(08) Synta-Geräte in der Praxis

  • Sechster Labor-Bericht: Synta-Geräte in der Praxis



    Allgemeine Vorbemerkung u.a. zum technischer Teil


    Die Möglichkeit dieses privaten Boards, auf äußerst unkomplizierte Art die dazu nötigen fotografischen
    Dokumente uploaden bzw. dort "bunkern" zu können, ist ein unschätzbarer technischer Vorteil beim
    Forum AstroTreff, der es erheblich leichter macht, schwierige Sachverhalte durch Bilder darzustellen:


    http://www.astrotreff.de/class…p?TOPIC=943&FORUM=5&CAT=2


    Meine Bilder via email abzuliefern und die Foren-Codes nur noch in den Text einbinden zu müssen, er-
    leichtert das Schreiben dieser Berichte enorm. Das gemeinsame Hobby mobilisert Aktivitäten, die dem
    Kommerz möglicherweise verlorengeht. AstroTreff bekommt für mich den Charakter eines gehobenen
    elektronischen Magazins mit hohem Informations-Wert. Schätzenswert in diesem Zusammen-
    hang ist das Mitglieder-Verzeichnis, das es ermöglicht, ähnliche bzw. gleiche Interessen einander zu
    zu führen.


    Herzlichen Dank an den Matthias !


    Vorbemerkung sachlicher Teil


    In Absprache mit Matthias R.n starten wir den eigentlich notwendigen Versuch, Labor-Daten mit
    der astronomischen Beobachtungs-Praxis zu vergleichen, also der Frage näher zu kommen, in wieweit die
    im Labor darstellbare Fehler sich auf praktische Ergebnisse bei der Beobachtung und Fotografie auswirken.
    Mitunter weit weniger, als die Labor-Ergebnisse vermuten lassen. Dazu liefere ich einige typische Meßergeb-
    nisse ab und Matthias will dazu passend die Situation aus der Praxis darstellen.


    01. Prüfaufbau am Beispiel eines 120/600 Synta FH



    Während am Himmel das Licht einmal durch das opt. System hindurchgeht, setzt man bei dieser Testanordnung
    in den Fokus eine Lichtquelle, die im ersten Durchgang das System von hinten her passiert und zu einem
    Parallel-Bündel gemacht wird. Dieses Bündel mit dem Durchmesser der Objektiv-Öffnung wird vom Planspiegel
    wieder zurückgeschickt, und passiert nun ein zweites Mal das System, von dem er wieder fokussiert wird.
    Durch diesen doppelten Durchgang hat der Lichtstrahl zweimal die Fehler des Systems "aufgedrückt"
    bekommen, man sieht diese also doppelt so gut, wie am Himmel, bei absolut ruhigem Seeing.


    02. Aufbau eines Weißlicht-Bath-Interferometers



    Der Vorteil des Bath-Interferometers ist die Möglichkeit, mit Weißlicht in allen Spektren bzw. Wellenlängen
    zu arbeiten. Durch enge Interferenz-Filter kann man daher den farb-abhängigen Öffnungsfehler sehr exakt
    darstellen. (=Gaußfehler) Bei einem Refraktor-Objektiv untersucht man folgende Farb-Bereiche:
    Die C-Linie (rot) bei 656.3 nm, die D-Linie (gelb) 589.3 nm, die e-Linie (grün) bei 546.1 nm, die F-Linie (blau)
    bei 486.1 nm und die g-Linie (violett) bei 435.8 nm, jeweils Licht-Wellenlänge. Für gewöhnlich versucht man
    die D-Linie und die e-Linie auf gleiche Schnittweite zu bringen, die C-Linie nicht zu weit dahinter zu legen,
    während man blau und violett gegebenenfalls mit einem Gelbfilter abschneidet, also sperrt. So läßt sich so
    mancher Synta bereits mit einem Gelbfilter verbessern. Am Jupiter klappt es mit einem Grünfilter noch
    besser.


