Hallo Uli!
Was sind die Vorteile der verschiedenen Montierungen?
ich kenne die Nachführung bei einer paralaktischen über Flexwellen, aber zb Dobson sehen für mich aus als wäre schieben und drücken angesagt.
Ist das so korrekt und ist eine Nachführung da auch komfortabel?
Wie sieht es mit automatischer Nachführung aus?
Zuerst ist der Hauptunterschied bei Montierungen zwischen EQ (parallaktisch) und AltAZ Montierungen zu sehen.
EQ-Montierung
Bei einer EQ Montierung wird die Drehachse des Teleskops zuerst parallel zur Erdachse ausgerichtet. Diese initiale Einrichtung nennt man Polar-Ausrichtung oder Einnorden und muss jedes Mal wenn man die Montierung neu aufstellt wieder neu gemacht werden. Je genauer man dies macht um so exakter und einfacher ist später eine Nachführung, unabhängig ob diese Nachführung mit einem Motor oder per Hand durch einen Drehknopf oder eine Flexwelle erfolgt. Außerdem muss zur Nachführung nur eine Achse nachgeführt und betätigt werden.
Eine Besonderheit bei einer EQ-Montierung ist, dass je nach Position des beobachteten Objekts mit einem Newton Teleskop der Einblick in das Teleskop also die normalerweise seitliche Position des OAZs / Okulars sich verdreht, da sich der Tubus um die Längsachse des Teleskops dreht. Das kann leicht bedeuten, dass dadurch der zuvor seitliche, bequeme Einblick nach unten oder nach oben wandert und entsprechend eine unbequeme bis unmögliche Positionen erreicht. Steckt im OAZ eine Kamera, ist das in Regel unbedeutend welche Position der OAZ hat und wo die Kamera ist. Beobachtet man aber visuell mit einem Okular ist dies ein großer Nachteil einer EQ-Montierung. Wenn die Position des OAZs eine unbequeme bis unmögliche Position erreicht, muss man versuchen den Tubus in den Schellen so zu verdrehen ohne dabei die zu Beginn der Nacht vorgenommene Polarausrichtung zu verändern. Schwierig!
Die Nachführung von der gefundenen Objektposition aus erfolgt immer nur über eine Achse und muss nur die Erddrehung von 15° je Stunde ausgleichen. Dazu braucht es dann "nur" einen einzelnen Motor/Uhrwerk oder händisch eine einzelne Flexachse/Drehknopf.
Ein Vorteil einer EQ-Montierung ist, besonders wichtig für die Fotografie, dass der sichtbare Himmels-Ausschnitt in der Kamera sich nicht dreht und man deshalb eigentlich beliebig lange, sogar stundenlange Belichtungen ausführen kann, ohne dass die Sterne zu Strichen werden, wenn die Nachführung exakt genug arbeitet.
Damit eine EQ-Montierung ein Goto ausführen kann, also dass nach Eingabe eines gewünschten Objekts die Montierung zum gewünschten Objekt per elektrischen Motoren finden und fahren kann, ist es erforderlich nach der Polarausrichtung zuerst noch zusätzlich eine Alignement vorzunehmen. Die EQ-Montierung muss also erst noch lernen wohin das Teleskop tatsächlich zeigt. Außerdem muss dann die Elektronik auch die exakte Uhrzeit, Datum und geografische Position, Breite des Beobachtungsorts kennen, Daten die eine EQ-Montierung für eine reine Nachführung (ohne Goto) nicht benötigt!
AltAZ-Montierung
Bei einer AltAZ Montierung braucht es keinen initialen Aufwand, keine Polarausrichtung um mit einer Beobachtung beginnen zu können. Aufstellen, Teleskop auf das Objekt ausrichten. Fertig! Beobachten! Allerdings muss man dann das Teleskop in beiden Achsen nachführen damit das Objekt nicht aus dem Okular auswandert. Hierbei dreht sich das Teleskop um die Senkrechte zum Aufstellort, wandert quasi entlang des Horizonts und wird zugleich im Winkel steiler bzw. flacher. Das bedeutet das Okular ist von der ursprünglichen Einblick-Position höher oder niedriger aber der Tubus selbst verdreht sich nicht. Das kann dann zum Teil aber trotzdem körperlich herausfordernd sein, weil weit oben, Körper gestreckt oder tief unten, Körper gebeugt.
Eine motorische Nachführung einer AltAZ Montierung erfordert immer zuvor ein Alignement. Dadurch lernt die "Elektronik" quasi wohin das Teleskop zeigt und deshalb ist dann danach nicht nur eine Nachführung möglich sondern man hat dann auch automatisch ein Goto per Motor. Das bedeutet man kann ein Objekt im Handkontroller / Bedienteil auswählen und die Montierung fährt automatisch zur gewünschten Position. Die Elektronik muss zusätzlich noch die exakte Uhrzeit, Datum und geografische Position, Breite des Beobachtungsorts kennen. Unabhängig von der genauen Nachführung dreht sich aber der durch eine Kamera beobachtete Himmelsausschnitt. Deshalb kann man bei fotografischer Nutzung einer AltAZ-Montierung nicht beliebig lange dauernde Belichtungen ausführen, ohne dass die Sterne zu Strichen werden. Die möglichen Belichtungszeiten schwanken dabei, abhängig wo sich das Objekt am Himmel befindet zwischen ein oder zwei Sekunden bis hin zu fünfzehn Minuten für eine Belichtung. Außer man nutzt einen Rotator der die Kamera dreht und damit den Himmelsausschnitt quasi derotiert. Übrigens alle wirklich großen Profi-Teleskope sind immer auf einer AltAZ Montierung. Teleskope mit ausgewachsenen Durchmessern von 3m, 5m, 8m oder 38m großen Spiegeln!
