Ein entspanntes First Light am Mond

  • Hallo zusammen,


    ich halte mich bei visuellen Beobachtungsberichten ja immer eher zurück, weil ich meine Eindrücke nicht gut beschreiben kann. Aber zur Feier dieses First Lights auf das ich sehr, sehr lange gewartet habe, schreibe ich mal was. Wenn es gefällt, freut es mich umso mehr! Ehrlich, jetzt schon mal danke fürs Lesen.



    Am helllichten Tag aufgebaut. Mit neuem Equipment immer ganz wichtig. Mein Ziel war hier, ein Planetenjäger / Mond Setup zusammen zu stellen. Die Skywatcher Montierung kommt noch auf eine Säule. Achtung: Angeblich soll die AZEQ6 ja 25kg pro Seite tragen können. Und wie ihr seht, handelt es sich (noch) um das mitgelieferte original Stativ. Die Beine des Stativs sind nicht weit ausgezogen. Das Übliche, was mit neuem Zeuch passiert: Erstmal Sucher einstellen. Gesagt getan, aber das zittert und wackelt dermaßen... An der Montierung an sich kann es nicht liegen, an der Zuladung auch nicht. FC100DZ plus GG wiegen etwa 9kg, der Mewlon210 wiegt etwa 8kg. Dann noch Okulare und Gedöns aber trotzdem, wir bewegen uns hier weit unter der angegebenen Grenze. Und trotzdem ists ein Wackeldackel - also schiebe ich alle Schuld auf das mickrige Stativ. Stative sind SEHR WICHTIG! Unterschätzt das nie. Und mal ganz ehrlich, auf dem Bild erkennt man schon an den Proportionen, dass das eigentlich nicht gut gehen kann.



    Genug gemeckert, hier beide offen. Man... Warum ist das so unfassbar gut anzusehen. Das ergibt einfach so ein schönes Bild insgesamt.

    Nochmal insgesamt an meinem Platz für die hoffentlich langen Jahre, den ich mir nun eingerichtet habe...





    Langsam wird's dunkel und ich hab schon mal das Alignment gemacht. Das geht durchaus, auch wenn es noch nicht ganz dunkel ist. Wie man sieht, waren hier auch noch ein paar Wolken zu sehen. Den FC100DZ hab ich quasi als Übersichtsteleskop missbraucht. Der liefert auch bei hohen Vergrößerungen sehr gute Bilder, keine Frage. Es gibt hier auch ein witziges Ereignis, welches ich so nicht geglaubt hätte...


    Zum Feiern darf aber eines nicht fehlen, was so ziemlich exakt die Stimmung des Tages beschreibt...



    Die Sommerlaune. Ein ganz fantastischer Riesling, den ich heute zu diesem für mich persönlich Feiertag genieße. Fruchtig und leicht perlig. Ich genieße den Sonnenuntergang und schaue den Fledermäusen beim langsam Ausschwärmen zu. Im Hintergrund (ich wohne am Feldrand Richtung Wald) macht sich ein Kuckuck bemerkbar. Ab und zu hört man auch das Kreischen eines Fasans. Das ist wirklich etwas, was ich an diesem Hobby liebe. Ich sitze neben meinem Equipment, noch gar nicht sooooo krass im Einsatz, aber ich erlebe die Zeit bis es dunkel wird sehr bewusst und lasse meine Gedanken schweben.

    Riechen, fühlen, hören. Das ist wirklich die schönste Zeit. Die Natur ist bereits erwacht in allen ihren wundervollen Facetten.

    Für mich ist Wochenende, ich gehe morgen nicht arbeiten. Das darf ich mir gönnen noch der vielen Arbeit. Und macht das alles irgendwie noch mehr besonders.




    Ja was ist denn nun das, was ich nicht geglaubt habe?

    Durch munteres Tauschen des Okulare wird schnell klar... Der Refraktor ist heute der Sieger. Ganz klare, definierte Bilder ohne Wabern. Der Mewlon ist hier klar empfindlicher für äußere Einflüsse. Was im Mewlon wie eine wabernde Suppe aussieht, ist im FC100 sowas von scharf und definiert, das man lieber bei diesem bleibt... Wenn für Sekunden das Seeing passt, höre ich teilweise kurz auf zu atmen, wie ein Scharfschütze, der vor dem Abdrücken die Luft anhält. Aber ich nicht wegen der Präzision, sondern wegen des atemberaubenden Blickes auf unseren Trabanten.

    Der Mewlon liefert Bilder ohne jeden Farbstich. Das ist die reine Spiegelmaschine. Was oftmals beschrieben wird, ein "APO ähnliches" Erlebnis, das würde ich nicht so unterschreiben. Der Mewlon hatte gut drei Stunden zum Temperieren, also kann es daran schlecht liegen denke ich. Das Bild ist sehr gut und super scharf, aber eben durch die Öffnung doch stark Seeing begrenzt - und das war heute leider eher mittelmäßig. Aber nicht schlimm. Der Mond ist genau das, was ein Mewlon zum First Light braucht. Ich wandere am Terminator lang und erfreue mich an dem starken Kontrast.

