Monster und Zwerge in Namibia

  • Monster- und Zwerggalaxien am Südhimmel.
    Ort: Hakos Guest Farm in Namibia vom 23 bis 20.Mai 2007
    Instrument: Auge, Canon 15x50 mit Stabi und 16" Ultralight-Dobson
    Beobachter: Roland, Timm und einige begeisterte Mitspechtler, die sonst "nur" fotografieren...


    Man kann fast übersehen, wenn man mit bloßem Auge am Südhimmel spazieren geht. Zwar recht hell, aber eher unscheinbar, weil sie nur 20° oder 25° über dem Horizont stehen. Gemeint sind die beiden Begleiter unserer Milchstraße LMC und SMC, die beiden Magellanschen Wolken.
    Ganz anders die größte, hellste und alles überragende Monster-edge-one-Galaxie!
    Man stelle sich NGC 891 vor und blase sie genau auf das Tausendfache auf!
    Das wäre die größte, hellste und gewaltigste aller Superthin-Galaxien, die sich von Horizont über den Zenit zum andern Horizont erstrecken würde und übersäht wäre von Sternansammlungen, Gasnebeln, Dunkelwolken und Kugelsternhaufen!
    Denn so sieht sie aus, unsere Milchstraße!
    Man könnte stundenlang auf einem Stuhl sitzen und mit bloßem Auge darin herumspazieren und würde immer neue Details sehen. Das ist Gänsehaut pur, wenn man sich nun vorstellt, wie weit außen unsere kleine, unscheinbare Sonne in dieser Galaxie angesiedelt ist und wie viele Sonnen zwischen uns und dem Zentrum der Milchstraße stehen.
    Mit dem 15x50 Canon Stabi erweitert sich die Zahl der Sternwolken und Sternhaufen, Dunkelwolken und Kugelhaufen dramatisch! Und mit 16 Zoll könnte man wohl monatelang immer neue und interessante Objekte finden.
    Das geht bei der großen Magellanschen Wolke dann doch etwas schneller.
    Allerdings sind die Sternwolken und Sternhaufen, Dunkelwolken und Kugelhaufen viel schwächer.
    Bis auf einen Gasnebel in Gestalt einer Tarantel! Diese H II-Region haut einem vom Astrostuhl, wenn man sich nicht festklammert…
    Leute, wenn der Tarantelnebel an der Stelle des Orionnebels stünde, wäre es bei uns auch nachts hell! Schon aus einer Entfernung von 170 000 Lichtjahren ist er mit bloßem Auge zu sehen. Und im 16-Zöller mit und ohne OIII Filter ein grandioser Anblick. Der Durchmesser? Fast wie der Vollmond! Nicht ganz, aber über 20’ sind es schon… denn im 16er Nagler füllt er das ganze Bildfeld!
    Schwenkt man mit dem Filter die LMC ab, fallen sofort dutzende von hellen Gebieten in unterschiedlichsten Formen und Helligkeiten auf. Das hört überhaupt nicht auf!
    Die alle zu identifizieren macht fast keinen Sinn, aber zählen kann man sie wenigstens! Mehr als 60 Objekte, die gut auf den OIII Filter ansprechen! Und lässt man den Filter weg, zählt man über 160 diffuse Objekte! Das sind zahlreiche Kugelhaufen, von denen zwei am Rand eindeutig einzelne Sternchen zeigten, Sternhaufen und Assoziationen, Dunkelgebiete und leuchtende Emissionsnebel.
    Der ganze Himmel um die große Magellansche Wolke ist voll davon!
