Wie issn das mit Field Sweeping ?

  • Hallo DS KollegInnen,


    jeder von uns kennt Techniken zum Detektieren von schwachen Strukturen, z.B in Gas-Nebeln, Galaxien etc. Hauptsächlich wird natürlich indirektes Sehen (averted vision) benutzt. Die Gründe + Mechanismen hierfür (empfindlichere Sehzellen abseits der opt. Achse des Auges) sind relativ klar.


    Eine andere Methode, die zumindest ich sehr häufig benutze (ich denke auch viele andere, und daher frage ich hier) ist Field Sweeping (FS), also das Bewegen des Teleskops um zu mehr Wahrnehmung /tieferer Detektionsgrenze zu kommen. Hierfür ist sicher 'irgendwie' die Verschaltung der Sehzellen und das nachfolgende Prozessieren im Visuellen System verantwortlich. Dies ist (im Ggs zu Indirektem Sehen) jedoch nicht sooo komplett einfach + geradeaus zu verstehen.


    Beispiel: Pferdekopfnebel B33

    Jeder kennt ihn, viele haben ihn mit eigenen Augen schon gesehen, manche nicht. Schwarze Katze in dunklem Tunnel ! - Wie kriegt man die ?

    Ich mach's so: ich suche zunächst die Nebelkante auf der B33 drauf liegt, das ist IC434. Dessen Kante verläuft in N-S Richtung. Wenn ich also das Teleskop O-W schwenke bemerke ich diese kante besonders gut,ganz einfach weil sich 'das Bild ändert' (banal ausgedrückt). Man könnte auch (höher fliegend) sagen: unser Gehirn hat einen eingebauten Kantenfilter (siehe digit. Bildverarbeitung) und dieser verhilft uns zur Detektion in unserem Hirn. Gotcha !

    DANN suche ich auf der Kante mithilfe der umliegenden Sterne nach dem weiteren Feature: der dunklen kleinen Wolke in Form eines Pferdekopfs. Irgendwann beim hin- und Her-Bewegen hupft sie mir dann entgegegen... In 20" geht das relativ easy, aber auch schon in 8" wenn der Himmel passabel ist.


    Ein weiteres Beispiel für angewandtes FS ist mein Post hier über die Dustfilamente auf dem M31 Bulge. Diese sehe ich praktisch *NUR mit FS !*


    Ein paar Fragen zum Field Sweeping (FS), die mich umtreiben:

    - Wann (bei welchen Objekten) benutzt ihr FS ?

    - Was genau nehmt ihr - ruhig mal ganz subjektiv ! - an Effekten (visuellen Verbesserungen der Wahrnehmung) beim FS wahr ?

    - Ist es beim Zeichnen hilfreich ? Wie wichtig ist der Effekt für Eure Wahrnehmung ? Wie genau macht ihr die Umsetzung FS --> Papier ?

    - Wie stark ist der Effekt für euch ?

    - Planetenbeobachter - macht ihr das auch ? Erfahrungen ? Erhöhte Schärfewahrnehmung ?

    - Irgendwelche Seiteneffekte ?

    - Igendwelches 'Training', das ihr hierfür durchführt, oder was Euch dabei hilft, oder was eher schadet !?

    - Kennt jemand physiologische / neurologische Grundlagen und/oder Papers zu dem Thema ?


    Ein paar meiner persönlichen Erfahrungen/Kommentare zu FS - nur zur Anregung: :)

    - Detektion sehr schwacher XL-Level Objekte, auch: besonders ausgedehnte Gebiete, die nicht in einem Gesichtsfeld

    zu überblicken sind (z.B. California) --> Zusammensetzen der verschiedenen Teile (via unbewusste Kurzzeiterinnerung) zu einem 'Gesamtbild' im Kopf

    - Pattern Erkennung, sogar: verbesserte 'Schärfe'-Wahrnehmung ! (daher auch Frage an PlanetenFreaks !)

    - SEHR STARKER Effekt, erstaunlich stark sogar. MINDESTENS so stark wie Indirektes Sehen, sogar eher stärker ! Bewegung scheint in unserem visuellen System zu einer besonders intensiven / verstärkten / detaillierten Wahrnehmung zu führen.

    - Es ist natürlich schwierig sich bewegende Objekte bewusst zu merken (wenn es z.B. viele sind). Beispiel: Coma Cluster,

    bei Bewegung sehe ich VIEL mehr Galaxien, aber es ist schwierig sie alle bewusst (!) wahrzunehmen simultan.

    (ich frage mich, wie es hierbei den DS-Zeichnungs-Freaks geht, die es ja zu Papier bringen müssen/wollen !?)


    Eure Erfahrungen mit dieser Technik des Field Sweeping fänd ich mal interessant !?


    Thanx + cs,

    Peter

  • Hallo Peter,


    ich betreibe "field sweeping" um das Objekt oder das Detail des Objekts der Begierde von Teleskopeffekten, von Einflüssen des Teleskops abzugrenzen.

    Geisterbilder, Reflexe und sonstige Streulichteinflüsse, Randaufhellungen, Staub-, Beschädigungsauswirkungen wandern beim Bewegen des Teleskops mit dem Bildfeld, während das Objekt oder das Detail ortsfest bleiben.


    Mehr ist es für mich von der Substanz her nicht, aber es macht in der Detailerkennung am Limit sehr viel aus.


