Am Dienstag kündigen sich ideale Beobachtungsbedingungen an: Ist es am Morgen zwar klar, aber die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, trocknet es untertags mehr und mehr auf, und auch die Quellwolken, die sich anfänglich bilden, verschwinden untertags mehr und mehr; lediglich entlang des Alpenhauptkamms halten sich hartnäckig einige Reste, die mich jedoch nicht davon abhalten, abends meinen 10-Zöller einzupacken und zu meinem Stammplatz in OÖ, der Hohen Dirn, zu fahren. Oben angekommen, spannt sich - trotz noch nicht ganz abgeschlossener Dämmerung - schon eine wunderbare Milchstraße bis hinunter zum Südhorizont, und im südlichen Teil des Schlangenträgers sind sogar schemenhaft einige der zahlreichen Dunkelwolken zu erkennen. Eine Traumnacht kündigt sich an!
warum ich mir als Einstiegsobjekt allerdings gleich <b>PK 17+11.1 = IRAS 17395-0841</b> antue: ich weiss es nicht. Vielleicht ein Anflug von Masochismus? Wie dem auch sei: Fest steht, dass erst bei 235x + UHC und auch dann erst nach längerer Beobachtung an der Stelle was aufpoppt. Schweres Teil - aber in Anbetracht dessen, dass das Objekt wahrscheinlich noch nicht so oft beobachtet wurde (speziell mit 10") bin ich trotzdem zufrieden.
Weitaus heller, indes auch nicht gerade ein Netzhauttöter, ist das nächste Objekt, PK 10+18.1, besser bekannt als <b>M 2-9</b>. Schon bei 175x bereits ohne Probleme auszumachen bleibt das Objekt auch bei 235x immer noch recht schwach, zeigt aber bei indirektem Sehen schön seine längliche Form.
Noch heller ist der nächste PN, <b>NGC 6309</b>: ein heller, elongierter Nebelfleck mit einem Stern an seinem N-Ende erwartet mich, wobei der Nebel selbst bei genauerer Betrachung zwei Verdichtungen (eine im N, die andere im S) aufweist. Filtereinsatz bringt allerdings keine zusätzlichen Details. <b>PK 11+11.1</b> kann da nicht ran, ist aber immerhin schon ohne Filter schwach als schwaches sternartiges Objekt erkennbar und kann mit Filter schön herausgeblinkt werden.
Ein Exot in dieser Himmelsregion ist sicherlich das nächste Objekt, nämlich der Quasar <b>PDS 456</b>. Immerhin knapp 2.5 Mrd Lichtjahre von der Erde entfernt (z = 0.184), ist er schon bei direktem Sehen als 14m helles Sternchen zu sehen. Nicht sichtbar ist hingegen das nächste Objekt, <b>PK 9+10.1</b>; der ist einfach ZU schwach ...
Nach einer weiteren Negativbeobachtung (PK 10+7.1) sowie einer zweifelhaften Sichtung von PK 11+7.1 gibts mit <b>NGC 6439 </b>wieder ein leichteres Objekt aus der Zunft der planetarischen Nebel zu bewundern. Der PN ist zwar nicht allzu spektakulär, bei 235x aber doch schon ohne Filter recht einfach als rundes, recht helles Fleckerl zu sehen. Sein Nachbar <b>PK 11+6.1</b> ist da schon wesentlich schwieriger ... speziell, weils in der Umgebung des PN an helleren Sternen mangelt, an denen man sich bi Beobachtungen mit Filter orientieren könnte. Gesehen hab ich ohne Filter jedenfalls was an der richtigen Stelle, obs der PN war, kann ich allerdings nicht sagen - mit Filter war das Feld einfach nicht identifizierbar. Eine automatische Nachführung sein Eigen nennen zu können wär manchmal halt doch ganz praktisch ...
Zwar würd ich gerne weiter in dieser Region beobachten, allerdings nähert sich der Bereich Schlange - Schlangenträger schon bedenklich seinem Untergang hinter diversen Alpengipfeln. Deshalb ein Schwenk in das Grenzgebiet Schütze-Adler, wo sich ebenfalls ein paar PNs befinden, die ich mir schon länger vorgenommen hab.
