Schnelle Spiegel parabolisieren

  • Hallo Glaswürmer,
    ich brauche euren Expertenrat.


    Momentan bin ich beim Grobschliff meines 300 mm Spiegels.


    <b>Hier die Vorgeschichte:</b>
    Ich habe maschinell vorgearbeitet. Leider ging es zum Schluß immer besser, so daß dabei schon annähernd die endgültige Pfeiltiefe erreicht wurde. Der Vorschliff ist allerdings eher trichterförmig als sphärisch geraten mit ca. 1,5 cm unbearbeitetem Rand.
    Für den Grobschliff habe ich mir dann ein Fliesentool mit der Schleifseite aus kleinen Fliesenstücken zusammengesetzt, das vor dem Schliff bereits eine passend gewölbte, allerdings etwas unebene Oberfläche hatte.
    Der Grobschliff hat eigentlich prima funktioniert. Zuerst hat das Tool in mittleren Radienbereichen des Spiegels gearbeitet, und diese Zone hat sich dann schön gleichmäßig immer weiter zur Mitte und zum Rand des Spiegels ausgeweitet.
    Als die Mitte ausgeschliffen war, hatte ich noch ca. 8-9 mm Randbereich zu bearbeiten. Dabei nahm dann leider auch die Tiefe etwas weiter zu.


    <b>Das Problem:</b>
    Nun hab ich zwar eine prima Sphäre, allerdings bei f/4,75[:0]! Geplant war f/5,3, was sicher auch schon recht gewagt ist (es ist erst mein zweiter Spiegel).


    Eigentlich muß ich also wieder etwas zurück gehen. Für f/5,3 sind am Rand ca. 0,35 mm abzutragen. Andererseits, ein "schneller" Spiegel hat auch seine Vorteile...
    Ich habe mal eine Tabelle der erlaubten Toleranzen für beugungsbegrenzte Spiegel in Abhängigkeit von Größe und Brennweitenverhältnis gesehen. Soweit ich mich erinnern kann, werden die Toleranzen unter f/6 sehr schnell sehr klein.


    Wie wirkt sich das in der Praxis beim Parabolisieren aus? Kann jemand einen Kommentar aus eigener Erfahrung dazu geben?
    Genau einstellen und ablesen und geduldig arbeiten kann ich schon, die Frage ist vor allem, wieviel mehr Zeitaufwand muß ich einplanen, um bei f/4,75 einen guten Spiegel zu produzieren?


    Wie steht's dann mit passenden Okularen? Ich habe gehört, daß viele Okulare unter f/5 nicht mehr gut brauchbar sind. Das ist dann ja auch eine Kostenfrage. Ich werd sowieso erst mal mit meinen Plössls und dem 5mm Radian auskommen müssen.
    Ach so, meine EP (Eintrittspupille im Dunkeln) schätze ich auf 6-6,5 mm.


    Momentan tendiere ich dazu, wenigstens auf f/5,0 zurück zu gehen.
    Ich warte gespannt auf Eure Kommentare.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Martin,


    bei deinem 12-Zöller wirst Du sicherlich auch als f/4,75-Spiegel hinbekommen, wieviel Zeit mehr benötigt wird, kann man (zumindest ich) aber nicht seriös schätzen.


    Ein wichtiges Argument - Anforderungen an Okulare - hast Du ja bereits genannt. Wenn es wirklich Randscharf sein soll, kommst Du bei Weitwinkelokus dann kaum mehr um Pentax, Radian, Nagler oder ähnliches herum. Je kleiner das scheinbare GF deines Okulars, um so weniger gravierend wird das Problem am Rand.


    Was tun? Meine Meinung: jetzt noch 2 Stunden Grobschliff spendieren; mit Carbo 180 kannst Du auch noch ein paar cm Brennweite gut machen.


    Viele Grüße


    Achim

  • Die Anforderungen beim Parabolisieren steigen fließend, die Grenzen sind weich.


    Für die Okulare ist ein Sprung von f/5,3 auf f/4,75 merklich, aber natürlich nicht so gravierend wie etwa von f/4,75 auf f/4,2. Die Abbildungsfehler steigen ja nicht linear, sondern ca. mit der dritten Potenz an. <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Als die Mitte ausgeschliffen war, hatte ich noch ca. 8-9 mm Randbereich zu bearbeiten.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ist der Rand jetzt schon erreicht? sonst wird bei gleicher Pfeiltiefe der Radius ja von alleine noch etwas länger.


