Rollhütte mit bis zu 4 Tonnen Gewicht (Pünktlich zum 50ten Jahrestag des „SPUTNIK“-Starts)

  • Hallo Freunde,


    endlich , endlich war es mit mindestens einem Jahr Verzögerung soweit, dass ich den Betrieb in meiner eigenen Sternwarte aufnehmen konnte. Fernab vom Ruhrgebiet in jenes „tiefste“ Sauerland verlegt, in dem es besonders selten regnet (was man in diesen Sommer zwar kaum glauben konnte, doch in anderen Landstrichen des Sauerlandes gab´s immer noch deutlich mehr Regen.)
    Vorab etwas zur Vorgeschichte: Wie ein Eichhörnchen habe ich in den letzten 2½ Jahren Gerätschaften für eine stationäre Aufstellung gesammelt. Auftakt war der Erwerb einer saugünstigen Selbstbaumonti vom Richard Bünder mit einem Achsenkreuz von einem Zentner, sicherlich für meinen bis dahin mobil auf einer Vixen-Saturn eingesetzten 10“ Newton von Opticon mit nicht ganz 25 kg Tubusgewicht gut überdimensioniert, so dass das ganze noch „wachsen“ können sollte, denn Richard hatte die Monti für einen 16“ Newton mit Volltubus gebaut. Von vornherein sollte auch ein leistungsfähiger Refraktor in die Sternwarte: Die Saturn-Monti wäre frei gewesen für meinen 125x1560er FH. (bislang mobil auf ´ner alten Wachter-Astronom 2). Doch schlug ich noch mal günstig zu, als Ralph Weiss im letzten Herbst seine Anssen-Alhena-Montierung incl. Dynostar-Steuerung anbot; zwar leichter als der Selbstbau vom Richard dank kürzerer Hebel, doch zugleich mit mindestens um 2 cm stärkeren Achsen (lt. Hersteller gar für Teleskope bis 65 kg / belassen wir´s besser bei ´nem knappen Zentner.) Diese schien mir geeigneter für einen Newton, den man auch fotographisch einsetzen kann. Für Richards Monti fand sich im Emsland ein schon „historischer“, daher aber restaurationswürdiger 150x2300 Lichtenknecker-Halbapo von Wolff Wellnitz, ein Fagott, dessen gestreckter Originaltubus zum Angebot mit dazu gehörte. Für das Objektiv, dass die Mühe der Restauration wirklich wert war, (schon unrestauriert stach es einen gleichdimensionierten Fraunhofer am Frühjahres-Saturn an Kontrast deutlich aus) gab Paul Koczet sein Bestes.
    Zu dem Zeitpunkt hatte ich über Bekannte von Bekannten von Bekannten ... schon einen Landwirt gefunden, der mich auf seinem Gelände bauen lassen würde. Problem war nur, ob sich meine Pläne genehmigen ließen (... und hier beginnt die Geschichte, die mich um ein Jahr aufhalten sollte) Ursprünglich sollte es eine Rolldachhütte werden, ganz ähnlich der Hütte von (Vorname unbekannt) Seeliger, innerhalb welcher zwei Teleskope voll geschwenkt werden können sollten mit Raum für Wachstum. Da der Refraktor über den niedrigen Newton geschwenkt werden kann, sollte im Süden eine niedrige Säule, und 2m weiter im Norden die hohe Refri-Säule folgen. Das hätte dann 4 x 6m mit Rolldach bedeutet. Dazu ein isolierter Raum von 2 x 4m zum „Überleben“ im Norden, über den hinweg das Dach hätte geschoben werden können.
    Doch da bremste uns die Bürokratie aus. An dem avisierten Idealsstandort auf einer Weide hätte man eine Umnutzung von landwirtschaftlich genutzter Fläche für Bebauung erreichen müssen. Bruno (der Landwirt) hätte südlich seines Wohnhauses noch bis 50m Entfernung Gelände bebauen dürfen, doch hätte ich da mit Bäumen exakt im Süden leben müssen und ich hätte Bruno mit meiner Sternwarte seine Terrasse zugestellt. Nun dürfen Landwirte allerdings nach örtlichen Bestimmungen auf ihrer landwirtschaftlich genutzten Fläche Geräteschuppen von max. 3,5m x,3,5m x 3,5m umbauten Raum aufstellen (... wenn diese kein Satteldach aufweisen und etwa als Gartenhütte dienen können; dies wird übrigens jedes Jahr durch Luftbilder kontrolliert.) Und wir hier im Forum sind uns sicherlich darüber einig, dass Sternwarten ja schließlich genau solche Geräteschuppen sind. Nun musste die 4 x 8m Sternwarte nur so miniaturisiert werden, dass sie immer noch die gleichen Instrumente aufnehmen konnte mit Raum für Wachstum. So blieb einzig eine Rollhütte übrig, die gerade so groß werden sollte, dass sie die Teleskope in einer platzsparenden Ruhestellung gerade aufnehmen konnte. Das Resultat, dass ihr auf den Bildern seht, könnte künftig (wenn man mit der Brennweite einen Kompromiss einginge mit f 5) einen 20“ Newton aufnehmen plus (wenn man die Rohrschellen löst und das Rohrende mit dem OAZ in einer diagonal durch die Hütte laufenden Ruhestellung auf dem Boden auflegte) einem Refraktor von über 4m Länge aufnehmen, wenn auch fraglich ist, ob die gegenwärtigen Montis das wirklich mitmachen.


