Nun kann auch ich meine Fingerchen nicht mehr stillhalten und erzähle nach 11 Stunden Schlaf von gestern auf heute, was etwa der Menge von 3 Tagen HTT entspricht , von meinen überwältigenden Eindrücken.
Ich habe ja schlappe zweieinhalb Jahre auf meine HTT-Premiere gewartet und eine irrsinnige Vorfreude aufs Kennenlernen mit so manch bekanntem Astrotreffler entwickelt. So kam es, dass ich anstatt um 6 Uhr schon um 1.30 wach wurde und klar war, dass das mit Weiterschlafen nichts mehr wird. Um 9 Uhr stand ich dann auf einer friedlichen, schlafenden Wiese und habe an meinem Plätzchen gemütlich aufgebaut - was macht mir das immer Freude!
Gleich am ersten Tag (Donnerstag) habe ich echt viele HTTler kennengelernt, die teils schon seit Anbeginn meiner Astrozeit all meine Beiträge lesen - und dann steht da so manch bewunderswerte Koryphäe vor mir und verbreitet die herzlichste und wärmste Stimmung, die man sich nur vorstellen kann. Da schlägt das Herz viel fester!!
Bekannte Gesichter aus dem Südwesten lassen mich auch beinahe heimisch und wohl fühlen, wir können an Gespräche anknüpfen und freuen uns, uns an elnem völlig anderen Ort wiederzusehen.
Die Nächte darf ich ja auch nicht vergessen. Ein sehr schönes Detail beobachte ich jeden Abend zur Dämmerungszeit. Mit einem Mal sehen meine Mitbeobachter anders aus: Wie ein Bäumchen wechsel dich tragen sie nun andere Kleidung und bereiten sich darauf vor, in der Kühle der Nacht entspannt wuseln, beobachten und an tollen Riesengeräten anstehen zu können. Meine Stimmung wechselt gleich mit, die berechtigte Aufregung breitet sich auch in mir aus, weil tagsüber schon Objektnamen fielen, bei denen mein Herz höher schlägt. Nach 3 Jahren Astronomie gibt es noch einige Knüllerobjekte, die ich nicht kenne!
Gaaanz besonders schön waren:
-> In Martins superspannendem NSG mit 24-Zöller (habe beim Vortrag brav zugehört!) der Pferdekopfnebel (ok, er sah erst wie ein Elefant aus, aber die Einsicht folgte beim zweiten Einblickversuch), der Flammennebel, Orionnebel in ganz anderen und brutal starken Strukturen
-> Freihand mit dem NSG die ganze Milchstraße entlang: ein ausgestanzter, greller Kaliforniennebel - ich bin für alle Zeiten verdorben, denn das war nun mein erster visueller Eindruck von ihm und natürlich sämtliche Nebel, die ich mit zarten Strukturen aus meinen Teleskopen kenne, vom Perseus über Kassiopeia und Schwan bis zu Adler und Scutum.
Lieber Martin, DANKE für deine Geduld mit mir und uns, die wir das Wörtchen "jederzeit" dann doch etwas unglücklich interpretiert hatten Du hast meine Astrokarriere unbeschreiblich bereichert!
-> ganz viel angeleitetes Beobachten, damit ich Details finde, die ich alleine nie finden würde: Fußpilzgalaxien, Schaukelpferde, Vogelnester, Mäusegesichter - wessen Fantasie blühen kann, der wird hier glücklich!
-> das Refraktorballett, wobei es vielleicht doch eher die Beobachter waren, die in grazilen Rotationsbewegungen synchron von Gerät zu Gerät tanzten und sich in konzentrierten Vergleichsbeschreibungen übten.
-> das OdM September, die NGC 891, wurde von 4" bis 33" in unzähligen Geräten eingestellt, hier war es kein Ballett, sondern ein geordnetes Zickzack von Gerät zu Gerät, um das Staubband zu erwischen! Eine enorm lehrreiches und spaßbringendes Erlebnis war das für mich.
-> Einen kleinen Absatz verdient das nächste, große Gerät: der 33-Zöller von und bei Kai und Kay. 3,80 m hoch, überragt mühelos jedes Wohnmobil, kann schon am Ortseingang mit dem Fernglas als Navigationshilfe eingesetzt werden.
Das größte Teleskop, das ich bisher gesehen habe. Auf der letzten und obersten Trittstufe der Leiter nehme ich alle Balancefähigkeiten zusammen und haue mal die übelsten Staunrufe heraus und bin irgendwann nur noch still, weil die Eindrücke zu viel sind: Cirrus, M13, NGC 891 und was nicht alles noch. Der Eindruck brennt sich auf alle Zeit bei mir ein.
Um jetzt auch irgendwie mal zu einem Ende zu kommen, bastele ich noch die passendsten Adjektive in einen letzten Satz: Dieses erste HTT hat mir mehr als nur ein Mal die Tränen in die Augen schießen lassen, weil mich diese familiäre, unbeschreiblich liebevolle, hilfsbereite und herzensgute (!!) Gesellschaft auf eine Weise geprägt hat, wie sie kaum glücklicher machen könnte.
Fröhlichimmernochmüde Grüße von eurer
Sarah