Sechster Labor-Bericht: Synta-Geräte in der Praxis
Allgemeine Vorbemerkung u.a. zum technischer Teil
Die Möglichkeit dieses privaten Boards, auf äußerst unkomplizierte Art die dazu nötigen fotografischen
Dokumente uploaden bzw. dort "bunkern" zu können, ist ein unschätzbarer technischer Vorteil beim
Forum AstroTreff, der es erheblich leichter macht, schwierige Sachverhalte durch Bilder darzustellen:
http://www.astrotreff.de/class…p?TOPIC=943&FORUM=5&CAT=2
Meine Bilder via email abzuliefern und die Foren-Codes nur noch in den Text einbinden zu müssen, er-
leichtert das Schreiben dieser Berichte enorm. Das gemeinsame Hobby mobilisert Aktivitäten, die dem
Kommerz möglicherweise verlorengeht. AstroTreff bekommt für mich den Charakter eines gehobenen
elektronischen Magazins mit hohem Informations-Wert. Schätzenswert in diesem Zusammen-
hang ist das Mitglieder-Verzeichnis, das es ermöglicht, ähnliche bzw. gleiche Interessen einander zu
zu führen.
Herzlichen Dank an den Matthias !
Vorbemerkung sachlicher Teil
In Absprache mit Matthias R.n starten wir den eigentlich notwendigen Versuch, Labor-Daten mit
der astronomischen Beobachtungs-Praxis zu vergleichen, also der Frage näher zu kommen, in wieweit die
im Labor darstellbare Fehler sich auf praktische Ergebnisse bei der Beobachtung und Fotografie auswirken.
Mitunter weit weniger, als die Labor-Ergebnisse vermuten lassen. Dazu liefere ich einige typische Meßergeb-
nisse ab und Matthias will dazu passend die Situation aus der Praxis darstellen.
01. Prüfaufbau am Beispiel eines 120/600 Synta FH
Während am Himmel das Licht einmal durch das opt. System hindurchgeht, setzt man bei dieser Testanordnung
in den Fokus eine Lichtquelle, die im ersten Durchgang das System von hinten her passiert und zu einem
Parallel-Bündel gemacht wird. Dieses Bündel mit dem Durchmesser der Objektiv-Öffnung wird vom Planspiegel
wieder zurückgeschickt, und passiert nun ein zweites Mal das System, von dem er wieder fokussiert wird.
Durch diesen doppelten Durchgang hat der Lichtstrahl zweimal die Fehler des Systems "aufgedrückt"
bekommen, man sieht diese also doppelt so gut, wie am Himmel, bei absolut ruhigem Seeing.
02. Aufbau eines Weißlicht-Bath-Interferometers
Der Vorteil des Bath-Interferometers ist die Möglichkeit, mit Weißlicht in allen Spektren bzw. Wellenlängen
zu arbeiten. Durch enge Interferenz-Filter kann man daher den farb-abhängigen Öffnungsfehler sehr exakt
darstellen. (=Gaußfehler) Bei einem Refraktor-Objektiv untersucht man folgende Farb-Bereiche:
Die C-Linie (rot) bei 656.3 nm, die D-Linie (gelb) 589.3 nm, die e-Linie (grün) bei 546.1 nm, die F-Linie (blau)
bei 486.1 nm und die g-Linie (violett) bei 435.8 nm, jeweils Licht-Wellenlänge. Für gewöhnlich versucht man
die D-Linie und die e-Linie auf gleiche Schnittweite zu bringen, die C-Linie nicht zu weit dahinter zu legen,
während man blau und violett gegebenenfalls mit einem Gelbfilter abschneidet, also sperrt. So läßt sich so
mancher Synta bereits mit einem Gelbfilter verbessern. Am Jupiter klappt es mit einem Grünfilter noch
besser.
