Hallo zusammen,
letzte Nacht war es endlich soweit: zusammen mit Mathias, Michael, Holger, Jörg und Jochen konnte ich in Gülpe im Westhavelland mein 20“ Selbstbau Bino-Teleskop in einer klaren Nacht erstmals unter dunklem Himmel testen.
Neben einem 80mm ReiseRefraktor hatten wir mit 3 weiteren Refraktor-Binos (feine Geräte mit Öffnungen zwischen 80mm und 120mm) ordentlich Bino-Power am Start.
Leider haben wir nur wenige brauchbare Fotos von der Aktion gemacht. Hier eines der wenigen, als wir mit Sonnenfilter zahlreiche Sonnenflecken, teilweise mit fein strukturierter Penumbra, sowie die Granulation der Sonnenoberfläche im Weißlicht beobachten konnten.
Eines der Ziele, die wir uns für die Nacht vorgenommen hatten: endlich mal den Pferdekopfnebel sehen. Die meisten von uns (wenn nicht sogar alle?) hatten ihn visuell noch nie zuvor gesehen, obwohl jeder von uns schon ein paar Jährchen Beobachtungserfahrung mitbrachte.
Versuche mit verschiedenen UHC Filtern (einäugig ungefiltert und auch beidäugig gefiltert) zeigten den Nebel genausowenig wie der komplett ungefilterte Anblick.
Insbesondere half auch die Kombination ungefiltert linkes Okular / H-Beta rechtes Okular nicht. Vielleicht weil das gefilterte Bild insgesamt so viel dunkler war, dass das Gehirn dieses dunkle Bild so verwirft, als würde man auf einem Auge ein helles Bild sehen mit vielen Sternen und das andere Auge zukneifen (schwarz)=> in solchen Fällen wird das helle Bild ja auch nicht auf „grau“ oder „halbhell“ abgedunkelt. Das Gehirn legt dann ja auch keinen „Schwarz-Schleier“ des „unnützen“ Auges über das brauchbare Bild des offenen Auges, sondern ignoriert das geschlossene Auge einfach.
Erst der Einsatz von 2 H-Beta Filtern (einmal von ES im einen Okular, Lumicon am anderen) zeigte am 20“er Bino zunächst IC434 deutlich. Etwas Hin- und Herschwenken half dabei. Mit konzentriertem Beobachten war dann auch eine dunkle Einbuchtung (B33) an der Stelle zu sehen, wo sie sein sollte.
Einige Beobachter aus unserer Gruppe empfanden die Sichtung sogar als vergleichsweise einfach oder klar, während andere es als grenzwertig beschrieben. Welcher Filter (ES oder Lumicon) der bessere war, kann ich nicht beurteilen, weil ich mich auf einen Vergleich nicht konzentriert habe. Beide Bilder waren vergleichbar dunkel.
Die Vergrößerung betrug 67fach bei 7,5mm Austrittspupille.
Das SQM-L zeigte zu dieser Zeit kaum streuende Werte um 21,2 im Zenit. Zwei Straßenlaternen in der Nähe, der weiße reflektierende Schnee auf den umliegenden Feldern und die nicht ganz perfekte Lufttransparenz sowie der zeitweise recht frische Wind waren sicherlich nicht zuträglich für die Beobachtung bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Trotzdem: gesehen ist gesehen, und nun konnten wir zu etwas weniger ambitioniertem Genuss-Spechteln übergehen.
Ich weiß nicht mehr wieviele Galaxien wir an diesem Abend sahen, alles aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Aber die Walfisch-Galaxie NGC4631 und die feine Nadel NGC4565 sind mir als spektakulär im Gedächtnis geblieben, genau wie die Spiralarme in M51 (da geht aber unter besseren Bedingungen sicher noch mehr), während M101 zwar groß war aber etwas diffus eher enttäuschte. Die beiden Triplets im Löwen zeigten jeweils alle 3 Komponenten mühelos. Leo I wurde jedoch von Regulus überstrahlt, selbst wenn dieser aus dem Bildfeld gehalten wurde (vielleicht weil eine der vielen optischen Flächen leicht beschlagen war).
M42 natürlich ausgedehnt mit Struktur ohne Ende, aber die rote Farbe in der östlichen Schwinge konnte ich nicht erkennen. Da hätten wir vielleicht noch höher vergrößern sollen.
Eindrucksvoll war M44 freiäugig, ein großer deutlich diffuser Fleck. Hier spielten die Refraktor-Binos ihre Stärken aus: wunderbar nadelfeine Sterne, nicht überstrahlend, mit großen Gesichtsfeldern, einfach klasse!
Eulennebel und Eskimonebel waren weitere Objekte. Eskimo war bei 67fach tiefblau, bei 160fach verblasste die Farbe überraschenderweise jedoch sehr deutlich. Dafür kam der Zentralstern dann kräftig zur Geltung. M1 war kräftig aber ohne filligrane Strukturen, dazu war die Luft wohl doch zu feucht.
Gegen 23 Uhr ging der Mond auf und wir bauten ab. Ab 24 Uhr gab‘s in der warmen Ferienwohnung ein Feierabend-Bier und Gespräche bei Rührei auf Brot bis 2:30 Uhr.
Wir waren uns alle einig: das war eine unvergessliche Beobachtungsnacht, und die Beobachtung mit Binos ist so angenehm und komfortabel, dass wir zukünftig wohl nur ungern auf‘s zweite Auge verzichten werden.
Baut mehr Binos!
Clear Skies,
Stefan