Am Anfang steht mit <b>NGC 6774 </b>aber ein Sternhaufen (übrigens der einzige offene, den ich heute beobachte). Ein recht großes Teil: bei 45x sind etwa 2-3 Dutzend Sterne ab 8m zu erkennen, die sich in einer Figur anordnen, die mich zeitweise an das Sternbild Bootes, dann aber wieder an ein Schwammerl erinnert. Sicher auch für kleinere Öffnungen ein gutes Low-Power Objekt!
Für mich interessanter als der OH ist allerdings der S davon gelegene PN <b>DeHt 3</b>; zunächst bin ich ob des etwas verwirrenden Sternfeldes etwas indisponiert, sobald die richtige Stelle identifiziert ist, ist der PN im OIII dann aber relativ einfach als blasses Scheibchen zu erkennen. <b>PK 26+11.1</b> über der Grenze zum Adler wiederum ist einfach als stellare Quelle schon ohne Filter identifi- und mittels Filterblink verifiziert. Noch einfacher ist <b>IC 4846</b>, ebenfalls ein (fast) stellares Objekt, das gut auf Einsatz des OIII-Filters anspricht. Am schwierigsten von den vier PNe ist der letzte, <b>PK 29-7.1 = LSA 1</b>: Der erst seit kurzem bekannte PN ist nicht so wirklich hell, bei 175x und 235x+OIII dennoch aber bei indirektem Sehen ganz gut als kleines Scheibchen auszumachen.
Nach dem ganzen PN-Gesocks ist erst mal Entspannung angesagt. Lasse meinen Blick ein paar Minuten lang über die Milchstraße schweifen & genieße den Anblick des Sternenmeeres, das sich da vor mir auftut ... Die Bedingungen sind super heute - zwar kommt die Grenzhelligkeit in Zenitnähe nicht ganz an jene von letzter Woche heran (s. Bericht vom 31.8. unter http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=75670), aber M 33 ist dennoch wieder - wenn auch schwächer - mir freiem Auge zu sehen. Was mir besonders auffällt (& mit späterer Stunde immer deutlicher wird), ist, wie breit und unglaublich strukturiert die Milchstraße zwischen Deneb und Fuhrmann erscheint; überall große und kleinere Dunkelwolken, der dreieckige Dunkelnebel bei beta Cassiopeiae wie ausgestanzt, und im Bereich Perseus - Camelopardalis erscheint die Milchstraße so richtig zerfetzt ... genialer Anblick.
Beim Spazierensehen so über den Himmel stolpere ich auch über die 'dunkle Höhle' <b>B 142/3</b> nahe gamma Aql, die heute so richtig gut hervortritt. Im Teleskop bei 45x ein Traum von einem Dunkelnebel - kaum von einem Sternchen getrübt, hebt er sich so richtig schön vom Milchstraßenhintergrund ab & zeigt so einiges an Verästelungen und Struktur. Nachdem ich schon mal in der Gegend bin, nehm ich mir außerdem gleich noch <b>PK 44-9.1 = Abell 64</b> vor, an dem ich letztens gescheitert bin - unwissentlich, dass hinter dem 'PN' in Wirklichkeit eine Galaxie steckt ... Also hin, Feld mittels Karte identifiziert - und schon bei 175x ist die Galaxie gut als diffuses Fleckerl zu sehen.
Nun wird’s aber interessant: Nachdem Christian a.k.a. Deneb letztens von einer positiven Sichtung des Supernovaüberrests <b>Sh2-91 </b>berichtet hat, beschließe ich, auch mal dort nachzuschauen um zu sehen, obs was zu sehen gibt. Also zu phi Cygni gehopst, der knapp oberhalb des hellsten Filaments des SNR steht, Sternfeld mittels Karte eingeprägt, OIII-Filter ins Übersichtsokular rein - und tatsächlich: nicht einmal schwierig ist ein Filament des SNR S des Sterns auszumachen! Speziell das östliche Ende des Filaments ist gut definiert und als schmaler, leicht gebogener Streifen zu erkennen; der W-Teil des Filaments ist etwas schwächer und zieht unmittelbar N von zwei 8m hellen Sternen vorbei, die den Anblick etwas stören. Ein wunderbares Objekt jedenfalls, das etwas mehr Aufmerksamkeit verdienen würde.