03. Ronchi-Linien 10lp/mm meines 150/1200 Synta-Refraktors
Bei 532 nm Wellenlänge erscheinen die Ronchi-Linien 10lp/mm nahezu perfekt. Es handelt sich um mein
eigenes 150/1200 Synta-Teleskop, das ich u.a. für den grünen Bereich optimiert habe. Einen weiteren
Qualitäts-Beweis bietet das
04. Foucault/Rauhheits-Test 150/1200 Synta (Rohr)
Eine ganz flache Zone ist als Restfehler im Foucault/Rauhheits-Test zu erkennen. Der von mir verwendete,
übrigens auf meiner Homepage beschriebene Test, ist empfindlicher als der übliche Foucault-Test, wie
im ersten Labor-Bericht am Beispiel C8 dargestellt werden konnte. Ganz glatt ist jedoch die "Gesamtfläche"
nicht, die aus dem Durchgang von 4 Einzelflächen entsteht. Zeiss-Optiken können das besser. Als häufig-
ster Fehler bei Synta-Teleskopen stören flache Rillen, die optische jedoch nicht so gravierend sind, aber am
defokussierten Sternscheibchen sicherlich erkennbar sind.
05. Interferogramm bei 532 nm Synta 150/1200 (Rohr)
Für ein derart preiswertes Teleskop völlig ausreichend. Nur ein Takahashi würde exaktere Linien aufzu-
weisen haben. Syntas, die auf rot korrigiert sind, zeigen im grünen Teil bereits eine Überkorrektur. Er-
kennbar beim Ronchi-Gramm intrafokal durch bauchige Verformung der Linien. Mit einer Abstands-Ver-
größerung der beiden Linsen kann dies korrigiert werden.
06. Die quantitativen Werte meines 150/1200 Synta
Ein PV-Wert von ca. L/6 wave bei einem Strehl von 0.96 hat nicht jeder Synta. Man nennt das Streuung.
Am nachfolgenden Beispiel von Matthias R.n läßt sich eine solche erkennen. Umgekehrt wäre es
für mich auch eine schlechte Werbung, wenn nicht wenigstens meine eigenen Geräte "astrein" wären!
Gerade weil es auch die nicht so perfekten Syntas gibt, möchte Matthias, dessen Gerät ich anschließend
vorstellen möchte, mit Beispielen aus der Praxis zeigen, was mit einem scheinbar weniger perfekten Gerät
in der Praxis alles möglich ist.
07. Der R.n-Synta 150/750 im Ronchi-Gramm bei 10 lp/mm intrafokal
Ein F/5 Frauenhofer mit 150 mm Öffnung ist eigentlich eine heillose Überforderung an diesen Instrumenten-
Typ. Frauenhofer wurden früher als F/10, besser noch F/15 bis F/20 Objektive gebaut mit einer hohen Präzision.
Das F/5 Gerät von Matthias, 150/750 Synta, ist bereits im grünen Bereich überkorrigiert, was beim Ronchi-
gramm intrafokal durch die bauchige Verformung der Linien erkennbar ist. (Für rot hingegen etwa den gleichen
Betrag unterkorrigiert, sodaß es sein Optimum bei der D-Linie entwickelt). Bei etwa 40% hat es eine ganz
zarte flache, schmale Zone, die man deutlicher im nächsten Bild erkennt.
08. Der R.n-Synta 150/750 Foucalt/Rauhigkeits-Test bei grün
Was sich beim Ronchi-Gramm schon erkennen läßt, ist beim Foucault-Bild ganz eindeutig, wenngleich
marginal: Die "Rille" bei ca. 40% vom Durchmesser. Die Fläche wirkt weitestgehend störungsfrei und eben.
09. Der R.n-Synta 150/750 Interfrerogramm bei 532 nm (grün)
Die wellenförmige Verbiegung der zu erwartenden geraden Streifen zeigt entweder Über- oder Unterkorrektur
an. Eine eindeutige Aussage liefert daher das vorhergehende Ronchi-Gramm. Natrülich läßt sich das auch
übers Interferogramm ermitteln, aber Ronchi ist hier einfacher und eindeutig !