    In den Sommerferien (die man als „Pauker“ für so was ja hat) ging es dann los: Der erste Kracher war das Ausheben der separaten Säulenfundamente. Mindestens 80 cm sollten sie mit Blick auf die Frostgrenze tief werden, dabei auf 1x1m. Mit dem Spaten aber ist nach 15 bis max. 20 cm Humus Schluss, denn dann folgt schon schiefrige „Legge“, die ab 50 bis 60 cm Tiefe massiv wird.

    Da galt es nur noch die Spitzhacke zu schwingen, was ja, wie das Bild von Brunos Jüngstem, Malte, und seinem großen Cousin Marian beweist, ein Kinderspiel ist.

    Als das Bild von Malte in einem der ausgehobenen Schächte entstand, waren wir erst auf „schlappen“ 70cm. Nur noch ein paar klinkergroße Schieferstücke rausgeholt und wir waren zum Schluss auf 85cm.
    Rechnet nicht, dass die Schächte demnach 0,85m3 Volumen + 30 cm starker Säulen hätten. Wir hatten vom Baustoffhändler pro Säule reichlich Material für den Magermörtel geholt. Doch da ständig Schiefer aus den Seiten nachrutschte und ich die Schächte immer neu leerschaufeln musste, verschlang z. B. gerade der Schacht für die niedrige Newtonsäule zuletzt 1,5 m3 Beton.

    Nun folgte das, von einem ortsansässigen Bauschlosser aus U-Stahl mit Bodenankern gefertigte Schienensystem. Das Fundamente ausschachten überließen wir dieses mal dem schwersten Bagger, den wir von einem örtlichen Bauunternehmen kurzerhand anheuern konnten. Der bäumte sich dennoch angesichts der harten Legge wüst auf und rutschte oft mit der Schaufel ab, doch war er an einem Nachmittag fertig.

    Nach den Erfahrungen mit den Säulenfundamenten tat ich gut daran, für die geschätzten 4m3 Aushub der Schienenfundamente 5m3 Fertigbeton zu bestellen, denn es blieb nicht ein Eimer übrig.

    Als wir mit dem Aufrichten der überirdischen Konstruktion begannen, waren die Sommerferien bereits vorüber. Die weiteren Bilder stammen von den Wochenenden bis zu den Herbstferien.

    Wilfried in „AKTION“

    Die „Damen von der Materialprüfung“: Solange kein fester Zaun um die Sternwarte stand, brachen immer wieder Brunos Rinder in krankhafter Neugier durch die provisorische Absperrung ein. Dieses Bild gibt den Anblick wieder, der sich mir bot, als ich an einem Wochenende nur kurz eine „Flex“ anwarf und dann kurz vor die Hütte trat. Obwohl für Menschen gebaut, wurde reichlich getestet, wie viel Kuh der Sternwarte auch aushält.

    Erste Innenaufnahme!


    Nur noch das Erdreich drum herum planieren und fertig
    Da eine Fertigstellung innerhalb der Herbstferien möglich erschien (zumindest so weit, dass die Sternwarte schon benutzbar war), lud ich die geballte Kompetenz für den Abend des 4. Oktober zur Einweihung ein – exakt dem 50. Jahrestag des SPUTNIK I-Starts. Und...


