Hallo Selbstbaufreunde,
so, jetzt isses soweit: Mein 12" Gitterdob ist endlich fertig und sieht genau so aus, wie ich ihn immer haben wollte.
Kleines Vorwort: Wenn mir jemand vor ein paar Monaten prophezeit hätte, dass ich mal einen Gitterdob mein Eigen nennen sollte, hätte ich ihn wahrscheinlich nur ungläubig angeschaut.
Bis dato waren Gitterdobs für mich nur wacklige, justierunwillige Holzkisten mit ein paar dürren Stangen dran.
Aus diesem Grund bevorzugte ich auch meinen 12.5" Discovery-Volltubus Dob. Ein echt feines Teil.
Leider streikte dann plötzlich mein Rücken dermaßen, dass ich den Volltubus-Dob nicht mal mehr von der Stelle bewegen konnte.
Ab da hieß es Umdenken.
Wie es der Zufall so wollte, hatte ich hier im Forum beim Stöbern ein Posting von Timm Klose entdeckt, in dem er seinen Gitter-Dob Selbstbau zum Verkauf anbot. Die Konstruktion hat mich sofort begeistert und die Spiegeldaten sprachen für sich: 12" bei f/4.9 und Strehl 0.976. Schwerstes Einzelteil: 16kg. Genau was ich brauchte.
Nun zur Technik:
Prinzipiell musste ich an der reinen Konstruktion gar nicht viel ändern. Nur die Haltestreben für den Hauptspiegel habe ich neu konstruiert.
Der HS kann sehr feinfühlig mit den Sterngriffen justiert und danach mit den kleineren Rändelschrauben fixiert werden.
Wie man auf den Bildern erkennen kann, besteht die Spiegelbox aus 2 geschweißten Alu-Achtecken, welche mit vierkant Rohren eine Art Käfig bilden. Eine sehr leichte und extrem stabile Konstruktion.
Der Hut ist übrigens ähnlich aufgebaut.
Die originale Rockerbox nebst Höhenrädern sah schon ein wenig rustikal aus, weshalb ich mich dazu entschloss, diese beim Schreiner komplett neu CNC-fräsen zu lassen. Die Seitenwangen habe ich ein wenig höher gemacht, damit die Spiegelbox etwas weiter nach unten gesetzt werden kann (Balance!)
Das Azimutlager ist in der Drehachse kugelgelagert und läuft auf der klassischen Paarung aus Teflon und Ebony Star. Durch die Kugellagerung hat die Rockerbox keinerlei seitliches Spiel. Damit die AZ-Verstellung noch leichter läuft, habe ich das Ebony-Star dick mit Auto-Hartwachs behandelt (Man sieht die weiße Schicht). Das setzt den Reibwert gut um die Hälfte herab.
Wie der Schreiner kanns keiner [:)]
Absolut genial finde ich die Aufnahmen der acht Alustangen. Beim Aufbau werden die Stangen zunächst in die Kunsttoffklammern an Spiegelbox und Hut geklipst. Diese Klammern kennt man von der elektrischen Aufputzinstallation. Wenn der Hut dann draufgesetzt wurde und alle Stangen auf Anschlag sitzen, werden einfach die Schnellspanner leicht festgezogen und fertig. Der Aufbau ist wirklich in 2 Minuten erledigt und alles hält bombenfest.
An dieser Stelle ein dickes "Daumen hoch" für Timm Klose und seine genialen Einfälle. Viele der durchdachten Detaillösungen habe ich erst beim Wiederzusammensetzen so richtig kapiert. Ich bin schon recht einfallsreich, aber auf manche Dinge wäre ich so nie gekommen.
Der Blendschutz für die Spiegelzelle besteht aus einer 0.3mm dünnen Carbon-Platte, welche auf der Innenseite mit Velourfolie beklebt ist.
Die Aufnahme für den Feathertouch OAZ musste ich neu machen, da im Original ein, sagen wir mal "unwürdiger" 2" Zahntrieb-OAZ dranmontiert war und die Abstände und Löcher nicht passten.
Bei dieser Gelegenheit habe ich auch gleich meinen bereits vorhandenen 2" Filterschieber angebracht (Selbstbau).
Alles in allem habe ich dann doch eine ganze Menge an Geld und Zeit investiert, um den Dob zu perfektionieren.
Sämtliche Aluteile habe ich übrigens in einem Kupferton (Opel Autolack: Farbe "Apache") bei einem professionellen Lackierbetrieb einbrennlackieren lassen. Gottseidank hatte ich VORHER einen Festbetrag ausgehandelt. Der Lackierermeister teilte mir nach der Fertigstellung mit, dass er solch einen Auftrag in Zukunft nicht mehr annehmen würde. Es stellte sich doch weitaus schwierger als gedacht heraus, die spezielle Farbe ordentlich aufzubringen. Es waren hierfür etliche Füllschichten und Unterlacke notwendig.
An dieser Stelle auch noch meinen Dank an meine Freundin, welche mit sehr viel Liebe und Mühe sämtliche Holzteile in edles Schwarz hüllte.
Sie half mir übrigens auch beim heiklen Thema "Spiegel waschen".
Den Spiegel haben wir in 5 Litern destilliertem Wasser mit viel Spülmittel erstmal 10min eingeweicht. Danach habe ich mit den Fingern ganz leicht unter Wasser ohne Druck darübergewischt. Am Schluss kurz abgebraust und mit dest. Wasser nachgespült. Fönen half nicht viel, deshalb haben wir die paar Wassertropfen mit der Spitze eines Kosmetiktuchs aufgetupft.
Hat alles prima funktioniert.
Vorab-Versuche haben übrigens ergeben, dass die Abbildung bei hoher Vergößerung nachhaltig durch wabernde Luftschichten direkt über dem HS gestört wird. Durch einfaches Luftfächeln mit dem Spiegelschutzdeckel konnte das Bild schlagartig beruhigt werden. Aus diesem Grund habe ich zwei 120mm Blacknoise-Lüfter so angebracht, dass diese direkt über die HS-Oberfläche blasen. Ein Test steht aber noch aus.
Mein Fazit:
Selbstbau und Optimierung bringen sehr viel Spaß und man lernt eine Menge dabei. Es ist natürlich einfacher, etwas Bestehendes zu optimieren, als etwas ganz neu erfinden zu müssen.
Als bekennender Bino-Fan (auch Deep-Sky) lege ich größten Wert auf die optimale Balance eines Dobs. Weder volle Beladung noch ein leerer OAZ dürfen das Dob abkippen lassen. Das Baader-Großfeldbino mit Siebert-Glaswegkorrektor und 2x24mm TV Panoptics bringen immerhin satte 1550 gr auf die Waage.
Das neue 12er meistert dies mit Bravour.
Rein optisch hält der Spiegel, was seine nüchternen Daten versprechen. Bislang konnte ich zwar nur kurz Saturn, Jupiter und M13 antesten, aber das sah alles schon mal seeehr gut aus.[:D]
Hier noch einige technische Daten:
Hauptspiegel: Zerodur 12" bei f/4.9 F=1487mm
Fangspiegel: kleine Achse 66mm
Gesamtgewicht ca. 25kg,
schwerstes Einzelteil (Spiegelbox)ca. 16kg
Bezugsquellen:
Carbonplatten: Fa. Carbon-Composite
Rändelmuttern: Fa. Kipp
Kunsttoffteile: Fa. EMICO
Holzarbeiten: Schreinerei Zimmermann, Höfingen
Viele Grüße
Rolf Geissinger