Mitternachtsschwitzen auf La Palma

  • Hallo Freunde der schattenwerfenden Milchstraße,


    ich war mal wieder mit Dietmar in Puntagorda, um den kurzen Nächten in Deutschland zu entfliehen.

    Wettermäßig sollte es 10° kühler sein, als im heißen Deutschland. Sollte… Pustekuchen, es war genauso heiß!

    Der heiße Saharawind Calima hatte die erste Woche voll zugeschlagen. Leider bedeutete das nicht nur heiße Luft, sondern auch viel Staub in der Luft!



    Trotz des Staubes und Dunstes war aber jeden Abend richtig schönes Spechteln möglich… mit Badehose und T-Shirt, kein Problem bei mehr als 30° um Mitternacht.

    Leider waren es im Inneren unseres Ferienhauses oberhalb von Puntagorda auch mehr als 30° und lüften half nicht wirklich.

    Das SQM zeigte um die 21,80, aber die Grenzgröße war maximal 5 mag. Na ja, vielleicht auch 5,5 mag.


    Die Highlights waren neben dem Kometen C/2017 K2 PANSTARRS die üblichen Sommerobjekte, wie die Kugelhaufen M2, M3, M4, M5, M13, M14, M22, M28, M80, M92 und

    M107, ein Dutzend offene Haufen, die Planetarischen Nebel M27, M97, NGC40, dazu Cats Eye, Turtle Nebel, Blue Planetary, Blinking Planetary, Magic Carpet, Ringnebel,

    Blue Flash Nebel und noch viele kleinere Planetaries. Mit gutem seeing konnten wir mehrfach Antares trennen, ein blaues Pünktchen, im Dobson auf 8 Uhr.

    Dann folgten zwei Dutzend helle Galaxien, die jeder kennt.

    Leider auch einige Nichtsichtungen, die aber bald nachgeholt wurden. Denn die zweite Woche war nämlich ganz anders!

    Dunst und Calima waren verschwunden, die Temperatur war normal und tiefblauer Himmel versprach endlich gute Durchsicht.


    Gegen 22 Uhr 30 war die Dämmerung vorbei und wir konnten dem 18-Zöller richtig Futter geben.

    Die Nächte im Juli/August dauern deutlich länger als in Deutschland, nämlich bis 6 Uhr morgens… wenn der Mond nicht da ist.


    Dann kamen wirklich die ultimativen Nächte!

    Schon in der Dämmerung probierten wir, ab welchen SQM-Werten wir den Ringnebel in der Leier sehen konnten.

    Man glaubt es kaum, bei SQM 14,94 war er zu finden… natürlich analog!

    Also kein Goto oder BDSC, sondern per Hand mit bloßem Auge (Vega) und dem 8x50-Sucher.

    Dann im 18-Zöller mit 17mm Ethos und OIII-Filter tauchte zart aber deutlich der Ring auf.


    In der Dämmerung setzten wir Dietmars 16x70 Fernglas ein, um die zarte Mondsichel und den darunter stehenden Merkur zu sichten.



    Nach Dämmerungsende gegen 22 Uhr 30 (La Palma-Zeit) war fast jeden Nacht der Komet C/2017 K2 PANSTARRS unser Start in die Nacht.

    Man konnte schön sehen, wie er sich Nacht für Nacht schnell durch den Ophiuchus bewegt.

    Die in der Nähe stehenden Kugelhaufen M10, M12 und M107 hatten wir jedesmal mitgenommen.

    Die schwächeren NGC-Kugelhaufen konnten wir in den nächsten Nächten alle abgrasen.

    In Richtung Schütze fanden wir zwei Dutzend davon, manche sehr schwache erst nach genauem Navigieren mit SkySafari.

    Dazu gehörten NGC6366, nahe bei dem Stern HR6493, NGC6517, NGC6593 und IC1279, die bei dem Stern Nu Oph stehen.

    Im Scutum fanden wir ein schönes Pärchen, den Planetary IC1295 und den Kugelhaufen NGC6712, beide im 13er Ethos gleichzeitig (Objekt des Monats Juni).

    Noch so ein Pärchen waren der Planetary NGC6445 und der Kugelhaufen NGC6440 im Schützen. Das sind für mich besonders ästhetische Objekte.


