Frage zur Wahrnehmbarkeit von M102

  • Liebes Forum,


    ich habe eine Frage an die erfahrenen visuellen Beobachter, die größere Dobsons ihr Eigen nennen.


    Nach geduldiger langer Optimierungszeit meines 18" f/4,5 Gitterrohrdobsons war ich am 18.06. das erste Mal nach Jahren der Abstinenz beim Beobachten. Die Spindelgalaxie M102 war u.a. mein erklärtes Ziel. Und genau zu ihrer Wahrnehmbarkeit habe ich eine Frage.


    Die Wahrnehmbarkeit von schwachen flächigen DSOs hängt bei gegebener visueller Flächenhelligkeit ab von


    1. der Öffnung des Hauptspiegels

    2. der Qualität aller 3 optischen Komponenten (HS, FS, Okulare)

    3. der Mechanik des Dobsons, worunter ich a) die optimale Ausleuchtung der Fangspiegels und der Okulare sowie b) die optimale Justage des Geräts meine

    4. den atmosphärischen Bedingungen wie Seeing und Transparenz der Atmosphäre, aber auch vom Spiegelseeing und Tubusseeing

    5. der am Ort vorherrschenden Lichtverschmutzung

    6. dem Faktor Mensch, also vom biologischen Wahrnehmungsapparat (Auge, Gehirn) und von der Erfahrung bzw. von dem, was man erwarten kann, weil man Ähnliches bereits gesehen hat


    Jetzt habe ich M102 unter folgenden Bedingungen beobachtet. Zu jedem Punkt oben kann ich schreiben:


    1. effektiv 16,5 Zoll Apertur, da ich mit Pappblende beobachtet hatte, um den Einfluss der abgesunkenen Kante zu minimieren

    2. HS: Strehl=0,6 (s. Diskussion in Vorteile von "mehr Öffnung") / 3,5" Fangspiegel von Antares mit PV 1/15 / Meade 8,8 mm (231x), Televue Ethos 6 mm (340x) und 4,7 (433x) / kein Filtereinsatz

    3. mit dem 3,5" Fangspiegel habe ich ca. 20% lineare Obstruktion; Justage mit fachlicher Hilfe von Cleo (Holger) optimiert (s. Diskussion in Concenter-Justage beim Dobson - die x-te (Frage))

    4. Meteoblue sagte 0,75" Auflösungsvermögen und bestes atmosphärisches Seeing voraus (s. Screenshot davon in Second First Light nach langer Optimierungszeit) leider keine selbständige Messung mit dem SQM / ca. 20°C um Mitternacht, leichter Fön kam auf / was Spiegelseeing angeht: der Spiegel ist massiv ca. 21 kg Gewicht, hatte ihm aber ab 21 Uhr Akklimatisierung zugebilligt

    5. 18.06.2022, zwischen 0:00 und 1:00 Uhr MESZ am Morgen des 19.06. (Sonne stand bei ca. -16° unterhalb des Horizonts; Mond ging um ca. 00:40 Uhr auf, war aber auch wegen des erhöhten Horizonts erst nach 1:00 Uhr überhaupt zu sehen; sonst sagt Lightpollutionmap 21,53 mag/"^2 voraus) / habe den schwächsten der Kastensterne des Kleinen Wagens gerade noch erahnt, ich denke fst = 5 mag, bin aber Anfänger

    6. trage zur Fernsicht eine Brille (0,75 Dioptrin), aber nicht beim Beobachten / habe leichte, dem Alter (50) entsprechende Hornhautverkrümmung / war nicht alkoholisiert :smiling_face_with_halo:


    Meine Wahrnehmung von M102 im Okular Ethos 4,7 mm (433x):

    Groß, aber sehr, sehr schwach, indirektes Sehen nicht notwendig, zigarrenförmig elongiert, keine Strukturen, keine erkennbare Aufhellung zum Kern, kein Staubband erkennbar.


    Ein visueller Kollege ("TomC") aus Belgien hat in Cloudy Nights zu ähnlicher Jahreszeit M102 gezeichnet, s. Messier 102 under suburban skies, Zeichnung ganz oben. Seine Bedingungen hat er in seiner Zeichnung genannt: Beobachtungszeit: 8. Juli 2018; 23:41 Uhr UT; 16" f/4,2, Delos 4,5 mm (440x); NELM 5,5; Seeing = 2/5; T(ransparenz?) = 1/5; mit Baader Neodymium-Filter.


