Liebe Astrokollegen!
Um ein bisschen Gusto auf das 2. KTT zu machen: ich habe den Ort letzten Sonntag ausgiebig "getestet". Folgend der Beobachtungsbericht dieser objektreichen Beobachtungsnacht!
Beobachtungsabend auf der Koralpe am 31.3.2019 - Trahütten und Weinebene
Pünktlich ein knappes Monat vor dem 2. KTT brach ich letzten Sonntag Abend mit Neo-StAV-Mitglied Niclas auf, um die Verhältnisse auf der Koralpe bei mondloser Nacht und gutem Wetter einmal live zu testen. Nach einem netten Gespräch (und einem netten Getränk) mit Peter, dem Chef des Biobauernhofes beim Gasthof Koralpenblick, machten wir uns so gegen 21:30 Uhr ans Beobachten. Die große, recht ebene Wiese hinter dem Gasthof bietet fast ideale Aufstellmöglichkeiten, die wenigen noch störenden Weißlichtquellen und Bewegungsmelder-Lampen aus Richtung des Hauses wurden schnell identifiziert, fotografisch dokumentiert und für die Abschaltung während des KTT vorgemerkt. Das weite Feld und der umgebende Wald lassen ein großes Himmelsfenster offen, und die neben dem Feld verlaufende Straße führt gerade einmal als Sackgasse zu einem einzelnen Bauernhof - wohl kein großes Problem.
Der Himmel war angenehm dunkel, obwohl offenbar etwas durch leichten Dunst aufgehellt (einige Stunden später war dort der Himmel nämlich klar dunkler). Die beiden Dobsons (ein 8" f/6 GSO und ein 12" f/5 Meade Lightbridge) waren speziestypisch schnell aufgebaut und einsatzbereit. Zum Einsatz kamen eigentlich nur 4 Okulare: ein 32mm TS Erfle und ein 13mm Baader Hyperion am Meade, ein 24mm Explore Scientific und ein HRZ Planetary Zoom (21,5-7,2 mm) am GSO.
Zum Start, bevor er zu tief stand, gabs einmal M42: Der Orionnebel zeigte sich hell und strukturreich in voller Pracht in beiden Instrumenten - da fiel der Achtzöller im Vergleich zum 12-Zöller kaum ab. Da Niclas den Doppelsternhaufen noch nicht kannte, war NGC 869/884 das nächste Ziel. Immer wieder schön, einen Dob aus ohnehin schon steinreichem Gebiet zu diesem wunderbaren beiden Sternhaufen hinüberzuschwenken. Weil wir gerade in der Nähe sind, kommt mein Lieblingssternhaufen dran: ein kleines Stück unter Ruchbah (Delta Cassiopeia) schwenken, und schon steht das Strichmännchen des Eulenhaufens samt seinen leuchtenden "Augen" im Okular. Weitere offene Sternhaufen waren auch die nächsten Ziele, namentlich die im Fuhrmann: M37 begeisterte als imposant dichter Haufen feiner schwacher Sterne, M36 war auch leicht auszumachen, und mit etwas Vorstellungskraft war in M38 auch zu erkennen, warum dieser offene Sternhaufen auch Pi-Haufen genannt wird. Der schon mit freiem Auge als unruhiges Nebelfleckchen sichtbare M35 in den Zwillingen war logisches nächstes Ziel, wobei der sechsmal weiter entfernte und zehnmal ältere Sternhaufen NGC 2158 sehr schön zu sehen war. Ich erinnerte mich, dass in den Zwillingen ja auch der Eskimonebel zu finden war - ein planetarischer Nebel wäre jetzt die optimale Abwechslung. Nach einigem Suchen nutzte ich den Sternenbogen um 63Gem, der schön den Weg zu diesem planetarischen Nebel NGC 2392 weist - und ich war wieder einmal überrascht, wie hell dieser nicht einmal eine Bogenminute große planetarische Nebel doch war. Etwas weiter östlich lud schon die längste Zeit die Präsepe zu einer Beobachtung mit dem Fernglas ein, was nun endlich nachgeholt wurde.
Nach einem kurzen Blick mit dem 8x50 Fernglas zu den Plejaden (M45) sollten jetzt endlich Galaxien an die Reihe kommen - zuallererst die hoch am Himmel stehenden M81 und M82 im Großen Bären. Vor allem die schöne Ansicht der edge-on-Galaxie M82 konnte begeistern, doch nun zog der Nebel vom Tal herauf über uns hinweg und der Himmel verblasste. Wir beschlossen, einzuräumen und unser Glück 650m höher auf der Weinebene zu versuchen.