    Bei der kleinen Wolke war am schönsten der riesige Kugelhaufen 47 Tucanae, über den ich ja schon berichtet habe. Zwei, drei weiter recht schöne Kugelhaufen befinden sich in unmittelbarer Nähe. NGC 121 und 362 sind erwähnenswert, da sie am Rande auflösbar sind.
    Ganz weit südlich, weiter geht es nicht, findet man (besser der Roland findet) die südlichste NGC-Galaxie: NGC 2573, eine kleine, runde und zur Mitte etwas heller erscheinende 13m5 Galaxie. Ein Wunder, dass der Roland sie gefunden hat… kaum Leitsterne und nur 20° über dem Horizont. Respekt, kann man da nur sagen!
    Eine sehr bekannte große Galaxie ist NGC 5128, genannt Centaurus A.
    Sie ist einer der stärksten Sender von Funkwellen im Himmel und wurde als eine der ersten Funkquellen entdeckt. Das meint man zu spüren, wenn man das deutlich ausgeprägte Dunkelband betrachtet, das sie in der Mitte durchschneidet.
    Noch eine Riesengalaxie steht in der Nähe: M 83.
    Eine der schönsten Spiralgalaxien, die ganz anders als in Mitteleuropa, hier im Zenit steht und in ihrer Schönheit sehr beeindruckend ist. Zwei deutliche Spiralarme winden sich um das recht helle Zentrum, einer davon kann sehr weit verfolgt werden. Ein dritter liegt dazwischen und stört etwas die Symmetrie. Die Spiralarme erscheinen gemottelt, also mit feinen Strukturen gefüllt. M 83 ist, wenn man mal die Leitsterne verinnerlicht hat, in Sekundenschnelle aufgefunden… so war sie an jedem Tag ein Muss!
    Ein weiteres Prunkstück im Zenit ist M 104… so schön, dass es einem fast die Sprache verschlägt! Das Dunkelband durchschneidet die Galaxie in der Mitte. Nicht nur der obere Teil, wie bei uns in Deutschland, ist sichtbar, sondern auch der schwächere Schimmer an der Unterseite lässt sich weit verfolgen. Besonders schön, wenn man mit Höchstvergrößerung (330x) spechtelt.
    Es gibt auch „normale“ Galaxien am Südhimmel!
    Allen voran die Zigarre NGC 4945, die so aussieht, wie sie heißt! Sie ist im 16er Nagler fast bildfüllend mit ihren 25 Bogenminuten Länge. Dabei erscheint sie sehr hell, etwas gemottelt aber zur Mitte hin kaum heller werdend.
    Oder die Antennengalaxien im Corvus. Hier sollte man schon mit Maximalvergrößerung drangehen. Allerdings sieht man außer der ungewöhnlichen Form kaum Einzelheiten. Von den Antennen kann man höchstens etwas erahnen, wenn man sie vorher schon im Foto gesehen hat. Das spielt sich dann aber hauptsächlich im Hirn und nicht auf der Netzhaut ab.
    Natürlich es gibt auch schwächere Objekte: Z.B. den Centaurus Galaxy Cluster!
    Hier kann man, angefangen bei einer Dreiergruppe um NGC 4729/4730 und 4744, die alle recht deutlich zu sehen sind mit ihrer Helligkeit von 13m, mindestens 20 weitere Galaxien zählen. Ein eindrucksvoller, wenn auch schwacher Haufen.
    Viele Galaxien, die am deutschen Himmel nicht allzu hoch stehen, kann man in Namibia sehr schön beobachten: den Virgohaufen.
    Das ist aber wieder eine andere Geschichte, denn z.B. mit den schönen Details, Spiralarmen und ausgeprägten Dunkelbändern in M66, M65 und NGC3628 im Leo Triplett brauche ich hier nicht anzufangen. Das würde euch nur ärgern…
    CS
    Timm