    Gruß

    Günther

    Jeder macht sich die Probleme die er haben möchte,

    sei es um sie zu lösen oder um sie zu pflegen.

    Einmal editiert, zuletzt von Cateye () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Hallo Peter,

    ...Staub-, Beschädigungsauswirkungen wandern beim Bewegen des Teleskops mit dem Bildfeld

    genau. Ich habe mir angewöhnt, solche Einflüsse durch das Drehen des Okulars zu identifizieren.


    Field sweeping setze ich vor allem dann ein, wenn ich lichtschwache Objekte identifizieren will, meistenteils handelt es sich dann um Galaxien oder Kometen, die gefunden werden wollen. Das menschliche Auge ist wohl evolutionär darauf geeicht, bewegte Objekte bevorzugt wahrzunehmen, die Physiologie dahinter habe ich bisher nicht erforscht. Mir reicht, das es klappt :whistling: . Vielleicht klärt das hier als spontanes Suchergebnis auf: https://www.spektrum.de/lexiko…chaft/bewegungssehen/1436


    Durch das field sweeping werden feine Kontrastunterschiede zw. flächenschwachen Objekten und dem (oft aufgehellten Hintergrund) erkennbar. Bei Planetenbeobachtungen setze ich das nicht ein. Da sind m.E. seeing und Auflösung die entscheidenden Faktoren, da hier ausreichend Licht und der Kontrast zum Hintergrund gegeben sind. Um hier Details herauszukitzeln nutze ich gerne Farbfilter, die je nach Farbe mal das eine, mal das andere Detail hervorheben.


    CS

    Uwe

    "Hängst hier die ganze Zeit rum und wartest auf uns"

    Fünfhundertsechundsiebzig Milliarden Dreitausendfünfhundertneunundsiebzig Jahr", sagte Marvin. "Ich hab sie gezählt."...

    Die ersten zehn Millionen Jahr waren die schlimmsten...und die zweiten zehn Millionen Jahre waren auch die schlimmsten.

    Die dritten zehn Millionen Jahre haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren"

    (D. Adams)

  • Bei Planetenbeobachtungen setze ich das nicht ein. Da sind m.E. seeing und Auflösung die entscheidenden Faktoren, da hier ausreichend Licht und der Kontrast zum Hintergrund gegeben sind.

    Ciao Uwe,


    versuch's mal an Planeten, wenn das Deine üblichen Objekte sind - wäre echt mal interessant !


    Ich habe manchmal den Eindruck gehabt als ob da die wahrgenommene 'Schärfe' irgndwie steigt. Aber ich bin kein Planetenbeobachter, nur mal zufällig drüber gestolpert, und mir unklar gewesen, ob das real war oder nur Einbildung. Natürlich solltest Du - wenn möglich - rein von der Teleskopöffnung her genug Auflösung haben und ein Objekt mit dementsprechend kleinen Details auf der Oberfläche. Am besten wäre ein einigermassen grosser Dob und Jupiter als Objekt (daher stammt meine - unklare ! - 'Beobachtung' - hätt ich weiter testen sollen... aber als DeepSky'ler ist Jupiter natürlich Gift... ! :) ).


    Gruss, Peter

  • Hallo Peter, danke für die ausführliche Behandlung dieses Themas.


    Je großflächiger und je schwächer das Objekt, um so effektiver funktioniert bei mir das Field Sweeping. Bei kleinen Galaxien im großen Feld wandere ich eher mit dem Auge im Feld umher, um verschiedene Bereiche der Netzhaut anzuregen. Aber bei superschwachen formatfüllenden oder gar formatsprengenden Planetaries wie z.B. Abell 74 oder Puwe1, oder Triangulars Wisp im Cirrrusnebel, oder Barnads Loop gehört Field Sweeping genau so dazu wie indirektes Seen.


    Meine Erklärungen decken sich mit euren:

    1. Physiologischer Effekt Änderungen nehmen wir besser wahr als stationäre Helligkeitsunterschiede. Schließlich war schon immer ein seitlich vom Gebüsch heransprintender Säbelzahntiger gefährlich 8| .

    2. Flat Field: Auch das visuelle Gesichtsfeld ist alles andere als gleichmäßig ausgeleuchtet (Vignettierung, Okulargeometrie...) Durch schwenken des Bildfeldes kann man die echten zarten Helligkeitsnuancen von Vignettierungseffekten unterscheiden.

  • Mehr ist es für mich von der Substanz her nicht, aber es macht in der Detailerkennung am Limit sehr viel aus.

    Ciao Günther,


    Hm, ist mir etwas unklar, was Du genau meinst, wenn es einerseits 'nicht mehr ist von der Substanz' aber andererseits am Limit 'sehr viel ausmacht' !?! Bei (Hardcore) Deepsky ist man ja sehr oft am Limit, daher interessiert mich die Technik /das Thema. Streulichtprobleme etc hab ich eigentlich bei meinen Beobachtungen (stockdunkle Umgebung) nur sehr selten - ausser wenn ich mal einen hellen Stern nebenan habe... (sagen wir: Regulus neben Leo I dSpheroidal gx - OK !!!)


    Aber stimmt natürlich Dein Punkt: FS zur 'Differentialdiagnose' gegen instrumentelle Einflüsse - guter Punkt, OK !


    Lg, Peter

  • Ciao Stathis,


    - OK, das mit dem 'Herumwandern mit dem Auge' (Teleskop steht) muss ich mal probieren !

