"Ich geh mal wieder raus"

  • Hi
    Mit Beobachten ist ja zur Zeit absolut nichts zu holen. Es ist ja schon frustran!
    Aber man kommt mal wieder ins Grübeln. Unser Hobby ist ja schon was Besonderes!Und ich versuchte mir mal wieder vorzustellen, wie es schon war und wie es hoffentlich bald mal wieder sein könnte!


    Vielleicht erkennt ihr euch auch in meiner Faszination für unser Hobby!


    <b>"Ich geh heute Nacht mal wieder raus".


    Es ist Neumond, also kein Licht unseres denoch geliebten Trabanten wird mich stören.



    Die meisten in meinen Umfeld können sich darunter wirklich gar nichts vorstellen.Ich will es mal versuchen in Worte zu fassen,was mir allerdings nicht leicht fällt.
    Was macht denn da unser einer oft alleine da draußen mit seinem Teleskop und friert sich nicht selten die Hacken ab.


    Es ist schwer die Vorfreude in Worte zu fassen, wenn ich beim Arbeiten bin und rauschschaue und einen dunkelblauen Himmel sehe. Beim Nachhause fahren sehe ich dann ständig nach oben und versuche die Wolkensituation zu analysieren. Oft genug hab ich mich schon gefreut, um dann gegen Abend oder durch aufkommende Wolken oder Nebel,meine Beobachtungsambitionen, in den "Gulli" zu spülen.
    Ganz tragisch wird es, wenn man bei klarem Wetter mit viel Vorfreude und Adrenalin im Blut, über 30 Minuten zu seinem Beobachtungsplatz fährt und von einer Nebelwand begrüßt wird. Auch Frust und Entäuschung gehört zu diesem Hobby!
    Doch zum Glück, eigentlich jedes Jahr ein bis zweimal, fährt man dann einer türkisen gefärbten Dämmerung entgegen.
    Der Horizont ist ohne Dunstschleier superscharf zu sehen. Ich sitze im Auto und fahre zu meinem Beobachtungsplatz! Eine Anspannung macht sich breit. Es könnte ja immer noch was schief gehen. Wau,keine Wolke am Himmel zu sehen!
    Ich packe meine sieben Sachen aus dem Auto und mein Blick wandert immer wieder zum Himmel und Horizont, ob da nicht doch noch eine Wolkenwand anrückt?
    Alles aufgebaut, das Teleskop justiert, sitze ich dann auf meinem Stuhl und genieße den Anblick der kommenden Nacht.
    Immer ruhiger wird es um einen und so langsam tauche ich in die Nacht. Nur die "Monster" der Nacht beginnen ihren Gesang.Geräusche von ungesehenen Tieren, seltsamen Geräuschen lassen mich erschauern.
    Immer dunkler wird es und immer mehr Sterne werden sichtbar.Diese Überbruckungszeit genieße ich mit dem Fernglas.Mit dem Teleskop suche ich zuerst die hellen Planeten und Sternhaufen auf.
    Die astronomische Dunkelheit ist erreicht.Dunkelschwarze Nacht umgibt mich nur die Sterne erhellen diese Nacht!


    Dann geht in mir ein innerer "Motor" an!Ich fahre die Beobachtungsobjekte,wie ferne Galaxien, schleierartige Nebel, funkelnde Sternhaufen an.Mit einem Bleistift versuche ich das jeweilige Objekt zu zeichnen und zwar so, wie ich es im Okular sehe. Das kann schon mal eine oder mehr Stunden für ein Objekt beanspruchen.
    Immer wieder muß ich mein Teleskop von Hand nachführen,da ich keinen Nachführmotor verwende.



    Die Anblicke in solchen einzigartigen transparenten Nächten sind grandios.
    Nach 2 Stunden weckt mich der Hunger aus der "Trance". Ein heißer Tee und ein bischen Schokolade versüßen die kleinen Beobachtunspausen... Und dann gehts wieder weiter und die Nacht fliegt....ich werde nicht müde...bis ich plötzlich im Osten eine kleine Aufhellung bemerke. Dann heißt es wieder seine 7 Sachen zu einzupacken und hoffen,dass sich bald so eine Nacht wiederholt.
    Manchmal sitzte ich dann noch im Stuhl und schaue Richtung Osten und genieße den Sonnenaufgang..
    Wieder Richtung Heimat und lasse ich dann nochmals die Highlights Revue passieren. Für mich sind solche Nächte, Regeneration und Entspannung pur!
    Sie geben mir wieder Kraft für die normalen Dinge des Alltags......
    </b>


    In diesem Sinne


    Lg von Hajü
    http://www.astromerk.de

  • Über sowas hab ich auch nachgedacht, erst heute morgen um 1:30 als ich raus wollte um den Mond vor M45 zu sehen. Ich musste nicht mal aufstehen, da die aktuelle Wetterlage durch ein fortwährendes Rauschen eindeutig festzustellen war.
    Nebel hat mich schon oft geärgert, da sitz ich vorm Fenster und seh in die Sonne, die als schwacher Kreis zu sehen ist. Manchmal geht das Wochenlang so und immer heißt es "morgen scheint die Sonne..." Der Wettermann ist ein Witzbold. Und recht hat er auch noch, es bringt mir aber nicht viel...