    Nun zu meiner Frage:

    Warum sieht TomC bei gleichen Bedingungen (gleiche Öffnung, ähnliches fst, schlechtes Seeing, ähnliche Lichtverschmutzung weger weißer Nächte) M102 mit wesentlich mehr Details und inkl. Staubband? Wegen des eingesetzten Filters Baader Neodymium (ich ohne Filter), wegen mehr Beobachtererfahrung (ich wähne mich da am Anfang), andere Gründe?


    Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Ideen zu den Gründen für diese unterschiedliche Wahrnehmung habt.


    Liebe Grüße

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

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  • Hallo Micha,

    ich bin kein Visueller, aber fotografisch gibt es die selben Diskrepanzen und das sogar an ein und dem selben Gerät und an dem selben Standort. Es ist das Seeing! Was Meteoblue dir sagt ist so viel Wert wie der Hahn auf dem Mist. Danach kannst du dich nicht richten. Als Planetenfotograf weiß ich dass es oft nur Sekunden sind mit bestem Seeing und dann, für diese kurze Zeit, kommst du bis zu 2 mag tiefer weil schärfer.

    Zweifellos ist aber auch die Erfahrung ein wichtiger Faktor.

    Viele Grüße,

    ralf

  • Hallo Micha,


    nicht nur örtliche Bedingungen und das BeobachtungsInstrument, auch

    die persönliche Wahrnehmungsfähigkeit und Tagesform spielt eine Rolle.

    Können die Augen richtig adaptiert werden, oder ist um Schwäbisch Gmünd stets irgendwo eine Funzel sichtbar?

    Ich kenne inzwischen immer weniger Spechtelplätze in meiner Umgebung an denen meine Augenadaption möglich ist.

    Fahre deshalb ab und zu auf die Alb oder in die Alpen.

    Zum Beobachtungserfolg trägt bei, sich für schwache Details Zeit zu nehmen, manches wird erst nach einer Weile im Okular sichtbar.

    1mm Austrittspupille ist für Galaxien schon ziemlich duster,

    ich habe bei guten Bedingungen mit 2mm AP die beste Wahrnehmung von schwachen Details in Galaxien.

    Es gibt Beobachter die sehen Detail, welches ich selber auch nicht in dieser Deutlichkeit wie in deren Zeichnung nachvollziehen kann.

    Manches bleibt nur "erahnbar". Zeichnen hilft sschwierige Details wahrzunehmen, weil man sich dabei mehr Mühe gibt Alles zu sehen.

    Ein Filter für Galaxienbeobachtung zu verwenden ist Blödsinn,

    es wird Sternenlicht abgefiltert, und es ist eine Glasfläche mehr im Strahlengang.

    Zur Zeit ist in unseren Breiten auch um Mitternacht nicht mehr richtig Dunkel.

    Ist die Teilung der Milchstrasse im Schwan mit blossem Auge nicht sichtbar, macht die Beobachtung von Objekten mit geringer Flächenhelligkeit keine Freude.

    PS: Wir hatten in letzter Zeit Tage mit Saharastaub in der Luft und manchmal auch viel Feuchtigkeit.

    ich habe beim letzten Spechtelausflug im Mainhardter Wald Ende Mai mit dem 16" Dob wenig mehr gesehen als mit 8" bei guten Bedingungen. Ich wollte im Zenit stehend M101 zeichnen und habe es schließlich bleiben lassen, weil ich für eine zufriedenstellende Zeichnung wenig Details von Spiralarmen ausmachen konnte.


    Grüssle vom Gerd

  • Hallo Micha,


    ich nenne zwar keinen großen Dobson mein eigen - aber ein paar Anmerkungen habe ich trotzdem ;)


    Zur Beobachtungspraxis:


    Ich bin selber überrascht, was sich bei mir in Sachen Detailwahrnehmung innerhalb von relativ kurzer Zeit getan hat; ca. zwei Jahre nachdem ich die Sternguckerei nach langer Pause wieder regelmäßig und vor allem systematischer betreibe.