    - Flatfield-Effekt visuell angewandt durch FS: ja das kenn ich auch/mache ich auch recht oft (unbewusst) - aber guter, sehr einleuchtender Vergleich mit den CCD Bildreduktions-Methoden, ja ! Passt insofern auch gut zu Günthers 'Differentialdiagnose' Punkt. :thumbup:


    Peter

  • Nur noch ergänzend:


    Wo mich ja der Wahrnehmungs-Gewinn durch FS tierisch anspringt ist, wenn ich einen Gx-Cluster angucke. Sagen wir den Coma-Haufen.


    Weil die Gx so schwach sind und klein, sieht man ERSTMAL echt deprimierend wenig, selbst in 20". Aber SOBALD ich das Teleskop bewege, hupft mir alles entgegen - dieser Effekt ist brutal stark ! Probiert's mal ! Liegt wahrscheinlich auch daran, dass die vielen kleinen Objekte sich (natürlich) alle parallel bewegen, und das ist natürlich ein starkes Signal an die Mustererkennung im visuellen System, denk ich mir.


    Lg, Peter

  • Hallo Peter,


    meine Beschreibung in #2, wie ich field sweeping anwende ist ja nur ein Dreizeiler, also recht wenig angesichts Deines umfangreichen Fragenkatalogs.


    Darauf bezieht sich meine Aussage:

    "Mehr ist es für mich von der Substanz her nicht, aber es macht in der Detailerkennung am Limit sehr viel aus".


    Aber die anderen Antworten sind ja durchaus ähnlich. Wenig Aufwand für viel Nutzen.


    Ich mache das auch intuitiv, bzw es geht ja schon mit der fehlenden Nachführung an Dobsons los, dass ein Objekt im Feld wandet und man es gelegentlich wieder neu positioniert. Darin liegt schon der Ansatz von field sweeping, auch in Kombination mit indirektem Sehen. Es wurden schon Objekte wie der Cirrus Nebel genannt, aber auch Ansätze von Spiralstrukturen oder Ausläufer von GX sieht man oft erst, wenn man mal Bewegung ins Bildfeld bringt. Sich dann mal noch weitere 15 bis 30 Minuten mit so einem Objekt per field sweeping zu beschäftigen, auch mal in der Vergrößerung variieren, kann noch sehr viel bringen, das eigene Limit an diesem Objekt deutlich verschieben. Ich hätte in dem Satz die erforderliche Geduld noch zwingend erwähnen müssen.


    Das Okular mal drehen ist auch keine schlechte Variante, fällt bei mir aber flach, weil ich noch "altmodische" seitliche Sreulichtfahnen an den Okularaugenmuscheln verwende. Mir hilft das ungemein (wo ist es den heute noch wirklich sackdunkel rundum), manche Mitbeobachter stören sich an dem engen Kontakt mit den Muscheln und sie klappen sie weg. Mir bescheren sie eine reflexfreie Augenlinse, keine Licht- und Bewegungsstörungen in den Augenwinkeln und damit volle Konzentration aufs Bild.

    Auch das ist für mich beim field sweeping sehr hilfreich.


    Gruß

    Günther

    Jeder macht sich die Probleme die er haben möchte,

    sei es um sie zu lösen oder um sie zu pflegen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Cateye () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Hallo Leute.


    Ich könnte mir noch vorstellen, dass der Verbrauch von Rhodopsin bei Belichtung unserer Netzhaut eine Rolle spielen könnte: dieser Sehpurpur ist fürs Nachtsehen zuständig. Bei Belichtung wird er verbraucht und muss erst wieder neu synthetisiert werden, dazu wird z.B. Vitamin A benötigt. Dieser Vorgang dauert einige Sekunden. Beim FS-Schwenken bewegen wir evtl. das Objekt der Begierde immer wieder in Bereiche der Netzhaut, die noch unbelichtet und damit vollgepackt sind mit Rhodopsin, also auch empfindlicher - erstmal.

    Das bevorzugte Erkennen eines rennenden Sägelzahntigers - vor Allem auf uns zu - ist sicherlich ein evolutionärer Vorteil. Bleibt das Vieh hocken dann ist es satt, und wir können in Ruhe weiter Galaxien suchen.


    Grüße, Jürgen

  • Ciao Jürgen,


    Lokaler Rhodopsin-Verbrauch wäre möglich als physiologische Ursache, klar. Da würde Stathis' Augenbewegung (bei sehendem Teleskop) dann helfen.


    Was mir noch an Assoziationen kam:


    - Es gibt ja Untersuchungen der (exakt lokalisierten) Augenbewegung beim Betrachten von Bildern. Da sieht man, dass das Auge unbewusst sowieso laufend (v.a. kleine, aber auch weitere) Hin- und Her- Bewegungen ausführt, auch wenn wir auf der bewussten Ebene immer einen Punkt fixiert halten. Kann u.a.sein wegen der Rhodopsin-Depletion, vor allem aber wegen anderer (Aufmerksamkeits-/Gestalterkennungs-) Mechanismen schätze ich.


    - Schonmal bewusst registriert wie heute Werbung gemacht ist ? Da ist nix mehr statisch, alles zappelt und schwirrt durch die Gegend. Und es wirkt: eben als 'Hingucker' ! Auf dem Mobile UI genauso, ich lese nen Zeitungsartikel, daneben zappelt es. Macht echt wuschig sowas. Es geht um Aufmerksamkeit, die wird durch Bewegung angezogen.