    Zu bedenken wäre noch die Okularhöhe im Zenit, die man gerne hätte...und eventuell die Fangspiegelgrößenabstufung. Hierzu müßte man natürlich schon genau wissen, wie die Details werden sollen. Da du aber (soweit ich mich errinnere) erst Dobson und dann eventeull Hufeisen mit Fotooption vorhast, sind das alles ungelegte Eier.


    Wenn du dich nicht entscheiden kannst, gehe doch als Kompromiss auf f/5 zurück, f=1,50 m lässt sich leicht rechnen, und lass den Rest auf dich zukommen. Wie Achim schon sagte, mit dem Karbo 180 kannst du bei etwas mehr Überhang TOT auch noch etwas flacher werden.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Soweit ich mich erinnern kann, werden die Toleranzen unter f/6 sehr schnell sehr klein.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hi Martin,
    absolut gesehen, d. h. als Wellenfrontfehler bleiben die Toleranzen gleich, egal ob f/12 oder f/5. Tasächlich ist es so, dass ein f/5 Spiegel bei der Messung entsprechend empfindlich in der Schnittweitendifferenz reagiert. Man bekommt daher z. B. eine Abweichung von 1/10 lamba in beiden Fällen mit der gleichen Reproduzierbatkeit gemessen. Die Schwierigkeit liegt eher beim Polierwerkzeug. Bei f/6 oder lichtstärker kann man nicht mehr mit full size tools parabolisieren, weil sie halt nicht elastisch genug sind und sich daher nicht der Parabelform anpassen wollen.


    Zum Thema Okulare für f/5 und stärker so viel: Bei mäßigen und kleinen Vergrößerungen hat man mit Plössls kaum Probleme. Erst wenn man Wert auf großes Gesichtsfelfd legt wird so etwas in der Art von Nagler Typ 5 in 26 mm oder 31mm Brennweite begehrenswert. Die AP sollte durchaus geringer sein als die Eintrittspupille des Auges. Man schafft es kaum gleiche Durchmesser AP und Auge zur Deckung zu bringen. Das würde zu unerwünschtem Lichtverlust bei DS führen. Mit moderater AP erreicht automatisch eine Abdunkelung flächiger Objekte. Der aufgehellte Himmelshintergrund fällt dann schneller unter die Helligkeistwahrnehmung des Auges. Das führt trotz objektiv gleichartiger Absenkung der Helligkeit der Objekte zur besseren Kontrastwahrnehmung. M 51 kommt z. B. bei meinem 16" f/4,7 mit 12 mm = 2,55 mm AP deutlich besser als mit 26 mm = 5,5 mm AP.


    Nach meiner Einschätzung ist ein Kollimationsfehler bei lichtstarken Newtons neben Tubus- seeing der übelste Kontrastkiller für hohe Vergrößerungen. Man kann die MTF und EER in Abhängigkeit von Fehlkollimation z. B. mit "Aberrator" gut darstellen.


    Gruß Kurt

  • Hallo Achim, Stathis, Kurt


    Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
    Mit meinem Spiegel habe ich bereits ein Stück weiter gamacht (jetzt ist aber erst mal Schluß für heute Nacht).
    Ich habe den Krümmungsradius nun auf knapp über 3m vergrößert, erst mit Karbo 80 in ca. 1h von 2,85 m auf 2,97 m und dann mit 180er noch auf 3,02 m. (ja, ich bin schnell; leider manchmal zu schnell[:o)])
    Die Radiusbestimmung geht hervorragend mit der Lampenmethode, viel einfacher und genauer als bei meinem kleinen Spiegel.
    Mit dem 180er Karbo bin ich nun bald durch. Ich denke, die Sphäre stimmt auch wieder.
    Jetzt fühle ich mich wieder wohler mit der ganzen Angelegenheit, weil alles gut paßt und auch von eurer Seite keine extremen Bedenken kamen.


    Kurt, ich hatte das Parabolisieren mit kleinem Tool bereits bei meinem Finder-Spiegel geübt, und das ging recht gut. Für den großen habe ich mir bereits Scheiben für Poliertools mit 30, 20 und 12 cm vorbereitet.


    Was die Okulare angeht, habe ich natürlich noch wenig praktische Erfahrung. Ich werde unbedingt versuchen, zumindest auf einem der nächsten Teleskoptreffen dabei zu sein, dann kann ich mir ja mal verschiedene Typen ansehen.


    So, bis zum Parabolisieren komme ich jetzt (hoffentlich) allein klar.


    Gruß,
    Martin

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