    Hurra, Hurra!!! (Ihr merkt, ich habe diesen Bericht in den vergangenen Tagen schon angefangen und schreibe heute enthusiastisch weiter:) Nach einer völligen Mistwetterphase, die noch am Morgen des 4. Oktober anhielt, riss gegen Mittag der Himmel mehr und mehr auf und im Laufe des Nachmittags wurde der Himmel ganz frei.

    „Rainer-Ludwig-Sternwarte“: An dieser Stelle dank auch an den Kumpel in Herne, der mir häufig Metallteile gedreht, gefräst bzw. sonst wie gearbeitet hat. Das Versprechen, einst dafür meine Sternwarte nach ihm zu benennen, ist eingelöst.


    Statt nur die Einrichtung zu besichtigen, was zu essen und ein paar Biere zu trinken, ermöglichte das Wetter, beide Instrumente zum Einsatz zu bringen und den völligen „Astro-Laien“ die schönsten Objekte des Herbsthimmels zu präsentieren. Dabei blieb es an diesem Abend bei den Objekten, die ihr hier im Forum als „mainstream“ belächeln könntet:

    Jupiter für den Refraktor; M13, M57, M31, M45 sowie der x&h-Doppelsternhaufen. Wenn man dabei mit 13 Leuten, die morgens alle wieder raus müssen, nacheinander schaut, genügt das völlig. Schließlich war die geballte Kompetenz versammelt, die in das Projekt involviert waren: Neben Bruno und Rita mit ihrem Jüngsten, die mich auf ihrem Gelände basteln ließen; Wilfried, der mir außerordentlich viel half, und seiner Helga waren der Baustoffhändler und sein Mitarbeiter, der uns die Fundamente ausbaggerte, der Schreiner, der mit Wilfried befreundete Architekt, der uns Ideen für die Miniaturisierung lieferte und mein Gastwirt eingetroffen. Lediglich die beiden Geladenen aus der Bauschlosserei waren verhindert.

    Ein Sternfreund aus Herne, Rüdiger (rechts), der hier im Forum auch als „traxwave“ teilnimmt, ließ es sich auch nicht nehmen, unter der Woche rüber zu kommen.
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    Schließlich hatte ich noch den Vikar eingeladen, der die Sternwarte auch einsegnete (so muss es eben sein, wenn schließlich Reli-Lehrer Sternwarten bauen.)
    An einem so historischen Datum eine Sternwarte einweihen und dabei solch ein Glück mit dem Wetter zu haben war – mit den Worten unserer Schüler zu reden – schlicht g e i l !!! Was kann man mehr wollen. Die „heidnischen“ Griechen hätten gesagt: „Die Götter lieben seinen Plan!“ Aber man könnte sich schon ernstlich fragen, ob ich Sterblicher allein alles richtig machen konnte.


    M E H R S P U T N I K S ! - M E H R S T E R N W A R T E N ! - und K L A R E N Ä C H T E !


    Hubertus

  • (Fortsetzung:)
    Schließlich hatte ich noch den Vikar eingeladen, der die Sternwarte auch einsegnete (so muss es eben sein, wenn schließlich Reli-Lehrer Sternwarten bauen.)


    An einem so historischen Datum eine Sternwarte einweihen und dabei solch ein Glück mit dem Wetter zu haben war – mit den Worten unserer Schüler zu reden – schlicht g e i l !!! Was kann man mehr wollen. Die „heidnischen“ Griechen hätten gesagt: „Die Götter lieben seinen Plan!“ Aber man könnte sich schon ernstlich fragen, ob ich Sterblicher allein alles richtig machen konnte.


    M E H R S P U T N I K S ! - M E H R S T E R N W A R T E N ! - und K L A R E N Ä C H T E !


    Hubertus

  • Hallo Hubertus,


    yep ... ein schöner Bericht. Und vor allen Dingen ein erfolgreicher Abend. Ich bin immer noch ganz hin und weg von den tollen Bedingungen die Du da hast. Als Stadtastronom kann man davon nur träumen.
    Ich freue mich schon auf das nächste Mal.


    CS Rüdiger

  • Stathis

    Hat den Titel des Themas von „Pünktlich zum 50ten Jahrestag des „SPUTNIK“-Starts“ zu „Rollhütte mit bis zu 4 Tonnen Gewicht (Pünktlich zum 50ten Jahrestag des „SPUTNIK“-Starts)“ geändert.

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