    Und etwas weit gedeht die Assoziation- zugegeben: Ganz nebenbei werden wir auch süchtig danach. D.h. vielleicht sogar: möglicherweise ist es für uns heute etwas schwieriger geworden als früher, visuell statische Objekte zu beobachten, und FS hilft dann eben auch (uns modernen Bewegungsjunkies).


    Und noch folgendes:

    Mel Bartels, ein US Hardcore Astro Zeichner, sagte mir in einem Thread er nähme keine Nachführ-Plattform mehr, WEIL ihm dann die Bewegung des Dob- Gesichtfeldes durch das Nachschubsen einfach als Erkennungsmechanismus (also implizites FS) fehle !!!


    Gruss, Peter

  • Lieber Peter,


    du bringst echt alten frischen Wind hier unter die Visuellen, sehr schön. Wobei alt nur auf dich als alten Hasen gemünzt ist, also ich meine ... ach du weißt schon ;).


    Ich bin relativ häufig im Grenzbereich unterwegs, halte es wie Stathis, bei kleinen Objekten viel Wandern mit dem Auge, bei größeren Objekten dann zusätzlich field sweeping, falls indirektes Sehen nicht weiter bringt.

    Bei den Beobachtungen mit meinen Teleskopen habe ich mal durchgezählt, wie oft ich field sweeping bislang erfolgreich bei der Beobachtung einsetzen konnte. Es sind lediglich 19 Beobachtungen. Hm. Vielleicht könnte ein Grund sein, dass field sweeping das letzte Mittel ist und dann oft auch nicht zum Ziel führt. Und ich bin vorsichtig mit unsicheren Sichtungen, schreibe dann lieber mal ein "nicht gesehen" oder "Sichtung unsicher". Naja.


    Im FG-Bereich habe ich das noch nicht probiert, obwohl ich da auch gern Grenzen teste. Ich versuche das demnächst gern mal und werde berichten.


    Beste Grüße


    Rene

  • Fieldsweeping benutze ich schon immer. Der Effekt ergibt sich durch den blinden Fleck im Auge, dort wo unser Tageslichtsehzentrum ist. Bei ausgedehnten Objekten weiß man oft nicht so recht, wo man denn nun "daneben" gucken soll, um den blinden Fleck zu umgehen. So guckt man oft unbewusst direkt drauf und nimmt das sehr schwache, flächige Objekt nicht mehr eindeutig wahr. Beim Schwenken verlässt es dann den blinden Fleck und verliert seine "Tarnung".


    Bei Planeten beobachte ich anders. Hier ist es besser das Auge entspannen lassen, kurz aber intensiv auf eine Detailregion zu schauen und wieder absetzen, Auge ausruhen lassen und dann erneut ran. Wie beim Herzschlag, ein Drittel Action, zwei Drittel Erholung. Zu lange am Stück draufgucken strengt das Auge zu sehr an und man sieht dann immer weniger. Die Wahrnehmungsfähigkeit lässt nach. Schwenken bringt hier eher nichts und stört.


    Eine Augenklappe bei monokularem Beobachten hilft auch, da auch das Zudrücken des nicht benutzten Auges anstrengt und die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt. Hilft auch bei Deep Sky. Immer entspannt als möglich bleiben, damit gehen weniger der ohnehin knappen Photonen verloren... ;)

  • Hallo,


    bei "Haus der Astronomie" gab es mal einen Vortrag Zur physiologischen Optik des Sehens in der Nacht, fand ich ganz interessant.


    Da wird nicht direkt auf Fieldsweeping eingegangen, aber bei ca. min. 31 kommt die Aussage, dass die Rezeptoren der Netzhaut auf Änderungen der Lichtverhältinisse reagieren. Das Auge macht von selbst ständig kleine Bewegungen zur richtigen Wahrnehmung.


    Ich stelle mir vor, dass man den Effekt durch die Bewegung des Teleskops gewissermaßen verstärkt.


    Albert

  • Moin.


    Ich nutze Fieldsweeping (tolle Bezeichnung, ist mir neu) meist bei großflächigen, lichtschwachen Nebeln. Ich kann sie besser erfassen, wenn sich das gesamte Sternfeld durch das Gesichtsfeld bewegt. Paradebeispiele sind der Californianebel, die Nebel um Gamma Cygni, Barnards Loop. Bei schwachen kleineren Nebeln oder Galaxien nutze ich eher das indirekte Sehen, indem ich die Position des Objekts mit meinem Blick umkreise.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Servus Peter,


    ein wunderbares Thema, danke! Ich nutze das Field Sweeping auch nur bei sehr schwachen Objekten. Großflächige Nebel beobachte ich eher selten, da sind schwache Galaxien eher für mich das Thema. Wenn ich z.B. Hickson 44 mit meinem 8-Zöller beobachte, dann ist NGC 3187 ein echtes Problem. Indirektes Sehen ist selbstredend, aber auch da ist es schwierig zu unterscheiden, ob man sich das Fleckerl einbildet oder ob es real vorhanden ist. In solchen Fällen nutze ich dann das FS gerne. Beim Bewegen des Teleskops wandert der Fleck mit. Bildet man sich einen Fleck ein, bleibt er statisch.

