Projekt HD3r: Eine Montierung deutschen Typs mit 75mm-Achsen

  • Nun zu den Aluminiumzylindern, die in die Hohlachse geschoben werden und ihrerseits die Stahlhuelsen aufnehmen:

    Zylinder eingespannt, und das Ausbohren konnte bis 31.7mm per Bohrer erfolgen. Dann kam der Innendrehmeissel fuer den Rest, peinlich darauf achtend, dass ich nicht uebers Ziel hinausschoss.


       


    Auch der Rundlauf wurde sichergestellt, und die Einspannung gegebenenfalls korrigiert. Mit etwas Geduld liess sich das Gezappel der Nadel beim haendischen Drehen des Futters auf plusminus ein paar Mikrometer reduzieren. Das war besonders wichtig, da der Aussendurchmesser ebenfalls reduziert werden musste und dieses wegen der Einspannung von beiden Seiten erfolgen musste, nach Umdrehen des Werkstueckes. Die Messuhr blieb mein treuer Begleiter.



    Schliesslich liess sich der Stahlzylinder passgenau eintreiben.


     


    Hier das erste Mal der Passtest des Getriebes, das noch per Plastik-Klemmschraube gehalten wird. Passt, aber der Rundlauf ist mit dieser Billig-Klemmung natuerlich dahin. Das wird noch verbessert.

    Dennoch mal ein nettes Bild, zu sehen, wie die Montierung waechst. Wobei ich zur Testmontage den Nebenraum okkupiert habe, den mir meine Frau zu Covid-Zeiten zum Errichten einer Hausbar aus dem Kreuz leierte - deshalb der etwas "alkoholische" Hintergrund. Hier nun beide Teile, Rektaszensionsachse "nackt" und Deklinationsachse im Montierungsgehaeuse und Gegengewichtsachse eingeschraubt.


      

  • Doch was macht der Rundlauf?


    Ich machte auf dem Bohrtisch einen Aufbau, auf dem jedes Achsgehaeuse aufgebockt wurde. Beim Drehen der Achse wurde dann eine Messuhr verwendet, um den Rundlauf zu messen. Nach einigem Verdrehen der Positionen von Achse, Zylinder und Stahlhuelse zueinander stellte sich ein "Sweet Spot" ein, in Rektaszension bekam ich zum Schluss +/- 35 Mikrometer. In Deklination war es nicht ganz so gut (+/- 75 Mikrometer), aber ein guter Rundlauf spielt ja in der Deklination eine untergeordnete Rolle. Die Schneckenraeder sind auch relativ gross, 200mm in Deklination und 280mm in Rektaszension. Ob ich die Schnecke spaeter noch irgendwie federnd aufhaengen muss, wird sich zeigen.

       


    Die Lage der drei Teile zueinander wurde per Koerner markiert, denn ich musste die Teile erst noch zerlegen, um die Komponenten mit Gewindebohrungen und Madenschrauben zueinander zu fixieren.



    HIer die Montage mit Maschinenschrauben. Diese wurden durch spitze Edelstahl-Madenschrauben ersetzt, M8x20.


  • Nun zu den Klemmungen - diese hatte ich bereits fuer die originale Wackelmontierung des 200/5000er Refraktors, die zufaellig die gleichen Schneckenraeder besitzt, durch Tangentialklemmungen ersetzt, die sich sanft aber wirksam anziehen lassen und damit zuverlaessige Rutschkupplungen ohne grossen Rundlauffehler ergeben.


    Der Klemmflansch wurde vom Schneckenrad entfernt, nachdem die Orientierung per Koerner markiert wurde - nur fuer den Fall, dass beide Teile damals zusammen auf einer Maschine gefertigt wurden.


      


    Dann ab zur Fraese damit:


      


    Gefolgt von einer 6.8mm-Bohrung, die auf 1cm Laenge auf 8mm erweitert wurde. Dazwischen wurde dann eine Ritze gesaegt, sodass sich der Umfang des Zylinders verstellen laesst.

        


    Schliesslich Schneiden des M8-Gewindes mit einem schlanken und langen Windeisen, das ich mir seinerzeit zum Bau meiner Sternwarte zugelegt hatte:



    Hier das fertige Teil. Das Saegeblatt lief etwas aus, aber das stoert nur kosmetisch:



    Spaeter wurde die Aussparung noch etwas begradigt und verbreitert:



    Passt - und ein leichtes Anziehen der M8-Schraube klemmt das Teil bombenfest! Die Schraube wird durch einen Klemmhebel ersetzt - und das alles natuerlich fuer beide Achsen.