    Mittlerweile erkenne ich z.B. NGC 3628 (die schwächste im Leo Triplet) mit meinem 6'' Newton unter grottigen Bedingungen, während ich sie vor einem Jahr auch unter guten Bedingungen nicht gesehen habe. Die Wahl eines besseren Standortes hat sicher mit dazu beigetragen, aber ich habe den Eindruck, die dabei gewonnenen Erfahrungen kann ich nun tatsächlich auf schlechtere Beobachtungsbedingungen übertragen. Auge und Gehirn lernen permanent dazu und verknüpfen die gewonnenen Informationen. Und auch bei anderen Objekten bin ich mittlerweile in der Lage, das Erkennen von Details und die Beobachtungsbedingungen verknüpfen.


    Ich fand im übrigen den kompletten Diskussionsfaden bei cloudynights.com sehr interessant, auch im Hinblick auf Sichtbarkeit und Beobachtungspraxis.


    Insofern wäre mein Rat: wenn du den Eindruck hast, dass deine Optik in Ordnung ist, dann fange jetzt einfach an, damit zu beobachten bis der Spiegel dampft! Sammle Erfahrungen mit deinem Teleskop!


    ich bin kein Visueller, aber fotografisch gibt es die selben Diskrepanzen und das sogar an ein und dem selben Gerät und an dem selben Standort. Es ist das Seeing! Was Meteoblue dir sagt ist so viel Wert wie der Hahn auf dem Mist. Danach kannst du dich nicht richten. Als Planetenfotograf weiß ich dass es oft nur Sekunden sind mit bestem Seeing und dann, für diese kurze Zeit, kommst du bis zu 2 mag tiefer weil schärfer.

    Zweifellos ist aber auch die Erfahrung ein wichtiger Faktor.

    Das kenne ich auch visuell von Planetenbeobachtungen. Die wenigen Momente, in denen die Luft wirklich ruhig ist, gilt es zu erfassen. Und ich merke immer stärker, dass das bei Deep-Sky eigentlich auch so ist. Ich kann nur sagen, ich habe einen riesengrossen Respekt vor den Astronomen aus vor-fotografischer Zeit, die oft stundenlang am Okular ausgeharrt haben, um für einige wenige Momente klare Details zu erkennen.


    Zum Seeing und Beobachtungsbedingungen: das versuche ich mal etwas aufzudröseln:


    Die Werte für das Seeing in Meteoblue würde ich auch eher als "first guess" sehen; am Standort kommen ja noch viele regionale Effekte mit dazu, die auch mit einem guten Modell räumlich nicht erfasst werden können: Oberflächenrauhigkeit, Kaltluftabflüsse, kleinräumige lokale Zirkulation, ... Ohne das genaue Umfeld des Beobachtungsortes zu kennen, ist alleine dadurch schon ein Vergleich zwischen "irgendwo in Belgien" und "irgendwo um Schwäbisch Gmünd" schwierig. Oder genauer: unmöglich.


    Und die Transparenz (beeinflusst durch Wasserdampf- und Aerosolgehalt) ist da noch gar nicht mit dabei. Zu Beginn des 19.06.2022 war der Wasserdampfgehalt m.E. im grünen Bereich (die Skala ist qualitativ; ab dunkelblau wird es meiner bisherigen Erfahrung nach gut, sofern keine Sperrschicht mit Hochnebel dazwischen funkt, oder in der Höhe Cirruswolken auftreten)


    Im Detail kann ich mir dazu Radiosondenaufstiege anschauen, also Vertikalmessungen. Die gibt es z.B. bei wetterzentrale.de übrigens auch als Prognose. Der Radiosondenaufstieg (siehe Bild) von Stuttgart in der betreffenden Nacht sieht erstmal auch gut aus was die Feuchte angeht; Temperatur und Taupunkt (die beiden dicken dunklen Linien) liegen weit auseinander; das zeigt recht trockene Luft an (Temperatur=Taupunkt heisst: 100% relative Feuchte). Interessant ist aber, wie sich der Wind mit der Höhe entwickelt (Windpfeile rechts): er ist nämlich in Bodennähe recht ordentlich (25 kn -> 46 km/h) und dreht mit der Höhe, bevor er erstmal abschwächt. Das hat mit Sicherheit für unruhige Luft gesorgt. Ob das Vorhersagemodell das so im Detail erfasst hat, würde mich interessieren?

    Quelle für die Grafik: http://weather.uwyo.edu/upperair/sounding.html



    Und wahrscheinlich war auch die Luft nicht die sauberste (magenta -> Saharastaub?)


