<b>1. Prüfobjekt</b>
obiger Refraktor
D = 110 mm, F = 655 mm
ohne Zusatzoptik
2<b>. Messaufbau</b>
Autokollimation gegen einen 300mm Planspiegel
<b>3. Interferometer</b>
nach Bath mit Weißlicht ( Power- LED)
<b>4. Farbfilterung</b>
<b>Bild 1</b>
Damit ist der für die visuelle Wahrnehmung wichtige Wellenlängenbereich gut abgedeckt.
<b>5. Auswertesoftware</b>
„openFringe“ Version 8.1.
<b>6. Messungen und Auswertungen</b>
<b>6.1 Prüfung auf Achskoma, Astigmatismus und Verspannung</b>
Diese Art von Fehlern ist bei relativ lichtstarken Refraktoren wahrscheinlich. Nach Angabe des Eigentümers Sven sowie des Mitbeobachters Karsten war bei Sternbeobachtung mit hoher Vergr. Koma sichtbar. Es gelang aber nicht diesen Fehler durch Kollimation am Sternhimmel zu mindern.
Im folgenden wird beispielhaft die Vorgehensweise zur Analyse und Sanierung auf dem Prüfstand beschrieben*:
a) Aufnahme eines Interferogramms
b) Auswertung und spezielle Analyse durch ausschließliche Aktivierung der speziellen „Zernikes“ für Koma, Asti. etc.
c) Korrektur durch Betätigung der entsprechenden Justierschrauben (sofern vorhanden)**.
d) Erfolgskontrolle wie a) und b).
Wenn man die diversen Restfehler sicher quantifizieren will sind programmtechnische Zernike- Mittelungen aus mehreren Interferogrammen sinnvoll. Man kann aber bereits aus einzelnen Interferogrammen vorher / nachher die wesentlichen Restfehler erkennen und quantitativ abschätzen.
Hier die einzelnen Beispiel- Interferogramme:
<b>Bild 2</b>
Die Zernikes aus dem „vorher“-Interferogramm liefern u. a. die folgenden Infos:
<b>Bild 3</b>
„Alle Zernikes“ heißt hier Z3 = „Defokus“ ist desaktiviert. D. h. man analysiert die Restfehler bei der Messwellenlänge des gewählten Interferogramms. Die obigen Contourplots kann man lesen wie eine Landkarte mit Höhenlinien und Farbhöhenkodierung. Beim Vergleich der Plots untereinander ist aber zu beachten, dass die Zahlenskala jeweils dem PtV- Wert (Differenz zwischen dunkelblau und purpur) der größten Wellenfrontabweichung angepasst ist. Bei Teilbild 1 haben wir demnach PtV = 0,292 lambda, bei Teilbild 4 dagegen nur noch PtV = 0,08 lambda. Für die opt. Störwirkung ist aber nicht der PtV- Wert sondern der RMS- Wert eines Fehlers maßgeblich. Die entsprechenden RMS- Werte gibt das Programm unter der Option „Profile“ aus. Der Übersicht halber wurden diese RMS- Werte in die obigen Teilbilder kopiert.
Mit Strehl = 0,855 ist die Optik schon recht gut aber evtl. durch Kollimation noch verbesserungsfähig. (Bitte bei allen Strehl bzw. Wellenfrontfehlerangaben die 3. Stelle nach dem Komma nicht ernst nehmen. Das Auswerteprogramm kann nicht anders). Die nach RMS- Wert größten Restfehler sind hier sphärische Aberration (s.A.) und Koma. Danach folgt erst Astigmatismus. S. A. wird noch im Kapitel 6.3 ausführlicher betrachtet werden. Asti. ist mit RMS = 1/62 lambda derart gering, dass ein Verbesserungsversuch durch Kollimation nicht lohnt. Wäre das der einzige Fehler, dann läge die Strehlzahl bei 0,99. Noch geringer sind hier die übrigen Restfehler wie „Trefoil“, „Tetrafoil“ etc. Es käme aber einer völlig unsinnigen Schönung der Strehlzahen gleich würde man die Zernikes für diese Fehler sowie die für Asti bei der Endauswertung desaktivieren.
Kehren wir zurück zur Verbesserung durch Unterdrückung von Koma durch Kollimation. In einem unbewachten Moment wagte ich einen gaaanz vorsichtigen Dreh an der nach meiner Einschätzung richtigen Justierschraube. Hier die entsprechende vorher - nachher Analyse:
<b>Bild 4</b>
Um besser vergleichen zu können wurden beide Plots mit derselben Farbskala aufgenommen und alle Zernikes außer die für Koma desaktiviert. Danach hat mein erster Dreh eine signifikante Verringerung des Komafehlers bewirkt. Das kann man auch noch zusätzlich visualisieren:
<b>Bild 5</b>
Man erkennt, dass der 1. Beugungsring „nachher“ deutlich gleichmäßiger ausgeleuchtet ist als „vorher“. Das ist ein klares Zeichen für die Verminderung von Koma, die man unter idealen Bedingungen auch bei der realen Sternbeobachtung wahrnehmen würde. Auch die MTF- Kurve hat sich fast ideal der theoretischen Kurve genähert.
