Solargrafie: Lochkameras leben ein härteres Leben als Geocachingdosen

  • Hallo liebe Sternenfreunde,


    lange ist es her, dass ich zuletzt einen astronomischen Beitrag geschrieben hatte. Somit melde ich mich wieder mal "zurück" mit meinen kleinen fotografischen Ausflügen der anderen Art. Wer von Euch sich noch dran erinnern kann, hatte ich damals die ersten Solargrafieversuche unternommen. Siehe diesen Beitrag hier: Solargrafie: 39 Tage + 175 Tage Belichtungszeit


    Hier mal eins aus der damaligen Zeit 2016/2017:

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Ehemaliger Muskatorwerk von Riesa mit 1/2 Jahr Belichtungszeit


    Mich hatte wieder der Drang verspürt, wieder einige Aufnahmen zu versuchen. Das Material zur Herstellung der Lochkameras ist nicht so schwer. Es reichen schon einfache Getränkedosen in unterschiedlichen Größen aus. Bisher hab ich 0,33 L, 0,5 L und 0,585 L Dosengrößen verwnedet. Sie sind

    • leicht zu beschaffen
    • leicht zu bearbeiten mit Dosenöffner und Handbohrer (dünnwandig)
    • haben ideale Größen für ein gutes Format in passabler Auflösung

    Kleine schwarze Filmdosen aus der analogen Zeit sind mir zu klein. Hier sieht man eine kleine Auswahl an einigen vorbereiteten Dosen

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Sie sind innen mit matter schwarzer Farbe lackiert und außen mit etwas Tarnfarbe. Passend dazu auch ähnliche Gaffertapefarben (grau, schwarz, transparent)


    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Ready to go mit eingesetzten chemischen Filmen. Links sogar die Doublestack-Variante aus 2x 0,585 L Dosen. Im Moment setze ich Formaspeed Variant 313, Rollei Vintage 314 und Easy Print 312 ein. Die Löcher habe alle so 0,3 bis 0,5 mm Größe und werden hier vor dem Platzieren an entsprechenden STandorten platziert.


    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Leider sind die 0,3 mm Bohrer auch recht empfindlich und können man brechen.


    Kommen wir nun zum eigentlichen Thema, wie es der Titel bereits sagt: :D Hier muss man schon etwas leidensfähig sein. Der Start meiner Belichtungsreihe war natürlich die Sommersonnenwende 2021 und hatte an einigen Standorten die Lochkameras positioniert. Manchmal machte ich eine Kontrollrunde, um nach den Zustand der Dosen zu sehen. Bei den meisten sah es nach 3 Wochen schon gut aus, die erste zeigt schon physischen Gewalteinfluss. Das Gehäuse ist durchaus sichtbar eingedrückt und lass es aber weiter laufen, denn die Lochkamera ist noch an Ort und Stelle fest positioniert. 1 Woche später dann der erste Schock.


    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Das sieht nach Zerstörung mit einem Stock aus. Nach der Bergung und Mitnahme restlicher Gaffer Tape lies ich den Platz so zurück, wie es vorher war.Bei dem Loch hatte ich nicht viel Hoffnung, da durchaus das ungestörte Sonnenlicht das Bild in der Lochkamera wieder zerstören kann. Zu meiner Überraschung und Dank etwas Bildbearbeitung war genug Kontrast da, um es als Bild darstellen zu können. ^^


    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    26 Tage Belichtungszeit an der Loschwitzer Brücke "Das Blaue Wunder"


    Eine Woche später entdeckte ich zufälligerweise an einem anderen Standort entlang der Weißeritz meine Dose am Boden liegen. Dachte die Dose wäre durch das Gebüsch etwas sichtgeschützt. Nur leider wurde das Gebüsch kurz/kahl geschnitten. Leider erlitt auch diese Dose einen sichtbaren Stichschnitt.

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen


    Dies kann man rechts oben durch den Sonneneintritt sehen.

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Da diese Lochkamera hatte ich relativ spät eingesetzt, so sind es hier nur 19 Tage Belichtungszeit drauß geworden. Man sieht gut durch das Wegwerfen der Dose vor meinem Fund, dass durch die neue Lage/Position sich eine neue Strichspur gebildet hat. Jedes Bild erzählt so eine Geschichte. ^^


    Hier möchte ich von der dritten Lochkamera meinen Standort noch nicht leaken, da ich es später (evtl Wintersonnenwende) wieder versuchen möchte. Dieser Standort sah für meine Verhältnisse vielversprechend aus, da hier fast 40 Tage vergangen sind. 3 Tage vor dem Fund stimmte ich mich zuverlässig, dass es bis zur WIntersonnenwende unentdeckt bleiben könnte. Doch beim Kontrollgang vor dem Treffen mit meinen Freunden musste ich eine völlig zerdrückte Lochkamera feststellen. ;( Noch dazu wurde das Tape angezündet. Hier hoffte ich, dass wenigstens das Bild einigermaßen überstanden haben könnte, da es vielleicht nur geknickt wäre.....

