SETI-Suche an Wow-Koordinaten mit 26m Radiotelesko

  • Und? Gibts schon irgendwelche Ergebnisse?



    Eine Frage hätte ich aber:
    wenn man einmal ein Signal aus einer bestimmten Richtung empfangen hat, warum richtet man dann keine Radioteleskope dauerhaft auf diese Region? Wenn da eine 3,7 m Schüssel schon ausreicht, hätte ich mindestens 10 Jahre lang gehorcht ob´s nicht wieder kommt. An dieser Stelle sind doch die SETI-Gelder potentiell am besten investiert, oder nicht?

  • Vorläufiges Ergebnis: Kein Signal gefunden. Die meisten Daten sind aber noch gar nicht begutachtet.


    Aus Australien ist das auch direkt das Endergebnis, da die Datenauswertung bereits abgeschlossen ist.
    Anbei zwei Bilder vom Beobachtungsort. Das Equipment wurde speziell für die Beobachtung direkt unter der Schüssel neu aufgebaut, um das Rauschen durch Signalwege zu minimieren.


    http://www.jaekle.info/australien1.jpg
    http://www.jaekle.info/australien2.jpg


    Die Ergebnisse aus Tasmanien müssen erst noch analysiert werden. Mein Ansprechpartner hat das Spektrometer zwischen 14:14 und 14:19 live beobachtet und nichts gesehen. Die Restdaten zwischen 11:00 und 15:42 sind jedoch noch ungesichtet. Er braucht 1 Woche für "basic processing and calibration", dann bekomme ich eine Datei zur Analyse. Falls jemand Interesse hat, auch zu analysieren, kann ich es gerne zur Verfügung stellen. Profunde Kentnisse in Statistik etc sind natürlich notwendig. Es handelt sich um Zeitreihendaten: Alle 5 Sekunden ein Wert [0..x], der die Amplitude darstellt, und zwar jeweils für 4096 Kanäle und 2 Polarisationen. Es sind teils heftige Störquellen drin, die rausgefiltert werden müssen, und die HI-Linie muss man glätten. Was dann noch über Rauschen rausragt, wäre betrachtenswert.


    Beispielbild für eine solche "Belichtung" von 5 Sekunden:
    http://www.jaekle.info/tasmanien1.png
    Beide Ansprechpartner möchten auch gerne an einem wissenschaftlichen Paper mitarbeiten. Ich werde im Anschluss an die Datenauswertung damit beginnen.


    Ich melde mich spätestens wieder, wenn ich die Daten habe. Kann aber eine Woche oder so dauern.

  • (==>) Pat: Ich finde auch, dass Wow es wert wäre, langfristig danach zu suchen. In der Literatur sind Beobachtungen mit einer Gesamtsumme von weniger als 100 Stunden Beobachtungszeit dokumentiert. Dabei nimmt der Versuch von Gray/Ellingsen (2002) mit insgesamt 84 Stunden schon den Hauptteil ein. Vergleicht man das mit einem Zeitraum von 33 Jahren seit Entdeckung von Wow, kommt man auf 0,03% Observationszeit. Selbst 2002 wurden nur 84 von 8760 Stunden beobachtet, also ~ 1% des Jahres.


    SETI Australien plant jetzt langfristige Beobachtungen: "I have decided to continue the observing campaign instigated by your paper on a continual basis". Problem dabei: Sie haben keine Nachführung für ihre Schüsseln. Man beobachtet also so lange, bis Wow aus dem Gesichtsfeld driftet. Das ist je nach Standort zwar ~ 1 Stunde, aber trotzdem wieder nur einen Bruchteil der Zeit.

  • Hmmm, interessant. Ich finde es wirklich Eindrucksvoll das du als Amateur sowas zustande gebracht hast. Hut Ab!