Die Strehlzahl bei Fokussierung auf 551 nm hat sich durch die hier durchgeführte Korrektur von S=0,88 auf S=0,90 erhöht. Das scheint nicht besonders deutlich zu sein. Immerhin hat Sven mir berichtet, dass bei der Himmelsbeobachtung von Sternen keine Koma mehr sichtbar ist.
Eine weitere Korrektur durch Kollimation hätte verhältnismäßig viel mehr Messaufwand verlangt. Man müsste nämlich zur Sicherung des Ergebnisses nach jedem weiteren Korrekturschritt Messwiederholungen machen, eben weil man einen kleiner werdenden Restfehler nicht anders sicher erkennen und quantifizieren kann. Wir waren uns daher einig nicht weiter herumzuschrauben.
<b>6.3. Messung der achsnahen Farbfehler</b>
<b>6.3.1 Sphärochromatischer Fehler (Gauß- Fehler)</b>
Als Basis dienten die folgenden Interferogramme:
<b>Bild 6</b>
<b>Bild 7</b>
Die Aufnahme eines Interferogramms bei 551 nm ist in der Wiederholserie Bild 7 leider vergessen worden. Für die nachfolgenden Auswertungen konnte daher nur die Daten für die übrigen 4 Wellenlängen durch Vergleich und Mittelung abgesichert werden, während die Werte für 551 nm nur auf Basis eines einzigen Interferogramms bestimmt werden konnten.
<b>Bild 8</b>
Zur besseren Erkennung des Gauß- Fehlers wurde für die obigen Kurven mit der Programmoption „Enable Spherical Only“ erstellt. D. h., nur die 7 Zernikes für sphärische Aberration wurden aktiviert. Danach ist die s. A. für die Wellenlänge 505 nm nahezu perfekt korrigiert. Die perfekte CC wäre beim Test in Autokollimation 0. Wie theoretisch zu erwarten ist das Objektiv mit zunehmender Wellenlänge mehr und mehr unterkorrigiert. Dieser Fehler ist aber aber auch bei 656 nm mit CC = 0,5 nicht besonders auffällig. Offensichtlich hat man bei diesen Teleskop die
s. A. für den Bereich grün bis blau optimiert.
<b>6.3.2 Ermittlung des Farblängsfehlers</b>
Die Defokussierung ds lässt sich berechnen:
ds = - Z3 x lambda x 16 x (f/D)²
Z3 = Zernike- Term „Defokus“ nach Auswertung der Interferogramme gemäß Bild 7 und Bild 8
lambda = Messwellenlänge, hier also 457, 505, 551 588 und 656 nm.
Man ist dabei frei in der Wahl der Bezugswellenlänge (entsprechender Z3 wird = 0 gesetzt).
Weitere Details zu dieser Methode sowie zum Kap. 5.3.3 siehe :
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=84708
Da nach 6.3.1 die s. A. für 505 nm minimiert ist hab ich diese Wellenlänge als Bezug gewählt.
<b>Bild 9</b>
Offensichtlich liegt die kürzeste Brennweite tatsächlich bei 505 nm oder sehr dicht dran. Bei Bezug auf die allgemein üblichen 550 nm wäre hier die Schnittweiten für 505 nm sowie 475 nm negativ.
Der Farblängsfehler dieses Objektiv ist demnach für den Bereich um 505 nm minimiert.
<b>6.3.3 Wellenlängenabhängige Strehlzahlen</b>
<b>Bild 10</b>
Auch diese Kurven zeigen deutlich, dass das Teleskop für den Bereich mit Schwerpunkt bei 505 nm optimiert ist. Die Kurven gelten ohne Gewichtung der Augenempfindlichkeit.
<b>7. Fazit</b>
Das Teleskop ist farblich sehr gut korrigiert für Beobachtung mit UHC-und H-beta Filtern. Bei Fotografie mit Farbkameras würde der starke Abfall der Strehlzahll im gelb roten Bereich schärfeminfdernd wirken. Das gilt ebenfalls für die Fotografie mit i. a. breitbandigen RGB-Filtern.
Gruß Kurt
*Man kann auch mittels künstlichem Stern in AC bei hoher Vergr. auf Koma undAsti prüfen und ggf. durch Kollimation korrigieren. Dahei hat man allerdings nicht den Komfort der Separation und Quantifizierung der speziellen Fehler wie bei der interferometrischen Kontrolle.
**Bei diesem Teleskop sind keine Justierschrazben für Asti-Korretur vorgesehen. Zum Glüch war dieser Fehler vernachlässigbar. In einem anderen Falle mit eben den fehlenmden Schrauben war die „Hauptkrankheit“ Astigmatismus. Zur erfolgreichen Sanierumg musste der Hersteller bemüht werden.
In einem weiteren Falle waren Justierschrauben für Komakorrektur und auch für solche für Asti vorgesehen. Bei Betätigung einer Schrabe für Koma antwortete das Objektiv mit einem unüblichen Knackgreäusch und Muschelbruch am einen der Linsenränder. Die Schrauben waren falsch konstruiert, weil sie teilweise direkt auf den Rand einer der Linsen drücken anstatt auf den dafür vorgesehenen Ring.
<b>Fazit aus* und**:</b>
Bei im Sterntest erkennbarem Asti und/oder Koma nicht selber robieren, sondern Neugeräte wegen „Nichtgefallen“ zurückgeben oder auf Nachbesserung bestehen.