Startest

  • Hallo Leute,


    langsam werden meine Hände wieder warm, ich hoffe das Schreiben geht demnächst flüssiger.


    Tags hatte es meist Wolken bei immer noch recht mäßigem Wind, ab und an einen Scheeschauer. An Sternegucken habe ich gar nicht gedacht. Als Silvia von Milch holen zurückkommt (beim Bauern auf dem Land) meint sie, es wäre wunderbar klar!. Ein Blick vor die Tür zeigt einige klare Regionen, aber auch einiges an Wolken. Erst zögere ich, dann - was soll es - um 20.00h kommt die Spiegelzelle und der Hut zu kühlen vor die Tür.
    Ab 21.00h schaue ich im 15min-Rythmus vor die Tür - Wolken, ab und an eine größere Lücke, die aber immer gen Süden. Um 10 vor 10 werden die Lücken größer, ich baue das Teleskop auf, ab 10.00h stehe ich drausen. Polaris hinter Wolken, also versuche ich zunächst einen beliebigen Stern zu fokussieren. Im 30er Oku komme ich gerade so nicht in den Fokus, ich müßte einen Tick weiter hinein. Naja, wenn ich etwas kürzere Distanzstücke für den Auszug verwende, kann ich das ausgleichen, also kein Problem. Um 10 nach 10 erkenne ich den Polarstern, also draufhalten.


    Erst im 30er, dann über 9er gleich zum 5er, also 1,06mm AP bei 477fach, erst justieren. Noch ungewohnt ist das Pendeln zwischen Tritthocker (2 Tritte) und den Justierschrauben. Mit den großen Wasserschieberrädern läßt sich sehr feinfühlig einstellen. Ich pendele sicherlich 20 mal hin und her, bis es ziemlich passen dürfte. Bin nich ganz zufrieden und fokussiere.
    Oh jeh! Extrafokal ein Oval, intrafokal kippt die Achse um 90 Grad - Astigmatismus - der Kopf ist leer. Kann das sein?? Überprüfe nochmals, bleibt gleich. Justiere an den Schrauben, läßt sich nicht wegjustieren, war ja klar! Das wäre die Höchststrafe! Den wegzukriegen bedeutet u. U. zurück bis zum Feinschliff. Ich hänge sicherlich 20min noch am Oku, vergleiche die Beugungsringe, die eigentlich ganz gut aussehen, überlege zwischenzeitlich ob der nicht der Astigmatismus tolerabel ist. Kurz vor dem Fokus ein kleiner waagrechter Strich, dann auf senkrecht kippend. Nein, dafür ist das Verspiegeln einfach zu teuer! Nehme das Oku raus, denke an abbauen. Morgen noch mal prüfen? Eines kann ich noch machen, eine Ursache ausschließen.