  • Hallo Timm,


    ich muss schon sagen: deine lebhaften, plastischen Beschreibungen reißen mich mit. Eigentlich grenzen diese aber schon an seelische Grausamkeit. Da läuft einem das Wasser nur so im Mund zusammen.


    Ich bin in der glücklichen Situation in 6 Wochen überprüfen zu können ob das alles auch stimmt, was Du da so schreibst [:)] - bin schon riesig gespannt ....


    Viele Grüße


    Achim

  • Hallo Timm ,


    an Dich als erfahrenen visuellen Beobachter, bei solch
    einem Himmel voller Test-Objekte, habe ich
    eine konkrete optische Frage zum Fernglas : macht das Canon Stabi 15x50 IS wirklich gute Sternabbildungen ?
    Ich hatte mal das 18x50 , das bei eingeschalteter Stabilisierung deutlichste optische Fehler produzierte , variabel von Koma bis Asti .
    Der Canon Service war nicht in der Lage,das Glas zu verbessern oder ein anderes , vernünftig funktionierendes Glas anzubieten.
    Mit abgeschalteter Stabil. war die Abbildung sehr gut ,
    d.h. die Stabilisierung hat eindeutig in die Qualität der
    Abbildung an sich hineingewirkt.
    C.S.

  • Hallo Timm,


    jaaaa, Mensch, das liest sich wirklich sehr beeindruckend dein toller Bericht. Und macht Lust auf mehr, ganz klar. Na mal sehen, kommt Zeit kommt Rat aber Namibia ruft, das spüre ich.
    Fehlt "nur" noch so ein tolles Reisegerät wie du hast [:D]


    Das M 83 brutalst ist kann ich mir gut vorstellen. Hatte ja im April eine 7m+ Nacht in sehr großer Höhe mit top Horizonttransparenz und hab mich so M 83 ausgiebig gewidmet Nach deinen Erläuterungen, Ronalds Zeichnung mit 20" und meiner Vorstellung muss da unten aber noch deutlich mehr kommen. Auf dieses Objekt freue ich mich ganz besonders, hat M 83 doch einen gewissen "Nordbezug".


    Was die LMC und SMC angeht reichen vermutlich ganze Nächte für die intensive Durchmusterung nicht aus...das klingt ja bei dir auch an. Stefan Schuchardt hat dieses Jahr auf der DST (wo wart ihr eigentlich???) über PN in der LMC berichtet. Ich glaube hauptsächlich hat er 12" gehabt und einige Teile sehen können...schon genial.


    Viele Grüße, auch an Roland, uwe

  • Hallo Achim,
    ir werden die Ohren (besser: die Augen) schlackern... so einen Himmel wirst du nie mehr vergessen!
    Viel Spass, aber erzähl mal vorher, welches Instrument du mitnimmst.


    Hallo Quick,
    mein Canon 15x50 ist sehr gut und zeigt sogar einzelne Sternchen im 47 Tucanae und Omega Centauri.
    Es zeigt außerdem die hübsche Nachbarin... Spass beiseite, ich bin sehr zufrieden.
    Mein etwas älteres Canon 15x45 ist zwar noch eine Spur schärfer, braucht aber mehr Strom und ist ein bisschen lichtschwächer.
    Für Astro nehme ich deshalb lieber das 15x50.


    Hallo Uwe,
    deine Zeichnung gibt etwa so viel her wie in Namibia ein 10-Zöller! Da kannst du dir ausmalen, was mit 16 Zoll ging.
    Der untere Arm zieht an einer Sternenkette vorbei (die sieht man auf deiner Zeichnung auch).
    Der etwas hellere Stern in der Kette ist doppelt, den du wohl nicht gesehen hast. An diesem Doppelstern innen vorbei sieht man den einen Spiralarm sehr deutlich und mit feinen Strukturen. Fast wie hier: ottosell.de/space/m83.htm ... nur nicht so bunt!
    (Das Bild habe ich nicht direkt verlinkt, also www davorsetzen) Auf dem Foto sieht man den Doppelstern unten links. Der andere Spiralarm ist ebenso detailreich zu sehen.
    Die Magellanschen Wolken alleine rechtfertigen einen einwöchigen Namibia-Tripp! Unglaublich viele Objekte und alle flächig und hell. Einen ringförmigen Pl, einen Supernova-Überrest, konnten war auch sehen.
    Wir waren übrigens auf der Hakos Gästefarm, ein genialer Platz!
    CS
    Timm

  • Hallo Timm,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">deine Zeichnung gibt etwa so viel her wie in Namibia ein 10-Zöller!<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Pohhh...ich ahne schlimmes [:)] Wahnsinn, dass ihr da auch die schwachen Spiralausläufer sehen konntet...schon brutal das Ding. Ich hatte leider bei meiner Zeichnung extrem schlechtes Seeing, deswegen ist mir wohl der DS und das eine oder andere mögliche Detail verloren gegangen, ich war aber so schon glücklich und beeindruckt, was da von "Österreichischen Breitengraden" ging.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wir waren übrigens auf der Hakos Gästefarm, ein genialer Platz!<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ich weiss, ich weiss...spricht sich so rum im "kleinen" Astrokreis. Wäre sehr spannend zu wissen wie der direkte Vergleich zu Tivoli ausfällt. Auf den Gamsberg habt ihr es in der Woche nicht geschafft? Und wie ist die Qualität des dortigen 17,5" einzuschätzen?