    Oftmals ist der Mond ja unbeliebt. Gerade bei Fotografen, ich bin ja auch einer. Warum, frage ich mich da? Ich kenne mich auf dem Mond nicht sonderlich aus. Aber jeder Krater da ist ein Ereignis eines Einschlages, eine Tatsache, die man allzu gerne vergisst. Geradezu bombardiert wurde der Mond.

    Ich schau ihn mir gerne an.


    Danke für das Lesen dieses eher "Casual" Berichtes, mit mehr Beschreibung der Eindrücke drum herum als Zeichnungen oder das, was ich genau gesehen habe. Ich kann es sowieso nicht gut genug beschreiben, und jeder Mensch sieht anders. Aber ich hoffe, ich kann die Gefühle und Gedanken rüber bringen, die ich während so eines Abends habe. Und das ist es, was dieses Hobby für mich so interessant macht. Man beschäftigt sich mit so vielen Dingen gedanklich, dass die Zeit an einem vorbei fliegt.

  • Hallo Drehn... :) Ich finde dein Bericht auch ganz toll! Gerade deine Beschreibung mit dem Riechen,Fühlen und Hören während dem warten auf das einsetzten der Dunkelheit kann ich sehr gut nachvollziehen- das ist auch neben der eigentlichen Beobachtung ein ganz wichtiger und schöner Teil unseres Hobby's ! :thumbup:

  • Hallo Drehn


    Schöne Schilderung Deiner ersten Eindrücke. Man konnte richtig mitfühlen. Genauso ist es.

    Wenn der Wackeldackel einmal fest auf einer Säule stehen sollte, beruhigt er sich auch wieder. ;)


    Viele Grüße und Cs

    Horst-Dieter

  • Hallo


    Fotografisch zieht das Stativ wohl niemand aus , eventuell mit Säulenverlängerung.

    Hauptproblem ist aber wohl du darfst nix berühren, es ist meist das Schneckenspiel welches zwangsläufig vorhanden sein muss, geht ja da um Bogensekunden.

    Da hättest du eine Montierung mit Federangedrückten Schnecken wählen sollen, oder ohne Schnecken. Das Einzige was du machen kannst ist im Osten immer etwas Übergewicht so das es definiert anliegt, die Menge macht es Spielfrei, und soviel Kraft kann auf der anderen Seite einwirken, leichtgängig Fokus wäre gut und der Windlast musst du meist auch entgegenwirken, mehr Ungleichgewicht macht es stabiler aber auch mehr Verschleiß. Mit einem ED80 und 500g Übergewicht geht bestimmt prima, die Gewichtsangaben sind eben für Schönwetter. Im Prinzip hilft nur viel Masse, der Schneckenantrieb von einem Fahrstuhl ginge besser.



    Gruß Frank

  • 03sec


    Danke für deine Worte, aber ich kann wirklich ehrlich nicht zeichnen. Auch während meines Studiums war ich immer schon neidisch auf diejenigen, die kleine Kunstwerke in ihren Feldbüchern erschaffen haben. Bei mir sah das dann immer eher aus wie mein verpickeltes Gesicht in der Pubertät ^^ ^^ Deswegen lasse ich das Zeichnen lieber und versuche andere Aspekte zu beschreiben. Freut mich, wenn es dir gefallen hat.


    Sirius82


    Ja, die Natur nimmt man im Alltag viel zu wenig wahr. Da freue ich mich immer, wenn ich dann diese Zeit einfach mal für mich habe. Wirkt fast schon meditativ. Danke für deine Worte.


    Horst-Dieter


    Danke für deine Worte. Der Eike von JD Astronomie fertigt gerade eine Säule für die AZEQ6. Damit sollte es dann wirklich passen :)


    Caelestes


    Danke für deine Worte. Diesen Platz habe ich mir lange mit Blut, Schweiß und Tränen von meiner Frau erkämpft und gebe ich sicherlich nicht mehr her :P ^^ Ich erfahre ja jetzt erst, wie toll das sein kann, wenn man seinen festen Platz hat. Vorher bin ich ja auch ausschließlich durch die Pampa gefahren und war immer komplett fertig. Wenn man mal ehrlich ist, eigentlich ist das dann ja auch nicht mehr OK, in diesem Zustand noch Auto zu fahren (extreme Müdigkeit wirkt sich irgendwann wohl ähnlich aus wie Alkohol am Steuer).

  • Hi Drehn,


    danke fuer diesen schoenen Bericht. Gut zu sehen, dass Du nach all den Muehen jetzt die Fruechte Deiner Arbeit einfahren kannst!