    Es wurde ja bereits erwähnt, dass die Rhodopsinmenge die Empfindlichkeit der jeweiligen Detektorzellen in der Nezthaut ausmacht. Unser Gehirn (Sehzentrum, aber auch schon die Bearbeitung in der Netzhaut) geht davon aus, dass jeder Detektor gleich gut funktioniert (innerhalb der jeweiligen Detektorklasse also Stäbchen und Zapfen für sich genommen). Stäbchen nutzen das Rhodopsin, Zapfen das Photopsin. Letzteres fällt hier ja weg, da wir im lichtschwachen Bereich beobachten, in dem die Zapfen nicht mehr reagieren.


    Man kennt es ja, wenn man ein Bild mit schwarz-weiß-Inhalt lange ansieht und dann auf eine Weiße Wand sieht, erscheint das Negativ des angesehenen Bildes, denn die Stäbchen, die "schwarz" sahen, haben wenig Rhodopsin verbraucht, die, die "weiß" sahen, wurden mit vielen Photonen belichtet und sie haben mehr Rhodopsin abgebaut. Folglich melden die noch empfindlicheren Stäbchen, die durch "schwarz" nicht belichtet wurden, nun helleres Licht (da hier mehr Rhodopsin pro Sekunde zerfällt und somit mehr Strom fließt) als die anderen. Das Gehirn erkennt daher, dass nur die empfindlicheren "weiß" sehen, die anderen nicht, sondern z.B. grau.


    Diese Effekte spielen sicher auch beim Beobachten auf. Man hat vorher einen Stern angesehen, ist dort etwas weniger empfindlich, schaut man nun einen anderen Bereich an, erscheint dort ein kleiner, noch dunklerer Fleck und daneben ist man empfindlicher und meint, etwas grau zu sehen (usw.). Deshalb wendert der Blick idealerweise eh immer hin und her. Dadurch tauchen Objekte auch kurz auf, weil sie kurz im idealen Winkel für indirektes Sehen sind, dann wieder nicht und sie verschwinden...


    Das FS nutze ich dann zur Bestätigung, ob das Objekt die Bewegung mitmacht, wenn ich meine, es zu erkennen. Und ja, manchmal fällt es auch erst dann wirkluch auf. Ich nutze aber trotzdem erst das indirekte Sehen und erst am Ende dann sdas FS.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • hmm,

    selbst beim indirekten Sehen bleibt das Auge ja nicht starr auf einem Punkt. Das zeigen Eye-Tracker-Untersuchungen.


    Ich "wackle" schon immer am Tubus, wenn ich Objekte an der visuellen Grenze vom Hintergrund ablösen möchte. Das Wackeln muss nur langsam genug sein, denn nachts reagiert das Auge ja träger. Und es macht m.E. nur bei kleinen Vergrößerungen Sinn. Bei hohen Vergrößerungen am Dobson wandert das Bild eh schnell genug durch bzw. "Wackeln" schadet, denn nach jeder Berührung dauert es ein Moment, bis das Bild sich überhaupt beruhigt hat.


    Beim Herauslösen von Veränderungen im Bild dürften neuronale Verschaltungen eine Rolle spielen (salopp gesagt, das spielt sich im Hirn bzw. auf dem Weg dorthin ab). Es hilft ungemein sowohl dem Jäger als auch der Beute im Tierreich. Und es hat auch seine Grenzen, wenn sich dann im Bild zu viel bewegt/verändert. Nehmt z.B. ein Schilfgras, dass sich im Wind bewegt. Darin kann ein Vogel sich perfekt verstecken, solange seine Bewegungen im Rhythmus der Grashalme erfolgen.


    Die Reizverarbeitung von Seheindrücken ist eine Wissenschaft für sich und ich bin nicht wirklich im Thema. Aber ich würde es nicht mit dem Rhodopsinverbrauch einzelner Sehzellen erklären, was beim Field Sweeping passiert. Die Nachreize z.B. bei der Komplementärfarbwahrnehmung tagsüber ist meines Wissens ein neuronaler Effekt, wenn Nervenzellen noch feuern, nachdem der Reiz schon vorbei ist.


    Lustig ist auch der Umgang mit Sinneseindrücken. Ich z.B. gehöre eher zu der Sorte von Menschen, die eine "Fehlmeldung" äußern, wenn ich etwas nicht reproduzierbares wahrnehme. Andere sind da forscher oder haben einfach bessere Augen.

  • Na endlich kommt hier mal das 'Biologenvolk' aus dem... Schilf. :) :thumbup: Danke !


    Jetzt da ich Eure Beiträge lese erinnere ich mich auch wieder was ich mal als Schüler in einem der Bücher von H.v. Ditfurth (immerhin vom Studium her Psychiater) las:

    (Buchtitel: Im Anfang war der Wasserstoff, usw, waren 3-4 Bände)


    Das visuelle System (evtl. Auch andere Sinne) ist bestrebt, Sinneseindrücke die konstant auftreten zu hemmen, d.h. sie implizit zur 'Normalität' zu erklären, also wegzuabstrahieren D.h. kommt ein Rotreiz, beginnen nach einiger Einschwing-Zeit die Grünzellen gegenzufeuern, um das Rot zu Grau (=Langweilige Normalität) zu machen. Wenn das geschehen ist, lassen sich dadurch alle Änderungen auf dieser Normalität besonders 'scharf' (mit empfindlicher Detektionsschwelle) wahrnehmen. Das wäre der evolutionäre Benefit.


    Also fixiere ich längere Zeit (20sec) einen roten, flächigen Punkt, und gucke dann plötzlich auf eine weiss- neutrale Fläche, dann feuern die (gerade noch hemmenden) Anti-Rot Rezeptoren immer noch und ich sehe weiter die Form (!) des (gerade noch roten) Punktes, aber eben in Komplementärfarbe Grün.