  • Nun zur Platte, die die Schnecken haelt: Ich hatte zwei 12mm starke Stahlplatten mit 150mm x 200mm auf Lager. Hier beschloss ich, ein Loch etwas groesser als 130mm zu bohren, um diese Platten um die 130mm-Kegelrollenlager platzieren zu koennen. Hier sollten sie mit der 30mm starken Aluplatte durch vier M8-Sackloecher verheiratet werden.


    Fuer das Loch nahm ich mein Vierbackenfutter, wobei ich die Mitte des Loches mit einem Zentralloch und Zentrierkegel sicherte. Langsame Drehzahl! Sonst fliegt mir das um die Ohren. 65/min, spaeter fuer das Verfeinern traute ich mich auf 200rpm. Eine grosse Drehbank hilft her auf jeden Fall!


    Einrichten durch Verschieben der Platte, bis der Zentrierkegel die vorher angekoernte Markierung trifft.



    Anbohren mit Zentrierbohrer. Dann Einsetzen des Zentrierkegels.


      

    Schliesslich Ausdrehen des Innenteils mit Trennstahl, wobei ich den Radius konstant variieren musste, um genug Platz fuer den Unterteil des Werkzeugs zu haben und einen sauberen Abfluss der Spaene sicherzustellen.


    Nach einer gefuehlten Ewigkeit dann PLONK!



    Ein bisschen weiter ausgedreht und verschoenert, und ... passt!



    Markieren der vier Bohrungen in der Fraese, die eine digitale X/Y-Anzeige besitzt. Ein Zentrierbohrer kam hierfuer zum Einsatz.


    Nach dem Ausbohren auf 8mm wurden die Loecher per Hammer und Koerner auf den Aluminiumblock des Lagersitzes kopiert.



    Auf der Stahlplatte wurden die Bohrungen einseitig auf 16mm vertieft, um Senkkopfschrauben in M8x20 aufzunehmen.



    Die Sackloecher in die Lagersitze wurden am Bohrstaender eingebohrt: 6.8mm, 20mm tief. Dann die Gewinde gebohrt.



    Schliesslich konnten beide Platten gluecklich verschraubt werden.



    In Deklination kann ich die Schnecke relativ zielstrebig anbringen. In Rektaszension ist noch eine Adapterplatte faellig, um die Schnecke auf den groesseren Abstand (140mm Radius) zu bringen. Eine laengere Platte hatte ich mir ueberlegt zu nehmen, aber sie haette nicht mehr in die Drehmaschine gepasst.

  • Gewichts-Zwischenbilanz ohne Getriebe:


    Rektaszensionskorpus von 24kg auf 27kg:

     


    Deklinationskorpus mit Gegengewichtsachse von 17kg zu 24kg:


     


    Also bislang ca. 51kg, mit Getrieben noch etwas mehr. Ich schaetze, mit Motoren und Polblock wird die Montierung spaeter um die 70kg schwer werden.

  • Es gibt wieder ein Update: Mit Metallprofilen, die ich noch herumliegen hatte, habe ich die Schnecken an die Schneckenraeder adaptiert.



    Die Halterungen der Schnecken mit der Verbindung zu ihren Schrittmotoren waren ja schon im Getriebesatz enthalten.


    In Deklination hatte ich es einfach: Ich fand eine Edelstahlplatte, die genau die richtige Dicke hatte. Mit Langloechern konnte ich so die Schnecke direkt und verschiebbar montieren. Der Punkt, an dem es kein Flankenspiel gibt, sich die Schnecke aber butterweich drehen laesst, liess sich einfach einstellen und fixieren.

     

    In Rektaszension war es nicht ganz so einfach. Hier musste ich in zwei RIchtungen per Langlochpaar verschieben und dementsprechend die Loecher fraesen. Ein Winkelprofil, 5mm dick und mit 50mm weiten Schenkeln, kam mir gelegen und nach einer Entrostungsaktion (in der Fraese mit Drahtbuerste - jetzt wie neu!) wurde von einem Profil noch ein Schnenkel eingekuerzt. Das sieht jetzt so aus und gibt als Nebeneffekt noch einen netten Tragegriff fuer den Rektaszensionskorpus:


         



    Auch hier laesst sich der optimale Punkt, an dem sich die Schnecke spielfrei und weich drehen laesst, gut finden und halten. Als Schrauben habe ich Flansch-Maschinenschrauben gewaehlt, die sich per Steckschluessel oder Schraubenschluessel drehen lassen und die Unterlegscheibe quasi fest integriert haben. Natuerlich sind alle Schrauben rostfrei.