    03. Ronchi-Linien 10lp/mm meines 150/1200 Synta-Refraktors



    Bei 532 nm Wellenlänge erscheinen die Ronchi-Linien 10lp/mm nahezu perfekt. Es handelt sich um mein
    eigenes 150/1200 Synta-Teleskop, das ich u.a. für den grünen Bereich optimiert habe. Einen weiteren
    Qualitäts-Beweis bietet das



    04. Foucault/Rauhheits-Test 150/1200 Synta (Rohr)



    Eine ganz flache Zone ist als Restfehler im Foucault/Rauhheits-Test zu erkennen. Der von mir verwendete,
    übrigens auf meiner Homepage beschriebene Test, ist empfindlicher als der übliche Foucault-Test, wie
    im ersten Labor-Bericht am Beispiel C8 dargestellt werden konnte. Ganz glatt ist jedoch die "Gesamtfläche"
    nicht, die aus dem Durchgang von 4 Einzelflächen entsteht. Zeiss-Optiken können das besser. Als häufig-
    ster Fehler bei Synta-Teleskopen stören flache Rillen, die optische jedoch nicht so gravierend sind, aber am
    defokussierten Sternscheibchen sicherlich erkennbar sind.



    05. Interferogramm bei 532 nm Synta 150/1200 (Rohr)



    Für ein derart preiswertes Teleskop völlig ausreichend. Nur ein Takahashi würde exaktere Linien aufzu-
    weisen haben. Syntas, die auf rot korrigiert sind, zeigen im grünen Teil bereits eine Überkorrektur. Er-
    kennbar beim Ronchi-Gramm intrafokal durch bauchige Verformung der Linien. Mit einer Abstands-Ver-
    größerung der beiden Linsen kann dies korrigiert werden.



    06. Die quantitativen Werte meines 150/1200 Synta



    Ein PV-Wert von ca. L/6 wave bei einem Strehl von 0.96 hat nicht jeder Synta. Man nennt das Streuung.
    Am nachfolgenden Beispiel von Matthias R.n läßt sich eine solche erkennen. Umgekehrt wäre es
    für mich auch eine schlechte Werbung, wenn nicht wenigstens meine eigenen Geräte "astrein" wären!
    Gerade weil es auch die nicht so perfekten Syntas gibt, möchte Matthias, dessen Gerät ich anschließend
    vorstellen möchte, mit Beispielen aus der Praxis zeigen, was mit einem scheinbar weniger perfekten Gerät
    in der Praxis alles möglich ist.



    07. Der R.n-Synta 150/750 im Ronchi-Gramm bei 10 lp/mm intrafokal



    Ein F/5 Frauenhofer mit 150 mm Öffnung ist eigentlich eine heillose Überforderung an diesen Instrumenten-
    Typ. Frauenhofer wurden früher als F/10, besser noch F/15 bis F/20 Objektive gebaut mit einer hohen Präzision.
    Das F/5 Gerät von Matthias, 150/750 Synta, ist bereits im grünen Bereich überkorrigiert, was beim Ronchi-
    gramm intrafokal durch die bauchige Verformung der Linien erkennbar ist. (Für rot hingegen etwa den gleichen
    Betrag unterkorrigiert, sodaß es sein Optimum bei der D-Linie entwickelt). Bei etwa 40% hat es eine ganz
    zarte flache, schmale Zone, die man deutlicher im nächsten Bild erkennt.



    08. Der R.n-Synta 150/750 Foucalt/Rauhigkeits-Test bei grün



    Was sich beim Ronchi-Gramm schon erkennen läßt, ist beim Foucault-Bild ganz eindeutig, wenngleich
    marginal: Die "Rille" bei ca. 40% vom Durchmesser. Die Fläche wirkt weitestgehend störungsfrei und eben.


    09. Der R.n-Synta 150/750 Interfrerogramm bei 532 nm (grün)



    Die wellenförmige Verbiegung der zu erwartenden geraden Streifen zeigt entweder Über- oder Unterkorrektur
    an. Eine eindeutige Aussage liefert daher das vorhergehende Ronchi-Gramm. Natrülich läßt sich das auch
    übers Interferogramm ermitteln, aber Ronchi ist hier einfacher und eindeutig !



    10. Der R.n-Synta 150/750 Auswertung bei 532 nm (grün)



    Bei den Interferogrammen sowohl für grün wie rot, interessierte mich nun besonders die Größe des
    Öffnungsfehlers in Peak to Valley wave. Weil eine Auswertung über die Gesamtfläche diesen Wert
    koma-bedingt verfälschen würde, wertete ich jeweils die vier mittleren Streifen aus. In beiden Fällen
    nahezu L/2 wave und damit für grün an der Grenze dessen, was man beugungs-begrenzt nennt.
    Als beugungs-begrenzt gilt L/4 PV wave, L/14 RMS wave und ein Strehl von 0.80 . Gehobene An-
    sprüche kann man damit natürlich nicht erfüllen, außer man legt noch ein paar Tausender für eine
    Spitzen-Optik dazu.



