Yolo-Teleskop - Toroid-Spiegel

  • Liebe Mitglieder des Forums


    Ich lese schon seit geraumer Zeit in diesem Forum und die Informationen haben mir schon mehr als einmal sehr geholfen. Ich bin immer wieder aufs Neue beeindruckt von der Expertise, die einem in diesem Forum zu Teil wird. Dafür möchte ich mich zuerst einmal bei allen Forenten recht herzlich bedanken. Dies ist aber das erste Mal, dass ich selbst einen Beitrag veröffentliche und Fragen stelle. Daher werde ich mich erst einmal kurz vorstellen.


    Ich bin 50 Jahre alt geworden und ich lebe mit meiner Familie in der Schweiz. Seit jüngster Kindheit interessiere ich mich für das Thema Astronomie und allem was dazu gehört. Ursprünglich wollte ich sogar Physik studieren, aber ich habe mich in letzter Sekunde für ein anderes Studium entschieden. Während ich früher mit dem Teleskop oft selbst Beobachtungen angestellt habe, hat die berufliche und familiäre Belastung dazu geführt, dass ich heute nur noch selten den Blick durch ein Teleskop geniesse. Aber meine Liebe zur Astronomie hat mich nie verlassen, ich lese oft Artikel zum Thema und ich schätze nach wie vor den Blick an den Himmel. Allerdings bevorzuge ich heute der Einfachheit halber die Augen oder einen Feldstecher. Vor bald 20 Jahren habe ich mich dazu entschlossen selbst einen 10 Zoll f/4.5 Parabolspiegel herzustellen, wobei ich auch auf die Hilfe des leider viel zu früh verstorbenen Daniel Steiner zurückgreifen durfte. Der Spiegel ist zwar gut, wenn auch nicht perfekt gelungen, und der Bau des Teleskops war auf jeden Fall eine grossartige Erfahrung. Vom ersten Moment an hat mich das Carbo-Fieber in den Bann gezogen. Ich finde es noch immer erstaunlich, dass man in Handarbeit, mit einfachsten Hilfsmitteln, eine hochpräzise optische Oberfläche herstellen und prüfen kann. In den nächsten Jahren habe ich in Gedanken viele Spiegel angefertigt, aber ich hatte leider nicht genügend Zeit, um ein reales Projekt zu starten.


    Mitte 2020 hat sich die Situation verändert und ich habe im Herbst 2020 (endlich) ein Projekt begonnen, von dem ich seit dem Jahr 1993 träume. Damals wurde im Magazin Orion der SAG das Yolo-Teleskop vorgestellt. Ende Dezember 2020 habe ich bei Stathis Kafalis die zur Herstellung der neuen Spiegel noch fehlenden Materialien erworben. An dieser Stelle möchte ich mich bei ihm nochmals für die schnelle Lieferung bedanken. Seither habe ich konsequent, aber mit langen Winterpausen (während der Heizperiode haben die durch die Bodenheizung verursachten Temperaturunterschiede die Durchführung des Foucault-Testes stark erschwert bis verunmöglicht), am Yolo bzw. an Messwerkzeugen und Hilfsapparaturen gearbeitet.


    Die Sphärometer und ein Foucault-Tester waren bereits vorhanden, aber ich habe unter andrem die Lichtquellen des Foucault-Testers verbessert [1], aus einem nicht mehr lasernden Laserdiode eine Punktlichtquelle [2] gebaut und mein Foucault-Tester [3, 4] mit einem Bath-Interferometer [5] aufgerüstet. In Sachen Messeinrichtungen ist zwar vieles erledigt, aber es bleibt noch einiges zu tun, denn ich möchte für den Ellipsoid-Nulltest eine deutlich hellere Punktlichtquelle bauen, diesbezüglich orientiere ich mich an einem Video bei YouTube, worin Ed Jones das Objektiv eines Mikroskops nutzt, um Licht in eine Single-Mode Glasfaser einzuspeisen [6]. Am Ende möchte ich eine regelbare High-Power-LED nutzen, um eine sehr helle Lichtquelle von 9 um Durchmesser zu erhalten. Damit sollte der Nulltest als Ellipsoid gut möglich sein.


