Was mich als noch nicht lange Astronomie-Interessierten bei beinahe jeder Einsteigerberatung verwundert, ist die Tatsache, dass meist Geräte für Fortgeschrittene empfohlen werden. Oder andersherum: Der Einstieg scheint heute eher in einer sehr hohen Spezialisierungs- und Detailstufe angesetzt zu sein.
Da werden regelmäßig 8-Zoll-Teleskope empfohlen, mit denen man schon sehr lichtschwache, entfernte Objekte ("Deep Sky") gut beobachten kann, die einem aber bauartbedingt das Verständnis der "Himmelsmechanik" nicht unbedingt erleichtern. Der Tenor scheint zu sein: so lange man keine Staubbänder in Galaxien damit beobachten kann, taugt es nicht.
Mein laienhaftes Verständnis über eine Lernkurve zur Astronomie sieht ungefähr so aus:
1. Erdrotation, Sonnenumlauf (erkennbar über Sternbilder, Himmelsnordpol, Ekliptik...)
2. Mond (Phasen, Krater, Vulkane)
3. Unser Sonnensystem (Planeten, Kometen, Sonne)
4. Milchstraße (Sternenstehung/Nebel, Sternhaufen, Doppelsterne, Dunkelnebel/Staub)
5. Deep Sky (Galaxien)
Dass die freiäugige Beobachtung hier kaum diskutiert wird, ist das eine. Als Anfänger hat mir das aber das Leben halbwegs schwer gemacht. Ich wußte eher, welche Okulare gute Leistungen bringen, als welche Sternbilder ich von hier aus (52,5° Nord) noch gut sehen kann. Ich verstehe anders herum auch, dass erfahrene Beobachter beim tausendsten Anblick der immer gleichen Paradeobjekte das große Gähnen bekommen und sich entsprechend lieber unbekannteren Objekten zuwenden, die dann naturgemäß weniger einfach sichtbar sind.
Aber es gibt ca. 20-30 Objekte, die schon im Fernglas oder Kleinteleskop eindrucksvoll aussehen plus sicher 100 bis 300 weitere, die man damit halbwegs gewinnbringend beobachten kann. Nach meinem Verständnis wäre das eigentlich ein guter Weg des Einstiegs: Genug Auswahl ohne die permanente Überforderung mit den Möglichkeiten eines Großteleskops. Dazu kommt der deutlich geringere Transport-, Justage-, Pflege-, Platz- und Optimierungsbedarf einer solchen Ausrüstung.
Dagegen spricht vielleicht das Gefühl, zu wenig für's Geld zu bekommen, oder auch das unzureichende Angebot. Man glaubt offenbar, Einsteigern miserabel gefertigte Telskope auf schon visuell wackligen Montierungen verkaufen zu können, und bietet vielfach entsprechende Frustgeneratoren an. Bei einem größeren Spiegelteleskop muss man hingegen von einem erfahrenen Käufer ausgehen und verzichtet auf allzu dysfunktionale Angebote.
Dennoch fände ich es begrüßenswert, wenn man Einsteigern neben Literatur und Sternkarte auch kleinere Geräte empfiehlt. Dazu wäre es allerdings für viele "alte Hasen" notwendig, von den eigenen Interessen und Vorlieben etwas zu abstrahieren und auch bei den Geräteempfehlungen vielleicht eine Nummer kleiner (leider dabei nicht günstiger) ins virtuelle Regal zu greifen.
Viele Grüße,
Sebastian