Mondentfernung wird größer - aber wie?

  • Hallo zusammen,


    momentan beschäftigen wir uns im Physik-Unterricht mit Gravitation, was auch die einfache Himmelsmechanik mit ein schließt. Wir berechnen die Energie die nötig ist um Satelliten an zu heben oder wie groß die Geschwindigkeit sein muß um das Gravitationsfeld der Erde zu verlassen und noch ettliche weitere derartige Nettigkeiten.


    Mein Lehrer erwähnte in diesem Zusammenhang auch, daß sich der Mond der Erde immer weiter nähert weil er durch die Energie die er beim Anheben des Wassers und der Erdmasse verliert auf eine neidrigere Bahn schwenken müßte. Ohne großartig darüber nach zu denken klingt das ja auch logisch. Ich brachte jedoch den Einwand, daß Messungen genau das Gegenteil zeigen würden - der Mond entfernt sich zusehens von unserem Heimatplaneten. Leider konnte ich aber den Grund dafür nicht nennen. Es handelt sich um ca. 4cm/Jahr so weit ich informiert bin. Naja, jedenfalls ließ die Sache sowohl ihm als auch mir keine Ruhe und jede Physikstunde wird mindestens 3 Min darüber gerätselt ;)


    Kann uns einer von euch auf die Sprünge helfen? Es gab inzwischen eine Idee die auf dem Dreikörper-Problem Erde, Mond, Sonne beruht doch bin ich der Meinung (rein gefühlsmäßige Abschätzung) daß der Effekt zu gering ist im Jährlich 4cm aus zu machen.


    Wenn mir da einer Tips geben könnte wäre ich sehr froh - vielleicht ließe sich dann auch ein kleiner 5-10 minütiger Vortrag im unterricht organisieren. Das wäre sicher nicht übel denn auch der rest der Klasse ist von dem "Astrozeug" und der Raumfahrt recht angetan.


    Also, bin mal gespannt welche Ideen ihr habt.


    Viele Grüße,
    Raphael

  • Hallo Raphael,


    die Mondentfernung wird größer, da hast Du völlig recht. Die Ursache sind, glaube ich, die Gezeiten. Die Anziehungskraft des Mondes auf der ihm zugewandten Seite und die Fliehkraft auf der anderen Seite verursachen einen Wulst auf der Erde, die Flutberge. Diese Wulste sind ein bisschen in die Drehrichtung der Erde verschoben. D.h. der Mond ist immer ein bisschen hinter dem Flutberg und deswegen wird die Erde an der Stelle ein wenig gebremst, die Erdrotation verlangsamt sich. Und andersherum: Der Mond wird ein wenig von der Masse, die im Flutberg steckt, gezogen. Er wird schneller, kriegt also mehr Energie und fliegt deswegen immer ein Stück weiter weg. Wieviel das ist, habe ich keine Ahnung, aber wenn Du die vier Zentimeter gefunden hast, wird's wohl so sein.
    Das geht übrigens so lange weiter, bis sich Erde und Mond immer nur die gleichen Seiten zuwenden. Dann wird der Flutberg genau unter dem Mond sein und kann ihn nicht mehr nach vorne beschleunigen.


    Hoffe, die letzten Klarheiten beseitigt zu haben.
    Besseres Wetter!
    Yoin

  • Hallo Raphael!