    Bei „meinem“ Yolo habe ich mich dabei am f/12 Yolo-Design orientiert, welches Lukas Howald im Jahr 1993 veröffentlichte. Der Primärspiegel (Durchmesser 155 mm) soll ein ROC von 6100 mm mit einer konischen Konstante von -4.4 bekommen, während der Sekundärspiegel (Durchmesser 115 mm) eine ROC_kurz von 5900 mm und einen ROC_lang von 5978.6 mm bekommen soll. Dabei ist zu erwähnen, dass ich die Spiegel in doppelter Ausführung anfertige. Der aktuelle Baufortschritt ist dergestalt, dass der Grob-- und Feinschliff aller Spiegel abgeschlossen ist, die Primärspiegel sind anpoliert und beide Sekundärspiegel sind in etwa Kugelspiegel mit einem ROC zwischen etwa 5900 bis 5905 mm [7, 8]. Als Tool für das Schleifen und Polieren habe ich entsprechend zugeschnittene Granitplatten verwendet. Die Platten haben eine graue Farbe, ich hatte aber beim Polieren - im Gegensatz zu anderen Forenten - bisher keine Probleme mit harten Partikeln, die sich beim Polieren vom Tool lösen, auf den Spiegel fallen und ihn zerkratzen. Allerdings habe ich die Granitplatten nach dem Ausschneiden mit einer Diamanttrennscheibe mit einem Carbo-Schleifstein gut geglättet.


    Beim Polieren habe ich folgende Erfahrungen gemacht: „Fehler“ können bei kleinen Spiegeln verhältnismässig schnell herauspoliert werden, aber kleine Spiegeldurchmesser kippen beim Polieren wesentlich leichter als grosse Spiegel. Erst nachdem ich die Halterung [9] so verbessert habe, dass die Spiegel möglichst weit oben [10], satt mit wenig Spiel aber ohne die Spiegel zu drücken, abgestützt sind und nachdem ich auf eine weniger nachgiebige Unterlage (1 mm Gummimatte) umgestellt habe, war die Tendenz zur Ausbildung von runden Kanten behoben. Zudem ist der Foucault-Test bei f/26 extrem empfindlich. Bereits nach einer Polierzeit von 1 Minute sind Veränderungen der Oberfläche erkennbar und nach 2 Minuten sind sie bereits unübersehbar, das hat mich schon erstaunt.


    Aber ich konnte bisher alle Probleme lösen und nun habe ich zwei einigermassen sphärische Sekundärspiegel mit fast identischem ROC (die Differenz ist kleiner als 5 mm, wahrscheinlich ca. 3 mm). Nun möchte ich, wie in der Anleitung von Lukas Howald beschrieben, den ROC_lang, mit ca. 2/3 Strichen TOT, seitlicher Überhang max. 1/4, um 78.6 mm verlängern.


    In den Anmerkungen zum Schliff eines Toroids aus dem Jahr 2003 beschreibt Lukas Howald, dass man das Toroid auch gut erreichen kann, wenn man mit dem ROC_kurz startet. Ich plane, das gewünschte Delta_ROC um etwa 10 % zu überschreiten, damit ich beim Verfeinern der Form etwas Spielraum habe. Zudem hat Lukas Howald im Jahr 2003 darauf hingewiesen, dass eine getrimmte Pechhaut, bei der ca. 30 % der Fläche abgedeckt ist, den Fortschritt der Zylinderkorrektur erheblich beschleunigen solle. Ich möchte deshalb die Pechhaut beim Warmpressen seitlich mit folgender Schablone abdecken [11].



