Hallo Christoph,
Du schreibst:
"Und was das mit den Steuermitteln betrifft, beziehe ich mich da eher auf verbeamtete Wissenschaftler, sprich Professorinnen und Professoren an den Universitäten."
Zu meinen Tätigkeiten als verbeamteter Wissenschaftler gehören die Forschung, die Publikation der Forschungsergebnisse, Lehre für Studierende, Betreuung von Abschlußarbeiten und Promotionen, Mitwirkung bei der akademischen Selbstverwaltung der Fakultät sowie die Verwaltung meines Lehrstuhls. Dafür bekomme ich Bezüge aus Steuermitteln. Die Betreuung von Schülern und sonstigen interessierten Einzelpersonen von außerhalb der Universität gehört nicht zu den Tätigkeiten, für die ich aus öffentlichen Mitteln bezahlt werde. Ich kann das natürlich tun, aber das ist dann meine Freizeitbeschäftigung.
Seitdem es email gibt, treten viele Menschen mit ihren Fragen an Professoren heran. Sie denken meist ähnlich wie Du: „Die werden ja aus öffentlichen Mitteln bezahlt, also kann ich erwarten, daß sie sich mit meinen Anliegen befassen.“ Das Spektrum reicht vom Schüler bis zum Journalisten, vom interessierten aber völlig unkundigen Laien, der gerne mal mit einem Professor chatten möchte, über den geistig wach gebliebenen Pensionär bis hin zum Troll. Ich nehme mir die Freiheit viele dieser Anfragen zu ignorieren. Andernfalls müßte ich jede Woche Stunden aufwenden, um Einzelpersonen, die nicht der Universität angehören, per Internet kostenlosen Individualunterricht zu erteilen.
Daß das Bayerische Kultusministerium von den Schülern verlangt, sich an Professoren zu wenden, um Schulaufgaben zu erledigen, finde ich eigenartig. Anders als in den meisten anderen Länder absolvieren Gymnasiallehrer in Deutschland ein wissenschaftliches Hochschulstudium. Das wird zwar immer wieder kritisiert: „Wofür brauchen die Lehrer das? Sie müßten stattdessen mehr Pädagogik studieren. Wissenschaftlich sind sie für die Schule doch überqualifiziert.“ Aber gerade bei der Betreuung von Seminararbeiten zeigt sich doch der Sinn des Fachstudiums. Hier hätten die Lehrer Gelegenheit ihre Fachkenntnisse zum Einsatz zu bringen. Warum will man stattdessen externe Experten heranziehen?
Die Betreuung von Bachelorarbeiten, Masterarbeiten und Promotionen macht einen erheblichen Teil meines Tätigkeitsprofils aus. Hier ist pädagogisches Geschick und Engagement erforderlich, weil jeder Fall ein individuelles Maß von Hilfe zur Selbsthilfe, von Anleitung und Gewährenlassen sowie von kritischer Begleitung erfordert. Meines Erachtens müßten die Gymnasiallehrer für die Schüler das Gleiche leisten. Betreuung von Seminararbeiten an der Schule ist in erster Linie deren Aufgabe. So sollte z.B. die fachliche Beratung, die dem Mondkind hier im Forum gerade großzügig erteilt wird, eigentlich vom Fachlehrer kommen.
Viele Grüße
Johannes