    11. Der R.n-Synta 150/750 Foucalt/Rauhigkeits-Test bei rot



    Noch ein Blick auf den Foucault/Rauhigkeits-Test im roten Bereich, der ganz deutlich die Unterkorrek-
    tur zeigt, diesmal jedoch invers zu deuten, sonst wäre es das Bild für Überkorrektur.



    12. Der R.n-Synta 150/750 Interfrerogramm bei ca. 650 nm (rot)



    Sehr deutlich über die wellenförmige Verzeichnung ist der Öffnungsfehler erkennbar und korreliert damit
    passend zum Foucault/Rauhheits-Test.



    13. Der R.n-Synta 150/750 Auswertung bei ca. 650 nm (rot)



    Die Unterkorrektur ist noch größer, der Strehl liegt bei ca. 0.70. Ein Synta läßt sich also für eine bestimmte
    Wellenlänge auf Kosten einen anderen optimieren. Bei diesem Synta liegt das Optimum im Bereich von
    grün-gelb, für visuelle Zwecke durchaus sinnvoll. Die Analyse im Labor könnte man dadurch weiterführen,
    daß man die Schnittweiten der einzelnen Farben ausmisst, was mit dem Weiß-Licht-Interferometer mit großer
    Genauigkeit erstellt werden kann. Da aber das Ziel dieses Berichtes in der Frage ist, welche fotografischen
    Erfahrungen Matthias mit diesem 150/750 Synta gemacht hat, muß man die Analyse nicht gar zu weit
    treiben. Auch steht immer noch der auf Astronomie.de vorgeschlagene Geräte-Test aus, der nur dadurch
    zustande kommt, wenn Händler mal für wenige Wochen ein bestimmtes Gerät zur Verfügung stellen zur
    genaueren Untersuchung. Die Ängste, die in diesem Zusammenhang kultiviert worden sind, halte ich für
    meinen Fall und meine Art, mit Optiken umzugehen, für erheblich übertrieben. Anscheinend ist der Markt
    doch sehr eng.


    Im Köcher hätte ich noch: Ein Vergleich von Sonnen-Filtern, ein interferometrischer Null-Test aus dem
    Krümmungs-Mittelpunkt der Parabel, der Umbau eines Intes MK-65 Maksutov, eine Übersicht über die
    Rauhheit unterschiedlicher optischer System, ein bestes Intes-Maksutow-Teleskop, einen AstroPhysics
    Apochromaten, und so weiter. Vielleicht habt Ihr ja weitere Anregungen, die Euch mehr interessieren.
    Dazu nämlich wäre dieses Board da: Für die fundierte fachliche Diskussion und damit als Geheim-Typ
    um etwas genau nachlesen zu können.


    Soweit meine Vorstellungen dazu. Der Beitrag von Matthias wird sicher bald folgen. Dieses Board wird
    sicherlich so eine Art Eigen-Dynamik entwickeln.


    Herzliche Grüße an alle, Wolfgang der Optiker


    http://rohr.aiax.de

  • Hallo Wolfgang und alle anderen,


    Zur Info noch den Testbericht, nach der Optimierung zu diesem Gerät geliefert wurde.
    Auswertung
    Bath-Interferometer
    Test Ronchi
    Test Symmetrie
    Test Foucault
    Auch hier sind einige der genannten Fehler noch gut zu erkennen.


    Um die Praxisrelevanz der Testergebnisse des vorgestellten 150/750 FH Refraktors zu zeigen, möchte ich nun einige prakt. Erfahrungen beisteueren, die ich speziell mit diesem Gerät gemacht habe.


    Eins vorweg - das Gerät ist ein Richfield-Teleskop, ideal ist es als Ergänzung zu längerbrennweitigen Spiegelsystemen mit kleinem Gesichtsfeld (in meinem Fall ein 12,5" f/15 Cassegrain, bei fast 5m Brennweite max. Gesichtsfeld von 0,6°).


    Hier spielt das Gerät alle seine Stärken aus, dass haben wir erst gestern wieder in Reinsehlen unter 6m - Himmel erlebt.


    Nordamerikanebel im direkten sehen, im Schwan der Cirrusbogen und Sturmvogel gleichzeitig im Gesichtsfeld, Kometen, alle großen flächenhaften Objekte sind schon ein Hammer mit einem solchen Gerät (z.B. mit 2Zoll 30 mm Okular mit max Gesichtsfeld, 25fach, 6mm AP, über 3° Gesichtsfeld am Himmel).