    Da ich mich noch nie an ein Toroid gewagt habe und da man im Netz zu diesem Thema nur verhältnismässig wenige Informationen findet, wende ich mich mit meinen Fragen vertrauensvoll an das Forum:


    • Die (noch) sphärischen Sekundärspiegel sind nicht perfekt, ich gehe aber davon aus, dass die Qualität ausreichend ist, um mit der Zylinderkorrektur zu beginnen. Kommt jemand zu einer anderen Einschätzung?
    • Nach sorgfältigem Abwägen des Für und Wider bin ich zum Schluss gelangt, dass ich die Zylinderkorrektur ohne Parallelogramm-Hilfshebel polieren möchte. Spricht etwas dagegen oder ist das beim ersten Toroid zu schwierig?
    • Haltet ihr meine Schablone [11] für geeignet, um das Polieren der Zylinderkorrektur zu beschleunigen?
    • Ist das Überschreiten von Delta_ROC von 10 %, um Spielraum bei der Feinkorrektur zu haben eine gute Idee?
    • Ich liege schon richtig in der Annahme, dass man beim Polieren des Delta_ROC im Wesentlichen mit dem Plustest, zur Übersicht ggf. zusätzlich den „normalen“ Foucault-Test anwendet und dass man den Nulltest als Ellipsoid, bei der die Lichtquelle und der Foucault-Tester in den verschiedenen Brennpunkten stehen, erst für die Feinkorrektur des Toroids nutzt?
    • Die Endpolitur möchte ich mit Polierrot ausführen, wo kann ich Polierrot in einer Optik-Qualität beziehen, bzw. gibt es jemanden, der das Farbpigment „rostbraun“ aus dem Künstlerbedarf einsetzt?
    • Um z.B. Rückseite von Spiegel so schnell wie möglich zu polieren, möchte ich künftig statt einer Pechhaut Poliertabs nutzen. Wo kann ich Poliertabs (in Kleinmengen) beziehen?
    • Ich möchte am fertigen Yolo-Teleskop einen 2 Zoll-Okularauszug anbringen. Haltet ihr das für überrissen oder würde ein 1¼ Zoll Auszug völlig ausreichen?


    Besten Dank im Voraus für eure Anregungen, die Kritik und die Verbesserungsvorschläge.




    Gruss Rolf



    [1] Eine der Lichtquellen für den Foucault-Tester. Um eine möglichst homogene Lichtverteilung erreichen zu können, ist der LED eine 5 mm durchmessende und 0.5 mm dicke Mattscheibe vorgesetzt.




    [2] Punktlichtquelle. Die Halterung erlaubt es, dass ich die Laserdiode nahe der optischen Achse bis auf Höhe der Feldblende des Okulars einschieben kann. Dadurch kann ich die Messung mit einer minimalen axialen und lateralen Abweichung durchführen.




    [3, 4] Foucault-Tester.





    [5] Auf den Foucault-Tester aufgebautes Bath-Interferometer.




    [6] Video von Ed Jones bei YouTubbe, ab 6:54:

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    [7} Sekundärspiegel Ba. Geprüft mit einer LED mit ca. 470 nm Wellenlänge, zur besseren Visualisierung habe ich den blauen und grünen Farbkanal ausgetauscht.




    [8} Sekundärspiegel Bb. Geprüft mit einer LED mit ca. 470 nm Wellenlänge, zur besseren Visualisierung habe ich den blauen und grünen Farbkanal ausgetauscht.




    [9] Übersicht der Halterung der Spiegel während des Polierens. Der Spiegel sitzt mit minimalem Spiel in der Halterung. Die weisse Fassung wurde aus einem alten Küchenbrett und die Halterung ist in einer Sperrholzplatte eingelegt. Mit angepassten Halterungen kann ich verschiedene Spiegel-Tooldurchmesser einsetzten.




    [10] Halterung von der Seite betrachtet. Ich habe darauf geachtet, dass der Spiegel möglichst hoch abgestützt wird, dadurch kann ich die kleinen, während des Polierens zum Kippen neigenden Spiegel gut einfassen.




    [11] Schema Schablone, die gelb markierte Fläche möchte ich beim Pressen der Pechhaut abdecken.


  • Hallo Rolf.


    Kurz zu einigen Deiner Fragen:


    Ich denke, dass es keine gute Idee ist, das Toroid ohne Parallelogramm - Hilfseinrichtung anzugehen. Es wurde ja nicht umsonst entwickelt.