    Da hab ich doch gleich noch ein Proposal.... Wir haben hier auf dem Unidach ein Radioteleskop... eine Schüssel, ich glaube nur 1 Meter im Durchmesser... Ich kenne mich mit Radiotechniken leider noch nicht so gut aus, aber meint ihr die Schüssel würde ausreichen um das Signal bei nur 10° höhe zu detektieren? Ich finde leider auf anhieb keine Angabe über die damalige Signalstärke in einer mir geläufigen Einheit wie (milli)Jansky. Aber ich glaube eher das das überhaupt nicht klappen würde von hier aus.

  • 54 Jansky (1) war die Signalstärke in einem 10 KHz Band bei 1420,456 MHz (+- 5kHz).
    Eine Quelle (2) meinte, heute würde schon ein 3,7m-Teleskop ausreichen. Ist da auch rechnerisch erklärt. Kannst ja deine 1m-Schüssel mal messen, was damit geht. Virgo A hat 211 Jansky, zur Kalibration (3). Man sollte halt noch einige Jansky Luft haben, damit's nicht im Rauschen untergeht.
    Die regelmäßigen Verbesserungen hängen wohl vor allem von der Elektronik ab, die sich rasant weiterentwickelt.


    (1) http://www.bigear.org/Wow30th/wow30th.htm#flux
    (2) http://www.setileague.org/articles/calibwow.htm
    (3) Baars, J. W. M., Genzel, R., Pauliny-Toth, I. I. K., & Witzel, A. 1977,
    A&A, 61, 99

  • Hallo Arpad,


    vielleicht gelingt es Dir noch eine zweite 1 m Schüssel aufzutreiben, dann könnten die beiden zu einem kleinen Array zusammengekoppelt werden - dann könnte es klappen... ;)

  • Radio-Interferometrie ist eine super Sache, da die Auflösung drastisch erhöht wird. Für SETI ist das aber egal, da will man eher S/N, also Sammelfläche. Zwei mal ein Meter gibt da kein zwei Meter gerät, sondern 1,4m!

  • Ich hab grad mal mit Kollegen gesprochen. Die Schüssel ob hat sogar 3 Meter im Durchmesser, aber so wie es montiert ist, kommen wir damit nicht auf eine Deklination von -27 runter. Schade.

  • Hallo Astrofreunde,


    ich habe jetzt die Daten erhalten. Die Analyse wird aber noch einige Tage dauern: Es handelt sich um sehr viele Daten in für mich ungewohnter Form. Es sind 6.000 TXT-Dateien. Jede enthält eine 5s-Integration für eine der beiden Polarisationen. Pro TXT sind jeweils 4.000 Werte enthalten (eine Amplitude pro Kanal) und die zugehörige Frequenz (in MHz). Insgesamt sind es also ~ 24.000.000 Datenwerte mit zugehörigen Infos (Frequenz, Polarisation, Uhrzeit, Himmelsort). Ein kleiner Teil davon sind Referenzaufnahmen bei anderen Deklinationen.


    Ich habe unten den Anfang einer solchen Datei mal als Beispiel angehängt. Ich habe ein Skript erstellt, das die TXT häppchenweise ausliest und in Excel überführt. Alles auf einmal passt nicht. Das ist aber soweit mal egal. Ich kann auch mit STATA und SPSS umgehen, will aber erst mal ganz simpel mit Excel ran um ein Gefühl zu entwickeln.


    Problematisch sind die Störungen. Ich bin momentan dabei, diese rauszumitteln. Drei Störungen sind besonders auffällig:
    1. Wenn man pro Integration die Summe der Amplituden bildet, und diesen Wert über die Zeit anschaut, sieht man große Veränderungen - mehrere Prozent. Das kann man aber relativ leicht glätten.
    2. Alle paar hundert Kanäle sind fette Spikes drin, also Ausschläge nach oben. Das ist eine Interferenz, deren Ursprung unbekannt ist. Kommt alle paar Minuten rein und verschwindet wieder. Die Kollegen vermuten einen terrestrischen Störsender. Ist zwar nur 1-2 Kanäle breit, hat aber aufgrund seiner Stärke mehrere ordentliche Nebenmaxima. Da die Spikes kommen und gehen, sind sie schwer zu eliminieren. Sie sind auch in den Referenzframes, also nicht kosmisch verursacht.
    3. Das für mich seltsamste Phänomen ist "Gibbs ringing" und von (2) verursacht. Zitat: "occurs because we have some strong single-channel interference spikes. Because the signal is digitally sampled to 2-bits and the width of the autocorrelation window is finite this causes leakage. It can be significantly reduced through a technique called Hanning smoothing".
    Also habe ich mich mal eingelesen und siehe da, mit dem "Hanning smoothing" kriegt man das glatt.