    Wie sieht es nun bei höherer Vergrößerung aus ? Was haben die oben genannten Schwachen der Optik für Auswirkungen auf Kontrast und Auflösungsvermögen ?


    Hier mal einige Infos, wie sich Standardobjekte mit dieser Optik zeigen.


    <b>Mond</b>
    Ungefiltert stört bis ca. 50fach der Farbfehler kaum. Mit einem Minus Violett Interferenzfilter kann man gut über 200fach gehen, natürlich wird das Bild gelblich und dunkler, die Schärfe der Abbildung bleibt gut.


    Beispiel:


    <img src="http://www.astrotreff.de/upload/matss/20020521/clavius01.jpg" border=0>
    Clavius fokal f=750 mm, 2 x Barlow mit 150/750 FH Refraktor



    Highlight war bisher die blickweise Sichtung von 2 der 4 Kleinstkratern in der Plato-Wallebene.
    Einiges, was mir mit der f/8 - Variante des Refraktors gelang, bleibt dem kurzen f/5 allerdings verwehrt, z.B. die Sichtung und photograph. Dokumentation der feinen Rille auf dem Boden von Vallis Alpes., naja.


    <b>Planeten</b>
    Jupiter - Details und GRF in den Wolkenbändern, Jupitermonde als verschieden große Scheibchen. Alles sichtbar, aber dunkler und kontrastschwächer, als in einem vergleichbaren Newton o.ä. - ein direkter Vergleich mit einem 120/1000 FH zeigte, das sich beide Geräte in der Abbildungsleistung etwa ebenbürtig sind.


    Saturn - Cassini-Teilung, dunkle Polbereiche ... das Encke-Minimum scheint auf Grund des bei hoher Vergrößerung schwächeren Kontrastes unerreichbar. Auch hier ist mit der f/8 - Variante etwas mehr möglich.


    <b>Deep Sky</b>
    Standardobjekte wie z.B. M51 zeigen schon ordentlich Details, z.B. sind die Spiralarme als lichtschwaches Gewusel um den Kernbereich auszumachen, allerdings sieht man nicht mehr Details, als in einem kleineren (4") APO, wie ich bei einem Vergleich auf dem ITV feststellen konnte.


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass meine Erwartungen in ein solches Gerät mehr als erfüllt wurden.


    Als reines Richfield - Gerät angeschafft, zeigt es auch in Bereichen, wo Alternativen sicher die bessere Wahl sind, noch ordentliche Ergebnisse.


    Die im Testbericht genannten Schwächen treten bei sehr kurzen Öffnungsverhältnissen natürlich recht häufig auf, wirken sich in der Praxis aber nicht so gravierend aus, sicherlich auch deshalb, weil ich bei hohen Vergrößerungen und eingesetztem MV-Filter vorwiegend den relativ gut korrigierten gelb-grünen Bereich nutze. Im Bereich der Großfeld - Beobachtungen bis 30fach spielen o.g. Fehler ohnehin keine Rolle.


    Als alleiniges Beobachtungsgerät sicher nur eingeschränkt empfehlenswert ist es als mobile Ergänzung zu größeren Geräten ein guter Tip, vor allem, wenn man den sehr moderaten Anschaffungspreis bedenkt.


    meint


    --
    Matthias

  • Hallo Wolfgang / Matthias,
    Vielen Dank fuer diese Betrachtungen. Euer Bericht ist sicher das Beste, was ich zu diesem Thema bisher las.


    Wie schon von Matthias gesagt, kann man wohl kaum am Preis-/Leistungsverhaeltnis dieser Geraete ‚klingeln‘. Aber wahre Liebe geht ja oft durch den Magen und nicht durch den Verstand, daher folgende Anmerkung:


    Ich haette keine Bedenken hinsichtlich der optischen Leistungsfaehigkeit des Systemes – zumal ja bei Deinem Geraet, Matthias, eine Optimierung durch die ‚optischen Werkstaetten‘ Rohr erfolgte; mich ‚stoert‘ mehr die mechanische Seite, da ich – nach zugegebener nur kurzer Beobachtung – nicht so recht mit dem Okularauszug Freund werden konnte.


    Was sind da Deine Eindruecke, Matthias?


    Also nix ist perfekt - Anwesende ausgenommen …


    In diesem Sinne gruesst Guido, der unter berufsbedingtem Beobachtungsmangel leidet und sich manchesmal fragt, ob Polaris eigentlich noch immer im Norden steht … :)

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