    Das sind also schon mal zwei atmosphärische Kandidaten für eher mässige atmosphärische Bedingungen. Wer weiss: vielleicht hätte TomC aus Belgien an deinem Standort an diesem speziellen Zeitpunkt ja auch nur wenig gesehen? Das wird dir aber niemand sagen können; das kannst du nur rausfinden, wenn ihr mal beide zusammen am gleichen Standort, zur gleichen Zeit und mit den gleichen Instrumenten beobachtet.


    Viele Grüße und CS,

    Klaus

  • Hi,


    nimm doch mal einen erfahrenen Beobachter mit zum spechteln, der kann dir in 5 Minuten sagen woran es liegt (Instrument, Himmelsqualität oder Beobachter).

    So aus der Ferne immer schwer zu sagen,sieht aber nach Teleskopfehler aus.


    cs

    Lothar

  • Hallo Micha,


    was Zeichnungen angeht, mußt Du folgendes bedenken:


    1) Zeichnungen sind Interpretationen, und sie sind subjektiv. Sie werden schließlich von Menschen gemacht, und Menschen sind keine Fotomaschinen.

    2) In eine Zeichnung nimmt man alle Details auf, die man während der Beobachtung irgendwann erkennen konnte. Dazu gehören auch solche, die man nicht ständig, sondern nur in den Momenten besten Seeings erfassen konnte. Auf der Zeichnung sind sie dann fixiert und sehen aus, als wären sie einfach da gewesen, aber am Okular kommen und gehen sie, und manche kommen nur selten. Bei etwas größeren Objekten erscheinen die Details an verschiedenen Stellen mitunter auch zu verschiedenen Zeiten, und das schon deshalb, weil man sich nicht auf das ganze Objekt simultan konzentrieren kann. Auch sie werden in der Zeichnung fixiert und scheinen dann gleichzeitig da zu sein, obwohl sie es nicht waren.

    3) M 102 habe ich schon länger nicht mehr beobachtet und noch nie gezeichnet. Soweit ich mich an meine Beobachtungen mit 25" / f4 erinnere, kann ich sagen: Die Sichtbarkeit des Staubbandes hängt stark vom Seeing ab. Bei schlechtem Seeing sehe ich es überhaupt nicht, bei gutem einigermaßen deutlich, aber auch dann kann es sein, daß es phasenweise verschwindet, wenn die Luft unruhig wird. Eine Frage ist immer auch, wie lang die Galaxie ist. Die äußeren Enden jenseits des Staubbandes, die auf den Hubble Bildern noch sehr hell sind, sind in Wahrheit ja recht schwach. Hier hängt es von der Himmelsqualität (Dunkelheit) ab, wie viel man davon noch sehen kann.

    4) Die Zeichnung von TomC ist außergewöhnlich gut, aber man muß in Rechnung stellen, was ich unter 1) und 2) gesagt habe. Die hellen Knoten in der Galaxie, die TomC gezeichnet hat, habe ich allerdings noch nie gesehen.


    Viele Grüße

    Johannes

  • Moin,

    die Einschätzung ,

    So aus der Ferne immer schwer zu sagen,sieht aber nach Teleskopfehler aus.

    dass es nach einem Teleskopfehler aussieht, wird Micha nur noch mehr verunsichern. Um einen solchen Fehler zu erkennen, müsste er schon zeitgleich mit einem zweiten Teleskop in vergleichbarer Grösse beobachten. Ein erfahrener Beobachter kann da natürlich eine große Hilfe sein. Ansonsten wurde ja weiter oben schon auf die verschiedensten Bedingungen , welche das Gesehene beeinflussen, eingegangen. Bei meinen eigenen Beobachtungen mit meinem 16"er habe ich zwischen "wow" und unterirdisch auch schon alles erlebt. Ähnlich wie bei Gerd sind 2mm AP auch bei mir am ergiebigsten. Kleinere AP = höhere Vergrößerung als 200-fach kann ich nur selten nutzen. Zu den bereits angesprochenen Faktoren spielt auch die Auskühlzeit des Spiegels eine Rolle, vor allem, wenn hoch vergrößert wird.

    Nach nunmehr 10 Jahren mit meinem 16er möchte ich ihn nicht mehr missen, auch wenn ich seine Leistungsfähigkeit bisher kaum ausreizen konnte. Gerne würde ich ihn mal unter Alpenhimmel einsetzen, was aber wohl doch ein Traum bleiben wird. Wenn man erst einmal über den Punkt hiweg ist, die Leistung des Teleskops an seiner (minderen) Qualität festzumachen, steigt auch die Freude am Beobachten.

