Servus beinand,
ich habe lange überlegt, was ich als OdM im August auswählen soll. Es gibt allein im Schwan so viele spannende Objekte. Nach M 27 (Juli 2024) dachte ich mir aber, ich nehme eine etwas obskurere Ecke mit obskureren Objekten. Ein süßes, kleines Sternbild sollte es sein, also habe ich den Delphin gewählt. Und da ich selber ja pilzverrückt bin, bin ich beim "Toadstool", einem Astrismus, hängen geblieben, auch als French 1 bekannt. Und direkt am Fuß des Pilzes befindet sich mit NGC 7025 eine Galaxie. Und in direkter Nähe ist auch noch NGC 7006, ein Kugelsternhaufen in ca. 130000 Lichtjahren Entfernung. Drei auf einen Streich, das lohnt sich.
Ich habe alle drei Objekte selber gesten Nacht mit meinem 22-Zöller beobachtet und fand sie hübsch (den Pilz), faszinierend (die Galaxie wegen ihrer Position) und spannend (den Kugelsternhaufen).
Zu den reinen Daten:
French 1: Asterismus, 12 Sterne ab 8. Größenklasse, ca. 13 × 13' groß – vgl. die Beschreibung bei den Freunden der Nacht: https://www.freunde-der-nacht.…e/sternmuster/sm-von-a-h/ – dort zu French 1 scrollen
NGC 7025: Spiralgalaxie (Sa), 12m9, 1,9 × 1,2' (Positionswinkel 120°, 231 Millionen Lichtjahre entfernt (also ein gutes Stück weg von uns)
NGC 7006: Kugelsternhaufen der Klasse I (extrem kompakt), 10m6, 3,6' im Durchmesser, ca. 130000 Lichtjahre entfernt, hellster Mitgliedstern bei 16m0.
Das Auffinden ist gar nicht so einfach, da in der direkten Umgebung hellere Sterne fehlen (alles da ist jenseits von 6m4). Man kann die Objekte dennoch recht einfach mit einem Leuchtpunktsucher einstellen (alle Bilder von wikisky.org, also SDSS, Markierungen und Beschriftung jeweils von mir):
Man suche den Delphin und denkt sich ungefähr die Verlängerung von alpha zu gamma Del. Das ist simpel. Dann sucht man schonmal das Pferdchen (Equulus) und epsilon Peg sowie 1 Peg (4m1, also recht hell). Denkt man sich eine Verbindungslinie von alpha Del und 1 Peg, dann bildet man von epsilon Peg, also von Enif aus, eine Linie, die die Mitte der Strecke von alpha Del und 1 Peg kreuzt. Da, wo sich die beiden gedachten Linien kreuzen, ist man richtig. Man kann als dritte Linie noch von alpha Equ aus durch die Mitte zwischen gamma und delta Equ eine dritte Gerade ziehen. Die kreuzt die beiden anderen Linien im gleichen Schnittpunkt.
Wenn man also ganz gut peilen kann, ist das Einstellen des Ortes per Leuchtpunkt kein Problem. Ich habe es gestern Nacht getestet und hatte den Pilz sofort im Gesichtsfeld. Es geht also ;-).
Hier eine genauere Darstellung:
Hier sieht man, dass man recht gut den Delphin zum Peilen nutzen kann. Man muss nur ein klein Bisserl schlampig sein und etwas südlastig rübergehen.
Jetzt noch etwas genauer. Ich habe den Pilz eingezeichnet (man braucht da echt Phantasie, aber mit etwas Mühe kann ich ihn auch im Fernrohr sehen. Der Hut ist halt etwas asymmetrisch und es fehlt ein Bisserl an Sternen, um die nördliche Hutunterseite darzustellen, aber so ist es eben. HD 200393 mit 6m9 ist hier einer der hellsten Sterne, weshalb man wirklich wie oben beschrieben peilen sollte. French 1 geht übrigens schon im Fernglas. So kann man die angepeilte Position auch überprüfen.
Jetzt zu NGC 7025:
Auf dem Foto erscheint sie sehr hell, was visuell natürlich nicht der Fall ist. Ich fand sie im 22-Zöller aber recht hell und deutlich. Nett ist die Position, da vom hellen Eckstern des Pilzstiels eine kleine gebogenen Sternenkette abgeht (wie der Fuß des Zwillings mit M 35). Die Galaxie ist Teil der gebogenen Kette. Sieht im Teleskop sehr nett aus.
Wenn man sich an dem Sternmuster erfreut hat und die Galaxie NGC 7025 entdeckt und beweundert hat (ist ja recht weit weg von uns), dann noch ein Stückerl nach Westen und schon hat man NGC 7006 im Okular.