    Ich trete ein paar mal gegen die Spiegelbox und will es nochmals probieren. Hmm, finde Polaris nicht, also peile ich auf das Orion-Trapez, dann befestige ich den Rigel und justiere diesen. Zurück auf Polaris: 30er, dann das 5er .... ja? JAA!!! Der Astigmatismus ist weg!! Mann, puh, Erleichterung!!! Es dauert etwas, bis ich mich wieder konzentrieren kann. Es ist mit ca. minus 5 Celsius und stetigen Wind ganz schön frisch! Ich brauche eine ganze Weile, bis ich zu der Meinung komme, daß Intrafokal die FS-Abschattung etwas größer als Extrafokal sein müßte. Die Beugungsringe sind Extrafokal deutlicher, klarer separiert. Jeweils sind der innerste und der äußerste heller als die dazwischen. Extrafokal ist der äußere Ring etwas mehr ausgeprägt. Im Zentrum, innerhalb des FS-Schattens jeweils ein kleiner Lichtpunkt.
    Das Seeing ist recht ordentlich, Einschätzung fällt schwer bei der ersten Beobachtung mit einem neuen Teleskop. Zur Überprüfung blende ich auf 460mm ab. Intrafokal sind nun die Ringe etwas klarer, Extrafokal kann ich kaum einen Unterschied ausmachen.
    Ich habe den Eindruck, daß sich meine Messungen bestätigen. Die äußerste Zone ist etwas überkorrigiert, ich meine jedoch nicht allzu tragisch.
    Nun geht es zum Saturn. Ich stehe im Garten, 15m zu einer, 30m zur anderen Straßenlaterne ohne Büsche oder Stäucher dazuwischen. Im Oku sehe ich hellgrauen Hintergrund. Das liegt daran, daß der Spiegel auf der Rückseite deutlich matt ist (Schliff mit 180er Carbo) und damit Steulicht wunderbar selbst streut. Die Mechanik geht etwas schwerer als beim 14er, leider federn die Stangen auch etwas, nach dem loslassen dauert es knapp 1 sek, bis das Bild ganz ruhig steht.
    Saturn: scharfstellen, ja! gut! nachfokussieren - besser! Cassini kein Thema, Enke? nochmals fokussieren ... ja, ich meine schon! ab und an ist das Bild seeingbedingt noch etwas besser. Der Kontrast des Enke-Minimums ist für mich nicht groß, doch ja, zu erkennen. Die Planetenkugel weist quer feine Abstufungen an Grau auf, nicht fliessend, sondern ganz fein stufig wird die Kugel zum Äquator hin heller. Nun 2,5er Powermate + 9er: 660-fach. Gut! Saturn wandert noch schneller aus. Vom Kontrast her aber kein Gewinn.
    Brrr! muß mich aufwärmen. Nach 20 min gehe ich nochmals raus. Kein Astigmatismus, gut! Schon nach 5 min fange ich das schlottern an, für nochmaligen ernsthaften Startest ist mir zu kalt. Nochmals peile ich auf Saturn, bibbernd erkenne ich das Enke-Minimum nicht mehr.


    Und nun? Reicht das zum Spiegel losschicken, oder nochmals testen?? Erst mal ins Bett und schlafen.


    Viele Grüße wünscht


    Achim

  • Na gratuliere, hast doch einen super Spiegel geschliffen [:p] , wenn er die Encke zeigt kann er nicht so schlecht sein. Ich würde zwischen den Tagen noch etwas testen sofern sich Gelegenheit dazu ergibt und ihn dann im neuen Jahr verspiegln lassen.


    ps:
    fast die selbe Prozedur mit vergleichbarem Ergebnis (Encke blickweise) hatte ich in der Nacht vom 21.zum 22. mit meiner Pizza, ich kanns gar nicht mehr erwarten bis die Scherbe belegt ist [:p]


    Gruß

  • Hallo, Achim


    Wahnsinns Bericht,


    was habe ich aber mitgebibbert was den Astigmatismus betrifft,[:0]
    Ein Glück das es nur Lagerungsbedingt war[:o)]


    Nach dem du ihn so verhauen hast, dürfte der dir wohl keine Streiche mehr machen.[:D]


    Grüße,


    Y.Cetin
    http://www.ycetin.de

  • Hallo Achim.


    Ein toller Bericht, da kann man so richtig mit leben.
    Als Spiegelschleifer weiß man was Astigmatismus bedeutet.
    Ich glaube ich habe fast die gleichen Gefühle mit erlebt wie du.
    Ebenso war ich hoch erfreut als nach dem Tritt der Astigmatismus weg war.
    Sicher wird bei ruhiger Justage der Spiegel noch besser werden
    und du wirst viel Freude mit ihm haben.


    Gratuliere dir zu deinen Erfolg
    Alois

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich trete ein paar mal gegen die Spiegelbox und will es nochmals probieren.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Was manchmal auch hilft, ist den Spiegel von hinten kurz anzuheben, oder das Gerät in den Zenit fahren, den Spiegel von der Schlinge wegzubewegen, um den Druck zu nehemen und dann erneut nach unten schwenken, um ihn wieder in die Schlinge zu hängen.


    Ein ähnliches Erlebnis hatte ich im Januar 1993 mit meinem 17,5" Aristarchos: Beim Sterntest nach monatelanger Parabolisiererei furchtbarer dreiecksförmiger Asti am Polarstern [V]. Ich war am Boden zerstört - es war bitter kalt und ich wollte gleich wieder einpacken und heulen. Dann entschloss ich mich doch noch, den Spiegel zu drehen, um zu sehen, ob der Asti sich mitdreht (damals hatte ich noch keinerlei Ahnung von den Dünnen Großen) und merkte, dass er sich garnicht frei drehen ließ. Die Schlinge hatte sich irgendwie verkürzt (Feuchtigkeit? Kälte?) und drückte den Spiegel gegen das hintere Widerlager. Das war nicht viel, aber wohl genug, damit er nicht mehr richtig auflag nach dem Justieren und sich biegte. Damals wurde mir erneut klar, wie genau diese Flächen sind, die wir da polieren, dass diese geringe Verklemmung solch verherende Auswirkungen zeigte.