    Jetzt habe ich zwar auf die von Micha angesprochenen Punkte nur wenig bis keinen Bezug genommen, hoffe aber, dass meine Anmerkungen trotzdem ein wenig geholfen haben.


    Viele Grüße aus Schleswig-Holstein

    Wolfgang

  • Hallo Micha,


    Am 18. Juni 2022 war ich ebenfalls beim Beobachten.

    An diesem Abend und in dieser Nacht lag ein großes Gebiet von Deutschland unter Saharastaub. Die Durchsicht oder die Transparenz des Himmels in dieser Nacht war sehr schlecht, so das ich nicht lange beobachtet habe. In dieser Nacht waren schwache Sterne gerade noch so zu sehen, alle Sterne waren sehr gedämpft.


    Weiter kommt dazu, wie auch schon weiter oben geschrieben:

    • Die Erfahrung des Beobachters.
    • Die Verfassung des Beobachters. Müdigkeit ist z.B. nicht zu unterschätzen.
    • Die Wahl der passenden Vergrößerung.

    Dazu kommen noch die Bedingungen am Standort. Das reicht von Lichtverschmutzung, wodurch sich selbst im ländlichen Raum die Augen nicht mehr richtig an die Dunkelheit anpassen können, bis hin zur Luftverschmutzung durch Aerosole, die die künstliche Lichtverschmutzung streuen und der Hintergrund im Okular grau bleibt und somit der Kontrast vom Objekt zum Hintergrund sinkt.


    Ich bin sehr der Meinung, das sich die Bedingungen für die Beobachtung schwacher Nebel zunehmend verschlechtern. Wirklich dunkle Nächte gibt es selbst im ländlichen Raum nicht mehr, irgendwo brennt immer Licht. Auch die Transparenz des Himmels nimmt meiner Meinung nach ab. Das alles trägt dazu bei, das manche Objekte oder Strukturen in den Objekten einfach nicht mehr wahrgenommen werden können.


    Ich selbst beobachte Galaxien meist mit Austrittspupillen um die 2mm. Selten vergrößere ich höher, aber auch nur um eng stehende kleine Galaxien zu trennen. Höhere Vergrößerungen bringen meist keinen Mehrwert.


    Viele Grüße

    Gerd

    Beobachtung der Sonne im Weißlicht und der H-alpha Linie. Beobachtungen am Nachthimmel mit verschiedenen Teleskopen.

  • Hallo zusammen,


    da muss ich Gerd zustimmen, die Bedingungen werden überall immer schlechter. Die beste Transparenz seit langem hatte ich im März-Mai 2020 im Coronalockdown (keine Flugzeuge, etc.). Da waren selbst aus der Stadt schwache GX wahrnehmbar. Die Milchstraße ist hier aus der Stadt nur noch im Schwan schwach erkennbar. Früher in den 80zigern konnte man die Milchstraße am selben Ort noch bis zum Adler runter verfolgen, aber das ist lange her.


    Zu Micha's Punkten.


    1) zur Öffnung mag ich jetzt nichts sagen,d a ich nur bescheidene 8" habe. 18" spielt da in einer anderen Liga. Allerdings ist f/4.5 sehr justieranfällig (hatte selber mal eine 12,5" f/4.7 Dobson) und man muss hier peniebel vor jeder Beobachtung justieren. Da sollte man sich schon 5-10 min Zeit nehmen. Einen Justierlaser kann ich empfehlen.

    2) Klar spielt das eine große Rolle, wobei ich da mal die Okulare rausnehmen will, da Micha ja ETHOS Okulare benutzt.

    3) -

    4) Die lokalen Bedingugen lassen sich durch apps nur bedingt vorhersagen. Das Seeing war hier in DA vor der Sommersonnenwende eher schlecht, danach deutlich besser.

    5) Hier die Borle Skala anwenden, ab Bortle 5 macht beobachten Spaß, ab Bortle 3-4 so richtig!