    D.h. also FS hilt uns die Hemmungsmechanismen zu unterdrücken (Frage wäre: wie lang ist die Einschwing-Zeitskala der Hemmung ?) und wir haben laufend eine (ungehemmte) 'frische' Wahrnehmung.


    Allerdings wäre dieser Hemmungsmechanismus oben ein Mechanismus, der bereits sehr nahe an der Rezeption funktioniert. Ich tendiere eigentlich auch eher zu (nachgelagerter) Prozessierungs-Erklärung, aber wahrscheinlich gibt es eben beides.


    Und da kommt auch meine (vage Beobachtung von subjektiver) SchärfeSteigerung ins Spiel. Irgendwo hab ich mal gelesen dass die Zellen für Schwachlichtsehen, bei immer niedriger Beleuchtungsstärke dann zusammengeschaltet werden (sozusagen

    Binning hinter den Netzhaut- Pixeln, um den Readout noise herunterzumitteln, siehe CCD wenn nicht himmel-limitiert). Wenn das so ist, wär es ja auch vorstellbar, dass durch FS diese Verschaltung wieder temporär aufgehoben wird, und plötzlich die Auflösung erhöht ist. Ich dachte ich hätte das mal auf Jupiter so gesehen durch FS ! - gutes Seeing, 20" Öffnung, also genug physikalische Auflösung war von extern her da. Habs aber leider damals nicht ausgiebig getestet. Und Plantenfreaks haben einerseits kleinere ( vs. 20" Dob) Öffnungen (Apo), andererseits parallaktische Montierungen (stehendes Feld) - d.h. die machen + sehen sowas normalerweise nicht...! Wenn das tatsächlich stimmen würde, hätte das was von Lucky Imaging, nur eben Lucky Viewing (by FS)... ;)


    Aber daher dennoch meine Frage an die Planetenfreaks...


    Interessant ! - Das Losschütteln von Details im Bild bezeichnen auch die Hardcore Sketcher (Zeichner) so: 'shake lose' (Mel Bartels). Und entspricht auch perfekt meinem Gefühl / meiner wahrnehmung dabei !


    Was ich mich nur frage, wie die das beim zeichnerische Prozess genau machen: von der bewegten Wahrnemung durch Zeichnen ins Bild... das würde mich mal interessieren !


    Gruss,

    Peter

  • Hallo nochmal,


    es gibt wohl verschiedene Herangehensweisen.


    Zum Einen wird offensichtlich eine recht schnelle Bewegung des Teleskops gewählt, bei der die Objekte "wackeln":


    "Beim Bewegen des Teleskops wandert der Fleck mit. Bildet man sich einen Fleck ein, bleibt er statisch."



    Zum Anderen (m)eine eher langsame Bewegung bei der das Objekt bei Verschiebung des Bildfeldes ortsfest bleibt:


    "Geisterbilder, Reflexe und sonstige Streulichteinflüsse, Randaufhellungen, Staub-, Beschädigungsauswirkungen wandern beim Bewegen des Teleskops mit dem Bildfeld, während das Objekt oder das Detail ortsfest bleiben."


    Die erste Methode erschließt msch mir nicht so recht, was ist da dran?


    Gruß

    Günther



    Jeder macht sich die Probleme die er haben möchte,

    sei es um sie zu lösen oder um sie zu pflegen.

  • Hallo Günther,


    Nur zur Erklärung / Klarstellung:


    Wenn ich z.b. die kante eines grossen Nebels (California im Perseus, auch mit Hbeta Filter natürlich) sehen will, dann bewege ich das Teleskop um ca 0.3-1.0 Gesichtsfeld(GF)-Durchmesser hin und her, möglichst senkrecht zu Kante. Für einen Zyklus bis zur gleichen Ausgangsposition dauert das typisch 5 sec. Habe ich stehend nichts gesehen, sehe ich dabei plötzlich die sich bewegende Nebelkante ! Das ist eben Gewinn im Vergleich zu vorher: ohne Detektion.


    Kleinere Objekte: kleinere Bewegung, ca 0.3 GF- durchmesser, etwas schneller 2-3 sec Zyklus. Wirkung genauso: ohne fs seh ich nix, mit FS seh ich den sich -gegen das Teleskop - bewegenden Fleck. Also Gewinn an Wahrnehmung.


    Hierbei geht es NICHT (primär) um instrumentelle Geisterbilder u.ä., sondern um die Detektions eines schwachen Objekts selber ! (Die Unterscheidung zu instrumentellen Effekten seh ich implizit damit natürlich auch, durch die dynamische Bewegung des Objekt vor dem statischen instrumentellen Effekt, aber mein Ziel ist natürlich das Objekt !!!).


    Natürlich mach ich das auch mit Feldstecher direkt am Himmel. Man muss eben nur immer- ähnlich wie beim indirekten Sehen - sich mit seiner Wahrnehmung auf das Objekt konzentrieren während man schwenkt. Irritiert ähnlich wie indirektes Sehen, geht aber mit Übung in Fleisch und Blut über !


