M87- Jet visuell !

  • Am So. den 10.Feb.2008 gelang mir eine für mich besonders wertvolle Beobachtung: Die visuelle Sichtung des Jets von M87!
    Teleskop: 24 Zoll f/4,1 Dobson
    Himmel: fst= 6,3, Bortle 3-, Stunden zuvor war die Wintermilchstraße deutlich über den ganzen Himmel sichtbar aber wenig strukturiert. Inzwischen Stand Coma fast im Meridian
    Seeing: 2 (auf Schulnotenskala von 1-6)


    Nach mehreren Fehlversuchen in der Vergangenheit wollte ich es bei dem guten Seeing letztes Wochenende noch mal probieren. Frank Richardsen hatte es vor vielen Jahren auch mit seinem 20" f/5 Enhanced Aluminum Birkmaier Dobson geschafft, also muss das Ding doch irgendwie machbar sein. Leider hatte ich wieder vergessen, in welcher Richtung und in welchem Abstand ich suchen musste. Also steigerte ich die Vergrößerung immer weiter bis zum 4,8 Nagler (525x) und suchte nach Unsymmetrien um das Zentrum der Galaxie. Ich probierte verschiedene Grade von indirektem Sehen und konnte schließlich Richtung Westen ca. 1/2 Bogenminute vom Zentrum entfernt mehrere Male eine kleine längliche radial vom Kern weisende Kondensation aufblitzten sehen. Beim direkt draufschauen wurde alles zu schwach, beim zu stark indirekt gucken wurde alles heller aber mit nicht genug Kontrast. Nur bei "mittlerem Grad indirektem Sehens" schälte sich für kurze Momente der kleine Lichtstrahl vom Hintergrundglühen der Galaxie ab.


    Ich war nur zu 90% sicher; wieder zuhause angekommen warf ich daher sofort den Rechner an und verglich mit Gernots genialer SC2 Aufnahme von vor 3 Jahren. Ja, der Jet zeigt Richtung Westen[8D]


    Hintergrund:
    Seit längerem verdichten sich die Hinweise, dass im Zentrum der elliptischen Riesengalaxie M 87, der Königin des Virgohaufens, ein supermassives Schwarzes Loch mit einer Masse von 3 Milliarden Sonnenmassen nistet und die umgebende Materie in Form einer Akkretionsscheibe zur enorm schnellen Rotation um das Zentrum zwingt. Das vom "kosmischen Dynamo" erzeugte Magnetfeld ist so stark, dass es zu seinen Polen einen relativistischen Plasmastrom auswirft, den sogenannten Jet. Dieser Jet ist Gegenstand intensiver Untersuchungen in allen möglichen Wellenlängenbereichen, was auch kein Wunder ist, stellt er doch eine Schlüsselrolle zum Verständnis der Mechanismen von supermassiven Schwarzen Löchern und Galaxienentstehung dar.


    Amateuraufnahmen von M87 sind im Zentrum meist ausgebrannt, außer der von Gernot habe nur wenige gefunden, die auch den Jet zeigen. Besonders beeindruckend finde ich die von Adam Block mit 20" semiprofessioneller Ausrüstung.

  • Hi Stathis!


    Das is ja immerwieder wahnsinn, was du für Beobachtungen anstellst!!
    Einfach klasse!
    Ich würde alles geben, um mal durch einen 24er zu gucken^^
    Wie da nur Orion oder die hellen PNs wie Eskimo aussieht? Bestimmt sehr farbenfroh[:)]
    Mach weiter so und schreib weiter solch tolle Beobachtungsberichte!!


    Viele Grüße und immer CS


    Nils

  • Hallo Stathis,


    coole Sache das mit dem Jet. Glückwunsch zur Sichtung. Das Ding steht auch ganz oben auf meiner Liste der Objekte, die ich im Leben unbedingt mal sehen möchte.


    Mit 13" bin ich dem Teil am Woe mit 250x auf die Pelle gerückt. Nicht genug Öffnung und nicht genug Vergrößerung. Naja, lassen wir das... [;)] Keine Chance! Hauptsache versucht, auch wenns von vornherein ziemlich aussichtslos erschien. Probieren geht über studieren sagt man ja auch.


    Christian

  • Pahhh...


    goil! [:D] Was soll ich dazu noch mehr sagen.
    Mensch Stathis, Glückwunsch...haste echt eine Nummer 1 der visuellen DS Beobachtung "erlegt".
    Sehr exakte Beschreibung von der Vorgehensweise und dem Gesehene, genau so soll es sein. Zusammen mit der Quasar-Geschichte zeigst du mal wieder richtig fetzige Sachen. Schön zu hören, dass du auf dem Taubenberg? wieder so aufräumst. Friedl und ich versuchen ja ein paar Kilometer südlicher unser Glück, haben aber sehr mit Flutlicht von Oberaudorf und den verdammten Schneeraupen zu kämpfen. Deswegen haben wir uns einen ganz passablen neuen Platz gesucht. Dort haben wir die letzten Nächte auch ganz interessante Sachen machen können, auch eine relativ exotische, aber überraschende...ich muss dazu gleich noch was schreiben.
    Am Sonntag stand ja bei relativ gutem Seeing auch der Jet auf dem Programm...ich hatte mich aber so intensiv und lange an M 81 (übrigens wieder mit HLM IX) festgebissen, dass ich danach total leer war und den Versuch hab sein lassen.