    Zum Stativ: Das gehoert eigentlich schon zu den Besseren, und ich wundere mich, ob da die Anlenkschrauben zum Stativkopf zu locker oder die Andruckplatte nicht fest genug verspannt war. Rein akademische Feststellung, da Du ja sowieso eine Saeule bekommst. Nur habe ich schon viele schlechtere Stative gesehen als das Stahlrohrstativ der EQ6.


    Zum Mewlon: Anscheinend war das Seeing an diesem Abend nicht besonders gut, und dann faellt das ja bei groesserer Oeffnung staerker ins Gewicht. Auch kann die Betonplatte tagsueber aufgeheizt worden sein. Deswegen wurde ja bei manch alten Observatorien (Sternwarte Babelsberg zum Beispiel) damals Gras aufs Dach gepflanzt. Der Mewlon selbst sollte bei passendem Seeing auf der Achse den Apo ausstechen, weil er halt fast die doppelte Oeffnung hat und ein Dall-Kirkham auf der Achse perfekt abbildet. Allerdings ist die Feldkoma sehr gross, und das kann am Mond schon sichtbar werden. Ich hatte selbst mal zwei dieser Geraete in Pflege, und ich war von der Feldleistung nicht beeindruckt. Das Design ist ja urspruenglich von Amateuren entwickelt worden, um ein Cassegrain-aehnliches Teleskop mit weniger Aufwand selbstmachen zu koennen. Der Fangspiegel ist sphaerisch und relativ einfach zu polieren und zu pruefen. Der Preis dafuer ist halt die schlechte Feldleistung, obwohl es dafuer ja Korrektoren gibt und das Dall-Kirkham-System damit sogar zu einem guten Astrographen werden kann.


    (Editiert ... Du hast ja den 210er Mewlon, nicht den 180er - also nicht "fast" die doppelte Oeffnung).

  • Hallo Drehn.


    Vielen herzlichen Dank für den großartig geschriebenen Bericht; Du schreibst auf jeden Fall viiiiiiel besser als man Dir vielleicht mal einreden wollte (ich habe da selber so ein paar Schul-Traumata....). Das gleiche gilt auch, glaube ich, fürs Zeichnen da Du das ansprichst. Einfach machen!

    Erstaunlich ist der krasse Unterschied in den Abbildungsqualitäten Deiner zwei Röhren. Liegt das vielleicht auch am Standplatz? Also ich meine so zwischen Häusern und Wänden und Betonplatz, womöglich nach einem sonnigen Tag am frühen Abend? Da wäre ich gespannt auf weitere Eindrücke von Dir z.B. im Winter, und spät in der Nacht. Ansonsten heißt natürlich viel Öffnung haben auch viel Turbulenz eingefangen. Und viel Glück mit der Säule.


    Beste Grüße, Jürgen

  • Hallo Drehn,


    ich habe Deinen Bericht mit Vergnügen gelesen. Ich mache Firstlight auch gerne zu einer kleinen Feierstunden und freue mich nicht alleine am Durchsehen, sondern auch am Anschauen des Instrumentariums. Glückwunsch zu Deinem Setup.

    Daß die 210 mm Öffnung seeinganfälliger sind liegt auf der Hand. Ich habe mir die Fotos genauer angeschaut und festgestellt, daß Deine Blickrichtig offenbar viel über Dachflächen der umgebenden Bebauung geht. Mich wundert das Bildwabern dann nicht mehr.

    Aufgeheizte Dachflächen benötigen viel Zeit zum Abkühlen.


    Viele Sternstunden an Deinen Geräten

    Wolfram

  • Hallo JSchmoll  baldzuhn und Apofreund


    Danke für eure netten Worte bezüglich meines Berichtes. Eure Vermutungen mit dem Seeing scheinen zu stimmen, da ich wirklich viel über Dächer blicken muss. Die richtige Saison beginnt ja sowieso erst wieder im Herbst, da schauen wir dann mal, wie sich alles verhält.

    Begeistert bin ich trotzdem vom Mewlon. Und auch herzlichen Dank Jürgen für die interessanten Beschreibungen so eines DK Systems. Dass es ursprünglich von Amateuren entwickelt wurde, das wusste ich so bisher noch nicht.


    Dann wird der nächste Schritt sein, den Mewlon mit meinem LE50mm Okular auszuprobieren in einem schön großen Sternfeld. Mal sehen, was mich da so erwartet ^^

  • Hallo


    Die Diskusion über Tubusseeing kennst du?

    Ich sehe da jetzt keinen Lüfter der Abhilfe schafft, würde da bei einem 500€ Gebrauchtgerät Löcher reinbohren, aber bei neu hätte ich auch Skrupel.

    Sagen wir mal der funktioniert morgend um 3Uhr :/


    Gruß Frank

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