    6) Ich habe auch strake Honrhautverkrümmung und beobachte mit/ohne Brille. Ohne ist es mit klener AP < 1mm noch OK, bei dem 8mm ETHOS AP > 1,3mm sind die Sterne nicht mehr punktörmif ohne Brille. Bei flächigen Objekten (Galaxien, Nebel) macht das aber nichts. Bei punkftförmigen (KS, OS) ist es mit Brille dann besser, auch wenn ich dann nicht das ganze GF überblicken kann.


    cs

    Lothar

  • Hallo,


    herzlichen Dank für Eure ausführlichen Antworten! Das hilft mir sehr.


    Ich fasse mal die mir nun offensichtlich erscheinenden Unterschiede zwischen den Bedingungen, unter denen TomC auf Cloudy Nights seine Zeichnung von M102 anfertigte, und meinen am Standort südlich von Bühlerzell, mal zusammen:


    • an TomC's Standort in Belgien haben am 8. Juli 2018 lokal womöglich bessere atmosphärische Bedingungen geherrscht als sie bei mir am 18. Juni 2022 von Meteoblue vorhergesagt wurden. Insbesondere sind der Sahara-Staub und die unruhigen Luftbewegungen (siehe Antworten von Sagittarius70, GerdHuissel und CorCaroli) bei mir wohl noch aktiv gewesen, obwohl ich dachte, dass der Sahara-Staub in unseren Breiten nun nicht mehr eine Rolle spielt, und haben die Transparenz entscheidend getrübt. Danke Euch, vor allem für die Dokumentation von Klaus zu Staub und unruhiger Luft am 18./19.06., das hat bei mir den erhofften Aha-Effekt ausgelöst.
    • Punkt 2 von Atlas: Du hast vollkommen recht! Im Thread mit TomC's Zeichnung spricht er davon, dass er auch indirektes Sehen verwendet hat. So zeigt die Zeichnung keinesfalls das Bild, das sich einem bei einmaligem Durchblicken ergibt. Er hat lange beobachtet, mit allen Mitteln der Kunst eines visuellen Beobachters die Details herausgekitzelt und das Endergebnis in seiner Zeichnung festgehalten. So weit ich weiß, beobachten manche an mehreren Tagen im Jahr das gleiche Objekt und halten die an unterschiedlichen Zeitpunkten gesammelten unterschiedlichen visuellen Eindrücke in einem einzigen Bild fest.
    • Ich habe M102 mit allen 3 Okularen (Meade 8,8 mm, 231x, AP=2 mm / Ethos 6 mm, 340x, AP=1,3 mm / Ethos 4,7 mm, AP=1,1 mm) beobachtet und kann sagen, dass sie bei AP=2 mm auch nicht strukturierter aussah. Allerdings ist hier das Okular (Meade 4000er) sehr alt und kein Tele Vue! Vielleicht ist das ein weiterer Unterschied zu TomC. (Übrigens hat er auch mit 16" f/4,2, Delos 4,5 mm beobachtet, wobei ich jetzt erst sehe, dass seine Vergrößerung von 440x nicht passt, es muss 380x sein und damit nutzte er dieselbe AP=1,1 mm wie ich)
    • TomC's Angabe NELM = 5,5 mag scheint einen dunkleren Himmel zu unterstellen als ich ihn bei mir mit fst = 5,0 mag abschätzte. Dazu muss ich sagen: Der Standort südlich von Bühlerzell ist gut, soll lt. lightpollutionmap 21,53 mag/"^2 haben (was bei den aktuellen weißen Nächten nur noch sekundär ist) und es sind auch keine hellen Lichter in der Nähe.
    • Desweiteren hat er einen Baader Neodymium Filter verwendet. Weiß nicht, was das bei Galaxien für Vorteile bringt, aber soll gegen Skyglow helfen (womit ich ja in diesen weißen Nächten auch zu kämpfen habe). Ich habe, wie es sich gehört, M102 filterlos beobachtet.
    • sicher hat TomC mehr Erfahrung als ich
    • sicher hat TomC auch einen qualitativ besseren HS als ich. Die Mechanik und die Justage sehe ich bei mir aber nicht mehr als ein Problem an.

    Das wären die Unterschiede, dich ich ausgemacht habe. Wobei sich die nachgewiesenermaßen bescheidene Qualität meines HS von Strehl = 0,6, wie ich schon von vielen gehört habe, nicht so negativ auf die Wahrnehmbarkeit von DSOs auswirken dürfte, wie ein zu wenig dunkler oder zu wenig transparenter Himmel.