    Noch ein Beispiel bisher nicht genannt:

    Ich gucke M13 unter gutem Himmel (21.4+) an. Okular nehme ich so, dass der GC ca 1/4...max 1/3 des Gf einnimmt. Statisch gucken: schön ! Dann ein bisschen schwenken, sagen wir 1/5 GF, so dass er voll im Feld bleibt. WOW ! Das Ding ist plötzlich RIESIG viel grösser !!! Ist tatsächlich so, probiers aus, aber guten Himmel aufsuchen ...


    Ist alles kein Voodoo, hilft wirklich und ist real ! :) :waving_hand: :thumbs_up:


    Man muss vielleicht dazusagen, dass der Effekt dann am deutlichsten ist, wenn der Himmel gut dunkel ist 21.2+ mag/sq.arcsec, nach SQM oder light pollution map).


    ABER: siehe meine Beobachtung der Dust Filamente auf dem M31 Bulge (siehe Link im 1. Post, oder auf meiner Webseite), es geht auch manchmal in hellerem Umfeld (21.2 Himmel plus der helle M31 Bulge als Hintergrund) mit schwachen Kontrasten...


    Gruss,

    Peter

  • Wow, ich bin beeindruckt! UND DAS MEHRFACH.


    Ich selbst mit Mitglied in einem Verein mit dem Schwerpunkt Astrofotografie. Als Visueller kann ich oftmals nicht mitreden und genau diese Art Techniken fehlt mir oftmals.


    FS kenne ich eigentlich nur beim Aufsuchen von dunklen DS Objekten, die nicht direkt ins Auge fallen. Sonst habe ich mir mit einem Beobachtungstuch oder Augenklappe und direktes und indirektes Sehen selbst geholfen. FS war mir als Technik gar nicht so bekannt.


    Danke an PeterSurma, genau das wäre jetzt noch meine Frage gewesen, wie schnell und wie viel bewegt man das Teleskop.


    Meine Erfahrung ist auch, als Zeichner, dass man mit dem Hauptobjekt beginnt, da die Sichtbarkeit von Details mit der Zeit abnimmt. Habe das aber nie hinterfragt, warum das so ist.


    Werde das in den nächsten Tagen mal probieren.

    🔭 Taurus T400 SMH CS DSC professional | Skywatcher Classic N 200/1200

    🖊️ Astrozeichner und visueller Beobachter 

  • Peter,

    am Jupiter hast du so viel Licht, dass ganz andere Mechanismen zum Tragen kommen als wenn du eine lichtschwache Galaxie aus dem Hintergrund lösen möchtest. Da spielt auch das "Lucky Seeing" eine Rolle. Und eine Art Unschärfemaskierung, wodurch Kanten verstärkt werden im Zusammenspiel mit der zeitlichen Auflösung der Sehzellen. Wenn ein unscharfes Bild sich kurz mit einem scharfen Seheindruck überlagert. Das zumindest meine Erklärung.


    Vergleichbar mit dem Sweepen:

    Asteoridenjäger lassen zwei Fotos "blinken" um den bewegten Himmelskörper auf den Fotos ausfindig zu machen.

  • Beim Herauslösen von Veränderungen im Bild dürften neuronale Verschaltungen eine Rolle spielen (salopp gesagt, das spielt sich im Hirn bzw. auf dem Weg dorthin ab).

    Servus Kalle, servus Peter


    die Bildbearbeitung erfolgt einerseits in der Netzhaut (dort werden die Frequenzen der Aktionspotentiale der einzelnen Sinneszellen verrechnet, Algorithmen wie Kontrastverstärkung (etc.) vorgenommen. Im Zwischenhirn ist dann ein Filter, der Wichtiges von Unwichtigem trennt und das Unwichtige teils nicht ans Sehzentrum weiterleitet. Im Sehzentrum wird das gelieferte Bild weiter verarbeitet.


    Bei diesen Prozessen wird beispielsweise der Blinde Fleck mit einen passenden Muster versehen (sonst sähen wir einäugig immer einen dunklen Fleck im Bild).


    Was genau den Erkenneffekt beim FS ausmacht, weiß ich natürlich nicht. Es dürfte ein Zusammenspielen von mehreren Punkten sein. Was die Räuberkennung angeht, geht es v.a. ums periphere Sehen, das heißt ganz am Rand der Netzhaut. Dort sehen wir extrem unscharf, können dafür aber Bewegung sehr gut wahrnehmen. Das hat mit dem FS sicher nichts zu tun.

    Indirektes Sehen hat aber dennoch mit Räubererkennung zu tun, denn die Silhouette eines Räubers zu erkennen, kann lebensrettend sein. Dass der Blick zwischen direkt Hinschauen und knapp Vorbeischauen wandert, ist hier eben die Lösung und genau das machen wir ja, wenn wir den Blick hin- und herschwenken. Schaue ich direkt auf das Objekt, ist es weg, indirekt wieder da, dann teils auch besonders hell, dann wieder schwächer. Den hellsten Seheindruck kann ich nicht halten, sondern nur jeweils das helle Erscheinen neu erzeugen.


    Das visuelle System (evtl. Auch andere Sinne) ist bestrebt, Sinneseindrücke die konstant auftreten zu hemmen, d.h. sie implizit zur 'Normalität' zu erklären, also wegzuabstrahieren D.h. kommt ein Rotreiz, beginnen nach einiger Einschwing-Zeit die Grünzellen gegenzufeuern, um das Rot zu Grau (=Langweilige Normalität) zu machen. Wenn das geschehen ist, lassen sich dadurch alle Änderungen auf dieser Normalität besonders 'scharf' (mit empfindlicher Detektionsschwelle) wahrnehmen. Das wäre der evolutionäre Benefit.