Allerdings ist dieser Teil des SNRs zwar sicher der bekannteste, aber bei weitem nicht der einzige, der sichtbar sein könnte: Einige Grad weiter westlich gibts nämlich noch eine weiteres Filament, das nur wenig schwächer als das Filament bei phi Cyg erscheint und dementsprechened ebenfalls im Bereich des möglichen ligene könnte. In der Tat ist an betreffender Stelle auch tatsächlich ein Nebelstreif zu erahnen; allerdings zeigt ein Blick ohne Filter, dass genau an der Position des Nebels sehr viele Hintergrundsterne vorhanden sind und bei kritischer Betrachtungdie mit OIII-Filter gesehenen Strukturen zumindest teilweise mit diesen Sternzusammenballungen identisch sind. Als zweifelsfrei würde ich die Beobachtung deshalb nicht einschätzen.
---> Frage an die Runde: Gibts von Eurer Seite her Erfahrungswerte, was die Sichtbarkeit dieses Nebelteils anbelangt?
Nächstes Objekt: <b>M 30</b>. Bei diesem Objekt macht sich das heutige gute Seeing bezahlt: Sogar hier in Horizontnähe sind Vergrößerungen von 175x und darüber problemlos möglich, was der Erkennbarkeit von Einzelsternen im Haufen naturgemäß zuträglich ist. Der Haufen selbst ist zwar nicht der allerhellste Kugelhaufen des Himmels, mit seinem stark elongierten Zentrum, den nach Norden weisenden Sternstraßen und dem damit verbundenen deutlich asymmetrischen Aussehen aber auf jeden Fall eine Reise wert!
Nach einem Kurzbesuch bei den Galaxien NGC 7103 und 7104 ein knappes Grad nördlich von M 30 geht’s weiter zum zweiten KH des Steinbocks, nämlich <b>Palomar 12</b>. Zuerst mal nix zu sehen, allerdings komm ich nach einem Zeitl dann doch drauf, dass ich eigentlich nicht so ganz an der richtigen Stelle bin ... ist die einmal lokalisiert, ist der KH schön als blasses diffuses Fleckchen zu erkennen; sogar einige Sternchen sind zu sehen (einer davon im unmittelbaren Zentrum), wobei zumindest mir nicht klar ist, ob die auch tatsächlich zum KH gehören. Cool!
Als nächstes zieht es mich zu <b>Neptun</b> und <b>Uranus</b>, die ich bislang aus irgendeinem Grund etwas vernachlässigt hatte ... Beide erst einmal gesehen, und das vor Unzeiten mit meinem alten 4.5-Zöller. So wirklich viel an Details geben die beiden auch heute nicht her, immerhin ist Uranus aber als schönes, bläuliches Scheibchen zu sehen, und auch Neptun zeigt in Momenten ruhiger Luft seine Planetennatur. Übrigens ist Uranus heute auch freiäugig kein Problem und deutlich als Sternchen wahrnehmbar.
Irgendwie hats mir die Region rund um den Wassermann heute angetan ... nehm mir deshalb ein paar Galaxien in Grenzgebiet Wassermann-Walfisch vor. Die erste,<b> NGC 7723</b>, erscheint recht groß, elongiert, mit etwas hellerem Zentrum; <b>NGC 7724 </b>nördlich davon ist recht lichtschwach und verblasst deutich gegenüber ihrem Nachbarn <b>NGC 7727</b>, die sich als schöner, heller Nebelfleck mit sehr hellem Kern präsentiert, ansonsten aber mit keinen weiteren Details aufwarten kann - was schade ist, die Galaxie ist nämlich schön peculiär und sollte in größeren Teleskopen und/oder hochalpinen Bedingungen sicher einiges hergeben (ein Wink mit dem Zaunpfahl, Uwe! [:D]).
Allerdings: die drei Galaxien sind nicht mein Hauptziel in dieser Region, sondern die östlich schon im Walfisch gelegene Galaxie UGCA 444, die auch unter dem Namen <b>Wolf-Lundmark-System </b>bekannt ist und zur lokalen Gruppe gehört. Ich stelle mich auf eine schwierige Beobachtung ein, werde aber überrascht: Trotz ihrer südlichen Lage kann die Galaxie bei 45x als N-S elongierter, sehr blasser Nebelstreifen relativ einfach erkannt werden. Speziell bei N-S Bewegen des Teleskops ist die Galaxie dabei unübersehbar. Sehr cool!