    Schließlich: Ja, es wäre schön, wenn ein erfahrener Beobachter mit ähnlicher Öffnung (16" bis 20") während einer gemeinsamen Beobachtungssession einen Blick durch mein Gerät werfen würde. Das wäre der finale Test für meinen 18er, den er unbedingt noch benötigt.


    Viele Grüße und CS

    Micha

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

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  • Hallo Micha,


    wir können uns auf Deinem Platz bei Bühlertann treffen,

    wenn Du das möchtest.

    Von Korb aus ist das keinen Weltreise.

    Mein 16" F4.5 Dobson hat eine gute Optik von Roland Herrmann.

    Falls es auf ein WE fällt, kommt vielleicht mein Spechtelkumpel Mike mit, der einen 18" F5.2 mit guter Optik von Kai Kretschmer hat.

    Beide Optiken in unseren gut gebauten Instrumenten sind Referenzfähig.

    Ordentlich gespechtelt haben wir in den letzten 30 Jahren ebenso.


    Grüssle vom Gerd

  • Hallo Micha,


    ich finde es beeindruckend, wie systematisch du an die Deep Sky Beobachtung rangehst und auch die Randbedingungen genau notierst. So kannst du später mit wachsender Erfahrung sehr gut vergleichen. So können auch wir fundierter kommentieren.


    Unter den oben von dir genanntem Punkten würde ich 5 und 6 als die entscheidenden ansehen ergänzt durch die anscheinend schlechte Transparenz. 2 und 3 sind jedenfalls sicher nicht schuld daran, dass du das Staubband nicht sehen konntest. Solche Probleme mit der Optik und Justage wären Holger (Cleo) mit Sicherheit sofort aufgefallen.

    Groß, aber sehr, sehr schwach, indirektes Sehen nicht notwendig, zigarrenförmig elongiert, keine Strukturen, keine erkennbare Aufhellung zum Kern, kein Staubband erkennbar.

    Das ist meiner Ansicht nach ein Widerspruch. Entweder ein Objekt ist so hell, dass man direkt draufschauen kann, oder es ist schwach, dass man indirektes sehen braucht. Viele Objekte sind wie M102 und haben von beidem etwas, so dass man beide Techniken gewinnbringend anwenden kann. Den mittleren spindelförmigen Bereich von M102 würde ich in einem 16-18 Zöller überspitzt formuliert in die Kategorie "knallhell" einordnen, das Halo und die spitzen Ausläufer entlang der langen Achse sind schwach.


    Ich habe mit meinem 155 mm f/5,6 Reisedobson unter einsamen Hochgebirgsbedingungen am Olymp bei 125- fach wie folgt notiert:

    Ein herrlicher Anblick im 7 mm Nagler. Schön elongiert 3:1 in NW-SO. Kräftiger länglicher Kernbereich, kein Nukleus. Vielleicht ahnungsweise ist der Kern geteilt durch ein Staubband (unsicher).

    Ab 10 Zoll konnte ich unter Landhimmel Bedingungen die gut definierte Spindel mit spitz zulaufenden Enden und das Staubband sehen.


    Unter die oben verlinkte Zeichnung von TomC aus Cloudy Nilghts möchte ich ein dickes Fragezeichen setzen. Wie Johannes (Atlas) kann ich mich an keine diskreten hellen Knoten am Staubband entlang erinnern, auch nicht mit 24 Zoll. Selbst der extrem erfahrene Uwe Glahn hat sie nicht notiert (siehe seine Zeichnung mit 20"). Sogar auf tief belichteten Aufnahmen sind sie nicht zu sehen. Erstaunlich, dass 26 Leute in CN die Zeichnung geliked haben, jedoch niemand darauf hinweist. Vergleiche einfach selbst mit anderen Zeichnungen und bilde dir selbst ein Urteil. Mir gefällt z.B. diese mit 21" und diese mit 16".