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen


    Pustekuchen.

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Die Rückseite des Bildes zeigt eindeutig, dass das Feuer von der Außenseite der Lochkamera kam.

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen

    Das tut weh. Es ist nicht einfach, die Lochkameras im Stealthmodus (besser als Geocachingdosen) zu tarnen und das Wunschmotiv festzuhalten. Die Lochkameras leben ja gefährlicher als eine Geocachingdose. xD Manche scheinen diese Lochkameras zum Frustabbau zu lieben.


    Zum Abschluss wenigstens noch etwas schönes. Die chemischen Papiere kann man auch als "Lumen print" nutzen, also das durchleuchten von Objekten auf dem Fotopapier. Hier hab ich es mal an Roteichenblätter probiert:

    Solargrafie: Lochkameras leben härteres Leben als Geocachingdosen


    Viele Grüße


    astrobart

  • Hallo Astrobart,


    ich finde es toll, dass Du dieses Projekt noch weiter verfolgst. Ich kann mich noch gut an die früheren Ergebnisse erinnern und fand die Bilder immer faszinierend.

    Dass die Dosen so gefährlich leben, hätte ich aber auch nicht gedacht. Um so spannender ist, dass sie trotz Deformierung und zusätzlichen Löchern immer noch Bilder liefern.

    Halte uns bitte weiter auf dem Laufenden. Ich mag diese Art der sehr kreativen Langzeitbelichtungen sehr gerne.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hier in UK kann man die Dosen kommerziell erwerben - SOLARCAN heissen die.


    Solarcan – Ready to use solargraphy camera


    Sie sind bewusst nicht getarnt, sondern so gestyled, dass der Zweck erkennbar ist. Ein Problem der Tarnung kann ja auch sein, dass Leute zufaellig drauf stossen und denken, es sei eine Bombe oder Aehnliches. Andererseits macht das die Dose natuerlich fuer Vandalen sichtbarer.


    Entwickelst Du den Film? Bei der Solarcan ist es eine Art von Sofortbild, das aber nach einigen Minuten verblasst. Die Idee ist, das Bild sofort nach der Entnahme aus der Dose abzufotografieren.

  • ... Bei der Solarcan ist es eine Art von Sofortbild, das aber nach einigen Minuten verblasst. Die Idee ist, das Bild sofort nach der Entnahme aus der Dose abzufotografieren.

    Ich denke das ist auch bei anderen Solargrafie-Anwendungen so. Die fotoaktive Schicht auf dem Papier benötigt durch die vergleichsweise hohe Energie der Sonneneinstrahlung keine weiteren Chemikalien zum Entwickeln. Man hat sofort ein "Negativ", das man (alles im möglichst dunklen Umfeld) auf einem Scanner (ohne "Vorschau-Scan") ein paar Mal ablichten kann, ehe es unbrauchbar wird.


    Irgendwie bin ich jetzt angefixt von der Idee :D

  • Hallo Marcus,

    beruflich bedingt ist eben Astronomie etwas zurück gefahren. Die eine oder andere Sache mache ich mal nebenbei mit, wenn ich die Lust /Zeit dazu habe. ^^ Und natürlich sind noch einige Lochkameras draußen. Ich drücke die Daumen, dass einige noch so lange bleiben. Andere Standortideen hab ich auch schon, allerdings muss ich möglicherweise ein Fake-Vogelhaus dafür basteln, damit es nicht zu sehr auffällt. Ohnehin bin ich auf das chemische Papier Easy Print 312 gespannt, wenn die halbe Jahresbelichtungszeit durch ist.



    Hallo JSchmoll,


    die SOLARCAN hab ich irgendwann über instagramm gefunden und der Preis für 1 Dose finde ich mit etwa 18 Euro etwas teuer. 5 Euro Versand kommt da noch dazu. Für weniger als 1 Euro gibt es im Supermarkt genau solche 0,5L Getränkedose. Je nach Art des chemischen Fotopapier und Fotopapier kann eine Packung mit 25 Blätter grob 10€. Dazu kommen bei mir 9€ Klebeband (25m Länge) + 8,50 € Sprühfarbe zum tarnen dazu, die ich für etwa 4 Dosen verwende. Da komme ich auf etwa 5-6 € pro Dose. Dazu hab ich die freie Auswahl der Lochposition, die in der kommerziellen Variante in der Höhe bereits festgelegt. Für mich ist also die DIY Variante günstiger und variabler.