    Ein zwei Zoll Auszug sollte es schon sein. Man kann ja immer auf 31,7mm reduzieren. Aber bei den langen Brennweiten der Yolos sollte schon so viel wahres Feld wie möglich zur Verfügung stehen. Es ist bei Verwendung der 50,8mm (2") Auszüge zu beachten, dass das Blendensystem darauf ausgelegt werden muss. Sonst kann es be Yolos mit minimierten Kippwinkeln sein, dass sich Streulicht (genauer gesagt: Falschlicht) am Feldrand nicht ganz ausblenden lässt. Jedenfalls nicht ohne eine Obstruktion einzuführen.


    Bei der Einhaltung der Radiendifferenz gibt es sicher keine allzu engen Toleranzen. Man sollte in einem Optikprogramm verschiedene prozentuale Radiendifferenzen ausprobieren, und beurteilen, wie sie sich nach erneuter Optimierung auf den Strahlengang und die Bildgüte auswirken.


    Kennst du die Abhandlung über den Schliff und Prüfung eines Toroids von Lukas Howald? Ich kann es dir zusenden, wenn du möchtest.


    Viele Grüße,

    Guntram

  • Vielen Dank für eure Antworten


    Ich dachte mir schon, dass ein 2 Zoll Okularauszug die bessere Wahl sei, aber ich bin froh, dass auch andere Forenten diese Meinung teilen. Ich besitze die Schleifanleitung von Lukas Howald, vielen Dank. In Bezug auf die Benutzung von Parallelogrammen bin ich derzeit wieder am Zweifeln. Einerseits sei der Schliff eines Toroids nach Beat Küchler freihändig möglich, jedenfalls wenn man sorgfältig arbeitet, und das Parallelogramm erscheint mir in der Anwendung reichlich unhandlich. Andererseits wage ich mich zum ersten Mal an ein Toroid.

  • Hallo Rolf


    Ich habe die Diskussion erst jetzt gesehen und mache gerne einen Kommentar in Beantwortung Deiner Fragen:


    - Parallellogramm-Hilfshebel: Ist bei manueller Arbeit nur störend, braucht es nicht. Ich brauche ihn nur für den maschinellen Feinschliff.

    - Die Zylinderkorrektur kannst Du relevant beschleunigen, wenn Du sie im Feinschliff machst. Reinpolieren, das mache ich nie mehr.

    - Schablonen braucht es nicht.

    - Überschreiten der Radiusdifferenz nur um wenige Millimeter. TCT Programm von J. Sasian...! Schicke oder zeige ich Dir: Man kann damit rechnen ohne auszuprobieren. Es braucht dazu lediglich einen DOS-fähigen Rechner (kann ich ausleihen).

    - Ellipsoid Test ganz am Schluss, für die finale Messung mit Foucault und Point Diffraction Interferometrie.

    - Polierrot mache ich nicht mehr, glaube eher nicht, dass es wirklich besser ist. Habe versucht, einen Vergleich mittels Lyot-Test zu machen. Der Test ist einfach, die Interpretation nicht nur für mich schwierig.

    - Rückseite des Spiegels nur fein schleifen, nicht polieren: Stört sonst bei der Messung.

    - Unbedingt 2 Zoll Auszug.


    Ich darf auf meinen Yolo-Artikel im "Journal für Astronomie" des VdS Nr. 78 3/21 verweisen: "Ein exzellentes Teleskop im Eigenbau".


    Ich möchte Dich einladen, einmal bei mir reinzuschauen. Ich kann Dir alles zeigen, umso mehr als ich aktuell einen Freund, Erstling im Spiegelschleifen, im Bau eines "Standard-Yolos" anleite.


    Mit Gruss, Beat

  • Hallo ihr tollen Yolo Schleifer.

    Ich hab mal eine pragmatische Frage zum Begriff ‚Toroid‘: warum wird diese Schliffform so genannt?

