Hallo zusammen,
da ich, bzw unsere Filter hier mehrfach angesprochen wurden, und hier SEHR viele Themengebiete durcheinander gehen, möchte ich etwas schreiben.
Zunächst zum dritten Posting in diesem Thread (erste Seite): Die Tatsache, daß ein visueller Beobachter den Nordamerikanebel sieht, hat ausschließlich etwas mit der Empfindlichkeitskurve des nachtadaptierten Auges zu tun. Das menschliche Auge hat nachts bei H-alpha eine Empfindlichkeit von haargenau 0%. Auch wenn es mal einen Astro-Handler hier in D gab, der visuellen Beobachtern H-alpha Filter verkauft hat. Den Effekt kann man preiswerter haben, indem man einfach den Deckel auf der Optik läßt...
Wenn das menschliche Auge nachts auch im roten empfindlich wäre, würde wir viel mehr Nebel mit dem bloßen Auge sehen, den die relative Emission bei H-Alpha ist in der Regel VIEL stärker als in OIII, Hß etc...
Um das ganze mit einem Bild zu unterlegen:
http://www.astronomik.com/de/u…onomik_uhc_trans_full.png
* Auf der waagerechten Achse ist die Wellenlänge in Nanometern aufgetragen. 400nm entspricht einem tiefen Blau, bei 520nm sieht das menschliche Auge grün, bei 600nm rot.
* Auf der senkrechten Achse ist die Transmission des Filters in % aufgetragen.
* Die graue Kurve im Hintergrund zeigt die relative Empfindlichkeit des nachtadaptierten menschlichen Auges. Das Empfindlichkeitsmaximum liegt bei 510nm und fällt symmetrisch zum kurz- und langwelligen Bereich ab. Man kann erkennen, daß das nachtadaptierte menschliche Auge keine Strahlung in der H-alpha Linie bei 656nm wahrnehmen kann, die Empfindlichkeit ist 0%!
* In orange sind die wichtigsten Emissionslinien dargestellt, die zur künstlichen Himmelsaufhellung beitragen. Es handelt sich um die Linien von Quecksilber (Hg) und Natrium (Na), die in den meisten Straßenlaternen und Leuchtreklamen verwendet werden.
* In grün sind die wichtigsten Emissionslinien von Gasnebeln dargestellt. Es handelt sind um die Linien von Wasserstoff (H-alpha und H-beta) sowie um die Linien von Sauerstoff (OIII). Die Höhe der orangen und grünen Linien entspricht der relativen Intensität. Diese Werte haben wir aus Spektraldurchmusterungen gewonnen, es sind DURCHSCHNITTSWERTE über sehr viele Objekte, wobei wir die hellen Objekte etwas stärker gewichtet haben.
Nun zur Fotografie: Man MUSS zwischen Aufnahmen mit L-RGB und Schmalbandfiltern unterscheiden, man kann zwar Daten aus beiden "Fällen" in ein fertiges Bild verwursten, aber das Ergebniss ist dann nur (und das ist nicht abwertend gemeint!) ein Produkt der Wünsche des Bildautors!
Bei Schmalbandfiltern belichtet man durch jeden Einzelfilter in der Regel so lange, bis man ein brauchbares Signal-zu-Rausch Verhältnis hat, um die Bilder später sinnvoll weiter verarbeiten zu können. Der Versuch alle Kanäle so lange zu belichten, bis das Obejekt ungefähr die gleichen Helligkeitswerte auf dem Chip hat, führt zu keinem sinnvollen Ergebniss, dam man damit nur die unterschiedliche QU des Sensors, die unterschiedlichen Tn der Filter, die unterschiedliche Extiktion etc ausgleicht.
Um ein Schmalbandfilter-Bild mit einer tatsächlichen Aussage zu erstellen, müßte man sich zunächst ein Spektrum des Objektes angucken, und dann so belichten, daß die Helligkeiten in den einzelnen Kanälen des relativen Intensitäten im Spektrum entsprechen.
