwei Möglichkeiten in Betracht ziehen. Der Planet klammert sich noch immer an eine wasserstoffreiche Hülle, die mit Wasser durchsetzt ist, und ist damit ein Mini-Neptun. Oder er könnte eine wärmere Version des Jupitermondes Europa sein, der unter seiner Kruste doppelt so viel Wasser wie die Erde hat. „Der Planet GJ 9827d könnte halb Wasser, halb Gestein sein. Und es gäbe eine Menge Wasserdampf auf einem kleineren Gesteinskörper“, sagt Benneke.


    Nehmen wir an, der Planet hat eine wasserreiche Restatmosphäre. In diesem Fall muss er sich in größerer Entfernung von seinem Wirtsstern gebildet haben, wo die Temperatur niedriger ist als an seinem jetzigen Standort und Wasser in Form von Eis vorhanden ist. In diesem Szenario wäre GJ 9827d näher an den Stern gewandert und hätte mehr Strahlung abbekommen, wodurch sich das Eis in Wasser und Dampf verwandelt hätte. Der Wasserstoff wurde dann erhitzt und entkam oder ist noch dabei, der schwachen Schwerkraft des Planeten zu entfliehen. Die alternative Theorie besagt, dass sich der Planet in der Nähe des heißen Sterns gebildet hat, mit Spuren von Wasser in seiner Atmosphäre.


    Das Hubble-Programm beobachtete den Planeten während 11 Transits - Ereignisse, bei denen er vor seinem Stern vorbeizog - in einem Abstand von drei Jahren. Während der Transits wird das Sternenlicht durch die Atmosphäre des Planeten gefiltert und weist den spektralen Fingerabdruck von Wassermolekülen auf. Sollte es auf dem Planeten Wolken geben, sind sie niedrig genug, um Hubbles Blick auf die Atmosphäre nicht vollständig zu verdecken, und das Teleskop kann Wasserdampf über den Wolken aufspüren.


    Die Entdeckung durch Hubble öffnet das Tor zu einer genaueren Untersuchung des Planeten. Deshalb haben Astronomen und Astronominnen, darunter auch vom MPIA, GJ 9827d kürzlich mit dem Weltraumteleskop James Webb beobachtet. Sie suchten detaillierter nach Spuren von Wasser und anderen Molekülen. „Wir können es kaum erwarten zu sehen, was diese Daten ergeben“, sagt Kreidberg. „Hoffentlich können wir jetzt die Frage nach Wasserwelten ein für alle Mal klären.“