4-Punkt-Zelle mit PLOP

  • Liebe Gemeinde,


    da mein langjähriges Bastelprojekt eines 10" f/5 Reisedobsons so ganz allmählich von bloßer Grübelei in physisch greifbare Dimensionen (in Form eines fertigen Hut-Gerüsts) übergeht, beschäftige ich mich mit der Auslegung der Zelle. Im CN-Forum hat einer ein Reisedobson mit einer 4-Punkt-Zelle, das heißt zwei Schrauben und eine Wippe, vorgestellt. Finde ich ziemlich sexy weil minimalistisch und robust und viel leichter zu konstruieren als eine 6-Punkt-Zelle. PLOP sagt dazu in etwa folgendes:


    Spiegeldurchmesser 250mm

    Dicke 35mm

    Brennweite 1250mm

    4 Auflagerpunkte mit 0,54 relativem Radius


    ergeben einen RMS-Wert von etwa 1,8nm. So weit, so gut, das liegt ja reichlich unter den geforderten 4,2nm. Genau das will ich, Fehler gerade so klein, dass er noch nicht zu sehen ist, bloß kein Overengineering. Colour-Plot anbei.

    ABER wenn ich mir den Contour-Plot so anschaue, liegen die Gebiete mit immerhin 8nm Fehler genau im optisch genutzten Bereich. Nun bin ich doch ein bisschen verunsichert. Kann ich mich auf die Daumenregel RMS < 4,2nm verlassen oder sollte ich doch lieber 6 Auflagerpunkte verwenden?

    Meine ganz naive Betrachtungsweise wäre die, dass das Airyscheibchen durch die Spiegelbereiche mit der größten Winkelabweichung zumindest rechnerisch noch nicht so weit vergrößert wird, dass es nicht mehr beugungsbegrenzt wäre. Die Bereiche der größten absoluten Abweichung der Spiegelfläche in Strahlrichtung ergeben eine Änderung der Fokuslage um 11nm, die ich vermutlich nicht händisch würde einstellen können.

    Und doch würde mich brennend interessieren, was ihr dazu sagt.


    Viele Grüße,

    Alex

  • Hallo Alex,


    Du kannst das ruhig so umsetzen. Bei Deinem Spiegel nimm am besten 3 Punkte und setzte diese weiter auseinander als Dir Plop vorgibt. Dann hast Du eine höhere Justagestabilität. Die halte ich für weit wichtiger.


    Woher diese 4,2nm RMS kommen vermag ich nicht zu sagen. Im Okular siehst Du die nicht und auch die Fokusverschiebung von 11nm nicht.


    Schöne Grüsse

    Gerhard

  • Die 4,2nm kommen da her, dass 1/27 Wellenlänge bzw. etwa 20nm Fehler (je nachdem für welche Wellenlänge genau) als Kriterium für beugungsbegrenzt gelten, und aus der Forderung, dass höchstens ein Viertel davon durch den Spiegel verursacht sein sollen. Ist halt so eine Faustregel.


    An dieser Stelle möchte ich übrigens erwähnen, dass die Spiegelzelle ausdrücklich für eine dicke China-Scherbe konzipiert wird (sozusagen ein tragender Spiegel ;) ). Sollte ich mich eines schönen Tages mal dazu entschließen, mir einen besseren und eventuell dünneren Spiegel zu leisten, muss ich die Zelle halt auf 6-Punkt umbauen, das ist dann eben so.

  • Hallo Alex,


    so wie ich es verstanden habe, ist es eine 3+1 Lagerung ( 2 Punkte und eine Wippe mit 2 Punkten). Auf CN habe ich die charmante Spiegelzelle nicht finden können bzw. die Suche hat entweder zu viele oder keine Ergebnisse gebracht. Falls nicht, würde eine vier Punkt Lagerung das Karl Valentin´sche Stuhl-Paradoxon erzeugen ;)


    Wenn Dir diese elegante Lösung gefällt, probiere sie doch einfach aus!


    Wenn das gesamte Konzept passt - Anzahl der Auflagepunkte, Lagerung seitlich, Stabilität des Rahmens, Handhabung bei Einbau in das Teleskop und Justierung vermute ich mal - die Abweichungen im Nanometerbereich bzw. Wellenlängenbereich dürften in der Praxis wohl nur eine geringe Rolle spielen. Du schreibst - es soll ein Reisedobson werden. Gewichtsersparung vs Stabilität wird immer ein Kompromiss sein.


    Hast Du den Spiegel selbst hergestellt und kennst Du die Genauigkeit? Ich frage deshalb, weil ich bei der Planung meiner Spiegelzellen bisher überhaupt nicht auf die Idee kam, die Abweichungen der optischen Qualität aufgrund dieser geringen Zahlen die Plop ergeben, einzuplanen. Meine Spiegel haben sicherlich eine größeren Abweichung in der Genauigkeit. Das Verbiegen - bedingt durch die Lagerung - könnte ja auch den Spiegel u.U. besser machen - oder? :/


    Noch einmal - ich finde es eine interessante Idee und Ich bin schon sehr über Deine weitere Berichterstattung gespannt.


    viele Grüße

    René

  • Hallo renerabl,


    ich meine ganz speziell folgende Konstruktion:

    Building the ultimate travelscope: 10" f/4 ultra ultra compact truss Dob - Page 8 - ATM, Optics and DIY Forum - Cloudy Nights
    Page 8 of 8 - Building the ultimate travelscope: 10" f/4 ultra ultra compact truss Dob - posted in ATM, Optics and DIY Forum: @laurent the french: The size of…
    www.cloudynights.com


    In der Tat handelt es sich quasi um 3+1 Auflagerpunkte, also statisch nicht überbestimmt.