    Bei Fröschen ist das ganz extrem: dort wird alles ausgeblendet, was statisch ist, also die Informationsleitung von Neuronen mit sich nicht ändernder Aktionspotentialfrequenz blockiert. Der Frosch ist also blind und kann dann nur das sehen, was sich bewegt. Deshalb hockt er ruhig, sieht vor schwarzem Hintergrund eine sich bewegende Beute. Sobald er sich selbst bewegt, taucht auch die Umgebung wieder auf, aber er hat die Beute ja bereits fixiert und kann sie weiter beobachten und dann fressen.


    Ich bin, da kein Zoologe geschweige denn Humanbiologe/Mediziner, mir aber nicht im Klaren, wie stark solche Hemmprozesse bei uns Menschen noch vorhandne sind. So wie du das hier schreibst, Peter, wäre dieser Effekt der primäre. Klingt aber interessant. Ob es nur ein evolutionärer Rest ist oder evolutiven Benefit aufweist, sei dahingestellt. Einen sich "bewegenden Schatten" an der Wahrnehmungsgrenze erkennen zu können, kann jedenfalls nicht verkehrt sein. Aber ob es da so nah an die Wahrnehmungsgrenze geht, wie wir sie beim Beobachten herauskitzeln, ist halt die Frage. Das glaube ich eher nicht, denn sonst wären Objekte an dieser Wahrnehmungsgrenze klarer.


    Eine große Rolle spielt die Mustervervollständigung in unserem Sehzentrum, denke ich. Wenn ich weiß, wo der kleine Fleck sein sollte, dann kann es gut sein, dass man sich unbewusst dort einen Fleck hinsetzt. Man meint, hier etwas zu sehen, weil man ja weiß, dass da was zu sehen ist. Wenn man dann (ich habe ja keinen Dobson) kurz auf den Knopf der Handsteuerbox drückt, müsste sich dieses Fleckchen ja sofort mitbewegen. Tut es das nicht, dann hat man eine Fehlsichtung. Sehe ich aber den Fleck mitwandern und das in unterschiedliche Richtungen, wenn ich wahllos die Pfeiltasten drücke, dann ist der Seheindruck bestätigt.


    Was ich mich nur frage, wie die das beim zeichnerische Prozess genau machen: von der bewegten Wahrnemung durch Zeichnen ins Bild... das würde mich mal interessieren !

    Durch Gedächntis. Ich zeichne immer erst die Sterne, dann die Fleckchen. Und wenn ich die Sterne gezeichnet habe und dann die Fleckerl im Teleskop wahrnehme, dann kann ich sagen, wo das Fleckerl war. Ich merke es mir einfach. Und dann geht es hin und her: erstmal klären, wo die Galaxie ist und einzeichnen, dann klären, welche Form sie hat (mit Orientierung). Die Form kann man sich leicht merken. Dann prüfen, wie groß sie ist (relativ zu den Sternen im Hintergrund). Dann kann ich das einzeichnen: Form und Größe. Dann wieder Retour und den Prozess neu durchgehen (ohne zu zeichnen, aber mit Vergleich mit der Zeichnung). Irgendwann meine ich, dass der Seheindruck und die Skizze zusammenpassen.


    Schwieriger finde ich, die Unschärfe richtig in der Zeichnung darzustellen. Ich sehe ja kontrastarme, unscharfe Wattebäusche und zeichne mit einem Stift, der kontrastreich und scharf Graphit auf Papier überträgt. Da mache ich dann Anmerkungen und ich versuche, mir den Seheindruck optisch abzuspeichern und diesen dann beim Überarbeiten mit dem PC (Photoshop) wieder zum Ausdruck zu bringen. Die Notizen im Bild helfen dabei.


    Ich bin vom Schachspielen (und meinem anderen Hobby Mykologie) gewohnt, mir Stellungen (Schach) und Merkmalskombinationen (Mykologie) zu merken. Zeichne ich z.B. eine halbe Stunde lang eine Galaxie, bis ich mit ihr fertig bin, hat sich das Bild fast schon im Hirn eingebrannt. Ich habe früher aber auch extrem viele Zeichnungen am Mikroskop gemacht und dort auch oft ohne Zeichenspiegel gearbeitet. Auch da merkt man sich den Seheindruck und zeichnet ihn dann aus dem Gedächtnis ein, vergleicht dann das gezeichnete Bild wieder mit dem Gesehenen und hat dort auch die Problematik, Unscharfes zeichnen zu müssen (Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops, da ist es immer unscharf). Dafür hat man kein Helligkeitsproblem.


    Lustig ist auch der Umgang mit Sinneseindrücken. Ich z.B. gehöre eher zu der Sorte von Menschen, die eine "Fehlmeldung" äußern, wenn ich etwas nicht reproduzierbares wahrnehme. Andere sind da forscher oder haben einfach bessere Augen.

    Kann ich einen Seheindruck nicht reproduzieren, ist das auch für mich eine Fehlmeldung. Z.B. Sterne, die beispielsweise nur kurz aufblitzen, müssen am gleichen Ort mehrfach dort gesichtet werden, also immer wiede rmal dort aufblitzen, sonst ist es eine Fehlsichtung. Es kann jederzeit ein kurzer Lichtblitz durch die Netzhaut allein ausgelöst werden. Eine Schwalbe macht eben noch keinen Sommer.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

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