Dobson-Montierung und EQ Plattform
Eine Dobson Montierung ist immer eine AltAZ-Montierung. Deshalb muss man das Teleskop, in der Regel ist das ein Newton auch in zwei Achsen bewegen, schupsen. Man spricht von Schupsen, weil man das Teleskop immer so weit bewegt, schupst, dass das Objekt im Okular am Rand gerade noch sichtbar ist und man dann es beobachten kann bis es am gegenüberliegenden Rand verschwindet um danndas Teleskop dann wieder erneut nachzustellen. Aber man kann eine Dobson Kiste auf eine motorische EQ-Plattform stellen und dann hat man eine nachgeführte Dobson Montierung . Eine EQ-Plattform muss aber dazu auch zuerst nach Norden ausgerichtet werden und kann dann aber das Teleskop auf Grund der Bauart der EQ-Plattform das Teleskop sechzig bis siebzig Minuten automatisch nachführen, ohne dass man den Newton schupsen muss. Für visuelle Beobachtungen ist dies ein Quantensprung in Beobachtungsqualität.
Es gibt aber auch motorisch betriebene Dobson Montierungen z. B. von Skywatcher die dann sowohl per Motorantrieb ein Goto ausführen als auch das Teleskop motorisch nachführen. Dazu muss man dann aber auch wiederum zu Beginn, also wenn man das Teleskop aufstellt eine Alignement ausführen.
Alignement
Das jetzt so oft beschriebene Alignement ist ein Verfahren mit dem man quasi mit der Elektronik des Handkontrollers vereinbart: "Ich stelle das Teleskop händisch auf z.B. Vega!" Dazu muss man dann im Sucher und Okular eben auch Vega finden, erkennen und sehen. Das ist gerade für Beginnende eine Herausforderung und nicht so einfach, wie es zunächst klingt. Wenn dann das Teleskop tatsächlich auf dem Stern Vega steht, bestätigt man dies per Knopfdruck und die Montierung weiß dann wo Vega ist. Das wiederholt man mit einem zweiten Stern z.B. Akturus. Aus den dann bekannten Positionen der jeweiligen "Alignement-Sterne" und der aktuellen Uhrzeit, Datum und geographischen Breite kann die Elektronik dann ein sogenanntes Pointing Modell errechnen und dann damit auch ein Goto ausführen - z.B. fahre zu Sirius und im Falle einer AltAZ Montierung auf dem Pointing Modell bsierend auch eine Nachverfolgung (Tracking) des angefahren Objekts über die zwei Achsen ausführen. Ein EQ-Montierung braucht am Zielort angekommen nur über die Zeitachse "dümmlich" 15° je Stunde drehen und dafür keine zweite Achse.
Plate-Solving
Ersetzt man in dem Alignement Verfahren den Menschen mit Okular durch eine Kamera die Bilder vom Himmel macht, kann ein Algorithmus, Plate Solving genannt, an Hand der Bilder bestimmen, wohin das Teleskop zeigt. Automatisiert man das Ganze in dem man auf das Teleskop dafür eine eigene (Starsense-) Kamera setzt kann ein so hochgerüstetes Teleskop vollautomatisch ein Alignement auf Knopfdruck ausführen. Sehr bequem, sicher, komfortabel und auch cool. Führend darin ist Celestron welches diese automatisierte Starsense Alignement sowohl für Celestron als auch Skywatcher Montierungen anbietet und es funktioniert sowohl für AltAz als auch EQ-Montierungen.
Plate-Solving mit SmartPhone - Celestron Starsense Explorer
Celestron hat auch eine eigene APP entwickelt - Starsense Explorer - die auf Smartphone läuft und die Smartphone Kamera nutzt. Dazu wird das Smartphone in einen Halter mit Spiegel am Teleskop montiert. Die App macht damit Bilder über den Spiegel vom Himmel und weiß dann per Plate-Solving wohin das Teleskop zeigt. Dann zeigt die APP mit Hilfe von Richtungspfeilen wohin man das Teleskop bewegen muss um zum gewünschten Zielobjekt zu gelangen. Navi für Astronomie. Megacool, super genial und das funktioniert komplett ohne jegliches Alignement oder Polarausrichtung einfach so. Lediglich muss man einmalig die Smartphone Halterung zuvor parallel zum Teleskop ausrichten. Celestron bietet diese Starsense Technik per Samrtphone App aber nur in Kombination mit einer Reihe Ihrer Teleskope an und nicht Standalone. Dabei sind sehr einfache "Wackel-Dackel Ausführungen die keine so große Freude machen, aber man kann diese einfachen Varianten zum Ausschlachten des Halters und dem Freigabecode der APP verwenden und es auf dem eigenen, beliebigen Teleskop zu montieren. Die hochwertigen Starsense-Explorer Varianten mit Dobson und Newton Teleskop sind aber durchaus eine Ausführung für Beginner und auch Erfahrene die viel Spaß machen.
Servus - MünchenBeiNacht - Ewald
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