Beobachtungen mit dem FOA60Q

  • Hallo Forum,


    Hier mal mein erster Versuch eines Beobachtungsberichtes. :)


    Leider habe ich ein sehr großes Problem: mein Himmel ist nicht so der beste. Deswegen bin ich eher in Richtung Fotos unterwegs und das Beobachten mache ich eigentlich für mich im stillen Kämmerchen. Hier sind hauptsächlich die paar "Kerzen" in DeepSky sowie die Planeten und der Mond meine Ziele.


    Die wenige Zeit, die ich zum Beobachten aufwende, soll dann aber eine schöne Zeit sein.

    Ich möchte hier gleichzeitig mein Grab and Go Setup vorstellen (neben dem Canon 42X10 IS, welches wohl als Fernglas ein ultimatives Grab and Go darstellt). Es handelt sich um einen FOA60Q auf einem Manfrotto Neiger mit Carbon Stativ. Am Teleskop befindet sich ein Hyperion Zoom MK4. Hier einmal aufgenommen:



    Das alles zusammen kann ich mit einer Hand raus tragen und mit der anderen Hand die Türen öffnen und schließen. Der Aufbau ist eine Sache von 2 Minuten. Das Auskühlen dauert - anders, als man bei einem 60mm Refraktor erwarten würde - etwa 45 Minuten. Der FOA60Q ist durch das Q Modul ein Sextuplet und entsprechend langsam in der Auskühlung.

    Das mindert natürlich ein bisschen das Grab and Go, aber ist für mich dennoch im Rahmen.

    Das Stativ ist relativ weit ausgefahren, da ich im Stehen beobachte. Das ist für mich einfach am bequemsten, kein krummer Rücken, keine Genickstarre und die Möglichkeit, sich immer ein wenig zu bewegen und die Position zum Okular frei zu wählen.

    Das Hyperion Zoom gehört nicht zu meinen besten Okularen, aber es ist in dieser Konfiguration erstaunlich vielseitig und in 95% aller Fälle ausreichend.


    Nun geht es los.

    Ich stellte alles in der beginnenden Dämmerung raus und erledigte noch etwas im Haus. Dann ging ich raus und sah meinen alten Freund stolz am Himmel stehen, hell strahlend auf einem tief dunkel blauen Tuch, welches sich Richtung Horizont noch in ein kräftiges Orange verwandelte: Jupiter. Sterne waren noch nicht zu sehen.

    Ich schwenkte das Teleskop zu ihm rüber, zentrierte ihn im Sucher und schon war er im Blickfeld mit 24mm Brennweite des Zooms (noch mal zur Info, das MK4 geht von 24mm - 8mm). Das Blickfeld ist etwas klein bei 24mm (48°). Da steht er... Ich genieße diesen Anblick immer, der "Stern" der sich dann doch als etwas anderes entpuppt, weil man die Monde sieht. So beeindrucke ich zumindest immer Bekannte, die noch nie durch ein Teleskop gesehen haben. "Schau dir mal den Stern da oben an" und dann die verdutzten Gesichter... hihi...

    Ich stelle das Okular sofort auf 8mm Brennweite. Eine perfekt definierte weiße Kugel mit zwei hellroten Streifen darauf. Das Blickfeld wird größer bei 8mm (68°), sodass der Planet gut mit dem Neiger nachgeführt werden kann.

    Man wie toll, ich hab ja schon fast vergessen, wie der aussieht. Ich halte mich etwa 1/2 Stunde bei Jupiter auf, bis die Sterne kamen...


    Um sogleich zum nächsten alten Freund umzuschwenken, dem Orion.

    Das ist fast schon eine Art Automatismus, man findet M42 irgendwie immer direkt und steuert es auch zuerst an. Mittlerweile ist es dunkel. Ein milchiger Fleck umrundet von Sternen in 24mm. Ich zoome etwas heran und stelle das Zoom so ein, dass ich den Nebel schön im Feld habe. Im Trapez begrüßen mich die Sterne A-D. Die Sterne sind so nadelfein, man hat fast den Eindruck, es handelt sich um Projektionen. Durch längeres indirektes Sehen kann ich die feineren Details im Inneren des Nebels ausmachen und erfreue mich daran. Der Nebel erscheint nicht sonderlich hell und groß, es handelt sich eben um "nur" 60mm Öffnung. Dennoch eine wahre Pracht anzusehen und auch hier verweile ich etwas, etwa 1/2 Stunde.


    Und dann der letzte Freund des kurzen Abends - denn heute muss ich arbeiten. M45, die Plejaden.

    Auch eines der schönsten Objekte des Nachthimmels, wie ich finde. Erst ein Blick mit bloßem Auge in den Himmel. Da sind sie, die sieben Schwestern.

    Blaues Eis im Okular mit 24mm. Die Plejaden passen gerade so ins Bildfeld. Die Sterne sind umgeben von einem Hauch der Eisigkeit, wie eine Art Frostnebel. Einfach toll. Genau so eisig, wie die aussehen, fühle ich mich auch gerade, es wird nämlich ziemlich kalt. Dennoch schaue ich mir auch die Plejaden etwa 1/2 Stunde an, bis ich wie immer zum Abschluss mit dem FOA60Q komme.