Man dachte früher, dass er verschiedene Sternpopulationen enthält, aber eine Studie aus dem Jahr 2018 legt nahe, dass es Feldsterne sind, die das Farben-Magnituden-Diagramm kontaminiert haben: A. N. Gerashchenko & Y. K. Ananjevskaja (2018): The Globular Cluster NGC 7006. Astrophysics, Vol. 61, No. 2, DOI 10.1007/s10511-018-9527-8
Dieser Kugelsternhaufen fliegt auf einer sehr exzentrischen Umlaufbahn um unsere Galaxie und ist im weitesten Punkt über 300000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt. Er ist sehr kompakt und lässt sich mit kleineren Teleskopen nicht auflösen. Die scheinbar hellsten Sterne in der Peripherie sind 14 mag hell, gehören aber nicht zum Kugelsternhaufen. Da geht es mit einem Stern bei 16 mag los und dann kommen wenige bis hin zu 17 mag. Das Knie im CMD ist erst bei 22 mag(!) erreicht. Man sieht also extreme, rote Riesen. Ich habe aus der zitierten Publikation die Sterne zwischen 16 und 17 mag nachgezählt und komme auf insgesamt 9 Stück, zwei mit 16m0, einer mit 16m3. Es ist also eine harte Nuss, aber schon in kleinem Gerät kann man den Nebelfleck sehen. Da er so kompakt ist, erscheint er sehr hell.
Folgende Aufgaben wären möglich:
Visuell:
- Kann man bei French 1 die Form des Pilzes auch live am Okular nachvollziehen? Unabhängig davon, ob man ein Fernglas oder ein größeres Teleskop verwendet. Oder kommen andere Assoziationen beim Beobachten auf?
- Ab welcher Öffnung ist NGC 7025 erkennbar?
- Ab welcher Öffnung (Fernglas) ist NGC 7006 erkennbar?
- Ab welcher Öffnung ist zu erkennen, dass die Mitte von NGC 7006 heller als der Rand ist (also kein Planetarischer Nebel, sondern ein Kugelsternhaufen)
- Ab welcher Öffnung kann man Einzelsterne sehen? Ich vermute, dass man schon 18 Zoll aufwärts benötigt. Alles heller als 16 mag ist "Kontamination".
Fotografisch:
- Alle drei Objekte aus ein Foto? Egal ob Seestar oder kleinbrennweitige, andere Teleskope.
- Die Ästhetik der Pilzes mit der Galaxie am Fuß mit mehr Brennweite einfangen?
Egal mit welcher Optik und ob visuell oder fotografisch, Hauptsache man hat Freude an den Objekten. Das Auffinden dürfte für Anfänger am Dobson aber eine gewisse Schwierigkeit mit sich bringen. Aber dafür wird man durch ein schönes Sternmuster belohnt.
Zum Namen Toadstool... Im Niederdeutschen gibt es auch den Begriff Paddestolen, also Krötenhocker. Im Englischen ist das dann Toad (Kröte) und Stool (Hocker). Damit werden eigentlich eher "Little Brown Mushrooms" bezeichnet, Giftpilze mit spitzem Hut. Das passt nicht so recht zum Muster, aber das macht nichts. Und giftig? Ich wäre eher bei Mushroom. Aber das ist sehr off topic.
Noch kurz zu meinen Beobachtungen:
Im 22-Zöller ist das Sternmuster bei 224× sehr schön. Es funkelt, man erkennt das Muster, wobei ich wie oben beschrieben gewisse Defizite im Umriss zu erkennen meine (mehr Sterne für das Muster wären optimal). NGC 7025 ist sehr einfach im 22-Zöller. Mit 8 Zoll dürfte es eine echte Aufgabe sein.
Und NGC 7006... sehr kompakt, hell, Mitte deutlich heller als der Rand, klar gemottelt, aber Einzelsterne? Nicht so wirklich... ich meinte, ab und an einen oder zwei Sterne auftauchen zu sehen, aber unsicher. Da braucht es eine trockenere, transparentere Luft als gestern Nacht, denke ich.
Liebe Grüße und viel Freude mit dem OdM,
Christoph
P.S.: Es gibt im Delphin weitere Sternmuster. Ich empfehle noch Pokus 1, die Fliegenklatsche oder die Laute, je nach Quelle. Liegt direkt bei gamma Del, da, wo im zweiten Foto das D ist. Aber das ist nicht Teil des OdM, da zu weit vom Pilz entfernt. Es gibt weitere, schöne Sternmuster im Delphin, aber aller guten Dinge sind drei, daher nur ein Muster, eine Galaxie und als dritten im Bunde den Kugelsternhaufen (der wegen M 15 in der Nähe sehr oft vernachlässigt wird, jedenfalls visuell).