Rekord- Quasar Ton 618 + Superdünne Galaxie UGC 7604 in CVn

  • Der Quasar Ton 618 = QSO J1228+3128 in den Jagdhunden / Grenze zum Haar der Berenike sprengt selbst unter astronomischen Maßstäben so ziemlich alle Vorstellungen.

    Die Daten:

    Ra: 12h 28m 25s Dec: +31° 28' 38" (Epoche J2000)

    Visuelle Helligkeit: 15,9 mag, bzw. 16,1 mag(g)

    Rotverschiebung z = 2,2 (emission lines), entspricht einer Lichtlaufzeit Entfernung von 10,7 Milliarden Lichtjahren (Ned Wright Cosmology Calulator)

    Absolute Helligkeit: -30,7 mag, entspricht 140 Billionen Sonnenleuchtkräften (Quelle NED)

    Masse des schwarzen Lochs: 40-66 Milliarden Sonnenmassen (Originalquelle)

    Deutscher Wikipedia Artikel

    Nasa Größenvergleich Animation

    Ton 618 auf Platz 1 der Wikipedia Liste der most massive black holes.

    Entdeckung eines gigantischen Lyman Alpha Nebels (LAB) um Ton1 618 (Originalquelle 2021, Engl. Wikipedia)


    Mein Bild von gestern bei fast Vollmond (Crop 39'x26', das volle Feld im Anhang):



    Dieses Ungetüm hatte ich incl. der Begleitgalaxien im März 2005 visuell beobachtet und gezeichnet (siehe Quasar 1225+317 = Ton 618 Entfernungsrekord). Man beachte die schicke superdünne Edge On UGC 7604 mit 16,0 mag (g), die ich damals auch visuell gesehen hatte.


    Beim Nachvollziehen dieser Daten macht sich bei mir jedoch mittlere bis größere Verwirrung breit. So lese ich, dass das Objekt auch als Blazar bezeichnet ist, also der Jet in unsere Richtung zeigt und daher die absolute Gesamthelligkeit überbewertet ist? Weiterhin lese ich von zusätzlichen Absorptionslinien bei z=1,7, also ist da doch ein linsendes Vordergrundobjekt im Spiel, dass die Helligkeit überbewertet? Welche Rolle spielt dieser erst vor kurzem enddeckte Lyman Alpha Blob? Falls jemand hierzu erhellendes beitragen kann, gerne her damit.


    ----------------------------


    Die Bilddaten:

    Teleskop: TS-RC 200/1600 + TS-0,67x Reducer ==> @ f=1.130 mm

    Kamera: ZWO ASI 2600MC Pro bei Gain 100 und -10°C.

    Belichtung: ca. 140x2 min = 4h40. Darks, Himmelsflats während der Dämmerung.

    Montierung: Losmandy G11

    Guiding: PHD2 Sucherguiding mit ZWO Guidescope Mini 30 mm + ASI 120MM Mini

    Bedingungen: fast klarer Stadthimmel, Laternen, 96% Mond, 40° vom Objekt entfernt. Bortle 9, fst ca. 3 mag

    Bearbeitung: Stacking mit DSS, Entwickeln mit Siril, RawTherapee.

    Grenzgröße mit Vergleichssternen aus Stellarium Web = 19 mag, nach ASTAP limiting magnitude 20 mag.

  • #

    Welche Rolle spielt dieser erst vor kurzem enddeckte Lyman Alpha Blob? Falls jemand hierzu erhellendes beitragen kann, gerne her damit.

    Da müsste man wohl mal eine Fachfrau fragen. (Mann geht auch)


    140 Billionen Sonnenleuchtkräften

    Hallo Stathis,

    mit solchen Größenangaben bin ich immer sehr vorsichtig, gerade, wenn es sich um amerikanische Papers handelt, weil da Billionen für uns Milliarden sind oder so ...

    VG ralf

  • Hallo Stathis,

    Beim Nachvollziehen dieser Daten macht sich bei mir jedoch mittlere bis größere Verwirrung breit. So lese ich, dass das Objekt auch als Blazar bezeichnet ist, also der Jet in unsere Richtung zeigt und daher die absolute Gesamthelligkeit überbewertet ist?

    interessante Fragen. Nach einer kurzen Recherche ergeben sich für mich folgende Antworten: ja, Blazare zählen zu den hellsten Objekten, weil, wie Du schon richtig schriebst, ihre Jets genau oder unter einem kleinen Winkel auf die Erde gerichtet sind. Wenn sich der Jet mit nahezu Lichtgeschwindigkeit auf Dich zu bewegt, erscheint er Dir heller als wenn Du quer auf ihn schaust. Das ist das relativistische Beaming ("Vorwärtsbeaming"). Der Strahl wird dann umso stärker kollimiert, je direkter er auf Dich gerichtet ist. Das führt zu einer starken Blauverschiebung, höherer Energie und damit wird er heller. Also erscheinen Blazare heller als Quasare. Bei Quasaren stellt sich ein größerer Winkel zwischen Jet und Blickrichtung ein, wodurch das Vorwärtsbeaming keinen so prominenten Einfluss auf die Helligkeit nimmt. Ein typisches weiteres Beispiel für Vorwärtsbeaming findet man in den Akkretionsscheiben der EHT-Bilder von den supermassiven BHs in der Milchstraße und M87. Dort sieht man Bereiche, die heller sind als andere, was von dem Material stammt, das sich (fast) direkt in unsere Blickrichtung bewegt.


    Zu den anderen Fragen muss ich noch recherchieren.


    Viele Grüße

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

  • Nachtrag:


    Wieder was gelernt, z.B. was Lyman Alpha Blobs (LABs) sind.


    Habe Deinen zitierten Quellen entnommen, dass ein Blob TON 618 großskalig umgibt und Blobs 100.000de von Lichtjahren groß sein können.


    Weil sie flächige Objekte sind, tragen sie m.E. (leider ohne Quellenangabe) nicht zur Überbewertung der Helligkeit von TON 618 bei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein derartig großflächiges Objekt eine quasistellare Punktlichtquelle (TON 618) in ihrer scheinbaren Helligkeit verstärkt. Aber wie gesagt, ist das nur meine Meinung und diskussionswürdig. Diese Blobs sollen aber die Galaxien, die sie umgeben, in ihrer Entstehung (und damit auch das Wachstum des zentralen BH) beeinflussen.


    Die von Dir erwähnten Absorptionslinien im Spektrum von Ton618 bei z=1,7 habe ich überlesen und auch woanders nicht gefunden. Auch keinen Zusammenhang mit dem LAB.


    Wo in Deinen Quellen hast du das gelesen?


    Solche Linsen könnten aber natürlich das Blazar-Licht zusätzlich verstärken.


    Gruß

    Micha

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  • mit solchen Größenangaben bin ich immer sehr vorsichtig, gerade, wenn es sich um amerikanische Papers handelt, weil da Billionen für uns Milliarden sind oder so ...

    Hi Ralf. Wobei ich schon der Angabe glaube (ohne in die Originalpublikation geschaut zu haben), weil:


    Es heißt ja, dass der mit den Augen wahrgenommene Helligkeitsunterschied zwischen 2 Magnituden bei einem Faktor 2,512 liegt. Die Differenz der absoluten Helligkeiten zwischen Sonne (1 Sonnenleuchtkraft) und Ton618 (? Sonnenleuchtktäfte) liegt bei


    |-30,7 mag - (+4,73 mag)|= 35,43 mag.


    Dann ist Ton618


    2,512^35,43 = 148 Billionen mal heller als die Sonne - wenn ich das richtig interpretiere.


    Gruß

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

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