    Die Gegend ist voll mit den wundervollsten Objekten und alle wurden in jeder Nacht immer wieder aufgesucht.

    Das sind M16, der Adlernebel mit deutlich sichtbaren Säulen der Schöpfung, der extrem kontrastreiche Omega-Nebel, besonders mit OIII und UHC-Filter.

    Auch der mit bloßem Auge sichtbare M8 war eine Wucht, besonders im 31er Nagler mit UHC-Filter. Der 1,5° darüberstehende Trifid-Nebel zeigte etwas bläuliche Farbe,

    die aber nur sehr zart zu sehen war. Im OIII-Filter war das ein wunderbarer, kontrastreicher Anblick.



    Im Zenit tummelten sich die Kugelhaufen M13, M92 und der weit entfernte NGC6229. Der ließ bei hoher Vergrößerung auch einige Sterne erkennen.

    Muss man sich mal vorstellen: Einzelsterne in 100 000 Lichtjahren Entfernung. Bei M13 und M92 natürlich kein Problem.


    Auch die Planetarischen Nebel waren eine Wucht, da der Himmel sehr dunkel war. Das SQM zeigte locker über 21,80 und das seeing war auch sehr gut.

    So konnten wir hoch vergrößern und viele Details herauskitzeln.

    Beim Ringnebel erwischten wir mehrfach den Zentralstern, bei Cats Eye und Blue Snowball innere Strukturen, bei NGC40 die unregelmäßige Ringform, bei dem Blue Flash-Nebel die ovale Form mit Dunkelstrukturen und ganz zart den Zentralstern.


    Die absoluten Highlights waren aber der Crescent-Nebel NGC6888 und der Cirrusnebel im Zenit. Der Hammer!!!


    Dann wollten wir einen NGC-Marathon anfangen, sind aber nach NGC1 und NGC2 beim NGC3 hängen geblieben.

    Kein Wunder, denn er stand noch etwas tief und hatte nur 14,26mag. Der nächste wäre NGC4 gewesen und der ist definitiv zu schwach : Mag 16,26.


    Also versuchte ich andere schwache Objekte zu finden.

    Als erstes PAL 6, ein Kugelhaufen im Ophiuchus, mit immerhin 11,5mag. Der sollte eigentlich gut sichtbar sein. Pustekuchen… sichtbar ja,

    aber nur ein winziges diffuses unscheinbares Fleckchen. Dann doch lieber hellere Objekte.


    Die fehlenden Galaxien der ersten Woche wurden nachgeholt.

    Zuerst M64, die Nadel NGC4565, M95, das Draco-Triplet und noch mehrmals M101, jetzt aber mit vielen Details incl. der Spiralarme.


    Ein Paradebeispiel für gute Durchsicht ist der Irisnebel NGC7023.

    In der ersten Woche unter Calimabedingungen null Chancen, in der zweiten Woche sahen wir die zarten Aufhellungen um den Stern V380 sehr gut.

    Ein weiteres Beispiel ist der Cocoon-Nebel IC5146. Erste Woche nix… zweite Woche immerhin schwache Aufhellungen um zwei Sternchen.


    Hier noch ein Bild von Puntagorda, kurz vor Untergang der Mondsichel. Man beachte das helle Erdlicht. Unser Ferienhaus liegt zum Glück über den Wolken.



    Die Nacht zum 1. August hatten wir Besuch von Carmen, der Schwester unser Vermieterin. Eine sehr interessierte Frau, die richtig Spass an unserer Einführung in die visuelle Astronomie hatte. Einzig die Myriaden von Mücken waren der Grund, warum sie um Mitternacht mit in unser Ferienhaus kam, um mit einem guten Rotwein an der Erzeugung von Doppelsternen mitzuwirken.


    Am Mittwoch ist dieser wunderbare Astrourlaub dann schon wieder Geschichte! Es geht zurück in die deutschen 35°.


    cs

    Timm

  • Toller Bericht, aber die Links funktionieren leider nicht.


    Grüße

    Hartmut

    EQ6R-PRO | OMEGON PUSH+ | SW Allview | Unistellar eQuinox | Seestar S50 |  ASKAR FMA 135

    SW 200PDS/1000 | SVBONY 503 80/560 (448) | SkyMax 102/1300 MAK | TS 61EDPH II

    ASI 120MC-S & MM-Mini | veTEC533c / 571c | N.I.N.A.