(Diese Ausführung soll in keiner Weise Bilder herabwürdigen, die anders entstanden sind. Ich finde sehr viele Bilder "schön". Ich versuche nur auf zu zeigen, wie man vorgehen MÜSSTE, um ein Bild mit einer echten physikalischen Aussage zu erstellen.)
Es gibt keine sinnvolle (mir bekannte) Möglichkeit aus Aufnahmen, die nur durch Schmalbandfilter entstanden sind, Sterne mit einer sauberen Farbwiedergabe zu erzeugen. "Weiß" geht sicher durch virtuoses Drehen an den Gradrationskurven, aber die Farbdifferenzierung eines offenen Sternhaufens gleichzeitig mit einem sauber reproduzierten Emissionsnebel in einem Bild dar zu stellen, geht nur mit (wenigen) Schmalbandaufnahmen NICHT. Der Grund sind die schon weiter oben erwähnten großen Lücken im Spektrum, die nicht abgebildet werden.
Nun zu L-RGB: Viele von uns/Euch möchten "Echtfarb-Aufnahmen" machen, also ein Obejekt so aufnehmen, wie es das menschliche Auge wahrnehmen würde, wenn es denn empfindlich genug wäre.
Ein guter Einstieg in das Thema bietet die Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Farbwahrnehmung
Zusammengefasst für die Filter bedeutet das folgendes: Die Transmissionskurven der R-, G-, und B-Filter müssen in etwa den Empfindlichkeitskurven der Zapfen im menschlichen Auge entsprechen und sich weit überlappen. Der B und der R Filter sollten sich ungefähr in der Mitte der G Kurve treffen. Die Summe der Transmissionen sollte immer 100% (ungefähr) ergeben. Es gibt andere Filterhersteller, die Filter mit kastenförmigen Transmissionskurven mit extrem geringer Überlappung herstellen. Mit diesen Filtern ist es NICHT möglich eine saubere Farbwiedergabe zu erreichen. (Man kann damit aber trotzdem "schöne" Bilder machen.) Wir (Astronomik) haben viele Kunden, bei deren Anwendung eine wirklich exakte Farbwiedergabe extrem wichtig ist. Einer dieser Kunden bezeichnete die Filter einiger unserer Mitberberber als "Buntbildfilter". -Vielleicht trifft es das ganz gut
Das nächste Problem ist die Lage der 50% Punkte der Filter, insbesondere der Überganh Blau <-> Grün, denn in diesem Bereich nimmt das Auge schon kleine Wellenlängenunterscheide als verschiedene Farben wahr. (Beim Übergang Grün <-> Rot ist das wesentlich unkritischer).
Wir haben dazu Lichtquellen mit OIII und Hß Filtern bestückt und SEHR VIELE Menschen gebeten, die Farbe, die sie sehen mit Schiebreglern auf einem Monitor ein zu stellen. Das Ergebniss ist, daß von der großen Mehrheit OIII als eine Mischung von 50% Grün und 50% Blau wahrgenommen wird.
Wenn Ihr Euch nun die Transmissionkurven der Astronomik L-RGB Filter anguckt:
http://www.astronomik.com/en/l…lrgb-typ2c_trans_full.png
seht Ihr, daß OIII in bei Blau und Grün jeweils genau bei 50% liegt. -Die Summe beider Transmissionen beträgt 100%, fließt also mit dem gleichen Gewicht ins Bild ein, wie die H-alpha Linie, die ja NUR vom Rot-Filter mit ~100% durchgelassen wird.
Hß ist etwas weiter im Blauen, es wird von den meisten Beobachtern als deutlich blauer enmpfunden, als OIII. Auch hier haben wir uns mit der Lage der Transmissionen an der Farbwahrnehmung unserer Testpersonen orientiert.