    Ein Toroid basiert auf bzw. ist abgeleitet aus Torus, also ‚Ring‘. Das was hier geschliffen wird ist aber doch etwas sphärisches mit 2 versch. Brennweiten.


    Also wo kommt das Toroid da drin vor?


    Kann das jemand anschaulich erklären?


    Also kommt es daher, dass die Wandfläche eines Kreistorus zwei versch sphärische Krümmungsradien hat, eventuell?


    Trotzdem irgendwie für mich missverständlich, weil ich mir beim Toroid immer den gesamten Ring vorstelle….


    CS Peter

  • Ein torisches Optikelement hat zwei verschiedene Brennweiten. Die oben erwähnte Linse hat im kurzen Durchmesser eine andere Brennweite als im langen Durchmesser. Das gilt auch für den weiter oben genannten Spiegel. Er wird gezielt verspannt geschliffen und poliert um nach der Entspannung seine torische Oberfläche zu bekommen. Das ist mit die anspruchvollste Verformung in der Spiegeloptik.


    Ich kannte den Yolo von Erwin Herrig, der ihn ganz unabhängig vom originalen Vorbild entwickelt und gebaut hatte. Die richtige Form und Justage hinzubekommen ist wohl das schwierigste am Yolo. Gelingt das aber, bekommt man einen Spiegel, der durchaus mit einem öffnungsgleichen Refraktor mithalten kann, allerdings zum Bruchteil des Preises. Davon konnte ich mich auf einem Teleskoptreffen selbst überzeugen, als Erwin seinen Yolo mitbrachte. Geduldig beantwortete er auch alle Fragen dazu.

  • Nachdem ich mehrere 5 Zoll, 6 Zoll und ein 8 Zoll Yolo gebaut und mit hochwertigen Apochromaten verglichen habe, kann ich die Aussage über die hohe Qualität nur bestätigen. 6 Zoll ist in vieler Hinsicht ideal.


    Dass ein Toroid zu schleifen so schwierig sei ist ein Vorurteil, das sich hartnäckig hält. Ich finde, dass es einfacher zu realisieren als einen hochwertigen Newton Spiegel zu schleifen. Im Alleingang, ohne auf die Erfahrung derer zurückzugreifen, die es realisiert haben, ist aber eine hohe Anforderung. Die Kniffe sind einfach, aber man muss sie kennen lernen und Literatur gibt es kaum. Meine Einladung habe ich formuliert.


    Was von mir aus nicht geht, ist das Schleifen in einer einfachen Verspannung, wie es Herrig beschrieben hat. Ich verweise auf unseren Bericht im Forum:



    Selber hatte ich den Toroid Schliff noch optimieren wollen und deshalb einen Thread initiiert:



    Gruss, Beat

  • Liebe Forenten




    Es freut mich, dass sich zum Thema Toroid-Spiegel eine rege Diskussion entwickelt hat - ich habe aber auch nichts anderes erwartet. Infolge einer Ferienabwesenheit und der nach den Ferien üblichen erhöhten beruflichen Belastung hatte ich in den vergangenen 3 Wochen leider kaum Zeit um am Toroid-Spiegel zu arbeiten.




    In den letzten Tagen habe ich damit begonnen den ROC_lang mit 2/3 Strichen zu verlängern. Auf den Bau einer Parallelogramm-Hilfshalterung habe ich verzichtet, stattdessen habe ich ROC_lang und ROC_kurz auf dem Spiegel und dem Tool mit farbigen Filzstiften eindeutig markiert. Zu meiner Überraschung war bereits nach einer Polierzeit von ½ h zwei verwaschene Brennlinien erkennbar und nach einer Polierzeit von 2 Stunden habe ich die Radien-Differenz bereits mit ca. 107 mm überschritten. Das Zurückpolieren ging ebenfalls sehr rasch von statten, gegenwärtig beträgt die Differenz ROC_lang – ROC_kurz noch ca. 88 mm. Die Brennlinien sind mittlerweile auch erheblich schärfer geworden, ich empfinde es dennoch schwierig, das Schärfemaximum exakt zu treffen. Erschwert wird das Ganze, da auch die Brennlinien von mehreren «Beugungslinien» umgeben sind. Bei mehrfachem Messen erreiche ich bei der Radien-Differenz eine Standardabweichung von ca. 0.4 bis 0.5 mm – das sollte ja für meine Zwecke genügen.