    Viele Grüße, uwe

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Hallo Uwe, deine Zeichnung gibt etwa so viel her wie in Namibia ein 10-Zöller! <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    ... also wenn ich im Juli auf Tivoli in Huberts 10-Zöller M83 so sehen kann, wie auf der Zeichnung von Uwe, dann hüpf ich im Dreieck und Jodel ("Jodelihollaohuu") dreimal dazu, versprochen - Sabine und Achim werden Zeugen sein ! [:p]

  • Hallo Uwe,
    der Vergleich zu Tivoli ist eher akademisch!
    Beide Standorte sind Spitze... bis auf das seeing, das soll auf Hakos eine Spur besser sein.
    Auf dem Gamsberg waren wir natürlich auch, tagsüber zum sightseeing! Ein Abenteuer! Diese Straße... extrem steil!
    Wie der 17,5 Zöller optisch ist, weiß ich nicht. Sieht aber stabil aus... von außen durch das Fenster der Werkstatt, in der er untergebracht ist, betrachtet.
    Alles da oben sieht eher ungemütlich aus und auf Hakos ist es viel bequemer. Der Gamsberg ist auch nur unwesentlich besser, aber viel windanfälliger. Und es gibt da oben N I C H T S außer einem schönen Himmel dem 17,5er und ziemlich alten Holzhäuschen.
    Das heißt: Wasser aus der Zisterne, alles Essen mitbringen, kalt im Winter... da ist mir das superbequeme Spechteln auf dem Rasen direkt vor dem Farmhaus lieber. Zumal man nachts schnell reingehen und einen vorbereiteten Kaffee oder Tee schlürfen kann. Und wenn man will, ist man in 3 Minuten im warmen Bett. Das ist spätestens nach der dritten langen Supernacht schon sehr verlockend!
    CS
    Timm

  • Hallo Stephan,
    freu dich drauf! Freu dich aber noch mehr auf diese unglaubliche Milchstraße und Omega Cen und 47 Tucanae und LMC und SMC und und und und... ich könnt' schon wieder!
    Einfach schön!
    CS
    Timm

  • Hi Timm,


    als Equipment nehme ich ein 20*77 Fernglas mit Stativ und den ADLER ( http://www.strnad-emskirchen.de/17_zoll.htm ) mit. Der HS ist momentan beim Veschichten. Der wird nicht so Genial wie Rolands scherben sein, ich hoffe jedoch trotzdem gut ...


    Es sollt damit schon das eine oder andere zu beobachten sein. Das Teleskop ist nicht auf Packmass optimiert (auf Gewicht schon) und wird in einer Zarges-Alukiste die Reise antreten. Bei 30kg Astrogepäck frei (plus mögliche 30 weitere kg ohne Mehrpreis) ist dies kein Problem


    Viele Grüße


    Achim

  • O Gott, O Gott, O Gott...
    lieber Achim, da befürchte ich, du wirst nachts die ganze Zeit nicht ins Bett kommen!
    Also schlaf mal im Voraus, du wirst es brauchen.
    16 Zoll waren ja eigentlich schon des Guten zuviel, denn ich werde (da spreche ich auch für den Roland) für lange Zeit den normalen deutschen Himmel daran messen! Vielleicht wirst du ab dann nur noch in Namibia spechteln wollen.
    Mit 17 Zoll ist da am Himmel der Teufel los! Wenn ich da nur an M 83 denke, oder an Omega centauri!
    Für mich jedenfalls steht fest: einmal Namibia, jedes Jahr Namibia... vielleicht treffen wir uns da mal.
    Vorausgesetzt, meine Frau als Finanzminister stimmt dem zu ;)
    Jetzt beneide ich dich erst einmal, dass du Namibia noch vor dir hast.
    CS
    Timm

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