    Ich wüsste jetzt zwar keine vortragsreife Antwort, aber spontan fällt mir ein:
    Der Mond dreht sich ja nur um die Erde (genau genommen ist diese Aussage unexakt - Mond und Erde drehen sich umeinander um einen Schwerpunkt, der ca. 2000m unter der EO liegt), weil die Gravitationskraft der Erde genau der Fliehkraft (-> Radialkraft) entspricht, welche den Mond aus seiner Bahn treiben will. Die Gravitationskraft der Erde ist abhängig von der Masse der Erde, der Fallbeschleunigung und vom Abstand des Körpers, auf die sie wirkt. Entfernt sich also der Mond tatsächlich von der Erde, müsste das ja bedeuten, dass er dem immer geringer werdenden Gravitationsfeld der Erde ausgesetzt sein müsste. Masse und Fallbeschleunigung der Erde nimmt man als konstant an. D.h., um den Bond in der Bahn zu halten, müsste die Gravitationskraft größer werden, macht sie aber nicht.
    Dem folgt also, dass die Radialkraft abnehmen müsste. Sie hängt von der Masse, der Geschwindigkeit und vom Abstand r des Mondes von der Erde ab, wobei Fr ~ 1/r². Wird der Abstand größer, wird auch die Radialkraft kleiner. Pascht also, Mond fliegt nicht aus seiner Bahn.
    Aber worin könnten Ursachen einer Abstandsvergrößerung liegen? Bleiben ja nur noch Masse und Geschwindigkeit des Mondes. Die Masse nehmen wir als konstant an. Demzufolge müsste sich die Revolutions-Geschwindigkeit verringern, damit der Abstand Erde-Mond größer wird. Tut sie das? Wenn es stimmt was du sagst, sicherlich. Sie verringert sich tatsächlich durch die Wechselwirkung der beiden Körper, aber so geringfügig, dass ich keine Aussagen über die Abstandsänderung pro Jahr treffen will.


    Nochmal genauer:
    Warum wir Gezeiten haben, weißt du. Genauso nur mal den Mond betrachtet war das früher, als der Mond noch flüssig war. Die Erde zog Material in Ihre Richtung, genau auf der gegenüberliegenden Seite des Mondes wurde Material durch die Fliehkraft weggedrückt (wie Gezeiten halt). Hätte der Mond eine andere Rotationszeit wie Revolutionszeit, müsste der seine Form ständig der Erde anpassen. Im Laufe der Jahre stellte sich die gebundene Rotationszeit ein (Reibung -> Abbremsen des Mondes solange bis Rotation = Revolution). Genauso funktioniert auch noch heute das gegenseitige, aber geringfügige Abbremsen der beiden Körper.


    So würde ich das sehen [8)]


    lg jule

  • Hallo,


    wir haben das Problem damals in der Physik-Anfängervorlesung auch diskutiert, scheint so ein Standardthema zu sein [;)] ...


    Die Ursache für die Zunahme der Erde-Mond-Entfernung liegt in der Tat in der Gezeitenreibung: Wie bereits beschrieben sorgt die Wechselwirkung zwischen Erde und Mond (UND Sonne!) für die allseits bekannten Gezeiten! Die damit verbundene Bewegung insbesondere der großen Wassermassen der Ozeane sorgt für merkliche Reibung, die Energie kostet und die Erdrotation verlangsamt (meßbar!). Damit nimmt auch der in der Erdrotation steckende Drehimpuls ab. Da man drehimpulsmäßig das Erde-Mond-System als (mehr oder weniger) abgeschlossen betrachten kann, gilt aber die Drehimpulserhaltung! Der Drehimpuls der somit in der Erdrotation "verlorengeht", muß also nun woanders drin stecken, nämlich in der Bewegung des Mondes um den gemeinsamen Schwerpunkt. Mehr Drehimpuls bedeutet aber ne höhere Bahn, also steigt der Abstand! Ein Ende findet das ganze erst, wenn wie von Yoin bereits gesagt Erdrotation und Mondumlaufzeit gleich sind (Tageslänge = Monatslänge), denn dann fällt die Gezeitenreibung weg ...


