Mars alt 2020 Aufarbeitung Filme La Palma mit 14"

  • Hallo Jörg,

    nach etwas Abkühlfase mußte ich nun doch etwas nachgreifen zum Thema Verfärbung Polkappe - mit dem Risiko, dass das Thema nun sehr speziell wird. Hab die besten Kanäle jeweils in Projektion auf den S-Pol in winjupos transformiert.


    Sieht dann so aus:




    Das ist von oben nach unten B, G und R-Kanal aus der besten Zeit um UT 05:00

    Die beste Schärfe und Auflösung im Blaukanal, die meisten Artefacte im Grünkanal. Den schwarzen Rand um Polkappe halte ich nicht für real. Der kommt aus Schärfung bzw. zum Teil auch aus der Beugung der Teleskopoptik und wird mit längerer Wellenlänge immer schlechter. Mit 350 mm Öffnung punktet man auf La Palma im Blaukanal als schärfsten Kanal, der bei uns nie oder ganz selten so herauskommt mit 14". Da muss man meist froh sein, wenn man überhaupt einen brauchbaren Blaukanal bekommt.


    Die Polprojektionen nun zum RGB verheiratet:



    Polprojektion als RGB zur besten Zeit um UT 05:00

    Farbkanäle leicht korrigiert in Position und leicht nachgeschärft

    Man sieht die erwähnte rote Verfärbung in der Polkappe an Position 30°. Das scheint wirklich real zu sein. Farbübergang an der Kante zum Weltall (Pos. 60° ...270°) entsteht vermutlich durch verschiedene Beugungs des R, G, B-Lichts im Teleskop und aus dem unterschiedlichen Aufnahmezeitpunktes der Bilder, ist nicht ernst zu nehmen


    Wenn man die vorher gezeigten L(R)-RGB-Farbbilder in Projektion verwandelt, entstehen im Vergleich folgende Bilder:



    Mars 24.08.2020 UT 05:00 L(R)-RGB Südpolansicht


    oder 30 min früher:



    Mars 24.08.2020 UT 04:27 L(R)-RGB Südpolansicht


    Durch die Bildbearbeitung als L(R)-RGB ist nicht mehr viel von den rötlichen Teilen in der Polkappe übrig. Etwas ist jeweils links unten (Pos. 30°) noch zu erkennen. Es dominiert der Rotkanal. Leider auch in den Details der Polkappe. Die feinen Details sind weg. Da kann man nun mit Bildbearbeitung schauen, ob das durch weitere "Tricks" nicht "realer" darstellbar ist. Die ganze gezeigte Variantenvielfalt ensteht ja sowieso nur durch Bildbearbeitungsgestaltung und ist Geschmackssache. Für mich zählen die Einzelkanäle und die Realität (bzw. das, was man glaubt, für Realität zu halten).


    Diese Ansichten sind schnell in winjupos erzeugt und zeigen einem schön auf, was man in der Bildbearbeitung an der Polkappe verbockt hat, wenn man eine Vorstellung hat, wie das ganze wirklich aussehen könnte. Für feinere Details in der Polkappe braucht man real größeren Mars und größeres Teleskop (und das Seeing dazu). Die ersten Schärfungen aus 2020 waren an der Polkappe viel zu klotzig in der Absicht, die zerbröselnde Polkappe besser zu zeigen. Auch wieder ein Fall von Canali....


    LG

    Robert

  • Hallo Robert,


    gute Idee, die rötliche Verfärbung der Polkappe mit der Polarprojektion zu untersuchen, auch wenn das Ergebnis nicht ganz eindeutig ist. Aber man muss ja berücksichtigen, dass bei der Polarprojektion stark von der Seite erfasste Details in die Vertikale überführt werden, was sich negativ auf Auflösung und Lagegenauigkeit der Details auswirkt. Um am Pol eine ähnlich hohe Auflösung wie am Äquator zu erreichen, wären wirklich ein deutlich größeres Teleskop und besseres Seeing nötig.


    CS, Jörg

  • So ganz Ruhe geben konnte ich nicht und hab mir nochmal alle Blaukanäle vorgenommen.

    Viel mehr war da auch nicht zu holen.


    Mit den verbesserten Blaukanälen hab ich noch mal Bilder probiert:



    Mars 24.08.2020 UT 05:00 reines RGB, 17 Blaukanäle über 30 min derotiert: ergibt mehr Wolken und Dunstdetails

    Polkappe ist nicht ganz perfekt geworden (Überlagerung, Histogramm)

    Dynamikumfang ist zu hoch. Über 30 min müßte man Mars sehr sauber einlesen, um an der Polkappe noch Vorteile zu haben.

    So sieht das in Etwa im Okular aus: gleisend helle Polkappe und zarte Details, Wolken und Dunst als Aufhellung zu erahnen.



    Mars 24.08.2020 UT 05:00 L(R)-RGB

    Als L-RGB geht dann halt doch viel B und G-Info verloren. Der Rand ist so ziemlich perfekt.

    An Details hab ich nichts verloren.