  • Hallo Gerd, hallo Stathis,


    GerdHuissel : Dein Angebot freut mich sehr und ja, sehr gerne würde ich Eure Hilfe annehmen. Dann kann nicht nur die Qualität meines Gesamtsystems beurteilt werden, sondern ich selbst bekomme auch die Vergleichsmöglichkeit mit Referenzgeräten an ein und demselben Standort. Wunderbar, ganz herzlichen Dank, so machen wir es. Von Roland Herrmann habe ich noch nichts gehört, aber wohl von Kai Kretschmann, der mit Stathis und Uwe Glahn aus München ist? Und dass Ihr ziemlich beobachtungserfahren seid, lese ich hier seit meiner Registrierung immer wieder :)


    Da ich aber von berufswegen nicht permanent in Gmünd lebe, wo auch der 18er steht, muss ich Besuche und daher Beobachtungszeiten leider langfristig planen. Ich komme auf Dich sehr gerne rechtzeitig per PN zu, wenn ich wieder plane, in Gmünd zu sein. Dann können wir schauen, ob Ihr Zeit habt und ob das Wetter mitspielt. Ich peile den nächsten Besuch um Neumond Mitte August an, für gewöhnlich bleibe ich auch 2 Wochen. Ich freue mich auf eine gemeinsame Beobachtungs/Testsession!


    Stathis : Danke für das Lob! Ja, meine Absicht ist, erstmal mit eigenem Knowhow (das durch alle Unterstützer hier ziemlich verbessert worden ist) das Scope so weit zu optimieren, bis ich selbst damit zufrieden bin, um dann final dort mit Hilfe anderer anzusetzen, wo ich Verbesserungspotenzial sehe oder vor allem Referenzen zum optimalen Vergleich benötige. Ziel ist es, einen sehr guten 18er zu haben.

    Das ist meiner Ansicht nach ein Widerspruch. Entweder ein Objekt ist so hell, dass man direkt draufschauen kann, oder es ist schwach, dass man indirektes sehen braucht. Viele Objekte sind wie M102 und haben von beidem etwas, so dass man beide Techniken gewinnbringend anwenden kann.

    Ich muss zugeben, "Groß und sehr, sehr schwach" ist sehr unscharf formuliert und subjektiv und ohne Referenz. Ich konnte drauf schauen und direkt sehen und auch halten, jedoch keine Struktur oder Helligkeitsvariationen innerhalb der Fläche ausmachen. Wenn alles, was man direkt sieht und halten kann, als nicht schwach bezeichnet wird, dann war es natürlich "hell". Aber die Formulierung "knallhell" ist doch auch eher subjektiv? Danke für die weiteren Zeichnungen, das sind schöne Wahrnehmungseindrücke, an die ich aber am 18./19.6. auch mit aller Zeit der Welt nicht herangereicht hätte. Vielleicht fehlende Erfahrung? Bei Uwe meine ich, nur Zeichnungen von M102 an seinem 27er gesehen zu haben... nunja, ich bin mal gespannt, wie die Erfahrung reinspielt - das wird ja dann spätestens zusammen mit Gerd geklärt werden. Habe meinen Punkt 6 oben noch um den Aspekt Erfahrung ergänzt.


    Viele Grüße,

    Micha



    ps: Kleine Anekdote - Als ich vor Corona begann, meinen 18er zu optimieren (vor über 2 Jahren) und wissen wollte, wie ich damit DSOs visuell so wahrnehmen kann, hatte ich mir den Deep Sky Field Guide zugelegt und Uwe Glahn einfach mal angeschrieben. Er hatte geduldig Rede und Antwort gestanden (auch mal telefonisch) und übrigens auch großen Anteil daran, wie ich jetzt ausgestattet bin. Wofür ich ihm sehr dankbar bin. Zudem hatte er mich zum DSM 2020 eingeladen, was ich damals gerne angenommen habe. Wäre Corona nicht gekommen, hätte ich ihn und den einen oder anderen von Euch sicher schon persönlich kennengelernt, und persönliche Gespräche hätten bei mir sicher schneller zum Verständnis einiger Sachverhalte beigetragen. Nunja, das nächste DSM wird kommen und ich möchte auch dabei sein.

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

  • Der Vollständigkeit halber hier noch die Referenz zur gemeinsamen Beobachtungsnacht mit Gerd:

    Sternegucken im schwäbisch Outback / mit den Dobsons erst DeepSky, dann Planeten

    Starsplitter II 18" f/4,45 Gitterrohr Dobson mit Hauptspiegel aus dem Jahr 1993-94 von Galaxy Optics und 3,5"-Fangspiegel aus dem Jahr 2021-22 von Antares Optics. Okulare: 31 mm Nagler, 24 mm ES, 17 mm Ethos, 13 mm Ethos, 9 mm ES, 6 mm Ethos, 4,7 mm Ethos; 2" Powermate 2x; Astronomik 2"-Filter visuell: [OIII], UHC, H$\beta $.

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