Liebes Forum,
ich habe eine Frage an die erfahrenen visuellen Beobachter, die größere Dobsons ihr Eigen nennen.
Nach geduldiger langer Optimierungszeit meines 18" f/4,5 Gitterrohrdobsons war ich am 18.06. das erste Mal nach Jahren der Abstinenz beim Beobachten. Die Spindelgalaxie M102 war u.a. mein erklärtes Ziel. Und genau zu ihrer Wahrnehmbarkeit habe ich eine Frage.
Die Wahrnehmbarkeit von schwachen flächigen DSOs hängt bei gegebener visueller Flächenhelligkeit ab von
1. der Öffnung des Hauptspiegels
2. der Qualität aller 3 optischen Komponenten (HS, FS, Okulare)
3. der Mechanik des Dobsons, worunter ich a) die optimale Ausleuchtung der Fangspiegels und der Okulare sowie b) die optimale Justage des Geräts meine
4. den atmosphärischen Bedingungen wie Seeing und Transparenz der Atmosphäre, aber auch vom Spiegelseeing und Tubusseeing
5. der am Ort vorherrschenden Lichtverschmutzung
6. dem Faktor Mensch, also vom biologischen Wahrnehmungsapparat (Auge, Gehirn) und von der Erfahrung bzw. von dem, was man erwarten kann, weil man Ähnliches bereits gesehen hat
Jetzt habe ich M102 unter folgenden Bedingungen beobachtet. Zu jedem Punkt oben kann ich schreiben:
1. effektiv 16,5 Zoll Apertur, da ich mit Pappblende beobachtet hatte, um den Einfluss der abgesunkenen Kante zu minimieren
2. HS: Strehl=0,6 (s. Diskussion in Vorteile von "mehr Öffnung") / 3,5" Fangspiegel von Antares mit PV 1/15 / Meade 8,8 mm (231x), Televue Ethos 6 mm (340x) und 4,7 (433x) / kein Filtereinsatz
3. mit dem 3,5" Fangspiegel habe ich ca. 20% lineare Obstruktion; Justage mit fachlicher Hilfe von Cleo (Holger) optimiert (s. Diskussion in Concenter-Justage beim Dobson - die x-te (Frage))
4. Meteoblue sagte 0,75" Auflösungsvermögen und bestes atmosphärisches Seeing voraus (s. Screenshot davon in Second First Light nach langer Optimierungszeit) leider keine selbständige Messung mit dem SQM / ca. 20°C um Mitternacht, leichter Fön kam auf / was Spiegelseeing angeht: der Spiegel ist massiv ca. 21 kg Gewicht, hatte ihm aber ab 21 Uhr Akklimatisierung zugebilligt
5. 18.06.2022, zwischen 0:00 und 1:00 Uhr MESZ am Morgen des 19.06. (Sonne stand bei ca. -16° unterhalb des Horizonts; Mond ging um ca. 00:40 Uhr auf, war aber auch wegen des erhöhten Horizonts erst nach 1:00 Uhr überhaupt zu sehen; sonst sagt Lightpollutionmap 21,53 mag/"^2 voraus) / habe den schwächsten der Kastensterne des Kleinen Wagens gerade noch erahnt, ich denke fst = 5 mag, bin aber Anfänger
6. trage zur Fernsicht eine Brille (0,75 Dioptrin), aber nicht beim Beobachten / habe leichte, dem Alter (50) entsprechende Hornhautverkrümmung / war nicht alkoholisiert
Meine Wahrnehmung von M102 im Okular Ethos 4,7 mm (433x):
Groß, aber sehr, sehr schwach, indirektes Sehen nicht notwendig, zigarrenförmig elongiert, keine Strukturen, keine erkennbare Aufhellung zum Kern, kein Staubband erkennbar.
Ein visueller Kollege ("TomC") aus Belgien hat in Cloudy Nights zu ähnlicher Jahreszeit M102 gezeichnet, s. Messier 102 under suburban skies, Zeichnung ganz oben. Seine Bedingungen hat er in seiner Zeichnung genannt: Beobachtungszeit: 8. Juli 2018; 23:41 Uhr UT; 16" f/4,2, Delos 4,5 mm (440x); NELM 5,5; Seeing = 2/5; T(ransparenz?) = 1/5; mit Baader Neodymium-Filter.
Nun zu meiner Frage:
Warum sieht TomC bei gleichen Bedingungen (gleiche Öffnung, ähnliches fst, schlechtes Seeing, ähnliche Lichtverschmutzung weger weißer Nächte) M102 mit wesentlich mehr Details und inkl. Staubband? Wegen des eingesetzten Filters Baader Neodymium (ich ohne Filter), wegen mehr Beobachtererfahrung (ich wähne mich da am Anfang), andere Gründe?
Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Ideen zu den Gründen für diese unterschiedliche Wahrnehmung habt.
Liebe Grüße
Micha