Eine Schwachstelle haben unsere L-RGB Filter dennoch (Und auch alle anderen von jedem Hersteller!!) Wenn man sich auf der oben gelinkten Wikepedia-Seite die folgende Grafik
http://upload.wikimedia.org/wi…ZapfenEmpfindlichkeit.png
anguckt, zeigt die schwarze Kurve (Z) die Summe der Empfindlichkeiten. Bei 656nm ist das menschliche Auge leider auch tagsüber nicht sooooooo furchtbar empfindlich, ganze 26%. Konsequenterweise müßte man die Kurve des Root-Filters also so weit runter ziehen, daß H-alpha nur mit 26% hindurch gelassen wird. -Ich bin mir SEHR sicher, daß solche Filter niemand würde haben wollen, oder ?? Den gleichen Effekt hätte auch das Einfügen einen Schott BG-39 (Transmissionkurve hier: http://www.pgo-online.com/de/k…glasfilter/BG39_BG40.html) in den Strahlengang. Es gibt aber (viele) Leute, die eine Kamera haben, in der ein Filter mit dieser Transmission eingebaut ist, und die diesen Filter ausbauen lassen: Ich spreche von Astro-modifizierten DSLR Kameras!
Eine saubere Farbwiedergabe liefert eine nicht-umgebaute DSLR!! (mit dem korrekten Weißabgleich) Wer mit einer astro-modifizierten DSLR Tageslichtaufnahmen macht, sieht den Rotsstich, den auch Astro-Aufnahmen zwangsläufig haben müssen. Man kann auf dem Weg zum fertigen Bild da zwar EBV mässig viel dran machen, aber wenn man eine Empfindlichkeit von mehr als 26% bei H-alpha will, ist eine wirklich farbechte Darstellung zwangsläufig unmöglich!
(Ich will mit diesem Absatz auf keinen Fall sagen, daß eine DSLR die beste Astrokamera ist!)
So, warum sind wir (und zum Glück nicht nur wir) nun der Meinung, das unsere Astronmik Filter die beste Farbwiedergabe liefern:
Wir haben in der Summe immer (ungefähr) 100% Transmission über den vollen Spektralbereich. Es gibt keine Überbetonten Bereiche, (ausser H-alpha wegen der oben aufgeführten Begründung) und es gibt auch keine Lücken! (Wer sowas will, der nimmt bei einem aufgehellten Himmel z.B. einen CLS zusätzlich in den Strahlengang, dann ist die Lichtverschmutzung weitgehend weg, an einem guten Standort hat man aber trotzdem alles Licht zu verfügung!)
Nur mit Filtern, die den oben aufgeführten Kriterien entsprechen ist es möglich in einem Bild sowohl Kontinuumsstrahler (Sterne, Reflexionsnebel) als auch Emissionslinienobjekte farbrichtig ab zu bilden. (Wobei ich auch hier betonen möchte, daß man auch mit anderen Filtern "hübsche" Bilder machen kann!) Wenn man nur Emissionslinienobejekte oder nur Kontinuumsstrahler darstellen möchte, ist das alles nicht so kritisch, aber nach unserem Wissen gibt es wenig Gasnebel, wo nicht doch irgendwo auch ein Stern im Gesichtsfeld steht
So! Ich hoffe, daß ich zum Teil "Filter" erstmal alle Punkte angesprochen habe.
Für eine "korrekte" Farbwiedergabe muß man leider aber noch viel mehr beachten. Eine gute Einleitung bieten diese beiden PDF Dateien von Bernhard Hubl:
http://astrophoton.com/tips/Farbbalance.pdf
und
http://www.astrophoton.com/tips/B-V_Farbkalibrierung.pdf
weiterhin möchte ich die Web-Seite von Mischa Schimer empfehlen:
http://www.astro.uni-bonn.de/~mischa/index.html
Dort wird die saubere Datenreduktion und Farbwiedergabe wirklich gut erklärt. Und Mischa´s Programm TEHLI tut es fast von alleine
Viele Grüße aus Münster
Gerd