    Bei den letzten Poliersitzung habe ich festgestellt, dass sich der Radius trotz TOT nicht verlängert, sondern verkürzt hat. Ich kann mir das derzeit nicht wirklich erklären, ich vermute aber, dass dieses Verhalten irgendwie mit der gegenwärtigen Form der Spiegeloberfläche zusammenhängt. Daher habe ich entschieden, dass ich nun zuerst einen Eindruck der Form der Spiegeloberfläche erhalten muss. Um endlich einen Nulltest des Ellipsoids durchführen zu können, werde ich vorerst nicht Polieren, sondern mit der Singlemode Glasfaser eine helle punktlichtquelle bauen.




    Beat


    Vielen Dank für Dein Angebot mein Projekt mit Rat und Tat zu unterstützen. Das nehme ich gerne an, diesbezüglich sollten wir wohl per PM in Kontakt treten.




    Optikus


    Das Sphärische «Ding» mit 2 Radien nennt sich eben Toroid. D.h. die beim Sekundärspiegel des Yolos benötigte Form der Spiegeloberfläche entspricht der Oberfläche eines Torus am an der Aussenseite befindlichen grossen Radius. Da die Torusfläche sehr genau mit einem Elipsoid übereinstimmt, kann man es wie ein Elipsoid testen. Näheres findet sich im Aufsatz «Der Schliff eines torischen Spiegels» von Lukas Howald.


  • Hallo Rolf


    Radiusdifferenz: habe ich beim Polieren nie so rasch hingekriegt. Ich vermute, dass Deine Oberflächen ziemlich unregelmässig sind.


    Brennlinien: Werden am Ende scharf fokussierbar, Strich- gerade und von feinen Beugungslinien umgeben sein.


    Test: Vorderhand eher kein Ellipsoidtest. Für die weitere Arbeit, bis der Spiegel die gewünschte Radiusdifferenz hat und bis Oberflächengenauigkeit nahe an die Ansprüche kommt, ist der Foucault mit Slitless Tester im langen und kurzen Radius besser geeignet. Dazu braucht es eine einfache Einrichtung, um Quelle und Schneide um 90 Grad zu drehen (viel einfacher, als den Spiegel drehen).


    Ellipsoid Test: Wenn Du dafür eine rote Laserdiode brauchen wirst, kann man sehr einfach Interferometrie machen, aber das für später.


    PM: ich weiss nicht mehr wie das geht. Du könntest mir auch die Angaben per Post schicken, Beat Küchler, Furrenstrasse 6, 8840 Einsiedeln.


    Gruss

  • Hallo


    Eigentlich sind wir gespannt, wie es bei Dir, Rolf, vorwärts geht. Ich kann aber berichten, wie weit wir sind: Mein Freund Renato macht ja auch sein Erstlingswerk, ein „Standard – Yolo“ und die Arbeit am torischen Sekundärspiegel geht voran. Ich darf dabei meine Kenntnisse einbringen und wir sind an einem Punkt, wo auch ich etwas dazu lernen will.


    Die Radiusdifferenz von ca 100mm wurde im Feinschliff realisiert. Die Flächen im kurzen und langen Radius sind damit bei Beginn der Politur schon besser geworden als bei meinen früheren Spiegeln, wo ich die Differenz mittels Politur realisiert hatte. Somit kann Renato sich beim Polieren auf die Feinkorrektur konzentrieren: Zunächst mit Hilfe einer Evaluation mittels Foucault im kurzen und langen Radius. Sobald (bei bewegter Punktquelle) bei etwa plus/minus 1mm nicht mehr sicher entschieden werden konnte, ob der Schatten auf der ganzen Fläche von oben oder unten kam, haben wir die Messung verfeinert.


