Galileo Galilei und die Bibel

  • Hallo zusammen,


    Im Galileo Jahr wird immer wieder der berühmte Prozess gegen ihn thematisiert. Was ich noch nicht gefunden habe:


    Welche Bibelstellen widersprechen Galileo und führten zu seiner Verurteilung?


    Benny

  • Hallo Benny,


    Galilei wurde nicht aufgrund einer Bibelstelle verurteilt. Sein Verstoss lag darin, daß er sich die Druckgenehmigung für eines seiner maßgeblichen Bücher erschlichen hatte, d.h. entgegen seiner Zusage vor dem Druck stellte er das heliozentrische Weltsystem als das einzig richtige dar. Zur damaligen Zeit hatte sich jeder, der etwas drucken lassen wollte,die "Imprimatur", d.h. die Freigabe zum Druck, bei den geistlichen Autoritäten zu besorgen, sonst konnte der Drucker gar kein Papier kaufen. Der wissenschaftliche Standpunt der Kurie zur Frage des richigen Weltbildes war damals unentschieden, also noch offen zwischen dem klassischen geozentrischen, dem modifiziert heliozentrischen nach Tycho Brahe und dem heliozentrischen nach Kopernikus. Galilei hatte die Freigabe zum Druck seines Buches erhalten unter der Maßgabe, diese drei Systeme als Möglichkeiten nebeneinander wissenschaftlich schlüssig darzustellen, ohne einem der Systeme dabei einen Vorzug zu geben. Darüber hat er sich hinweggesetzt. Hält man sich vor Augen, daß Galilei eine aus unserer heutigen Sicht unzutreffende Erklärung über das Entstehen von Ebbe und Flut publiziert hatte, war eine gewisse Vorsicht bei zentralen Fragen der Erklärung der physischen Welt aus der damaligen Zeit heraus verständlich. Ein gutes aktuelles Buch u.a. zu diesem Thema ist Th.de Padova, Das Weltgeheimnis, Kepler, Galilei und die Vermessung des Himmels, Piper 2009 € 19,95 ISBN 978-3-492-05172-9.


    Beste Grüße


    Dietmar

  • Moin zusammen!


    > Sein Verstoss lag darin, daß er sich die Druckgenehmigung für eines seiner maßgeblichen Bücher erschlichen hatte, d.h. entgegen seiner Zusage vor dem Druck stellte er das heliozentrische Weltsystem als das einzig richtige dar.


    "Erschlichen" ist so eine vage Geschichte - immerhin hatte das Buch "Dialog" das Imprimatur von vier Zensoren.


    Verurteilt wurde Galilei schlußendlich nicht wegen bestimmter Bibelstellen, sondern weil er sich mit seinen Aussagen und dem Stil seiner Schriften Feinde unter den Anhängern des Absolutheitsanspruchs der Kirche gemacht hatte. Um wissenschaftliche Argumente ging es schon 1616 nicht mehr und die Ermahnungsgründe gegen Galilei waren im grunde damals schon kirchenrechtlich nicht haltbar. (Fölsing, "Galileo Galilei - Prozeß ohne Ende, Eine Biographie", rororo-TB 1996)


    Irgendwann ist der Inquisition und dem verärgerten Papst Urban VIII. der Prozeß zu lästig geworden, vor allem wegen Galileis versuchter Winkelzüge. Man zog im Juni 1633 den Schlußstrich unter die Sache und verbot Galilei nicht nur das Verbreiten der Thesen in Wort und Schrift, sondern sogar "das Erörtern, auch nicht das Gegenteil". (Fölsing S. 432)


    Der Urteilstext (worauf es ankommt):
    "... daß Du (Galilei) eine Lehre geglaubt und behauptet hast, welche falsch und der Heiligen und Göttlichen Schrift zuwider ist, nämlich: die Sonne sei Zentrum des Erdkreises, und dieselbe ginge nicht von Osten nach Westen, die Erde bewege sich und sei nicht Zentrum der Welt, und es könne diese Meinung für wahrscheinlich gehalten und verteidigt werden, nachdem sie der Heiligen Schrift als zuwiderlaufend befunden und erklärt worden war (angeblich im Dekret von 1616); daß Du infolgedessen in allen Zensuren und Strafen verfallen seiest, welche durch [...] gegen derart Fehlende bestimmt und über sie verhängt sind." (Fölsing S. 437)


    Galilei hatte daraufhin "abzuschwören" und wurde zusätzlich zu "formalem Kerker" und Buße verurteilt - ganz so, wie es Papst Urban zuvor angeordnet hatte. Bei Weigerung und Zuwiderhandlung drohte der Scheiterhaufen.


    "Galilei wird spätestens seit dem Dekret von 1616 mit den Spitzfindigkeiten des kanonischen Rechts vertraut gewesen sein, aber in der Kongregation des Heiligen Offiziums wurde nicht argumentiert, sondern [...] behauptet und verkündet." (Fölsing S. 439)


    Das Dekret von 1616 "suspendierte" das Buch des Kopernikus' "de revolutionibus orbium" "bis zur Verbesserung", wie es genau heißt. (Das war ein feiner Unterschied zum endgültigen Verbot!)


    Dazu:
    "Papst Paul V. hätte die kopernikanische Lehre am liebsten zur Häresie erklärt und damit [...] den leidigen Sternenstreit ein für allemal beendet. Dagegen intervenierten allerdings einige Kardinäle, die [...] nicht so ohne weiteres bereit waren, alle Grundsätze der Theologie und des Kirchenrechts zu ignorieren." (Fölsing S. 326)

  • Hallo Leute,


    es ist mir ein Raetsel, aus welcher Aussage der Bibel die damalige Kirche interpretierte, dass die Erde das Zentrum des Universums bildet. Andererseits, wenn man im Schoepfungsbericht schon aus unbestimmten Zeiteinheiten (woertlich im Originaltext) einfach mal Tage macht und es heute tatsaechlich wieder Leute gibt, die dem anhaengen, muss man sich unweigerlich fragen: Gibt es intelligentes Leben auf der Erde...?


    Was Galilei angeht, habe ich kuerzlich (liegt natuerlich alles zu Hause) einen interessanten Artikel einer Biografin gelesen, in dem eher Galilei das Emblem eines streitsuechtigen und sturen Kindskopfes erhaelt und der Streit mit der (schon damals schwindenden) Macht der Kirche eigentlich auf eher banale Dinge zurueckgeht. Es soll ein weit verbreiteter Irrtum sein, dass sein propagiertes Weltbild ihn vor die Inquisition brachte, Urban VII. (oder wars der Vorgaenger?) soll sogar recht begeistert von der Vorstellung gewesen sein, dass die Sonne das Zentrum des Sonnensystems bildet. Soweit zumindest meine vage Erinnerung, Donnerstag kann ich dann mal woertlich und exakt wiedergeben, woher ich diese (durchaus gewagten) Thesen gelesen habe...Zumindest eines ist sicher: Die Akte Galilei wird recht kontrovers diskutiert.


    Gruss und CS,
    Marcel

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