    In Summe nochmal dezenter als schon gezeigt. Deutlich besser geht es nicht.



    Mars 24.08.2020 UT 05:00 L(R)-RGB Polkappenbild zu neuem Bild



    Mars 24.08.2020 UT 05:00 L(B)-RGB Polkappe als angefärbelter B-Kanal dargestellt. So läßt sich die Polkappe eventuell

    in ein L(RB) einfügen.


    Für tolle Polkappendetails war mein Teleskop und Mars dann halt doch zu klein.


    LG

    Robert

  • Hier der Überblick über alle Ergebnisse Altbearbeitung/Neubearbeitung:


    links Atbearbeitung / rechts aktuelle Bearbeitung:

    1) 21.08.2020 UT 04:16 / UT 04:21 erste Nacht der Reise - die alte Variante hat ihren Reitz und war so ähnlich, aber etwas später im "Das Magazin" zu sehen

    2) 24.08.2020 UT 05:00 / UT 05:04 Nacht mit wohl sehr gutem Seeing, im Nachhinein erstaunlich hoch aufgelöstes Bild

    3) 26.08.2020 UT 03:51 / UT 03:52 links sicher überbearbeitet, sonst wohl schlechteres Seeing, hohe Auflösung, aber unschön

    4) 27.08.2020 UT 03:19 / UT 03:20 wenig Unterschied alt/neu, der Rand ist weg, fast so gut wie am Folgetag

    5) 28.08.2020 UT 03:51 / UT 03:53 links Variante für "Das Magazin", rechts Bearbeitung mit Zielsetzung "keine Artefacte an der Polkappe" - der beste Mars der Reise 2020


    Alle Bilder bringe ich in einem Satz hier gar nicht unter wegen der 10 Bilder Regelung, müßte ich zu einem Bilderteppich zusammenfassen. 2023 bearbeite ich deutlich weicher als 2020. An Details war meist nicht viel mehr zu holen. Die schwarzen Kanten an Polkappe waren wohl durch die Bank Artefacte. Den Rand bekommt man mit etwas Einsatz ganz gut hin. Hat mich gewundert, warum da noch niemand genauer nachgefragt hat, wie ich das mache.


    Spielregeln für wenig/ keinen Rand:

    - in AS3 keine Kästchen auf Rand setzen

    - im ersten Schritt nicht voll ausschärfen

    - lieber weniger Bilder Stacken als harten Schärfungsfilter setzen - geht allerdings auf Kosten Kontrast

    - in PS vor Addieren Beugungskanten außerhalb Planetenscheibe wegschneiden (man kann den Hintergrund anstelle auf schwarz auch auf hellgrau setzen - hilft beim Nachschärfen)

    - frühzeitig Addieren in winjupos verwischt die Beugungskante im Bild

    - Nachschärfen in PS mit Rand schonenden Tricks


    Wenn man hohen Kontrast z.B. in Wüstengebieten braucht, kann man zwei unterschiedlich geschärfte Bilder vereinen oder lokal Schärfen - beides mache ich ungern. Meine Versuche, eine ideal geschärfte Polkappe in ein eher hart geschärftes Bild nachträglich einzufügen, hat mich nicht richtig befriedigt. Auch mit ganz weichen Übergängen sieht man das als Eingeweihter. Ich zeige sowas dann lieber in verschiedenen Bildern. In Summe ist das alles viel Bastelei.


    Man darf von Anfang an keinen dicken Rand auflaufen lassen. Da ist gutes Seeing kein Nachteil ;) . Beim untersten Bild ist links die Variante "alt" für "Das Magazin" zu sehen. Da haben wir den Rand nachgearbeitet. Die Schärfung ist absichtlich eher hart fürs Publikum.


    Weltwunder konnte ich keine erzeugen. Ist allerdings auch für mich ganz interessant, was da mitHilfe PS möglich ist.


    LG

    Robert

  • Heir noch ein Nachschlag:



    6) 02.09.2020 UT 04:36 RG-RGB/ UT 04:19 R-RGB letzte Nacht der Reise


    Zwischen der letzten Nacht (6) und der Nacht mit dem besten Mars-Seeing (5) war eine Lücke von mehreren Tagen, an denen wir immer wieder versucht hatten, Bilder zu erzeugen, da es klaren Himmel hatte. Oben am Berg wehte aber heftiger Wind und unten auf Athos war das Seeing nicht so toll. Da war nichts herzeigbares zu holen. Auch auf La Palma gibt es mäßiges Seeing. Am letzten Tag waren die Bedingungen mal zumindest anders als an den Vortagen. Es war sehr klar und der Kontrast in den Bildern hoch. Nur mit der Detailauflösung hat es gehapert. Trotzdem sind im Grünkanal trotz schwächerem Kontrast feinere Details als im Rotkanal zu erkennen. Man muss dazu allerdings härter Schärfen als für den Rand und die Polkappe gut ist. Da ist ein sauberer Rand nicht möglich. Im Rotkanal hab ich mich für größere Stackingkästchen entschieden als an den Vortagen. Das Ergebnis sieht in Summe eher nach 12" als nach 14" Teleskop aus, wenn der Rand sauber bleiben soll. Thomas Winterer ist mit 20" Öffnung zwei Tage später ein besseres Bild aus Deutschland gelungen. Torsten hat am 30.09,2020 bei allerdings bereits 22" Mars Durchmesser mit seinem C11 ein wenigstens im Rotkanal ebenbürtiges Bild aufgenommen. La Palma ist also bei genügend hohem Planetenstand nicht unbedingt nötig. Man hat auf La Palma aufgrund der vielen klaren Nächte in jedem Fall mehr Chancen.


