Eine Analyse aller Faktoren wäre so lange, dass sie keiner mehr lesen mag. Bei der Einsteigerberatung spielen viele Faktoren eine Rolle. Was weiß der Fragesteller? Hat er sich bereits ein wenig informiert? Ist er nur unsicher und fragt deshalb vor einem Kauf nach? Oder will er ohne sich selbst ein wenig einzulesen alles erklärt haben, weil das für ihn einfacher ist (was es meistens nicht ist!)? Und selbst wenn es so ist: ist das ok? Oder ist vorher auch Eigeninitiative gefordert?
Ich habe alles an Reaktionen bereits gelesen. Von unvoreingenommener und elendslanger Beratung bis ins kleinste Detail, geduldig und nett, bis zur ruppigen Abfuhr, dass man sich doch erst selbst mal schlau machen soll, bevor man hier alle Experten zur Tastatur bittet.
Was mich aus ökonomischer Sicht (und nur aus jener) fast wahnsinnig macht ist die Tatsache, dass immer alles von vorne beginnt. Und hier immer wieder dieselben Antworten auf dieselben Fragen gegeben werden. Das sind Stunden über Stunden Schreibarbeit, um jemand den Unterschied zwischen Spiegel und Linse zu erklären. Abgesehen von Glaubenskämpfen und gegenseitigen Zurechtweisungen, was man zu empfehlen hat. Es werden also immer dieselben Antworten in die Foren getippt. Weil es ja auch nur eine begrenze Anzahl an sinnvollen Informationen für Anfänger gibt.
Phase zwei ist die Erstellung von Homepages, in denen man alles, was man fragen kann, beantwortet. Wir kennen viele. Dort steht schon mal alles drinnen über Okulare, Teleskope, Brennweiten, AP, Bildfelder, alles. Und man kann das dort dutzendfach nachlesen, wenn man es wissen mag. Trotzdem ist es normel, hier zu fragen, als das zu lesen, was bereits online steht. Weil es einfacher ist und schneller geht. Warum 3 Webseiten durchkauen, wenn ich hier nochmal fragen kann: "Hey, was soll ich mir kaufen? Einen 150/700 ED oder FH oder einen 150/1800 Mak?" Powww. Gute Frage. Also, von vorne: was willst Du denn gucken? Weil für Deep Sky brauchst Du ganz was anderes! Und für Fotos ist ein FH schlecht. Und bei dem Mak, herrje, die Brennweite, was hastn für eine Montierung?
Und dann geht es rund. Das braucht jetzt 10 Seiten. Von Montierung, Standort, Objektwahl, Fernrohrauswahl, Kostenlimit, Transportfähigkeit, Okularauswahl, Foto ja/nein, Guiding, Hebel, azimutal?, Taukappe und Batterie und...
Naja, und eine Woche später fragt der/die Nächste und alles beginnt von vorne. Ähnlich, nicht ganz gleich, aber doch schon. Und die frage wird sein: ist der/die dann nicht überfordert? Öffnungsverhältnis? 0,7mm AP? Abberation? Komakorrektor? Häääää? Ich wollte doch nur fragen, ob...
Wie will man das lösen? Eben. Ein Teil der User wird sich freuen, alles zwanzigmal im Jahr individuell erklären zu dürfen. Ein andere User wird sagen: bitte guck doch mal ein paar dieser Beratungen an und schau, was genau Deine Fragen sind, und ob sie nicht dort schon beantwortet wurden. Beides ist legitim. Beides sollte freundlich geschehen. Aber es geht ja auch um Kommunikation, um das Eingehen auf individuelle Fragen und Budgets, Beobachtungsorte und Transportmöglichkeiten... um vieles! Wie kann man helfen?
Und dann kommen die "Kauf Dir einen 8"-Dobson"-Überzeugten und die "vielleicht will der eher einen kleinen Refraktor?"-Mutigen, und man wird sehen, was dabei dann herauskommt. Einst schrieb mal jemand in Verzweiflung: "vergiss all diese verdammten Foren, geh zu einem Teleskoptreffen und rede mit den Leuten und guck durch. Alles andere ist von zweifelhaftem Nutzen." Vielleicht hatte der recht. Weil selbst, wenn man hier oder anderswo umfassend und fachlich fundiert beraten wurde: neutral war das wohl kaum. Und neutral wird es auch nirgendwo sein. Nicht bei einem Händler, nicht bei einem Teleskoptreffen.
Meine erste Antwort auf jedwede Frage müsste wohl sein: entscheide Du selbst, was Dir wichtig ist, und folge Deinem Bauch. vertraue ihm mehr als allen Antworten. Wenn Du einen Refraktor willst, lass Dir nichts anderes einreden. Wenn Du einen Dobson willst, auch nicht. Aber hör zu, hör auf die Für und Wider, die es gibt. Aber kauf, was Dir Spaß macht.
Das Fachliche sollte für mich 50% ausmachen. Genauso wichtig ist es, einen Newcomer nicht zu verunsichern mit 1.000 Parametern, deren praktischen Nutzen er noch gar nicht verstehen kann. Das wäre mein Ansatz einer Beratung. Und manchmal gelingt das den Kollegen hier sogar recht gut.
lg
Niki