    Ein Rückschwenk zum Orion und auf Alnitak. Als Fotograf mag ich Alnitak nicht, denn er ist immer viel zu dominant im Bild. Als Beobachter mag ich Alnitak sehr und wir treffen uns immer zu einem gemeinsamen Ritual. Nämlich der Sterntest am FOA60Q. Dieser ist nämlich so die Wucht, dass ich das allein aus purem Genuss jedes Mal wieder mache, wenn ich den FOA im Einsatz habe. Und das passiert ziemlich oft, wegen der Einfachheit des Handlings.

    Extrafokal sowie intrafokal perfekte (!) Ringe. Klar und sauber definiert, wie mit dem Zirkel gezogen, in immer gleichen Abständen. Kommt einem fast vor, als würde das Teleskop einen veräppeln und ein vorher abgespeichertes Bild auf einem Bildschrim zeigen. Aber nein, der kleine FOA meint das schon ernst, was er da zeigt. Im Fokus ein wunderschönes Beugungsscheibchen um den hellen Stern.

    Das ist einfach immer wieder toll anzusehen. Den FOA geb ich auch nicht mehr her...


    Nach diesem Sterntest räume ich alles wieder rein und wärme mich auf. Für mal eben kurz das Teleskop auf den Hof stellen eine Menge Spaß. Ich finde, jeder sollte so ein kleines Setup haben. Es macht einfach viel Sinn. Es gibt ja viele tolle kleine (auch günstigere) Refraktoren, die in die Gewichts- und Größenklasse des FOA passen.


    Ich bedanke mich fürs Lesen und ich bin nicht sehr gut im Beschreiben meiner Eindrücke. Deswegen wenns Fragen gibt am besten Fragen.

    Ansonsten mache ich vielleicht noch mal so einen Bericht, wenn er gut ankommt. Ich hab mich auch eher wenig an anderen Berichten orientiert und einfach drauf los geschrieben.


    Danke!

  • Hallo Drehn,


    und wieder ein Fotograf, der sich hier her wagt. Herzlich willkommen und vielen Dank für deinen schönen Bericht. Ich finde schon, dass du das ganz gut machst, das mit dem Beschreiben. Deine Begeisterung ist sehr gut nachvollziehbar.


    Das ist einfach immer wieder toll anzusehen. Den FOA geb ich auch nicht mehr her...


    Nach diesem Sterntest räume ich alles wieder rein und wärme mich auf. Für mal eben kurz das Teleskop auf den Hof stellen eine Menge Spaß. Ich finde, jeder sollte so ein kleines Setup haben. Es macht einfach viel Sinn. Es gibt ja viele tolle kleine (auch günstigere) Refraktoren, die in die Gewichts- und Größenklasse des FOA passen.

    Den kleinen hatte ich auch mal. Am liebsten möchte man ihn die ganze Zeit streicheln. Insgesamt gesehen hat er mir dann aber doch zu wenig Licht gesammelt und ich bin jetzt bei dem nächst größeren Bruder FC 76 DCU gelandet. Mit dem geht es mir ähnlich wie dir. Den gebe ich nicht mehr her.


    Ich empfehle dir, noch ein schönes Übersichtsokular mit viel GF anzuschaffen, es gibt so viele schöne Sternfelder und Objekte, die sich mit deinem Teleskop lohnen. Reizen würde mich der FOA60 noch für Doppelsterne. Vielleicht auch ein schönes Thema für dich.


    Ansonsten mache ich vielleicht noch mal so einen Bericht, wenn er gut ankommt. Ich hab mich auch eher wenig an anderen Berichten orientiert und einfach drauf los geschrieben.

    Er kommt gut an, wir nehmen dich beim Wort ;)

    Hier orientiert sich keiner an den anderen und alle schreiben drauf los wie sie es für richtig halten.


    Beste Grüße


    Rene

  • Hallo Drehn,


    herzlich willkommen im erlauchten Kreis der 60mm-Refraktor-Beobachter. ^^


    Danke für den schönen Beobachtungsbericht. Mit 60mm geht so einiges, was man zunächst nicht erwartet. Im Deepsky, aber auch an Mond und Planeten.

    Ich habe den kleinen 60/360 FPL53-Apo von TS (nicht den Quadruplet), den ich mir speziell für visuelle Beobachtung zugelegt habe. Und ich bin auch immer wieder überrascht, was die kleine Optik zu leisten vermag. Vor ein paar Tagen habe ich ihn gut ausgekühlt am Uranus auf 150x hoch gejagt und war erfreut, wie klar die kleine Murmel von Sternen zu unterscheiden war. Auch Mondbeobachtungen bringen viel Spaß.