    Nach lockern der Schlinge war der Asti weg - uff, doch nun zeigten sich nach genauem hinschauen, deutliche Unterschide in den intra- und extrafolkalen Beugungsbildern. Ich murmelte laut Christopanagies (griechische Flüche) vor mich hin, und verstand die Welt nicht mehr. Ich konnte zum Teil die Foucault Messungen nachvollziehen, hatte aber damals wenig Erfahrung mit dem Sterntest und wusste vor allem nicht, wie gemein empfindlich er ist, wenn man richtig kurz vor's Fokus bei hoher Vergrößerung den Polarstern quält (kein Suiter Buch, kein Aberator Programm, schon gar kein Internet).


    Dann schwenkte ich zum Mars, der zu der Zeit sehr hoch am Himmel stand, 4,8-er Nagler rein (415x) und es zog mir gleich die Schuhe aus. Trotz Berlin Moabit, zweiter Hinterhof und unverspiegelt sah ich eine überwältigende Detailfülle, die mein Auge ich noch nie zuvor gesehen hatte. Mir war sofort klar, dass ich diesen Spiegel nicht mehr anfassen werde und dass dieses Teleskop irgendwie mein Leben verändern wird.

  • Halo Achim,


    du schreibst <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...daß Intrafokal die FS-Abschattung etwas größer als Extrafokal sein müßte<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das heist Unterkorrektur zumindest der inneren Zonen
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Beugungsringe sind Extrafokal deutlicher, klarer separiert. Jeweils sind der innerste und der äußerste heller als die dazwischen. Extrafokal ist der äußere Ring etwas mehr ausgeprägt<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das ist Überkorrektur zumindest der äußeren Zonen oder des Randes
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Im Zentrum, innerhalb des FS-Schattens jeweils ein kleiner Lichtpunkt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das ist Beugungphysik und völlig normal.


    Wie ist dieser zunächst scheinbare Widerspruch zu erklären?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zur Überprüfung blende ich auf 460mm ab. Intrafokal sind nun die Ringe etwas klarer, Extrafokal kann ich kaum einen Unterschied ausmachen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Aha, da es sich das Verhalten jetzt ändert, ist es eindeutig ein Randefekt.


    Wenn man sich deinen letzten Foucaulttest anguckt (ich hoffe ich habe das richtige Bild erwischt, gesamte Diskussion siehe Parabolsisieren 20er, wird die Sache sonnenklar:



    Man achte vor allem auch auf die letzte Zeile der Tabelle, wo die Korrekturzustände der einzelnen Zonen in % angegeben sind. Die inneren Zonen sind bis auf die aller innerste (die ja sowieso schwer zu messen ist und im Bild kaum Gewicht hat) leicht unterkorrigiert, daher der größere Fangspiegelschatten intrafokal. Die äußerste Zone ist um 20" überkorrigiert (abgesunkener Randbereich), daher der stärkere Kontrast der Beugungsringe außerfokal, der fast verschwindet, wenn du diesen Bereich abblendest.


    Das Beispiel könnte man in ein "Lehrbuch der Sternteastanalyse" übernehmen. Du kannst ja gerne wieder und wieder testen bis der Polarstern kotzt (Nebenfrage, wie sieht ein kotzender Polarstern aus), aber wie willst du den noch verbessern? Er wird am Himmel alles bringen, war er nur bringen kann - und das ist bei 20" eine ganze Menge Universum.


    Ok, du könntest versuchen, die Mitte weiter auszuhöhlen (--&gt; mehr Korrektur), läufst damit aber Gefahr, das der Rand noch weiter absinkt. In diesem Stadium den Rand zu korrigieren, bedeutet die ganze Kurve zu vermurksen (ich wüste jedenfalls nicht wie). Also, ich würde da nix mehr machen. Vielleicht sehen andere das ja anders, mal sehen was noch für Tipps kommen.

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