Und diese Idee war goldrichtig. Nach einer guten Viertelstunde hatten wir den weitläufigen Parkplatz an der Kuppe erreicht - und der Nebel lag unter und prächtiger dunkler Himmel über uns! Flugs war der Meade Dob wieder aufgestellt und auf das schon geplante Ziel eingestellt, die wunderbare Doppelspirale von M51/NGC5195, die im Zwölfzöller sehr schön zu erkennen war. Da lockte doch gleich die nahegelegene Spiralradgalaxie M101, die mehrere ihrer Spiralarme offenbarte. Nach einem "Abstecher" zum Kugelsternhaufen M3 in den Jagdhunden wurden die Messier-Objekte des Großen Bären weiter abgegrast: der Eulennebel M 97 und die Galaxie M108 bieten zusammen einen beeindruckenden Anblick, eine Zeit lang versuchten wir uns aber auch bei höherer Vergrößerung mit dem 13mm Hyperion daran, die "dunklen Augen" des Eulennebels zu erahnen. Den Messier-Irrläufer Doppelstern M40 sowie die wenig auffällige Galaxie M109 waren für mich noch unbeobachtete Objekte - die hatte ich bisher immer links liegen gelassen und nun erstmals gezielt beobachtet. Freiäugig war nachzuvollziehen, wie M40 ein Messierobjekt wurde- die beiden Sterne stehen so, dass ein etwas unruhiges, "nebelhaftes" Bild dabei entsteht, ausreichend für Charles Messiers "Hassliste" der kometenähnlichen Objekte.
Der Coma-Haufen leuchtete auffällig vom Firmament und erinnerte mich an die Lage meiner Lieblingsgalaxie, der riesigen und hellen "Nadelgalaxie" NGC 4565 an deren östlichen Rand - und nach "Anstreifen" an verschiedenen anderen Galaxien des Coma-Galxienhaufens war sie endlich im Bildfeld. Diese okularfüllende Galaxie in extremer Kantenlage und mit deutlichen Straubstrukturen ist immer wieder ein atemberaubender Anblick!
Nach einem Schwenk hinunter zum Sternbild Jungfrau schickte ich Niclas von Vindemiatrix (Epsilon Virginis) mitten hinein in die Dobsonautik durch die Galaxien des Vigohaufens, beginnend mit NGS 4762. Hier lässt sich schwer sagen, was wir alles gesehen haben - es waren Unmengen an Galaxien, oft fünf bis sechs gleichzeitig im Gesichtsfeld. Niclas fand eigenständig (und ohne zu wissen, dass es die gibt) Makarians Chain an Galaxien, und wir haben wohl alle 14 Messier-Galaxien in diesem Bereich gesehen. Bewusst und gezielt wurden dann auch noch M49 und die Sombrero-Galaxie M104 eingestellt. Für die etwas einsam stehene M104 bietet übrigens die Verbindungslinie der Sterne Epsilon und Delta des Raben einen brauchbaren Wegweiser.
Mittlerweile war es schon recht spät - und auch kalt, trotzdem wollten wir uns die schonen Galaxiengruppen im Löwen nicht entgehen lassen: M65/M66/NGS3628 war schon schön, wurde aber von M95/96/105/NGC 3384 nochmals überboten ... die Leo-Galaxien sollte man sich keinesfalls entgehen lassen!
Ein kurzer Blick auf den Ringnebel M57 in der gerade über den Berg steigenden Leier bildete unseren Abschluss, es war mittlerweile etwa halb zwei in der Nacht - wir bauten ab und brachen auf. Ein Abstecher zu unserem ursprünglichen Platz beim Gasthof Koralpenblick 650m tiefer überraschte mich doch sehr: nicht nur, dass der Nebel nun vollständig weg war, der Himmel schien ebenso sternreich zu sein wie zuvor auf der Weinebene - aufgrund des Höhenunterschiedes hätte ich das nicht erwartet. Fazit: eine wundervolle Beobachtungsnacht auf der Koralpe, und: das 2. KTT kann kommen, wir haben definitiv einen guten Platz gefunden!
Norbert Steinkellner