    Zu diesem Zweck wurde der Ellipsoid Test eingerichtet mit Punktquelle und Okular. Je besser das Toroid geraten ist, umso genauer muss die Distanz zwischen beiden und die Rotation des Spiegels angepasst werden, bis der Astigmatismus auskorrigiert ist. Im Idealfall hat man das typische Airy Disc mit sauberen Beugungsringen. Dies war erwartungsgemäss nicht so. In unserem Fall haben wir aber ein besonderes Problem: Die Kollimation will nicht gelingen, was auch immer, es bleibt immer residualer Astigmatismus.


    Der Foucault Test hilft dabei nicht wirklich weiter. Die Interpretation ist beim Toroid besonders schwierig. Man möchte wissen, wo man steht. Kann ich bereits zufrieden sein oder soll ich weitermachen mit dem Risiko die Fläche wieder schlechter zu machen? Was muss ich genau korrigieren; können die Fehler Zernike Koeffizienten zugeordnet werden?


    Wie bereits in früheren Beiträgen erwähnt, finde ich dazu den WinRoddier Test hervorragend geeignet. Er ist in sehr kurzer Zeit gemacht; man braucht dafür nur eine kleine Planetenkamera. Eine Punktquelle haben wir schon: Die rote Laserdiode im LED Modus.


    Hier das Resultat:


    WinRoddier Test 115 mm Toroid in Ellipsoidkonfiguration.


    In der ersten Spalte links die Bilder des defokussierten künstlichen Sterns. Der Astigmatismus ist unverkennbar. Die Auswertung gibt uns an, dass es sich nicht nur um primären, sondern eine Kombination mit sekundärem Asti handelt. Das ist eine relevante Zusatzinformation und der Grund für die Unmöglichkeit einer exakten Kollimation in Ellipsoid Konfiguration.


    In der zweiten Spalte oben das Wellenfrontbild: rot Erhebungen, blau Senken. Den primären Astigmatismus haben wir deaktiviert, weil er ja auskollimiert werden kann. Es ergibt sich das typische Bild des Sekundären Asti, welcher gegenüber anderen Fehlern bei weitem überwiegt.

    Unten dann noch das errechnete Foucault und PSF Bild, welche beide den beobachteten erstaunlich gut entsprechen.


    Für diejenigen, welche mit Open Fringe vertraut sind, habe ich die Zernike geladen und in diesem Programm ausgewertet:



    Der Strehl Wert ist gut, es handelt sich um kleine Fehler. Trotzdem will Renato versuchen, die Fläche noch besser hinzukriegen. Dies macht Sinn, auch weil der sek. Asti die exakte Kollimation des fertigen Teleskops erschweren würde.


    Die Frage ist: Wie können wir die erkannten Oberflächenfehler gezielt beim Polieren beseitigen. Da gibt es Möglichkeiten für Erfahrungsaustausch.


    Mit Gruss,


    Beat

  • Eine Ergänzung noch: Der torische Sekundärspiegel von Renato hat, wie ausgeführt, vor allem sekundären Astigmatismus. Die Frage ist, ob man das auch ohne den objektivierenden Messaufwand feststellen kann.


    J. Sasian, der Promotor des geschliffenen Toroids, hat in seinen Ausführungen hingewiesen, dass im Prinzip die Kontrolle im Ellipsoid Test mittels Ronchi Gitter genügt: Die Streifen müssen in allen Richtungen gerade sein.


    Wir hatten beim Spiegel von Renato eine geringe S- förmige Deformation bei 45 Grad gesehen, dies nicht interpretieren können. Mein verspanntes Toroid, über welches ich berichtet hatte, weist ja vorwiegend sekundären Asti auf. Ich habe ihn mittels Ronchi kontrolliert:



    Es ergibt tatsächlich diese Deformation, ziemlich ausgeprägt (Der Strehl dieses Torids beträgt ja auch circa 0.6.). Renato hat inzwischen weitergearbeitet, sodass ich kein analoges Bild von seinem Spiegel mehr machen kann.


    Ich denke, diese Info kann aber von Nutzen sein. Mit Gruss, Beat

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