    Ein Spitzen-Seeing, wie wir es 2018 2x hatten, war 2020 nicht dabei. An den im Okular stehenden Saturn mit voller Ringöffnung, vielen Monden und Milchstraßenhintergrund mit 700x Vergrößerung aus 2018 werde ich mich noch lange erinnern. Ein solches Seeing hat es auch auf La Palma am Roque nur selten. Dazu muss man sich meist mit heftigem Wind abfinden, der für Flachlandbeobachter mal zumindest ungewohnt ist. Dafür ist es selten feucht ;) .


    LG

    Robert

  • Hallo Robert,


    das sind wirklich faszinierende Bilder, und mich beeindruckt, mit welcher Akribie und Beharrlichkeit Du deren Optimierung verfolgst. Ich frage mich allerdings, ob Dir noch viele von uns bei diesem Prozess zu folgen bereit sind. Dazu muss man sich wirklich die Zeit nehmen, um diese kleinen Unterschiede und Nuancen bewusst wahrzunehmen.


    Wenn bei all der Arbeit am Ende ein reproduzierbarer, schneller und sicherer Workflow für spätere Aufnahmen herauskommt, wäre es schön. Nach meiner Erfahrung ist es aber leider so, dass sich EBV nur bedingt nach der Kochbuchmethode erledigen lässt. Viel wichtiger sind Intuition und Erfahrung, weil sich die Bedingungen von Aufnahmenacht zu Aufnahmenacht unterscheiden, was dazu führt, dass das Rohmaterial in Schärfe und Farbcharakteristik zu heterogen für eine automatisierte Verarbeitung ist. Damit optimal umzugehen, ist ein individueller Lernprozess. Und leider verlernt man auch manches wieder, wenn es dann einige Zeit nicht mehr gebraucht wird.


    Aber wie gesagt: Es sind wunderschöne Bilder, die Du hier zeigst. Besonders gefallen mir die artefaktfreien Versionen, selbst wenn die Details auf ihnen weniger stark hervortreten.


    CS, Jörg

  • Hallo Robert,


    das hat sich doch richtig gelohnt. Eine geeignete Bildverarbeitungsroutine zu entwickeln ist bald langwieriger und schwieriger als gutes Seeing zu erwischen. Allesamt für mich vorbildliche Marsaufnahmen, die den Mars natürlich erscheinen lassen und trotzdem sehr viel Detail sehen lassen. Freue mich auf weitere Bilder von Dir. :thumbup:

  • Hallo Jörg,

    hatte schon länger vor, das Material aus der La Palma Reise liebevoller zu bearbeiten. Real haben wir ganz viel aufgenommen und in Folge wegen Beruf und folgender Mars-Opposition 2020 und 2 Jahre später 2022 vieles liegen lassen. Manche schlechtere Filme aus 2020 hab ich bis heute nicht bearbeitet, obwohl besser als die Filme aus 2022. Die Zeit vergeht halt einfach. Für Reisebericht in "Das Magazin" haben wir schon 2021 2 Bilder mit viel Liebe hergerichtet. War mir schon damals klar, dass das auch mit anderen Bildern möglich gewesen wäre. Im nachhinein hab ich wohl auch ein paar richtig gute Filme nicht richtig eingeschätzt. Das, was ich da jetzt gezeigt habe, ist über mehrere Monate entstanden und war eigentlich als Übung für die Masropposition 2022 bzw. Venusbeobachtung 2023 gedacht - naja, die Zeit vergeht. Die Bearbeitungsroutine, die ich jetzt für Mars entwickelt habe, wird mir 2032 wohl nicht mehr viel helfen - mir hat es trotzdem Spaß gemacht. Dass ich die Sachen hier zeige, liegt daran, dass ich den Astrotreff hier ein bischen als Archiv betrachte. Zeige diese Sachen nur hier und nicht an verschiedensten Stellen. Hab da kein besonderes Geltungsbedürfnis, aber bei mir auf der Festplatten braucht es auch nicht verschimmeln....


    Ich selber wäre froh gewesen, wenn ich vor der ersten La Palma Reise einen solchen Bericht im Internet gefunden hätte. So waren wir nicht sicher, ob das auf La Palma hinhaut. Es war bis zu letzt 2022 eine Streitfrage, ob sich eine solche Reise nur für Planetenaufnahmen wirklich lohnt. Wahrscheinlich macht da Barbados mehr Sinn. Da ist es wärmer :) . Oder ein anders Teleskop kaufen etc...... ?(


    LG

    Robert

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!