Solchermaßen beflügelt, geht’s weiter zu <b>IC 1613</b>, die ich bislang ebenfalls noch nicht sichten konnte. Und tatsächlich: Leicht ist sie auch heute nicht, trotzdem ist sie bei 45x eindeutig als sehr blasse Aufhellung E und SE eines Sterns 10m zu sehen, wobei die Aufhellung von irgendwie dreieckiger Form erscheint. Yeeehaaa!
Ich bleibe bei der lokalen Gruppe und nehme mir als nächstes Objekt <b>M 33 </b>vor, die ich zwar schon vor einer Woche drin hatte, allerdings nur oberflächlich drübergegangen bin. Heute aber sind Detailbeobachtungen angesagt.
Los geht’s mit <b>NGC 604</b>, dem Endpunkt des nördlichen Spiralarmes (zumindest im Teleskop). Der Nebel ist hell, reagiert gut auf OIII-Einsatz und ist ansatzweise strukturiert. Weitere beobachtete Objekte:
NGC 595: schwacher Knoten WNW des Zentrums
NGC 592: etwas heller als NGC 595, rundlich
NGC 588: ebenfalls nicht schwer, rundlich
BCLMP 62: als kleiner Knoten bei indirektem Sehen sichtbar
IC 141: kompakt, vergleichsweise leicht
IC 143: groß, diffus
BCLMP 302: als kleines Knötchen NW von IC 143 auszumachen
BCLMP 650: Nicht eicht, diffus, länglich?
IC 131: schwacher Nebelfleck, bei indirektem Sehen gut auszumachen
BCLMP 288: Etwas schwächer, trotzdem eindeutig sichtbar
IC 132: Schon ohne Filter als blasse Aufhellung zu erkennen, mit UHC Kontrastgewinn. Stellares Zentrum!
IC 133: S von IC 132 gelegen; blasses, längliches Gebiet; am S-Ende ist IC 134 als einzelner Knoten zu erkennen, der deutlich auf UHC reagiert & so richtig schön herausgeblinkt werden kann.
IC 135
IC 136: groß, diffus
IC 139/IC 140: länglicher KNoten in südlichem Spiralarm
BCLMP 256: schwach
Wahrscheinlich würden noch einige weitere Nebel bzw Sternwolken gehen, allerdings bin ich schon etwas müde und von Westen her rollen bereits erste Wolken der herannahenden Front heran. Zudem deuten stroboskopartige Lichtblitze an, dass es im Bereich des Alpenhauptkamms ziemlich gewittern dürfte .... Beim Überlegen, welches Objekt ich mir als letztes noch antun könnte, kommt mir die aktuelle Diskussion auf astrotreff bzg. Stephans Quintett in den Sinn, und ich beschließe, dem Objekt (wieder) mal einen Besuch abzustatten. Über 38 Peg zunächst mal <b>NGC 7331 </b>anvisiert - heller Nebelstreif mit noch hellerem Zentrum, und in Momenten vermeine ich an der W-Kante ein dunkles Band auszumachen. Von den umliegenden Galaxien sind <b>NGC 7335 </b>und <b>7340</b> leicht auszumachen, <b>NGC 7337 </b>ist etwas schwächer, aber ebenfalls zu sehen; NGC 7325 und 7336 bleiben hingegen unsichtbar.
Nun aber <b>Stephans Quintett </b>... Schon ohne genaue Aufsuchkarte sind knapp 1/2 Grad SSW erste Nebelflecken zu erkennen. Bei genauerer Betrachtung sind alle 5 Galaxien eindeutig und unschwer zu sehen: NGC 7317 erscheint als kompaker Fleck unmittelbar SE eines Sterns, NGC 7318 ist ein Doppelnebel mit zwei deutlich getrennten Zentren, NGC 7320 ist diffus und rund, und auch die schwächste der fünf, NGC 7319, ist problemlos als längliches Fleckschen zu sehen. Nix schwer unter diesen Bedingungen!
Nun wird’s aber Zeit - die Müdigkeit steigt ebenso schnell herauf wie der Orion im Osten und die Front vom Westen, & nach Hause muss man ja auch noch ... Also zusammengepackt, ein kurzer Blick noch auf den Sternenhimmel, und ab geht’s - der Heimat entgegen ...
CS!
Matthias