Hallo Spiegelschleifer,
auch nachdem die 24Zoll-Klasse von Yves schon zur Einsteigergröße degradiert wurde, wollte ich mich an einem solchen Trumm natürlich ebenfalls mal versuchen.
Ende vorigen Jahres wurde der 36mm dicke Pyrex-Rohling über Stathis Kafalis bei Newport geordert, als zusätzliche Bearbeitung hatte ich mich für eine plane Rückseite, Feinkühlung und geschliffene Kanten entschieden als Liefertermin wurde Ende Januar Anfang Februar genannt.
Doch nun erst mal die Schattenseite der Geschichte. [V]
Soweit so gut, natürlich wurde der Liefertermin von Newport kommentarlos einige Wochen überzogen, auch Anfragen per Mail diesbezüglich hatten Amis nicht nötig zu beantworten, die "Servicewüste Deutschland" ist da noch Gold dagegen.
Nach den üblichen Ausreden wie Mailprogramm abgestürzt etc und Lieferantenschwierigkeiten wurde das Ding im Mai dann doch geliefert, mein Finger schwebte indes schon mehrmals kurz über der "Stornotaste", um Stathis der ja die Bestellung tätigte nicht in Verlegenheit zu bringen sah ich jedes Mal davon ab und geduldete mich wieder ein paar Wochen.
Aber die Odyssee hatte leider noch kein Ende, Leute die den ganzen Tag nichts anderes machen als Güter zu transportieren/importieren, die Zollformalitäten abwickeln und dazu passende Formulare ausfüllen waren nicht in der Lage amerikanische Pfund von Si-konformen Kilogramm zu unterscheiden, daher wurden 1:1 amerkanische Pfund zu gut doppelt teuren Kilo auf die natürlich auch noch Zoll entrichtet werden musste.
Ohne Aussicht auf eine Gelegenheit der verantwortlichen Nase von der Speditionsfirma wenigstens in den Hintern treten zu dürfen machte mein Anteil der Lieferung trotz heftigen Protesten seitens Stathis gut 110€ unnötige Transportkosten aus.
Nachdem der Ärger runtergeschluckt, der Rohling auf dem ITV 05 von (dem unschuldigen) Stahis übergeben wurde, gings ans Werk um aus dieser unrühmlichen Scherbe wenigstens noch einen vernünftigen Spiegel zu machen.
Step1: Da der Rohling ohne Kurve geliefert wurde musste die natürlich erstmal mit der Flex reingebaggert werden, die Pfeiltiefe beträgt bei F/4.25 9mm, also über 2Kg Glas die mit der dimatscheibenbwehrten Flex in ca 90 min bewältigt wurden
etwa 80-90% der Glasmasse wurden auf diese Weise entfernt, danach gings an den Grobschliff der mit einem alten Gipsfliesenwerkzeug von statten ging, zuvor wurde das 450mm große Glaswerkzeug noch an den Radius angepasst.
vom Grobschliff noch ganz groggy war ich froh dass mir meine Nichte beim Feinschliff unter die Arme griff [:I]
geschliffen wurde insgesamt bis herunter auf 1my Körnung, das geht wirklich wenn die Fläche gut sphärisch ist und man die richtige Viskosität des Schleifwassers erwischt bzw die Oberflächenspannung reduziert. Es kam öfters vor dass beide Flächen sich ansaugten, vorzugsweise beim Beginn einer neuen feineren Körnung, der Hochdruckreiniger löste dieses Problem dann ohne Stress in Sekundenschnelle. Der Spiegel während des Feinschliffs:
Poliert wurde dann mit 450mm - Pechhaut in die recht breite Kanäle geschnitten wurde um die Kraft etwas zu reduzieren
Die Politur währte etwa 10-12 schweisstreibenden Stunden wobei der Spiegel am Rand, wenn auch recht zügig, zuletzt auspolierte.
Die Sphäre ersparte ich mir, nach dem der Spiegel blank war, war auch schon eine ca 60-70%ige Parabel drin.
Als Unterlage diente beim Feinschliff und Politur übrigens ein plangeschliffener 600mm Glasdrehteller auf dem sich noch eine Universalschaummatte befand.
Meiner Einer beim Polieren im Heizungskeller bei "angnehmen" 25°C
getestet wurde der Spiegel im Raum nebenan wo er auf einem rollengelagertem Prüfstand ruhte
hier ein paar Focaultbilder, Spiegelmitte, ca 70%-Zone, Randzone, dann mit Signalverstärkung wie sie bei der Zonenmessung mit der Mintron Kamera eingestellt wird.
die Bilder sind kurz vor der Fertigstellung bei etwa 94% Korrektur gemacht worden.
Der Spiegel wehrte sich überaschenderweise fast überhaupt nicht, nachdem ich das Randproblem schnell in den Griff bekam ließ sich die Scherbe relativ gut ins Ziel steuern, hier ein paar Bilder des Ergebnisses (über 4Ebenen gemessen):
Sicher gehts noch besser was die Querabberation der beiden Zonen angeht, den 400mm Falke-Spiegel hatte ich auch in der selben Preisklasse gemessen, und der hatte letzens bei 515x am Mond und Alphonsus wirklich sondenlike Bilder geliefert, daher denke ich dass man den Restfehler nur ausserhalb der Atmossphäre im Fokus sieht.
Das Teleskop hinkt momentan noch etwas hinterher, nur soviel sei gesagt: es wird nicht allzu schwer, nicht allzu sperrig, und hoch auf die Leiter muss man im Zenit auch nicht.
Nachtrag:
so ein Spiegel muss natürlich markiert werden um ihn von den vielen anderen unterscheiden zu können, am besten macht man das beim Feinschliff, dazu ignoriert man das Vorhandsein eines massiven 600mm Glasdrehtellers uns schreitet mit dem 600mm-Rohling im Arm, Spiegelseite vorn, zügig durch den Raum, wenn's dann "klong" gemacht hat und man aus seinen Träumen wieder erwacht ist hat man die lästige Prozedur hinter sich und man erkennt die Scherbe ganz sicher unter tausend anderen wieder, in meinem Fall hats glücklicherweise nur ca 10mm^2 Spiegelfläche gekostet. Ob man danach gleich wieder zur Tagesordnung übergehen kann steht allerdings auf einem anderen Blatt [}:)]
viele Grüße