    dick bewölkte Grüße aus Lippe ...
    Andreas

  • Hey Raphael,


    und hast du dich mit deinem Physik-Lehrer nochmal darüber unterhalten? Würde mich freuen wenn du mal ein Zeichen gibst, zu welchem Ergebnis ihr letztendlich gekommen seid! [:p]


    lg jule

  • hallo raphael,
    das von dir angesprochene phänomen ist ein sehr aufschlussreiches beispiel für die ERHALTUNG des DREHIMPULSES des erde - mond systems.(wie auch das 2. keplergesetz)
    der gesamtdrehimpuls des erde-mond systems besteht aus 4 komponenten,
    nämlich dem eigendrehimpuls von erde und mond und dem bahndrehimpuls
    beider körper.
    der eigendrehimpuls der erde nimmt infolge der gezeitenreibung stetig ab,bis sich schliesslich am ende erde und mond immer dieselbe seite zuwenden,und sich um ihren gemeinsamen massenmittelpunkt drehen.
    DER EIGENDREHIMPULS DER ERDE WIRD WIRD DANN AUF DEN BAHNDREHIMULS DES MONDES ÜBERTRAGEN.
    die rechnung ergibt, dass sich die mondentfernung bis auf das 1,44 fache des heutigen wertes vergrössern kann.
    durch die erhaltung des drehimpulses wird der mond schneller in seiner umlaufbahn,und vergrössert damit seinen abstand zur erde.
    die gezeiten bewirken,dass die erde täglich um 0,00000002 sek. langsamer wird.
    vor 100 jahren,also 36525 tagen waren es 0,00073 sek.
    vor 4,5 milliarden jahren war dan die tageslänge nur noch 5 stunden.
    des heutigen wertes.
    die gezeitenreibung entspricht einer leistung von 2 milliarden ps.
    der eigendrehimuls der erde ist : 5,86*10^33 (kg m^2 sec^-1)
    der bahndrehimpuls des mondes ist M(mond)*a(mond)^2*omega (mond)
    (der einfacheit halber basiert nimmt meine rechnung die mondbahn als kreisbahn )
    gruss willy.

  • Wie ist denn das andererseits mit der Erdmasse, nimmt die nicht auf Grund von Meteoriteneinschlägen auch noch zu (und wegen der Größe der Erde auch deutlich schneller als der Mond) und müsste in Folge dessen nicht die Umlaufgeschwindigkeit des Mondes zunehmen???

  • hallo ck,
    da der drehimpuls prop. zur masse eines körpers ist,nimmt mit zunehmender masse auch der drehimpuls zu , wie du richtig bemerkst.
    die x-tonnen die täglich auf die erde an meteoriden stürzen sind jedoch zu vernachlässigen wenn man bedenkt wie gross die erdmasse ist.
    Merde =5,937 * 10^24 kg oder 5973 trillionen tonnen.
    (ein muckesekele!,daher in der rechnung nicht berücksichtigt.
    übrigens die abstandsvergrösserung des mondes ist ca.3 m pro jahrhundert.
    gruss willy

  • Hier meine Antwort auf eine entsprechende Frage in einem anderen Forum:


    Der Mond erzeugt durch Gezeitenkräfte zwei Flutberge auf der Erde: einen
    auf der mondzugewandten Seite, einen auf der mondabgewandten. Das Wasser versucht
    sich immer genau unter dem Mond zu sammeln (bzw. auf der abgewandten Seite wegen der
    dort überwiegenden Fliehkraft genau vom Mond weg), so daß beide Flutberge in Bezug
    auf den Mond eine fixe Position einnehmen, während sich die Erde quasi unter ihnen
    wegdreht.


    Die Flutberge verändern daher ihre Position bezüglich der Erdoberfläche (einmal
    in 24 Stunden rundherum), und die Meeresströmungen, die zu dieser Verlagerung der
    Wasseransammlungen nötig sind, erzeugen Reibungswärme, die ins Weltall abgestrahlt
    wird und verlorengeht. Die Erde wird dadurch also abgebremst. Man vergleicht die Flutberge
    daher auch gern mit Bremsbacken.


    Andererseits haben die Flutberge wie gesagt ein fixe Position bezüglich des Mondes.
    Sie stehen aber nicht genau in der Verbindungslinie Mondmittelpunkt - Erdmittelpunkt, wie
    man bei ruhender Erde erwarten würde. Weil die Erde sich dreht, nimmt sie die Flutberge
    ein wenig mit, so daß diese ein wenig seitlich der Verbindungslinie zu stehen kommen.