    Deinen Gedanken mit dem Style verstehe ich durchaus. Lockt aber meiner Meinung nach noch mehr Leute an, die es untersuchen wollen. Wir sind doch alle neugierig und wollen es auch gleich am liebsten anfassen und untersuchen. ^^ Tatsächlich hatte ich auch den Gedanken gehabt, auf der lackierten Fläche mit weißen Edding "Solargrafie" zu schreiben. "Lochkamera" klingt aber gleich wieder nach Überwachungskamera. xD Schwierig den passenden Spagat zu finden.


    Zu deiner letzten Frage, ob das chemische Fotopapier selber entwickle. Leider nein. Von der ganzen Chemieentwicklung hab ich keine Ahnung und da lasse ich auch die Finger davon. Einmal einscannen reicht schon aus und das ganze Bild wird mit Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet. Direkt abfotografieren mache ich nicht.


    Ich denke das ist auch bei anderen Solargrafie-Anwendungen so. Die fotoaktive Schicht auf dem Papier benötigt durch die vergleichsweise hohe Energie der Sonneneinstrahlung keine weiteren Chemikalien zum Entwickeln. Man hat sofort ein "Negativ", das man (alles im möglichst dunklen Umfeld) auf einem Scanner (ohne "Vorschau-Scan") ein paar Mal ablichten kann, ehe es unbrauchbar wird.


    Irgendwie bin ich jetzt angefixt von der Idee :D

    Hallo root2,


    freut mich, dass Du von der Idee angefixt bist. ^^ Da ist wirklich Geduld gefordert, bis das halbe Jahr um ist. Erste Experimentversuche kannst Du ja auf dem Balkon machen. ^^


    Jupp, unter Einwirkung heller/intensiver Sonneneinstrahlung wird das Papier weiter belichtet bis zum gewissen Grad. Da geht sonst die Details vom Motiv verloren.


    Viele Grüße


    Christian

  • Hallo Christian

    Schon Mal wieder etwas von dir zu hören...bzw zu lesen.

    Ist ja schon ne halbe Ewigkeit her ;)

    Deine Solargrafie finde ich sehr spannend.

    Hatte da auch Mal den Gedanken es zu versuchen.

    Aber um ehrlich zu sein...ich hab nicht das richtige Fotopapier gefunden. :/

    Aber jetzt kann es doch passieren daß ich Mal einen Versuch starte, wenn du mir eine Bezugsquelle für das Papier nennst ;)

    Ich hoffe du hast nach deinem Studium den richtigen Job gefunden.

    Man....vielleicht sieht man sich Mal wieder auf einem Treffen.

    Also dann Mal alles gute und das die nächsten Dosen unversehrt bleiben .

    Beste Grüße nach Riesa..

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    lange haben wir uns nicht gesehen, freut mich wieder von Dir zu hören. :) Zu der Bezugsquelle kann ich etwas sagen: bei https://www.fotoimpex.de hab ich beispielsweise Formaspeed Variant 313 und Easy Print 312 Fotopapier geholt. Da reicht kleine Größen zwischen 12,7x17,8 cm und 17,8x24,1 cm aus. Auch 25 Blatt als Packung genügt da völlig. Das Rollei Vintage 314 weiß ich gar nicht mehr, woher ich es geholt hatte. Schau mal hier nach: https://www.rolleianalog.com/produkte/rollei-vintage-314/ Dort gibt es zumindest eine Suchfunktion, welche Onlineshops sowas anbieten.


    Hier mal die Übersicht meiner aktuellen Sammlung der Fotopapiere. 2 Davon stammen aus der Zeit 2016/2017 (links, mitte). So hast Du einen Eindruck davon, welches Fotopapier für eine Farbdarstellung sorgt.

    Fotopapiertypen für Solargrafie

    Das linke Bild stammt von der Kiesgrube in Röderau auf einem Baum und das mittlere Bild stammt nahe Elbufer von Riesa. Auch hier sieht man das "Skelett" des Baum, nämlich die Äste. Dunkelt schon in Richtung Zenit durch die Baumkrone ab.


    Beste Grüße


    Christian

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