    Viele Grüße nach München, uwe

  • Stathis, herzlichen Glückwunsch zu dieser unglaublichen Beobachtung!


    Nicht vielen Menschen ist bisher die Sichtung des Jets in M 87 gelungen. Spontan fällt mir da nur Barbara Wilson (und kurz danach Timothy Ferris) mit 20" ein. Ein paar mehr werden's vermutlich schon gewesen sein.


    Aber auf jeden Fall ist dir da etwas wirklich Großartiges gelungen. Meine herzliche Gratulation!

  • Hallo Stathis,


    das ist Astrophysik live am Okular, tolle Beobachtung!


    Den Jet habe ich auch schon seit einiger Zeit auf der Wunschliste, Bild ist sogar in meinem Beobachtungsordner, hab's aber noch nie probiert. Ich stelle mir das ziemlich Hardcoremäßig vor, eine halbe Bogenminute vom Zentrum irgendwelche Details auszumachen, der Kontrast ist ja wahrscheinlich ziemlich gering. Muss ich unbedingt auch probieren!


    Viele Grüße
    Reiner

  • Hallo Stathis,


    Tolle Beschreibung deiner Beobachtung.
    Angeregt von dem Beobachtungsbericht von Frank Richardsen in einer alten Interstellarum, habe ich den Jet am 20 April 2006 beobachten können.
    20" f/4,3 Dobson Vergrößerung 600-800x mit Nagler Zoom.
    Bedingungen: gute Transparenz fst=6,3 und sehr gutes Seeing 8-9/10.
    (Anschließend waren auf Jupiter extrem feine Details sichtbar.)
    Die Sichtung des Jets hat sich für mich als schwachen Ausläufer in Richtung Westen dargestellt. Vor dem erhellten Hintergrund der Galaxie konnte ich keine deutliche Trennung zwischen Galaxien-Kern und Jet-Kondensation feststellen.
    Anschließende Beobachtungsversuche sind immer wieder an mangelnder Seeing-Qualität gescheitert.
    Weitere Versuche werden jetzt sicherlich vom Einsatz einer Nachführplattform profitieren, da die erforderlichen Vergrößerungen doch einige Konzentrationsprobleme bei der Dobson-Nachführung bereitet haben. Auf Jedenfall konnte ich mit dieser Kombination letzten Herbst bei Super-Bedingungen erstmals Pease 1 an korrekter Stelle deutlich flächig von den 2 Nachbarsternen unterscheiden. Kein Filter Einsatz ! (Vergrößerungen 800-1200x)
    Anschließend habe ich mir jedoch an Einsteins-Kreuz die Zähne ausgebissen. Das Kerngebiet der schwachen Galaxie blieb eine diffuse Aufhellung ohne weitere Einzelheiten.
    Weiß jemand von einer echten Beobachtung dieser ultimativen Herausforderung?


    CS
    Marc

  • Hallo Leute, Danke für die Rückmeldungen.


    Günter, klasse Aufnahme vom Jet! sowas sieht man selten. Hiermit der Aufruf an andere Astrofotografen, es selbst mal zu probieren. Bernd Gährken hat ihn mit 6" + Watec auch abgelichtet. Mit dem Münchener 80 cm Spiegel + Watec hat er sogar die Polarisation des Jets (=direkter Nachweis von starken Magletfeldern und Synchotonstrahlung) und einige Kugelsternhaufen nachgewiesen. Hier seine Zusammenstellung: http://www.astrode.de:80/m87.htm


    Uwe, ich wollte mich erst bei dir melden, bin dann aber doch spontan zum "Hausberg". Homberg IX ging in dieser Nacht ebenfalls erstaunlich einfach.


    Marc, danke für deinen Bericht. Es gibt also doch noch einige, die den Jet gesehen haben.


    Die einzige eindeutlig positive Sichtung vom Einsteins Kreuz, die ich kenne, ist von Frank Richardsen mit 20" Birkmaier Dobson (96% Spiegelbeschichtungen) in Hochalpenbedingnungen bei bestem Seeing. Er hat es in der Magellan 4/2001 veröffentlicht. Unser Versuch von 2005 mit 20" auf Nachführplattform war nicht eindeutig.


    Christian, die Sache ist klar: Du brauchst ein größeres Teleskop!

  • Wow, Glückwunsch Stathis, ich hab vor längerem mal "Fasziniert von den Sternen" gelesen, da wurde von der Sichtung des Jets von einer Hardcorebeobachterin in den USA berichtet, schon nichts alltägliches [:)]


    CS Benny, der froh ist wenn er M87 beobachten kann [;)]

  • Hallo Stathis,


    meinen Glückwunsch hoch zehn, damit gehörst Du zu den wenige Astronomen dieser Welt, die das Ding mit Amatuergeräte visuell geknackt haben.


    Ein echter Oberhammer das, ich bin baff! Selbst fotografisch ist der Jet schon eine Hürde! RESPEKT!

  • Hallo Stathis,


    auch ich schliesse mich den Glückwünschen an!
    Solche "kosmologischen" Beobachtungen sind etwas ganz Besonderes.


    Und wenn ein schwieriges, exotisches Objekt mit einem Instrument, das man von Anfang bis Ende selbst entworfen und gebaut hat, beobachtet werden kann, schliesst sich ein Kreis.


    Guntram

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