Hallo Moritz,
Für die richtige Teleskopwahl sind einige Faktoren entscheidend, die hier noch nicht so richtig angesprochen wurden.
Grundsätzlich sind die Beobachtungsbedingungen sehr wichtig und oft der limitierende Faktor. Bei unruhiger Luft oder aufgehelltem Himmel wegen Mondlicht oder in der Nähe größerer Ortschaften wird der Spaß und Erfolg oft von diesen Faktoren begrenzt.
Auch wenn die Objekte nicht sehr hoch über dem Horizont stehen und das Licht daher bis zum Auge des Beobachers mehr Luft durchqueren muss, wird die Bildqualität oft nicht durch das Teleskop begrenzt. Bis ca. 100mm Öffnung ist die Bildschärfe meist durch die Optik begrenzt, über 200mm meist durch das Seeing (Luftunruhe).
Das einfachste und dankbarste Himmelsobjekt ist für Einsteiger der Mond. Den kann man mit absolut jedem Teleskop beobachten, das überhaupt einigermaßen brauchbar ist. Auch 50mm Öffnung genügen schon. Die Vergrößerungen bewegen sich zwischen 10x und 400x (letzteres ist nur mit größerer Öffnung und bei perfekt ruhiger Luft sinnvoll). Fotografieren geht relativ leicht sogar schon mit dem Handy durchs Okular.
Für Planeten solltest Du visuell mindestens 150-200x sinnvoll vergrößern können. Dazu ist eine Teleskopöffnung von mindestens 80-100mm zu empfehlen. Refraktoren liefern ein schöneres und kontrastreicheres Bild als Spiegelteleskope, werden aber jenseits 100mm Öffnung schnell sehr unhandlich und sehr teuer. Refraktoren mit 200mm Öffnung findest Du heute praktisch nur in stationären Sternwarten mit Publikumsverkehr. Die Profis in der Forschung benutzen bei größerer Öffnung praktisch ausschließlich Spiegeloptiken.
In unseren Breitengraden kommen Jupiter und besonders Saturn manchmal viele Jahre lang nicht sehr hoch über den Horizont und wenn doch, ist bei uns Winter. Das ist eine direkte Folge der schräg stehenden Erdachse. Du kannst das leicht mit Planetariumsprogrammen wie Stellarium nachvollziehen.
Für Planetenbeobachtung und Fotografie gelten prinzipiell dieselben Anforderungen ans Teleskop. Statt Fotokameras werden aber spezielle Videokameras mit kleinem Bildsensor verwendet, die unkomprimierte Videodaten mit 60 bis über 100 Bildern/Sekunde liefern können. Aus den Videoclips mit teils mehreren 1000 Einzelbildern werden dann am Computer einzelne Standbilder oder Bildsequenzsn gestackt, die bei sorgfältiger Arbeit erstaunliche Details zheigen können.
Deepsky erfordert bei flächigen/nebligen Objekten vor allen anderen Voraussetzungen einen dunklen Himmel, egal ob fürs Beobachten oder Fotografieren. Bei Nebeln kann man oft Schmalbandfilter einsetzen, bei Galaxien geht das so gut wie nicht. Nur auflösbare Sternhaufen (punktförmige Quellen) lassen sich annähernd gleich gut auch aus der Stadt heraus aufs Korn nehmen.
Die verwendeten Teleskopöffnungen werden hier meist nicht von der Schärfe/Auflösung der Bilder vorgegeben, sondern von der Lichtmenge, die benötigt wird, um überhaupt etwas zu erkennen oder aufs Bild zu bekommen.
Fotografisch genügen hier mit einer guten Kamera sehr viel kleinere Teleskope als fürs visuelle Beobachten. Die Einzelbelichtungen liegen im Bereich Sekunden bis Minuten. Die Gesamtbelichtungszeit liegt oft bei mehreren oder vielen Stunden.
Es macht hier so gut wie keinen Sinn, ein Teleskop für beides anschaffen zu wollen.
Deepsky fotografieren geht schon sehr schön mit einer Systemkamera und 300mm Brennweite bei 24x36 mm Chipgröße. Das ganze montiert auf einem soliden Fotostativ mit einer parallaktischen Nachführung dazwischen.
Visuell genügt als Einstieg schon ein Fernglas, dessen Öffnung dem 5-7fachen der Vergrößerung in mm beträgt.
Bei gutem Himmel kann man mit einem 10x50 Fernglas schon mindestens 2/3 der Messier-Objekte sehen, oft allerdings nur als schwachen grauen Fleck am Himmel.
Ich witzele immer, das beste visuelle Deepsky-Einsteiger-Teleskop hat 400mm Öffnung. Das ist für viele Hobbyastronomen natürlich viel zu teuer und unhandlich. Andererseits braucht es nicht sehr viel Erfahrung, um damit schon Details in den meisten Messier-Objekten zu sehen.
Ein Dobson mit 200mm Öffnung und 1200mm Brennweite ist in vielerlei Hinsicht ein vernünftiger Kompromiss. Den sinnvollen Einsteigerbereich sehe ich etwas weiter bei 130-250mm Öffnung und 650-1200mm Brennweite. Solche Teleskope eigenen sich auch gleich gut für Mond- und Planetenbeobachtung.
Nördlich des ~50. Breitengrades gibt es für Deepsky-Beobachtung eine Sommerpause, weil es nahe Mittsommer nachts nicht mehr komplett dunkel wird (die Sonne muss dazu > 18° unter dem Horizont sein).
Für visuelles Beobachten ist Dunkeladaption sehr wichtig.
Normale Handys sind zu hell. OLED-Displays kann man stark genug dimmen. Ich benutze ein Samsung Tablet, das kostet aber allein schon so viel wie dein gesamtes Budget.
"Push To" halte ich prinzipiell für sinnvoll für Einsteiger, weil es beim Beobachten nicht stört und sich am Dobson "minimal-invasiv" anbringen lässt. Das sind aber noch mal um die 250 Euro extra, die man nicht durch Sparen bei der Optik ausgleichen sollte.
Bei den Okularen gibt es eine sehr große Preisspanne. Einfache Plössl-Okulare oder noch simplere 3-Linser empfehle ich nur noch in ganz speziellen Fällen. Televue Ethos oder Delos finde ich viel zu teuer. Aber auch hier muss man Kompromisse eingehen. Gutes Glas ist nicht billig.
Übersichtsokulare mit 2" Steckhülse benötigen am meisten Glas und kosten in hochwertiger Weitwinkel-Ausführung schnell mehr als ein einfacher 8" f/6 Dobson. Für den genügt erst mal ein 30-35mm 5-Linser vom Typ Erfle (um 150 Euro neu), am besten gebraucht zu kaufen. Eine mittlere Brennweite um 13-15mm ist das "Arbeitspferd" und hier würde ich neu ebenfalls um die 150 Euro ausgeben, z.B. für ein 14mm 82° Explore Scientific. Bei den kürzeren Brennweiten im Bereich 5-10mm gibt es auch etwas günstigere Alternativen, wenn das Bildfeld etwas kleiner sein darf. Die 5-Linser Planetary Typen mit einer Linsengruppe vor der Bildebene und 12-15mm Augenabstand sind hier ein günstiger und brauchbarer Kompromiss für den Einstieg. Wenn Du mit nur 3 Okularen und 8" f/6 Dobson anfangen möchtest, wären hier 6mm Brennweite richtig, bei 4 Okularen 4,5-5mm und 9mm.
Ich hoffe, diese Gedanken helfen dir (und anderen Einsteigern, die das lesen) etwas weiter.
Gruß,
Martin