    Nachdem ich die Störungen soweit raus hatte, konnte ich eine Tabelle erstellen, die quasi alles nullt und einen Rauschteppich (mit den Residuen) darstellt. Dann die korrespondierende Standardabweichung ausgerechnet und eine neue Tabelle mit sigmas. Also den Faktor, um den das Residuum von seiner Standardabweichung abweicht. Das habe ich so in den SETI-Papers gelesen, und in Ökonometrie an der Uni haben wir das auch so gemacht ;)


    Für die eine Polarisation und ein Frequenzband von HI +- 125 KHz habe ich das schon fertig erstellt. Um es kurz zu machen: Da ist definitiv kein Signal drin, das dem "Wow" gleicht. Es sind da allerdings einige Phänomene, die ich mir noch genauer anschauen will. Außerdem fehlt noch der restliche Frequenzbereich (gesamt 4 MHz, ich habe also erst 6% angeschaut). Und dann das selbe in grün für die andere Polarisation.


    Also noch einiges zu tun...



    ######################################################################


    # Name: wow #


    # Position: J2000 19:23:03,0 -26,43,24,0 #


    # Time: 2010/08/16/14:05:03 #


    # Flux Unit: Jy #


    # Pol Type: linear #


    # Abcissa: TOPO Frequency (MHz) #


    # Beam No: 0 #


    # IF No: 0 #


    # WCS: TOPO 1,42e+09 2048 976,5625 #


    # Rest Freq,: 1,42041e+09 #


    ######################################################################



    x y0 yf0


    1418 188,22678 0


    1418,001 189,65372 0


    1418,002 180,78172 0


    (...)

  • Ich weiss nicht inwiefern es "richtige" Radiodaten sind, aber falls ja, wärs da nicht besser diese mit richtiger Radiosoftware wie z.b. CASA zu bearbeiten?

  • Hallo Arpad,


    danke für den Hinweis. Es handelt sich um "richtige" Radiodaten.


    Ich kenne mich mit dafür spezialisierter Software gar nicht aus, deshalb habe ich noch nie von CASA gehört. Laut NRAO ist CASA ein C++/Python Paket für Mac und Linux? Ich kann weder C++ oder Phython gut genug, noch habe ich eines der beiden Betriebssysteme.


    Hast du Erfahrung mit CASA? Oder kennst du noch andere Programme?

  • Du musst für CASA nichts programmieren, es ist halt nur in C++ bzw. Python geschrieben und braucht diverse libraries um kompiliert zu werden, aber selber schreiben musst du da in der Regel nicht.


    Ich hab ja grad erst mit meiner doktorarbeit im Bereich Radioastronomie angefangen und nutze daher auch CASA... aber ich bin noch dabei mich da einzuarbeiten.... das ist nicht so leicht wie einfach alle bilder in DSS laden und los gehts :D


    Es gäbe da noch AIPS, MYRIAD und vermutlich noch viele andere. Aber von denen hab ich überhaupt keine Ahnung.


    Hast du bei den Daten einen Ordner namens xxx.MS? Denn wenn ja, kann man das relativ leicht grob in CASA kalibrieren und sich ein Bild ansehen :)

  • Mhm, ich habe leider nur TXT Dateien. Reiner ASCII Text.
    Zu CASA habe ich mir mal das Handbuch angeschaut. Ich fürchte, dass sich der Einarbeitungsaufwand nicht lohnt.

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