    Wenn Du einen OIII-Filter hast, probiere ihn mal mit deiner geringsten Vergrößerung an flächigen Emissionsnebeln aus. Der kleine hat mir einen der besten Nordamerikanebelbeobachtungen beschert. 8)


    Ich habe ihn in meinem Garten auf der Vixen Porta und mobil auf einem Manfrotto. Ein tolles Teleskop, vor allem wenn man ihn als Ergänzung zu einer größeren Optik einsetzt.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • hallo,

    die kleinen Dinger können einen besonderen Reiz ausüben, besonders wenn die Optik so gut ist.

    Es gibt einige englischsprachige Seiten zu dem Thema.

    zB

    The Year-Long 60mm Telescope Challenge - Articles
    The Year-Long 60mm Telescope Challenge. by James Barnett Introduction. For observers who grew up in the 60s and 70s, the 60mm achromatic refractor was…
    www.cloudynights.com

    Manchmal ist weniger eben doch mehr ^^

  • Hallo Drehn,


    vorhin habe ich meine Sternwarte schnell geöffnet - es war noch zu dämmrig - dann Deinen herrlichen Bericht gelesen :thumbup: Mir gefällt er so gut, dass ich mich jetzt wohlgestimmt ans Teleskop begebe und es Dir genauso nachmache!


    Danke für Deine schöne Anregung.


    viele Grüße

    René

  • Danke für die vielen positiven Rückmeldungen, das hat echt Spaß gemacht.

    Ich empfehle dir, noch ein schönes Übersichtsokular mit viel GF anzuschaffen

    Das habe ich schon, ein Takahashi LE50. Setze ich aber am FOA so gut wie nie ein - das kommt eher bei anderen Optiken zum Einsatz, die dann aber auch wesentlich umkomfortabler zu transportieren sind :)

    Ich mag die überzüchteten Festbrennweiten mit extremen Feldern nicht so, da ich wie gesagt eher der Planetenjunge bin. Weniger Linsen ist mehr! ^^

    Ich setze bei Festbrennweiten auf Takahashi LEs sowie TeleVue Delites.


    Ein TOE soll nun noch dazu kommen, für knapp die 300x am FOA. Da bin ich mal gespannt, wie weit ich den kleinen Refraktor pushen kann.

    Es scheinen jedoch die üblichen Regeln der sinnvollen Vergrößerungen für den FOA nicht wirklich zu gelten (mir ist schon klar, dass die Physik immer gilt). Den kannst du wirklich pushen und pushen, das Bild bleibt scharf und kontrastreich.


    Allgemein muss ich sagen, dass der FOA eine "kühle Klarheit" an den Tag legt, das ist unbeschreiblich. Wenn ich bspw. den FS60 mit dem FOA60 vergleiche, ist da ein deutlicher Unterschied zu sehen. Im FS60 wirkt das Bild "wärmer" und "unruhiger". Der FS60 hat mich aber mittlerweile verlassen.

    Ich setze alle Eigenschaften bewusst in Anführungszeichen, da dies sehr subjektive Wahrnehmungen sind und natürlich nicht für jeden zutreffen müssen.

  • Servus Drehn,


    auch von mir Danke für deinen Beobachtungsbericht! Ich freue mich auch und insbesondere über Berichte mit 60 mm Öffnung, da ich damit das "astronomische Laufen" gelernt habe, sprich das Beobachten. Da geht viel mehr, als viele denken.

    Wenn du Alnitak so magst, dann rate ich dir aus ästhetischen Grünen rüber zu Alnilam zu schwenken und Collinder 70 zu genießen (der große Offene Sternhaufen rund um Alnilam). Lambda Orionis lohnt sich auch mit kleiner Öffnung (auch ein Sternhaufen, der ihn umgibt), nördlich davon Collinder 65... Es gibt so viel mit kleiner Öffnung und Brennweite zu genießen (äh, zu beobachten). Ich will dich aber gar nicht von den Planeten wegbekommen. 8o Es ist schön zu lesen, wie sich jeder auf seine Weise durch den Blick ins Teleskop faszinieren lässt.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Quote Drehn:

    "(...) da ich im Stehen beobachte. Das ist für mich einfach am bequemsten, kein krummer Rücken, keine Genickstarre und die Möglichkeit, sich immer ein wenig zu bewegen und die Position zum Okular frei zu wählen."



    Da haben wir was gemeinsam. ich beobachte ausschlielich im Stehen, teils über Stunden hinweg. Finde ich auch am bequemsten.


    Gruß,


    Samuel

    Paranoia ist ein Zustand, welcher der Realität noch am nächsten ist.


    Aus -Four past midnight- von Stephen King

  • Upsi, mir ist noch ein Fehler aufgefallen!


    Ich schrieb Canon 42x10. Das wäre ja lustig… ich meinte natürlich das Canon 10x42 ^^ ^^ ^^ als ich vom Fernglas sprach.

    Was das stehend beobachten angeht, die aller meisten Stative haben ausziehbare Füße. Einfach mal ausprobieren! Klappt super, so wie Samuel geschrieben hat auch über längere Zeit.

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