    Heute abend habe ich die Teile alle zerlegt, geputzt und mit Kaltgalvanisierungsspray gegen Korrosion geschuetzt.


    Vorher aber noch gewogen:


      


    Deklination rund 28kg, Rektaszension rund 32kg, also insgesamt bislang 60kg.


    Was bleibt, ist der Polblock. Und die Fernrohraufnahme sowie der Saeulenadapter. Und irgendwann muss ich mir noch Gedanken ueber die finale Farbgebung machen ... da ist noch nichts entschieden. Elfenbeinweiss gefaellt mir gut, aber dieses Dunkelgrau der Kaltgalvanisierung sieht auch nicht schlecht aus (ein Hauch von Lichtenknecker ...). Erstmal muss ein Polblock dran.

  • Hallo Drehn und Martin,


    danke fuer Eure netten Rueckmeldungen. Ja, das ist ein langatmiger Fortsetzungsroman. Fast ein Jahr her, seitdem ich meinen Koller kriegte und dieses Projekt anging. Halt viel zu tun auf der richtigen Arbeit (da gibt es "Dobsons" mit 8.2m und 38.5m Oeffnung, die Instrumentierung brauchen und da ist die abendliche Werkstatt Entspannung pur ...) .

    Aber hier noch ein kleiner Fortschritt: Das Rektaszensionsklemmrad. Eigentlich redundant, da ich ja in beiden Achsen Tangentialklemmungen habe. Aber die Erfahrung mit meiner Rupp4 hat mir gezeigt, dass eine Zweitklemmung, die vor der Grobverstellung gelockert und danach festgedreht werden kann, durchaus Sinn macht. Und so ein achtzoelliges Rad ist im Dunkeln gut ertastbar und hinreichend griffig.

    Hier nun angebracht:



    Zunaechst die Originalbohrung auf der Standbohrmaschine aufgebohrt fuers M12-Gewinde, war alles krumm und schief. Die Ursprungsbohrung war wohl nicht fluchtend. Das ganze Gussteil hat umgerechnet gerade mal 15 Euro gekostet und man bekommt halt, wofuer man bezahlt hat. Also nochmal auf die Drehbank gespannt und das M12-Gewinde ueber den Reitstock nachgeschnitten. Jetzt klappts. Ich muss morgen noch von Defty's in Spennymoor (ein "Hardware Store" alter Schule, wo die Zeit seit Jahrzehnten stehengeblieben ist) eine passende Unterlegscheibe beschaffen.

  • Heute musste ich den Rektaszensionsblock auseinandernehmen, um anzuzeichnen, wo ich die Verstaerkungsplatten eingeschweisst hatte.




    Beim Zusammenbau stellte ich dann fest, dass ein Kegelrollenlager beschaedigt ist: Der Kaefig hat eine Delle. Ich erinnere mich dunkel, dass mir eines der Lager vor einigen Wochen mal runtergefallen war. Also erstmal Ersatz bestellt - der wird aber dann wirklich erst montiert, wenn die Montierung fertig ist.

    Nach dem Anzeichnen der Plattenpositionen (Rechteck auf dem Montierungskorpus) habe ich die Montierung auf dem Werkstattboden ausgelegt, um sie in ihrer vollen Pracht zu bestaunen. Sowas motiviert ja immer wieder. Ich musste trotz Weitwinkelobjektiv auf einen Hocker klettern, um die "Luftaufnahme" hinzubekommen.



    Der Aluminiumzylinder, der im Rechteck auf dem Rektaszensionskorpus liegt, hat ca. 80mm Durchmesser. Es ist ein Abfallprodukt der Lagersitze, und wird als Hoehenachse dienen. Hierzu werde ich ein paar Millimeter tief in den Montierungskorpus bohren (mit einem "boring tool" an der Fraese, das ich mir gerade beschafft hatte) und das Teil passgenau einsetzen, bevor es mit drei M10-Schrauben verschraubt wird. Dadurch sitzt es formschluessig, und aussen rum wird dann der Polblock mit Tangentialklemme anliegen.

    Ich werde hierueber baldmoeglichst berichten. Erstmal muss ich neben dem neuen Lager ein bisschen Stahl fuer den Polblock bestellen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!