    Wenn die Erde keine Flutberge hätte, würden alle ihre Teile gleichermaßen am Mond ziehen,
    so daß der Mond in der Summe entlang der genannten Verbindungslinie der Mittelpunkte
    auf die Erde zu gezogen würde (für jedes Erdteilchen links der Verbindungslinie gibt es
    aufgrund der Symmetrie der Erdgestalt ein gleich weit entferntes rechts von der Verbindungslinie,
    so daß beide zusammen in der Summe den Mond in Richtung der Verbindungslinie ziehen).


    Nun sind da aber noch die Flutberge. Sie stehen nicht genau in Richtung der Verbindungslinie,
    sondern seitlich davon und üben daher neben der Anziehung in Richtung der Verbindungslinie
    noch eine seitlich wirkende Kraft auf den Mond aus. Und zwar in entgegengesetzte Richtungen,
    so daß sich ihre Wirkungen gegenseitig aufheben würden, ABER... der eine Flutberg ist dem
    Mond ja näher und übt eine stärkere Kraft auf ihn aus, die von der entgegengesetzt wirkenden
    seitlichen Kraftkomponente des anderen Flutbergs nicht völlig kompensiert werden kann,
    weil jene schwächer ist.


    Der Mond erfährt also eine (schwache) seitliche Kraft in dieselbe Richtung, in die der ihm zugewandte
    Flutberg aus der Verbindungsrichtung ausgelenkt ist. Und da die Erde sich in dieselbe Richtung
    dreht wie der Mond sie umwandert, ist der Flutberg in Bewegungsrichtung des Mondes ausgelenkt,
    und seine seitliche Anziehungskomponente wirkt in Bewegungsrichtung des Mondes und
    beschleunigt ihn so.


    Bei dieser Beschleunigung werden sowohl Drehimpuls als auch Energie auf den Mond übertragen.
    Beides entspricht einer Mondbahn mit größerem Radius, so daß der Mond sich mit der schon
    genannten Rate von knapp 4 cm pro Jahr von der Erde entfernt.


    Aufgrund des Dritten Keplerschen Gesetzes entspricht dem größeren Abstand eine kleinere
    Orbitalgeschwindigkeit, so daß sich der auf eine höhere Bahn gehobene Mond jetzt entsprechend
    langsamer bewegt, aber Drehimpuls und Energie haben tatsächlich zugenommen.


    Der Mechanismus ist also insgesamt folgender: die Gezeitenkräfte des Mondes erzeugen
    Flutberge auf der Erde. Diese 'Bremsbacken' bremsen einerseits die Erde ab. Anderer-
    seits wirkt die seitliche Komponente ihrer asymmetrischen Anziehungskraft beschleunigend
    auf den Mond, der dadurch auf eine energie- und drehimpulsreichere (wenn auch langsamere)
    Bahn gehoben wird.
    Der Drehimpuls muß erhalten bleiben, d.h. der Drehimpuls, der der Erde infolge Abbremsung
    verloren geht, muß vollständig auf den Mond übertragen werden; durch den beschriebenen
    Wechselwirkungsmechanismus ist das gewährleistet.
    Bei der Bahnänderung wird auch Energie auf den Mond übertragen, aber weniger als der
    Erde durch Abbremsung verlorengeht. Der Überschuß wird als Reibungswärme ins Weltall
    abgestrahlt und geht dem System verloren (Drehimpuls dagegen läßt sich nicht so einfach
    'abstrahlen' und muß daher im Gesamtsystem stets konstant bleiben).


    Wenn die Erde sich schneller bewegen würde, dann wären auch die Flutberge weiter aus
    der Richtung der Verbindungslinie der Massenmittelpunkte ausgelenkt, würden eine stärkere
    seitliche Kraftkomponente auf den Mond ausüben und diesen schneller von der Erde wegheben.


    Würde die Erde angehalten, dann würden die Flutberge auf die Verbindungslinie zurückschwappen
    und es gäbe keine seitliche Kraftkomponente mehr, die den Mond beschleunigen könnte.



    Tschau,
    Thomas

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