    Aber das macht nichts, denn:


    Die wenigen Nächte wo es klar ist und man bis zum nächsten morgen draußen steht, stundenlang teils im T-Shirt ohne zu frieren in die klare Nacht sieht, sind durch nichts zu überbieten.
    Wobei auch die klirrend kalten Winternächte mit -10° durchaus was reizvolles haben, mit Hemd, T-Shirt, Pullover und Mütze.
    Und immer frag ich mich, was die Leute wohl noch machen, denn irgendwo ist immer Licht an. Auch um 3 Uhr morgens. Ganz egal welche Jahreszeit und welcher Wochentag.


    Bis Dann,


    Michael

  • Hallo Hajü,


    vielen Dank für deinen Bericht! Ich kann mich da doch in einigen Punkten wiederfinden! [;)]


    Ich schau mir jeden Tag mindestens einmal die Wetterkarten an und wenn dort blauer Himmel simuliert wird, dann muss ich alle anderen Wettermodelle anschauen, um zu schauen, ob die auch den blauen Himmel drin haben.


    Wenn es abends dunkel wird, wird der 18" Lowrider eingeladen. Dabei wird akribisch der Himmel abgesucht, ob nicht doch irgendwo ein Wölkchen ist, das die Beobachterfreuden trüben könnte. Den Blick auf einen hochaufgelösten Satfilm tu ich mir schon gar nicht mehr an, das zerrt zu sehr an meinen Nerven! [;)]


    Wenn alles eingepackt ist, geht die Reise los. Die Sonne ist schon untergegangen und das Licht wird immer fahler. An meinem kleinen Plätzchen angekommen lass ich erstmal meinen Blick schweifen und rieche den Duft von Wald und Gras, höre dem Zirpen der Grillen zu und versuche die ersten Sternchen zu sehen.


    Nach 10 Minuten ist das Teleskop aufgebaut und justiert. Mittlerweile kann ich das Beobachten richtig genießen. Früher bin ich von Objekt zu Objekt gehetzt, hab meine Beobachtungen diktiert und ellenlange Berichte geschrieben. Heute mach ich ein paar Zeichnungen, schau mir zwischendrin immer mal wieder die schönsten Objekte an, freue mich darüber, dass ich das alles sehen darf, höre Musik, trinke heiße Schokolade und träume vor mich hin. Ich seh das Beobachten als Entspannung an - als eine Zeit, in der man alles hinter sich lassen kann. Es geht mir nicht mehr darum, akribische Beobachtungen zu machen oder die genaue Grenzgröße zu bestimmen. Und ich brauch auch nicht mehr den besten Himmel. Ob die Messung jetzt 21.7mag/arcsec oder 20.9mag/arcsec anzeigt... who cares?!


    Im Gegensatz zu vielen anderen bin ich beim Beobachten gerne allein, einfach weil ich die Stille und Ruhe mag. Oder ich geh mit zwei guten Kumpels beobachten, die die Stille ebenfalls schätzen. Oder noch schöner: mit meiner Freundin. Früher war ich immer am Hohloh, aber das ist mir zu überlaufen. Zu viele Leute, die ich nicht kenne und die um einen rumstehen und was gezeigt bekommen wollen. Da hab ich keine Lust mehr drauf... Bin ja keine Volkssternwarte. [;)]


    Und so stehe ich da und lasse die Nacht an mir vorüberziehen. Ich freue mich, wenn ich eine Sternschnuppe über den Himmel düsen sehe, wenn ein kleiner Igel über den Weg läuft, wenn der Wind durch die Blätter rauscht oder ein Kauz schreit. Das sind so die Momente, die ich über alles liebe. Und diese Momente hat man nicht, wenn ständig das Gesurre von Montierungen und das Herumfuchteln mit roten Leuchten um einen ist.


    Irgendwann wird abgebaut und heimgefahren. In Gedanken spule ich noch einmal die schönsten Objekte ab. Irgendwann wird dann mal ein Bericht geschrieben, damit ich diese wunderschöne Nacht nie wieder vergesse. [:)]


    Christian

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