10. Der R.n-Synta 150/750 Auswertung bei 532 nm (grün)
Bei den Interferogrammen sowohl für grün wie rot, interessierte mich nun besonders die Größe des
Öffnungsfehlers in Peak to Valley wave. Weil eine Auswertung über die Gesamtfläche diesen Wert
koma-bedingt verfälschen würde, wertete ich jeweils die vier mittleren Streifen aus. In beiden Fällen
nahezu L/2 wave und damit für grün an der Grenze dessen, was man beugungs-begrenzt nennt.
Als beugungs-begrenzt gilt L/4 PV wave, L/14 RMS wave und ein Strehl von 0.80 . Gehobene An-
sprüche kann man damit natürlich nicht erfüllen, außer man legt noch ein paar Tausender für eine
Spitzen-Optik dazu.
11. Der R.n-Synta 150/750 Foucalt/Rauhigkeits-Test bei rot
Noch ein Blick auf den Foucault/Rauhigkeits-Test im roten Bereich, der ganz deutlich die Unterkorrek-
tur zeigt, diesmal jedoch invers zu deuten, sonst wäre es das Bild für Überkorrektur.
12. Der R.n-Synta 150/750 Interfrerogramm bei ca. 650 nm (rot)
Sehr deutlich über die wellenförmige Verzeichnung ist der Öffnungsfehler erkennbar und korreliert damit
passend zum Foucault/Rauhheits-Test.
13. Der R.n-Synta 150/750 Auswertung bei ca. 650 nm (rot)
Die Unterkorrektur ist noch größer, der Strehl liegt bei ca. 0.70. Ein Synta läßt sich also für eine bestimmte
Wellenlänge auf Kosten einen anderen optimieren. Bei diesem Synta liegt das Optimum im Bereich von
grün-gelb, für visuelle Zwecke durchaus sinnvoll. Die Analyse im Labor könnte man dadurch weiterführen,
daß man die Schnittweiten der einzelnen Farben ausmisst, was mit dem Weiß-Licht-Interferometer mit großer
Genauigkeit erstellt werden kann. Da aber das Ziel dieses Berichtes in der Frage ist, welche fotografischen
Erfahrungen Matthias mit diesem 150/750 Synta gemacht hat, muß man die Analyse nicht gar zu weit
treiben. Auch steht immer noch der auf Astronomie.de vorgeschlagene Geräte-Test aus, der nur dadurch
zustande kommt, wenn Händler mal für wenige Wochen ein bestimmtes Gerät zur Verfügung stellen zur
genaueren Untersuchung. Die Ängste, die in diesem Zusammenhang kultiviert worden sind, halte ich für
meinen Fall und meine Art, mit Optiken umzugehen, für erheblich übertrieben. Anscheinend ist der Markt
doch sehr eng.
Im Köcher hätte ich noch: Ein Vergleich von Sonnen-Filtern, ein interferometrischer Null-Test aus dem
Krümmungs-Mittelpunkt der Parabel, der Umbau eines Intes MK-65 Maksutov, eine Übersicht über die
Rauhheit unterschiedlicher optischer System, ein bestes Intes-Maksutow-Teleskop, einen AstroPhysics
Apochromaten, und so weiter. Vielleicht habt Ihr ja weitere Anregungen, die Euch mehr interessieren.
Dazu nämlich wäre dieses Board da: Für die fundierte fachliche Diskussion und damit als Geheim-Typ
um etwas genau nachlesen zu können.
Soweit meine Vorstellungen dazu. Der Beitrag von Matthias wird sicher bald folgen. Dieses Board wird
sicherlich so eine Art Eigen-Dynamik entwickeln.
Herzliche Grüße an alle, Wolfgang der Optiker