    METEORCAM (RPi4) (https://globalmeteornetwork.org/weblog/DE/index.html) DE000Q

  • Hallo Timm,


    vielen Dank für den schönen Bericht! Ich bin ja Ende September auch nochmal auf der Insel! Die Monate Juni/Juli/August werde ich aber in Zukunft immer meiden, da ist Calima schon fast sicher vorprogrammiert, wir mir die letzten Jahre gezeigt haben. Ist dann schon ärgerlich, wenn man die weite Reise auf sich nimmt, um dann im heißen Saharastaub gegrillt zu werden.


    Hat sich bezüglich des Schranks bei Birgit noch irgendetwas neues ergeben? Dietmar soll mich diesbezüglich am besten einmal anmailen, danke.


    Ich wünsche jedenfalls noch klare Nächte und einen guten Rückflug!


    Viele Grüße

    Thomas

  • Hallo Timm,


    danke für den schönen Bericht! Freut mich, dass Ihr zumindest in der zweiten Hälfte gute Verhältnisse hattet. Wünsche einen angenehmen Rückflug!


    Viele Grüße

    Norbert


    PS: Werde heute Nacht auf den Taubenberg fahren, wo die Verhältnisse nach dem Monduntergang recht gut vorhergesagt sind

  • Hi Norbert,


    insgesamt konnten wir 13 Nächte beobachten... von brauchbar bis hervorragend!

    Die Krönung war der Cirrus-Komplex im Zenit.

    Vom 31er Nagler bis 10mm Ethos bei bestem seeing besser als mit dem 28er in Deutschland.

    Drei Nächte hintereinander Gänsehaut pur!

    Hat es geklappt mit dem Taubenberg?

    cs

    Timm

  • Hallo Timm,


    13 Nächte sind natürlich eine tolle Ausbeute in einem Urlaub!


    Auf dem Taubenberg gab es zwar keine Gänsehaut - das haben schon die Temperaturen verhindert - aber es hat trotz leichtem Dunst richtig Spaß gemacht! Mit am 18-Zöller waren zwei Novizinnen, daher war unser Programm nicht zu anspruchsvoll. In der Dämmerung hatte ich Antares eingestellt, ohne zu sagen, was daran besonders sein soll. Der Spiegel war noch nicht ausgekühlt, aber beide Damen haben ein oranges Wollknäuel beschrieben, das in Bewegungsrichtung eine grünliche oder blauweisse Stelle zeigt (vor 9 Wochen in Namibia war die Trennung in Zenitnähe leichte Beute für den Zehnzöller...). Danach kam der Tintenklecks an die Reihe; den haben die Mädels aber erst erkannt, nachdem ich ein Bild hergezeigt habe. Steht halt auch sehr tief hier! Der Lagunennebel und M17 waren jedoch dank O-iii-Filter mit schönen Dunkelstrukturen zu sehen (O-Ton: "der Schwan hat ja Federn").


    Der Komet C/2017 K2 PANSTARRS in Ophiuchus wurde als in der Mitte helleres, farbloses Wölkchen beschrieben. Na gut, dann eben wieder Buntes: Die Farben von Albireo und Rasalgeti haben den beiden gut gefallen. Auch der orange Stern in M11 wurde gleich bemerkt.


    Beim Ringnebel in der Leier musste ich dann erklären, wie so eine Form entsteht. Auch zu den bizarren Fasern im Cirrus-Komplex kamen Fragen. Beim Vergleich der Kugelhaufen M13 und M92 im Herkules ist beiden Damen die unterschiedliche Konzentration der Sterne zum jeweiligen Zentrum aufgefallen. Bei dem Doppelsternhaufen h und chi im Perseus gab es dann wieder begeisterte Kommentare zu den orangen Sternen der Haufen. Den Abschluss der DeepSky-Objekte bildete die Andromedagalaxie M31 - mit deutlichem Staubstreifen.


    Als langsam die Dämmerung nahte, haben wir uns noch Vesta, Juno und Neptun angesehen und dann unsere Dunkeladaption mit Mars, Saturn und Jupiter verabschiedet. Gegen halb fünf waren wir zurück in München...


    Viele Grüße

    Norbert

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