  • Hallo Alex,


    danke für den Link - ich habe es schnell überflogen - das sieht ja echt interessant aus!!!


    So wie ich das jetzt sehe, dominiert hier die Gewichtsersparung! Ich finde, dass die 3+1 Punktelagerung es auf alle Fälle wert ist, ausprobiert zu werden.


    viele Grüße

    René

  • Interessante Variante mit den 2+1*2 Auflagerpunkten, kannte ich bisher nicht.


    Die 4,2nm kommen da her, dass 1/27 Wellenlänge bzw. etwa 20nm Fehler (je nachdem für welche Wellenlänge genau) als Kriterium für beugungsbegrenzt gelten,

    Nein, nur "beugungsbegrenzt" wäre ein zu schwaches Kriterium - zumindest für "normalgroße" Spiegel. Zu der Spiegeldurchbiegung addieren sich ja die Fehler der Optik.


    Die 4,2nm RMS entsprechen Lambda/128 RMS Surface Error für grünes Licht. Die Lambda/128 RMS entsprechen wiederum einem Strehlverlust von 1%. Man nimmt an, dass 1% Strehlverlust allein durch die Spiegel- Durchbiegung im Zenit tolerabel ist und nicht weiter auffällt, auch wenn sich dieser Fehler noch mit anderen Fehlern addiert. Das ist bereits ein ziemlich hartes Kriterium, für große Spiegel ein zu hartes wie ich finde.


    PLOP rechnet die Auflager als dimensionslose Punktlager und übertreibt die Fehler nahe der Auflager etwas, da es nur als 2D Model rechnet. Rechnet man zusätzlich mit dem Z88 3D Modul, kommen leicht geringere Werte heraus. All diese Erklärungen sind leider aus dem Net verschwunden, die originalen Links führen ins leere.


    Fazit: Wenn mit dem normalen PLOP das 4,2 nm RMS Kriterium erfüllt ist, ist man locker im grünen Bereich.

    Wenn bei dir 1,8 nm RMS herauskommen, würde ich mir darüber überhaupt keine Sorgen machen. Viel entscheidender als diese theoretischen Werte ist die gute (reibungsarme) Umsetzung der radialen Lagerung und der einen Wippe. Wie Gerhard würde ich für eine bessere justierstabilität die Auflager sogar etwas weiter nach außen setzen. PLOP gibt mir bei z.B. 0,7% rel. Support Radius immer noch 2,8 nm heraus.

    ABER wenn ich mir den Contour-Plot so anschaue, liegen die Gebiete mit immerhin 8nm Fehler genau im optisch genutzten Bereich.

    Wie gesagt, die p/v Fehler werden im Bereich der Auflager etwas übertrieben gerechnet. Wenn du immer noch bedenken hast, kannst du die Auflager etwas großflächiger und aus weicherem Material ausführen, z.B. Filzgleiter (s. Beispiel meiner 27 Punkt Zelle). dann verteilt sich der Druck etwas. Das würde ich jedoch nur für visuelle Nutzung empfehlen. Für eine Fotomaschine will man eher harte Auflager für bessere Fokuskonstanz).

  • Hallo Stathis, René und Gerhard,


    super, genau das wollte ich lesen. Und die Auflagerpunkte etwas weiter nach außen versetzen klingt auch gut. Weil ich im Sinne einer möglichst simplen, leichten und robusten Konstruktion die Laterallager (2*45° Kugellager) feststehend haben will (dazu hatte ich vor einiger Zeit schon einen anderen Thread gestartet: Laterallagerung - Abweichung vom exakten Schwerpunkt, übrigens mit einem Statement von Robert Houbard), kommt noch etwa 1nm RMS-Fehler dazu - und es reicht immer noch.

    Über die Filzgleiter muss ich noch ein bisschen nachdenken. Einerseits vergrößern sie die Auflagerfläche und verteilen damit den Druck etwas, andererseits haben Filzgleiter natürlich auch einen größeren Durchmesser als sagen wir mal beispielsweise M6-Schrauben mit Nylonspitze und dazu einen größeren Reibungskoeffizienten, d.h. die beiden Justierschrauben würden auch mehr Drehmoment in den Spiegel übertragen. Ob das wirklich von Bedeutung ist, weiß ich nicht so recht zu beurteilen.



    Danke für die Antworten bis hierhin, das hat mir sehr weitergeholfen.


    Gruß,

    Alex

  • Hallo Stathis,


    danke auch für die Aufklärung, ob wir hier von Oberfläche oder Wellenfront reden... solche Angaben sind immer recht hilfreich :)


    Gruß, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

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